Hallo Melek :)
Zitat:Melek: Aber war denn nun Daniel mal bei den "Newiim" und wurde zu den "Ketuwim" verschoben oder nicht ?
Und was macht es bezüglich religiöser Bedeutung für einen Unterschied, ob ein Text im zweiten oder dritten Teil steht ?
- in meinem bisherigen Antworttext an Dich hab ich versucht, zu erhellen, was es im Judentum ausmacht, ob jemand, dessen Text die Bibel als "heilig" (nicht mehr veraendern bitte) fixiert hat, den Rang hat,
1. das Religions-Gesetz zu sein
2. oder eine Kommentierung dazu,
3. ein Verlaufsbericht
4. eine das Praktizieren illustrierende Beilage
5. oder eine Inhalts-Umgewichtung. Letzteres stellen die Prophetenbuecher dar, ersteres enthalten im Judentum die 5 Buecher Moses, und das inmitten Aufgezaehlte die "Schriften".
*gruebel* Christen haben ausserdem das Neue Testament mit deen 4 Evangelien zum Ereignis Jesus v.Nazareth, sowie Apostelschreiben Apokalypse ud Apostelgeschichte.
Deren heutige kath.Lese-Ordnung (die andern kenn ich nicht genau) ist so, dass die Evangelien reihum immer komplett gelesen werden, parallel dazu in der "Lesung" muss alles andere koennen - und auch das, was die griech. Septuaginta-Bibel damaliger Juden war, zu den Evangelien-Abschnitten je ausgewaehlt. Vieles kommt hier nie dran.
Von einer Baptisten-Familie weiss ich, dass sie zuhause im Lauf jeden Jahres immer die komplette ev.Bibel zuhause durchlasen und repetierten, sie ist 1/3 kuerzer als die kath.Bibel, weil sie alles weglaesst, was zu Jesu Zeiten nicht in Hebraeisch zugaenglich war, was die Reformatorenzeit entschied. Da unterscheiden sich also die Christen-Bibeln massiv.
Es gibt auch die orthodox-christl. Landeskirchen, deren einige haben Buecher, die hier im Norden in keiner Bibel stehn, z.B.bei den einen ein Buch Henoch etc. - Wie sie ihre Leseordnungen "gewichten", laesst sich gar nicht zusammenfassen, und ich weiss auch zu wenig darueber.
Die r.-kath. Leseabschnitte sind wesentlich kuerzer als im Judentum, ein Kapitel der wissenschaftlichen Bibel-Zaehlung oft unterschreitend, waehrend ein Leseabschnitt juedisch 6 fach laenger ist als solche Kapitel.
Auch in die juedische Synagogen-Verlesung kommen nicht alle Texte der Propheten und Schriften grundsaetzlich immer mal dran, sondern auch hier das jeweils zum Thora-Abschnitt inhaltlich Ergaenzende, und manches praktisch nie.
Es gibt zusaetzlich auch noch die Predigt und das Studium der Predigenden, und da kommen generell alle Teile der eigenen Bibeln restlos dran, sowie nicht regelmaessig auch die Kenntnisnahme von Hl.Texten der Bibeln anderer Konfessionen
- und damit bestreiten diese dann a) die Predigten b) die Theologischen Forschungen, zu definieren, was Glaubens-Inhalt genau ist c) die ethische Beratung anfragender Glaeubiger d) den Basis-Unterricht der Kinder und Neulinge.
Zitat:MelekMir wurde dieses Argument hier vorgesetzt.
Mein Diskussionspartner (ein Christ) meinte : "Da diese Prophetie von den Juden aber sehr wohl richtig verstanden wird, hatten sie plötzlich ein Problem (einen Messias, den sie nicht haben wollen). Deshalb verschoben sie den Propheten Daniel halt von den Propheten zu den übrigen Schriften."
Ich erwiderte , daß ich das für Quatsch halte, worauf er meinte :
"Ich denke mal, ich kann dem messianischen Juden, der mir das gesagt hat, etwas mehr als dir vertrauen."
- naja, es waere einfacher gewesen, uns dieses zuerst mitzuteilen *g*
Dein "Christ" zitiert einen "messianischen Juden" *seuftz* was eine hoechst junge Sekte ist, und da hat er "den Bock zum Gaertner gemacht".
Das Buch Daniel - wenn Du mal reinschauen moechtest, ist nicht so schrecklich lang
- und wie Fritz7 schon aufzaehlte, enthaelt die protestantische Fassung (wie die juedische auch) nicht all die Texte, welche die Katholiken, Jesus und die Apostel vorliegen hatten. An sich drollig, uebrigens, weil ohne jene Zusatzpartien ziemlich viel fehlt, was sich beim Buch Daniel der Septuaginta vielleicht christologisch haette auslegen lassen.
Diese "Messianischen" stammen heutzutage meistens aus Baptisten der suedl.USA her, das sind jedenfalls die eiferndsten, und diese haetten die reformierte Bibel. Weil die Reformatoren im AT nur behalten wollten, was auch auf Hebraeisch immer erreichbar war, stellen sie sich vor, ueber Judentum restlos Bescheid zu wissen, lernen auch Hebraeisch, machen auch mit Emblemen, Kirchenraum etc.geradezu ein Mimikri auf und haben zeitweise auch arglose unausgebildete Juden dazu gebracht, sie fuer Juden zu halten. Eine Gruppe machte sich sogar die Muehe, das Neue Testament dahingehend umzuschreiben, also mitten in den Evangelien hineinzumogeln, dass es immerzu ausdruecklich gesagt worden sei, "unser Herr und Heiland, Koenig und Messias" (oder so aehnlich), wo immer sein Name erwaehnt ist - sehr eigenartige Holzhammer-Methode
- ich fand sowas im Internet.
Sie verkuenden auch im Internet, dass sie saemtliche im Holocaust umgekommenen Juden ersetzen wollen durch messianisch ueberzeugte Mitglieder ihrer Version von Christentum. Der Zweck der Uebung soll sein, wenn sie den letzten Juden zur Taufe ueberrefet haetten, komme Jesus der Messias sogleich endlich wieder, zum Endgericht ueber die Welt - eher nicht. - Das sind also sehr extreme Randgruppen, und denen ist G"TT Selber nicht schnell genug, wie ER Sich das plant, was auch immer.
Deine Frage, wie relevant das denn eigentlich sein soll, wohin man das Buch Y oder X innerhalb der Bibel "einordnet" ist den andern hier im Forum im Grunde auch nicht verstaendlich, einem Juden schon gar nicht, es sei denn bei uns ginge es darum, ein Buch Moses zu ersetzen und z.B.Die Sprueche Salomos zur Grundlage einer allgemeinen Gesetzgebung zu waehlen.
Wie gesagt: die ganze Hl.Schrift - darueber legt sich jede Glaubensgemeinschaft eine eigene Liste an und bewacht genau diese Texte so gut wie moeglich gegen Veraenderungen durch Abschreiber, und die Gelehrten dieser Kionfessionen lernen sie auch vollstaendig - Laien reicht oft die Zeit im Leben dazu einfach nicht aus. Die erwarten von denen, die es lernen, jede Frage im Bedarfsfall geklaert zu bekommen, und das jeweils Relevanteste am Text bekommen sie feierlich vorgelesen oder gesungen.
Und die, welche es lernen, lernen und disputieren bis in die Jahrtausende daran weiter. Auch deshalb mag die Gemeinschaft die Text-Ordnung nicht aendern, sonst kommt man im Zitieren kreuz und quer durcheinander.
Besonders gilt das fuer Disput-Formen, die einfach nur die Zitatstellen per Nummer verwenden (sowas wie: "na, und 3.Mos.2,18 - was sagste dazu?").
Speziell im Juedischen kann kein als Prophetentext definierter Text ein Gebot aus den Moses-Buechern an "Kraft" ueberbieten, denn sie korrigieren, was in der Praktizierung mal einseitig wurde.
Ein als "Schriften" definierter Text - wenn ich dem Gedanken mal zu folgen versuche - etwa "Hohelied" oder "Chronik" - oder zur Septuaginta-Zeit von mir aus auch "Jesus Ben Sirachs Testament an seinen Sohn" hat in dem Sinne keine solche Mahn-Funktion wie ein Propheten-Wort. Im Judentum sind auch die Propheten nicht vorrangig Leute, die was mit der Zukunft zu schauen haben, sondern sie sind in ihrer Gegenwart noetig, darum draengt G"TT Sich ihnen sozusagen sofort damals auf, wo es noetig wurde.
Die Schriftauslegung, die Daniel einfuehrte, die hat etwas mit Zukunfts-Hoffnungen zu tun, denn er gilt als der erste, dem der Gedanke klar wurde, dass die 5 Buecher Moses nicht einfach referieren, was war, bis wir in diesen Vertrag von G"TT kamen, sondern dass es ein abschaetzbares Verhaeltnis gibt, das im Vertrag ja auch so steht, am Beispiel Daniels: fuer so-und-so-viele nicht beachtete 7-Jahre (die Landbestellung ruhen zu lassen) kommen so-und-so-viele Jahre zusammen, die G"TT nun dem Land Ruhe gibt, indem wir davon ganz verbannt wohnen mussten.
Er kam dadurch auf "70 Jahre", und insgesamt kommt man auch auf etwa 70 Jahre jener Verbannung Judaeas durch den Koenig von Babel, im engeren kompletten Sinne waren es aber ca.37 Jahre und bezogen auf das erste Gesamt-Gebiet Volk Israels sind es weitaus mehr, denn Nordisrael war schon auf immer weg, Galilaea wurde von Exil-Judaeern und Benjaminiten re-besiedelt, Samaria nicht wieder vor der Makkabaeer-Zeit, die Daniel nicht kannte.
Also seine Haupt-Erkenntnis war aber die, dass es uns hilft, die Buecher Moses nicht als Akte irgendwo in einen Safe zu legen, sondern, diese ganze "Stimmung" regelmaessig in uns einwirken zu lassen, diese Sprache und Herzlichkeit und Vertrautheit, auch wenn es um Fehler und damit zusammenhaengende Lebens-Erschwernisse gimng oder heute noch geht.
Darin begehn eben diese modernen Moechte-Propheten den Irrtum, auch bezueglich des historischen Daniel. Was Juden allenfalls von einem Messias erwarten, ist jemand wie Koenig David, einer von uns, dem G"TT beisteht, um uns mal wieder Ruhe zu verschaffen, im eignen Land zu ueberleben, "jeder unter seinem Weinstock und bei seinem eignen Ackergaertchen".
Es ist also gar nicht viel, war aber schon so oft astronomisch weit von unserer Wirklichkeit. So ca.14 Millionen Menschen betrifft das - immer noch, nur. Da ersehnt man nicht das Ende der Welt mit Karacho und gleich.
Eine "Verschiebung" des babylonischen Ministers Daniel "vom Propheten zum Schreiber" kann nicht bewirken, dass uns ein zuhandener Messias dem Ende der Welt naeher bringt oder so
- es haette auf die Gebote keinen Einfluss, ob ein Jude ueberhaupt glaubt, jemand sei nun der geeignete Messias, um auch das mal zu erwaehnen.
Einer unserer groessten Gelehrten, Rabbi Aqiwa, hat sich damit auch mal arg vertan, jemanden dafuer zu halten.
Das aenderte nichts an seiner religionsgesetzlichen Relevanz, sondern nur an seiner Todesart: Rom bestrafte ihn als 120 Jaehrigen durch oeffentliche Tot-Roestung dafuer, dass er ueberhaupt noch Judentum an Juden lehrte.
Man kann auch ohne Problem ein guter, frommer und religioes korrekter Jude sein, ohne drueber nachzudenken, ob man einen Messias ueberhaupt erwartet oder sich momentan wuenscht, meine ich.
Wenn es in der Welt grad modisch ist (wie heute), Schreckens-Szenarien herbeizureden, ist es eher ferner, meine ich.
Es gibt die Episode des energischen Mahners, Eliahu des Propheten, der eines Tags gar nicht meh leben mochte und dann zum Gespraech mit G"TT angefeuert wurde - G"TT war nicht im Gewitter und war nicht im Sturm - erst hinterher, im leisen Wehen der sich wieder beruhigt habenden Natur, da hoerte Elija IHN deutlich und bekam etwas zum Hoffen berichtet: dass er keineswegs der Letzte der Getreuen sei.
Schalom :)