08-04-2008, 22:55
In der Gesellschaft für Baha`i-Studien habe ich mit gleichem Titel einen Thread eröffnet. Fragen und Antworten daraus stelle ich in loser Folge hier ein - es dürfte auch für nicht-Baha´i interessant sein, wie sich Vertreter der Baha`i-Religion hier positionieren:
Baha`u`llah befiehlt uns, die Gesetze des Landes in dem wir leben, zu achten, zu respektieren und zu befolgen.
Anders als im Iran verlangt kein Staatswesen innerhalb der EU von uns, unseren Glauben zu verleugnen. In Deutschland leben wir als Baha´i ebenso unter dem Schutz des Grundgesetzes, wie Nicht-Baha`i auch. Und ebenso wie unsere Nicht-Baha`i-Nachbarn geniessen wir es, das eben dieses Grundgesetz seit 60 Jahren der Garant für unsere Freiheit ist; ja sogar bisher der Garant für eine lange, friedfertige Epoche.
Dem Grundgesetz Deutschlands sind alle anderen Gesetze nachgeordnet. Fallweise führt das dazu, das im Einzelfall auf Grundlage bestehender Gesetze dem Bürger Verstösse gegen eben diese Einzelgesetze vorgeworfen werden; beim "Gang durch die Instanzen der Gerichtsbarkeit" stellt sich dann beim Bundesverfassungsgericht heraus, dass die Auslegung eines Einzelgesetzes, aber auch das Einzelgesetz an sich in der konkret beklagten Situation verfassungswidrig ist. Der vorher also von anderen Gerichten bemängelte Gesetzesverstoss des Bürgers - war kein Gesetzesverstoss, sondern rechtmässig.
(Teil meiner Anfrage an die GBS)
Lieber Thomas,(von Emanuel Towfigh, Mitglied des NGR und Jurist)
jedenfalls die Frage im Hinblick auf die Achtung der Grundrechte lässt sich im Grundsatz leicht beantworten: Die Grundrechte binden nach dem deutschen Verfassungsrecht allein den Staat, eine "unmittelbare Drittwirkung" der Grundrechte (so nennen Juristen die Wirkungen, die die Grundrechte gegenüber Privaten entfalten) gibt es nur in sehr, sehr engen Ausnahmefällen. Soweit ich das überblicke, greift diese unmittelbare Wirkung in den von Dir geschilderten Fällen nicht.
(Nachgefragt, von mir)
Lieber Emanuel,
erstmal vielen Dank für Deine schnelle Antwort !
Die juristische Einschätzung, dass das GG in erster Linie die Beziehungen zwischen dem Staat uns seinen Bürgern regelt, unmittelbar aber keinen direkten Bezug zum Handeln der Bü+rger untereinander aufweist, ist ehrlich gesagt reichlich seltsam. Denn im Klartext bedeutet dies ja, das ich in meinem Betrieb Frauen schlechter bezahlen darf als Männer (für gleiche Arbeit, die sie verrichten), wenn keine tarifrechtliche Regelung vorliegt, da sich die Frauen ja nicht unter Berufung auf den Gleichheitsartikel des Grundgesetzes an mich wenden können... Das wäre ungefähr genauso, wie wenn der NGR und das UHG den Kitab-i-Aqdas nur als eigene Handlungsanweisung begreifen würden, nicht aber als Handlungsgrundlage aller Baha`i.
Um das nochmals etwas zu konkretisieren: Wenn der Ältestenrat der Zeugen Jehova`s, der Nationale Geistige Rat oder die katholische Bischofkonferenz in ihren Beschlüssen wesentlich gegen die ersten 10 Artikel des Grundgesetzes verstossen - wer kann sie dann zur Rechenschaft ziehen? Kann der betroffene Bürger, Gläubige der Religion, seine "Oberen" auf Grundlage des Grundgesetzes verklagen - oder kann er nicht, weil sich die Zivilgesellschaft in keinem unmittelbaren Bezug zum Grundgesetz befindet...?
Baha`u`llah befiehlt uns, die Gesetze des Landes in dem wir leben, zu achten, zu respektieren und zu befolgen.
Anders als im Iran verlangt kein Staatswesen innerhalb der EU von uns, unseren Glauben zu verleugnen. In Deutschland leben wir als Baha´i ebenso unter dem Schutz des Grundgesetzes, wie Nicht-Baha`i auch. Und ebenso wie unsere Nicht-Baha`i-Nachbarn geniessen wir es, das eben dieses Grundgesetz seit 60 Jahren der Garant für unsere Freiheit ist; ja sogar bisher der Garant für eine lange, friedfertige Epoche.
Dem Grundgesetz Deutschlands sind alle anderen Gesetze nachgeordnet. Fallweise führt das dazu, das im Einzelfall auf Grundlage bestehender Gesetze dem Bürger Verstösse gegen eben diese Einzelgesetze vorgeworfen werden; beim "Gang durch die Instanzen der Gerichtsbarkeit" stellt sich dann beim Bundesverfassungsgericht heraus, dass die Auslegung eines Einzelgesetzes, aber auch das Einzelgesetz an sich in der konkret beklagten Situation verfassungswidrig ist. Der vorher also von anderen Gerichten bemängelte Gesetzesverstoss des Bürgers - war kein Gesetzesverstoss, sondern rechtmässig.
(Teil meiner Anfrage an die GBS)
Lieber Thomas,(von Emanuel Towfigh, Mitglied des NGR und Jurist)
jedenfalls die Frage im Hinblick auf die Achtung der Grundrechte lässt sich im Grundsatz leicht beantworten: Die Grundrechte binden nach dem deutschen Verfassungsrecht allein den Staat, eine "unmittelbare Drittwirkung" der Grundrechte (so nennen Juristen die Wirkungen, die die Grundrechte gegenüber Privaten entfalten) gibt es nur in sehr, sehr engen Ausnahmefällen. Soweit ich das überblicke, greift diese unmittelbare Wirkung in den von Dir geschilderten Fällen nicht.
(Nachgefragt, von mir)
Lieber Emanuel,
erstmal vielen Dank für Deine schnelle Antwort !
Die juristische Einschätzung, dass das GG in erster Linie die Beziehungen zwischen dem Staat uns seinen Bürgern regelt, unmittelbar aber keinen direkten Bezug zum Handeln der Bü+rger untereinander aufweist, ist ehrlich gesagt reichlich seltsam. Denn im Klartext bedeutet dies ja, das ich in meinem Betrieb Frauen schlechter bezahlen darf als Männer (für gleiche Arbeit, die sie verrichten), wenn keine tarifrechtliche Regelung vorliegt, da sich die Frauen ja nicht unter Berufung auf den Gleichheitsartikel des Grundgesetzes an mich wenden können... Das wäre ungefähr genauso, wie wenn der NGR und das UHG den Kitab-i-Aqdas nur als eigene Handlungsanweisung begreifen würden, nicht aber als Handlungsgrundlage aller Baha`i.
Um das nochmals etwas zu konkretisieren: Wenn der Ältestenrat der Zeugen Jehova`s, der Nationale Geistige Rat oder die katholische Bischofkonferenz in ihren Beschlüssen wesentlich gegen die ersten 10 Artikel des Grundgesetzes verstossen - wer kann sie dann zur Rechenschaft ziehen? Kann der betroffene Bürger, Gläubige der Religion, seine "Oberen" auf Grundlage des Grundgesetzes verklagen - oder kann er nicht, weil sich die Zivilgesellschaft in keinem unmittelbaren Bezug zum Grundgesetz befindet...?