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Navayana
#1
Ich möchte auf die Gründung eines genuin westlichen Buddhismus´ hinweisen, und fragen ob es interessierte Menschen da draussen gibt, die bereit wären dabei mitzumachen.

sarva mangalam,

Jazzter
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#2
Hi Jazzter,

danke dass Du mich an die website von Ficicchia wieder erinnert hast - übersichtlich, vielseitig, fundiert, nicht unkritisch - durchaus empfehlenswert. Nur - die 'Gründung eines genuin westlichen Buddhismus' ist schon oft auf dem Programm gestanden, von den Theosophen bis zum (von buddhistischer Seite durchaus anerkannten) FWBO. Der Buddhismus hat sich im Lauf der Geschichte immer den 'Gastkulturen' angepasst, und ist gut gefahren damit. Aber bisher hat sich noch nie ein 'Design-Buddhismus' durchsetzen können, schon gar nicht einer, der von jemand im Alleingang geschaffen worden wäre. Wir im Westen sind ja so was von ungeduldig, wir können einfach nicht die natürliche Entwicklung abwarten :). Dabei gibt's ja schon vielversprechende Ansätze auf einer recht breiten Basis, und diese Ansätze wirken auch zurück auf die jeweiligen Heimatkulturen - Japan und Tibet fallen mir da besonders ein... Ich glaube einfach nicht daß es genügt, sich zusammenzusetzen und die Gründung eines westlich orientierten Buddhismus zu beschließen. Der hat in Asien 2500 Jahre gebraucht um sich zu entwickeln, und um diese Entwicklung wirklich nachzuvollziehen werden wir sicher mehr brauchen als eine Initiative - aber hilfreich kann sie allemal sein.

Sarva mangalam
() qilin
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#3
Ich bin auch der Meinung, dass ein buddhistische Kultur ihre Zeit braucht. Doch tendiert der Westen meist dazu, unorganisiertes Vorgehen zu "bestrafen". Wer keine Systematik und kein Vorgehen im westlichen Sinne hat, der verliert nun mal in diesem System.

Das ist mitunter auch der Grund, warum so viel Schwachsinn "belohnt" wird, weil er systematisch an den Mann gebracht wird.

Was wir brauchen ist eine gemeinsame westliche Basis die organisiert wird und genügend Leute. Und die kommen nicht, wenn sie nicht davon erfahren, oder?

Also, her mit einer westlichen Glaubensschule, her mit der Gründung von an westlichen Werten orientierten buddhistischen Lehrschule!

Immernoch meine Frage, wer macht mit, der das hier liest?

sarva mangalam,

Jazzter
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#4
Jazzter schrieb:Was wir brauchen ist eine gemeinsame westliche Basis die organisiert wird und genügend Leute. Und die kommen nicht, wenn sie nicht davon erfahren, oder?

Also, her mit einer westlichen Glaubensschule, her mit der Gründung von an westlichen Werten orientierten buddhistischen Lehrschule!
Das wäre IMHO kontraproduktiv. An westlichen Werten orientierte buddhistische Schulen gibt es seit langem, und die sind integriert in die buddhistischen Gemeinschaften. Die Mitgliedsgemeinschaften der DBU haben Zigtausende Mitglieder, die ÖBR ist eine staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft, ebenso wie die in ein paar anderen europäischen Ländern, die EBU eine europaweite Dachorganisation, und das alles über das ganze Spektrum der buddhistischen Schulen - östlich, westlich oder sonstwie orientiert. Falls ein 'neues Fahrzeug' außerhalb dieses Rahmens tatsächlich erfolgreich von Stapel laufen sollte (scheint mir ziemlich unwahrscheinlich), würde es der bisherigen Entwicklung eher schaden als nützen.
Ich schreibe das weil mir die Entwicklung was bedeutet, nicht weil ich Mitglied einer dieser Organisationen wäre - bin ich nicht, und habe es auch nicht vor :).
Aber Kontakte und Freunde dort habe ich viele, kann ich auch gern weitergeben.

Sarva mangalam
() qilin
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#5
Bitte erkläre mir deine Ansicht, warum es der Entwicklung schaden würde.

Danke,

Jazzter
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#6
Hi Jazzter,

wie ich schon geschrieben habe - Buddhismus ist in ganz verschiedenen Formen und Ausprägungen im deutschen Sprachraum seit 100 Jahren öffentlich präsent, es gibt Gruppen mit ganz verschiedenen Zugängen, und die existieren unter einem gemeinsamen Dach.

Stell's Dir umgekehrt vor: in Korea gäbe es nicht eine katholische, eine protestantische, eine orthodoxe, eine Mission der Zeugen Jehovas, eine der Mormonen etc. pp, sondern eine christliche Dachorganisation, deren Untergruppen nicht miteinander konkurrieren, sondern friedlich zusammenarbeiten - z. T. bodenständig, z. T. nach Europa oder USA orientiert.
Und jetzt würde jemand auf die Idee kommen, das Christentum sei überhaupt eine westliche Religionsform, und man müsse es jetzt an der ostasiatischen Geistesart neu orientieren. Wie hoch würdest Du die Erfolgswahrscheinlichkeit einschätzen, und wäre das - ob erfolgreich oder nicht - für das Christentum in Korea allgemein ein Vorteil oder ein Nachteil?

() qilin
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#7
Navayâna – Westlicher Buddhismus aus der Retorte?

Lieber qilin

Deine Kritik am Projekt »Navayâna« (vgl. http://www.navayana.ch ) enthält durchweg nicht zu vernachlässigende Gedanken, die es in der Diskussion zum Thema westlicher Buddhismus zu bedenken gilt.

Es ist richtig, dass es schon seit längerer Zeit Bestrebungen gibt, den Buddhismus dem abendländischen Habitus anzugleichen – und vereinzelt wurden hier und dort auch entsprechende Erfolge erzielt. Als Bespiele nennst du die Theosophie und den FWBO (Friends of Western Buddhist Order). Allerdings sind die genannten Beispiele nicht unbedingt repräsentativ. Die Theosophie erscheint eher als ein Synkretismus aus Hinduismus und Buddhismus, wobei die hinduistischen Elemente überwiegen. Und der FWBO ist innerbuddhistisch durchweg auch umstritten. Der FWBO (auch nur WBO = Western Buddhist Order) versteht sich als Laienorden ohne feste Bindung an eine asiatische Tradition, ist dennoch aber dem Mahâyâna (mit besonderer Orientierung am Vajrayâna) zuzurechnen.

Das Projekt Navayâna will keinen Designer-Buddhismus, keinen westlichen Buddhismus aus der Retorte. Das Projekt Navayâna tritt auch nicht missionarisch hervor. Es gibt in der HP www.navayana.ch keinen Aufruf zur Mitgliedschaft, kein Anmeldeformular. Und es ist auch niemand da, der sich als spirituelle Autorität (Führer, Guru usw.) hervortut und potentielle Schüler um sich schart.

In der Navayâna-Homepage wird die Existenzberechtigung der asiatischen Schulen des Buddhismus auch im Westen durchweg bejaht. Also geht es nicht um Gegnerschaft, um Abwerben und dergleichen mehr. Ein westlicher Buddhismus lässt sich – wie du richtig festhältst – nicht künstlich herbeizwingen; er muss und wird langsam heranwachsen. Somit versteht sich das Projekt Navayâna nicht als fertiges Konstrukt, sondern als eine Art Brainstorming, als Gedankengrundlage gewissermaßen. Sollte daraus eine genuin eurobuddhistische Gemeinschaft erwachsen, so wäre das ja nicht einfach verwerflich, sondern die Folge einer neuen Phase der Lehrentwicklung in einem anderen Kulturkreis. Auch in Asien haben sich im Laufe der Zeit höchst unterschiedliche Denominationen herausgebildet, die durchweg auf lokalen Gegebenheiten, Denkvoraussetzungen und kulturellen Eigenheiten gründen und zu anderen Formen des Buddhismus teilweise stark kontrastieren. Wieso sollte auch der Westen nicht seinen eigenen Weg gehen können und dürfen?

Das herausstechendste Postulat des Projekts Navayâna besteht in der eindeutigen Höherbewertung der ethischen Prinzipien vor meditativer Versenkung, kultischer Verehrung und der Befolgung äußerer Observanzen. Dies vor dem Hintergrund des mehr handlungsorientierten Bezugsrahmens des Westens. Das Schwergewicht liegt demnach auf dem Handeln, dem praktischen Tun, und weniger auf der meditativen Vervollkommnung – ohne diese in ihrem Wert zu negieren. [Auch in Japan gibt es große buddhistische Laienbewegungen, die diesem Prinzip (in abgeänderter – eben genuin japanischer Weise –) nachfolgen: die Sôka Gakkai, die Risshô Kôseikai und andere.] Was also spricht dagegen, dass auch der Westen ein eigenes Profil entwickelt?

Das Projekt Navayâna steht nicht in Gegnerschaft zu den asiatischen Formen des Buddhismus. Es betont aber die Notwendigkeit einer Neuentwicklung oder einer Reformulierung der Lehre angesichts der unterschiedlichen kulturellen Tradition des Westens. Seine wichtigsten Leitlinien sind:

* Reduktion auf die Lehre von »Vier Edlen Wahrheiten«.
* Hervorhebung der ethischen Prinzipien (Handeln, Achtsamkeit, Eigen- und Mitverantwortung, Stärkung des gemeinschaftlichen [sozialen] Anliegens).
* Stärkung des Laienbuddhismus, vollkommene Gleichstellung der Geschlechter.
* Rückweisung der in Asien nachgewachsenen volksreligiösen Ausprägungen (Mythen, Mystizismen, Legenden usw.).

Wir leben hier nun einmal in einem anderen Kulturkreis mit anderen kognitiven Voraussetzungen, Bedürfnissen und neuen Herausforderungen, denen sich ein Buddhismus des 21. Jahrhunderts stellen muss. Ich denke, wir müssen uns von einem exotischen, durchaus farbenprächtigen und lieb gewonnenen Buddhismusbild verabschieden und die Lehre auf das reduzieren, was zu sein sie beansprucht: Eine nüchterne Anweisung für die Lebenspraxis, die sich vornehmlich auf ethische Prinzipien abstützt und somit aller Esoterik und geistigen Höhenflügen entratet. Ein westlicher Buddhismus bedarf keiner Kalachakra-Initiation, um erlöst zu werden, keiner heilsvermittelnden Gurus, keiner komplizierten Techniken und Zeremonien, die eh kaum einer versteht und die für einen verdienstvollen Lebenswandel im Hier und Jetzt ohnehin nicht von Belang sind. Wir täten gut daran, den (asiatischen) Buddhismus einer gründlichen Entmystifizierung zu unterziehen und all das auszuscheiden, was sich als Ballast im Laufe vieler Jahrhunderte angesammelt hat und mit der eigentlichen Lehre wenig bis nichts gemein hat.

Jazzter ist in einem seiner Statements zuzustimmen, dass irgendwo und irgendwie ein Anfang – ein Versuch – gewagt werden sollte. Was sich daraus ergeben wird, ist offen. Aus nichts kommt nichts. Was also spricht dagegen, einen entsprechenden Wurf zu wagen?! Irgendwann wird sich ein eigenständiger westlicher Buddhismus herausbilden – mag er sich nun Navayâna (»Neues Fahrzeug«) oder anderswie nennen.

Francesco Ficicchia
www.navayana.ch
ficicchia@bluewin.ch
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#8
Hallo Francesco,

selbstverständlich wäre eine genuin eurobuddhistische Gemeinschaft (bzw. natürlich mehrere Traditionen parallel) nicht nur nicht verwerflich, sondern ganz im Gegenteil - das wäre ja genau dieselbe Entwicklung, die in Asien ein so breites Spektrum grundgelegt hat. Meine Kritik bezog sich eher auf die Ankündigung
Zitat:Ich möchte auf die Gründung eines genuin westlichen Buddhismus´ hinweisen, und fragen ob es interessierte Menschen da draussen gibt, die bereit wären dabei mitzumachen
die zumindest zu suggerieren scheint dass es eine solchen noch nicht gibt, er sich aber jetzt in einer konkreten Gründungsphase befindet. Auch die - durchaus erstrebenswerte - Höherbewertung der Ethik gegenüber Kult und Ritual (weniger vielleicht gegenüber meditativer Versenkung) ist nicht nur im Westen schon seit Langem auf dem Vormarsch, sondern hat wie erwähnt auch auf die asiatischen Länder bereits rückzuwirken begonnen (vgl. die 'Engaged Buddhists', als deren Schirmherren immerhin der Dalai Lama, Thich Nhat Hanh und Sulak Sivaraksa figurieren; Glassman's 'Peacemaker Order' o.ä.). Im Amida-Buddhismus z.B. hat sie ja auch in Asien bereits eine längere Geschichte. Über Vereinigungen, die wegen ihrer politischen Verbindungen in den westlichen Dachorganisationen keinen Eingang gefunden haben (wie z.B. Soka Gakkai) weiß ich wenig zu sagen - ich betrachte sie mit ähnlicher Skepsis wie z.B. die Theosophen. Die FWBO scheint mir dagegen in ihren Lehrinhalten durchaus anerkannt; sie wird unter den Teilnehmerorganisationen geführt und war auch bei einer EBU-Tagung, an der ich vor Jahren einmal teilnahm, gut vertreten und in absolut keiner Außenseiterposition. Daß es hier gewisse Bedenken gibt, ist mir bekannt, die liegen aber in einem anderen Bereich.

Wenn das Projekt Navayana 'die Lehre reformulieren' und 'auf die Vier edlen Wahrheiten reduzieren' will, dann steht sie vielleicht nicht gerade in Gegnerschaft, aber immerhin in einem sehr ausgeprägten Spannungsverhältnis zu den asiatischen Formen des Buddhismus. Das ist an sich keine verwerfliche Sache, aber dass Menschen, die in diesen Traditionen stehen, darauf mit Begeisterung reagieren, ist wohl auch nicht zu erwarten. Das exotische und farbenprächtige Buddhismusbild hat bei vielen Praktizierenden schon lange einer recht nüchternen Betrachtung Platz gemacht, und die gründliche Entmystifizierung traue ich der natürlichen Entwicklung auch ohne Brainstorming zu. Alle 'geistigen Höhenflüge' als Ballast zum Gerümpel zu werfen, auf 'eine nüchterne Anweisung für die Lebenspraxis' allein zu bauen, scheint mir jedenfalls ein etwas vorschneller Vorschlag. Das wird wohl ein längerer Prozess werden, zu dem die jeweiligen Traditionen sicher auch Einiges beizutragen haben.

Ein genuin westliche Buddhismus wird IMHO ganz sicher entstehen, und er wird - ebenso wie der asiatische - ein gewisses Spektrum von Traditionen haben. Daß darin die des Navayana auch Platz findet, ist durchaus möglich, dass er sich - als Ganzes - einen neuen Namen sucht, ganz gleichgültig welchen, scheint mir eher unwahrscheinlich. Ergreifende Zeremonien, heilsvermittelnde Gurus und kritikloses Übernehmen alter Regeln sind meine Sache auch nicht, aber in der (erst hundertjährigen) Geschichte des europäischen Buddhismus sind solche Dinge immer wieder auf- und wieder abgekommen - ich sehe eigentlich weder viel Möglichkeit noch viel Notwendigkeit, da lenkend einzugreifen...

() qilin
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