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Kirche Gemeinde Was ist das nun genau? (lutherisch)
#1
Auf der Website der Dresdener Frauenkirche stolperte ich über den Satz: "Die Frauenkirche Dresden hat keine feste eigene Gemeinde, vielmehr bildet sich bei jedem Angebot eine Gemeinde auf Zeit."

Hoppla, eine lutherische Kirche OHNE Kirchengemeinde? Geht das überhaupt? WAS macht denn einen Baukomplex zur Kirche?

ad hoc Gemeinde, also die zufällig aus allen möglichen Interessen bei allen möglichen Veranstaltungen Anwesenden incl. Atheisten, Juden, Muslime etc. bilden (Kirchen)-Gemeinde? Ist das nicht sehr grob vereinnahmend und eigentlich mehr eine Kalikatur von chr. Gemeinde? Was ist denn nun aus lutherischer Perspektive genau eine Kirchengemeinde. Das ist doch nicht zu zufällig zusammengewürfelt?

Ich weiß nicht genau, wie der Satz dahinkam auf die Webseite. Könnte natürlich auch nur? eine tapsige Formulierung sein. Deshalb bleibt für mich das Nachdenken über die Begriffsklärung aber weiterhin aktuell.

Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
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#2
Ich weiß natürlich auch nicht, wie diese Formulierung dahin kommt. Allerdings gibt es eine Lesart, die ich an anderer Stelle schon mal gehört habe: Es gibt keine Ortsgemeinde, die verwaltungstechnisch für das Bauwerk zuständig ist. Hier wird m. E. Kirche als Bauwerk mit Kirche als Kirchengemeinde verwechselt.
Ein Gebäude ist gemeinhin eine "Kirche", wenn sie vornehmlich sakralen Charakter hat (geweiht ist) und sakralen Angeboten dient.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#3
Ekkard schrieb:an anderer Stelle schon mal gehört habe: Es gibt keine Ortsgemeinde, die verwaltungstechnisch für das Bauwerk zuständig ist. Hier wird m. E. Kirche als Bauwerk mit Kirche als Kirchengemeinde verwechselt.
Auch der Satz zwickt mich an einigen Stellen ;)
Kirche wäre für mich Kirche, und Kirchengemeinde auch Gemeinde, wenn sie keine Kirche zu VERWALTEN hätte. Für mich wird ein Gebäude, dadurch zur Kirche, dass darin mit gewisser Regelmäßigkeit eine Kirchengemeinde zum Gottesdienst zusammenkommt. Chr. Kirchengemeinde wäre für mich da eine verbindliche Gemeinschaft von gewisser Mindestdauerhaftigkeit, die gemeinsam im Namen Jesu Christi zusammenkommet (Gottesdienst feiert), füreinander diakonische Solidarität und Seelsorge in guten wie schlimmen Lebenslagen übt und gemeinsam auch die materiellen Lasten der Gemeinschaft teilt.

Das schließt die anscheinend auf der Frauenkirchsseite unterstellte Gemeindedefinition als jeweils neu zusammengesetzte Veranstaltungsgemeinschaft (auch säkulare, bauhistorische, touristische oder musikalische Veranstaltungen?) aller Anwesenden unabhängig von ihrem Religionsstatus aus.

Ekkard schrieb:Ein Gebäude ist gemeinhin eine "Kirche", wenn sie vornehmlich sakralen Charakter hat (geweiht ist) und sakralen Angeboten dient.
Hmm, durch Weihehandlung, also Widmung für Gottesdienstzwecke durch Kirchenhierarchie? Für mich ist das lutherisch einigermaßen befremdlich, so dekorativ solch festliche Auftriebe sein mögen. Kirche ist für mich, wo Gemeinde zum Gottesdienst zusammenkommt ... und wenns am Sonntagmorgen im Vorraum von ALDI wäre oder in einer Disco oder in Wald und Feld ... "Geweiht" werden muss dazu nichts.

Fritz
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#4
Du hast ja Recht! Ich vermute lediglich, dass keine ortsansässige Gemeinde die finanzielle und administrative Last dieses mehr historisch-kulturellen Bauwerkes tragen kann - und wahrscheinlich bereits mit Kirchenräumen anderweitig "gesegnet" sind.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#5
Ekkard schrieb:Ich vermute lediglich, dass keine ortsansässige Gemeinde die finanzielle und administrative Last dieses mehr historisch-kulturellen Bauwerkes tragen kann - und wahrscheinlich bereits mit Kirchenräumen anderweitig "gesegnet" sind.
DAS wird zukünftig immer öfter ein bedrückendes Problem werden. Aber MUSS denn Kirchengebäude immer der Gemeinde gehören?
Die Frauenkirche wird von einer Stiftung getragen ... WENN es dann allerdings mit dem Satz auf der Website richtig ist, dass es keine zugehörige Kirchengemeinde gäbe, DANN drängen sich mir Zweifel auf, ob das Riesenbauwerk trotz allen baulichen Ingredenzien einer ev. Kirche und trotz großer repräsentativer Weihungsfeier wirklich eine evangelische Kirche ist.

Das ist der Ausgangspunkt meiner Nachdenkerei und Fragen, weil ich mir eben doch nicht ganz sicher bin, ob ich irgenwo in die Irre laufe mit meinen Schlüssen.

Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

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#6
Ich zweifle ohnehin, ob jener jüdische Wanderprediger vor 2000 Jahren sich gemeindliche Räume dieser Dimensionen hätte vorstellen können oder sollen. Kirchenbauten sind so richtig "von dieser Welt" mit all ihrer Schwere und der finanziellen Last - ein häufiger Grund der Selbstbeschäftigung einer Gemeinde.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#7
Ekkard schrieb:Kirchenbauten sind so richtig "von dieser Welt" mit all ihrer Schwere und der finanziellen Last - ein häufiger Grund der Selbstbeschäftigung einer Gemeinde.
*stöhn* ja ...
Und deswegen frage ich für die Zukunft, ob Kirchenräume nicht auch häufiger zeitweise MITgenutzte Räume in fremdem Eigentum und Verwaltung (auch säkularer Trägerschaft) sein sollten ... um Kirchengemeinden freier zu machen für Wesentlicheres ihres Kirchen-Kernauftrags.
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

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#8
hallo Fritz und Ekkard,
die Frauenkirche hat vielleicht keine feste, angegliederte evang. Gemeinde, aber eine weit grössere - jene, die sich Tag für Tag einfindet - Einzelne, Gruppen, Betende, Suchende, Menschen mit oder ohne religiöser Bindung...:)
Ein Lehrhaus (wie Synagogen), Ort des Lernens, Treff-und Versammlungsort, Konzertsaal, Ausstellungsort (!)...
So verstehe ich die Frauenkirche. Eigentlich sehr sympathisch.

Ekkard,
der jüdische Wanderprediger Jesus hätte vielleicht seine Freude an derartigen Versammlungsorten. Damit zieht auch die Freude, das Lachen ein, bleibt vor der Kirchentür nicht stehen. Das fehlt an allen Ecken und Enden.

Gruß
Lea
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#9
Lea schrieb:...der jüdische Wanderprediger Jesus hätte vielleicht seine Freude an derartigen Versammlungsorten. Damit zieht auch die Freude, das Lachen ein, bleibt vor der Kirchentür nicht stehen. Das fehlt an allen Ecken und Enden.
Versammlungsorte sind recht schön, liebe Lea,
da hast du wohl recht.
Aber das ist wohl etwas völlig anderes als eine Gemeinde-Kirche, in der sich die Menschen verbunden sind, die zusammen feiern und trauern, sich regelmäßig treffen und gemeinsame soziale Aktionen starten. Das verstehe ich unter Kirchen im bisher üblichen Sinne.
Das Lachen hat mir da noch nie gefehlt, im Gegenteil,
Lachen kann ich besser mit Menschen, denen ich innerlich verbunden bin und die zu meiner Kirchengemeinde im herkömmlichen Sinne zählen.

Versammlungsorte ohne Gemeinde
haben wir auch in Autobahnkirchen oder auf Flugplätzen und Bahnhöfen. Dort habe ich bisher noch nie Leute lachen hören, oder du? Gemeinschaften, die im Sinne Jesu die Welt verändern wollten, sind da auch selten gesehen worden. Dennoch haben sie eine Aufgabe für jeden Einzelnen, der Ruhe und Besinnung braucht und vielleicht sogar die Nähe von anderen mit denselben Bedürfnissen, auch wenn jeder für sich bleibt. Das ist aber etwas anderes als die Gemeinschaften, die der Wanderprediger mit seinen "Tafelrunden" mit Zöllnern und Sündern oder mit seiner Anhängerschar genossen haben soll.

Ich glaube auch nicht,
dass die meisten Menschen, die in die Dresdner Kirche kommen,
dort im Geiste Jesu miteinander beten oder singen oder sich zusammentun, um den Straßenkindern ein warmes Essen zu ermöglichen. Sie werden eher das Gebäude besichtigen, sich an den Bildern freuen und sich wie in einem Museum vorkommen.
Dann sollte die Kirche auch wie ein Museum finanziert werden.
"Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Anbetung der Asche!" (Gustav Mahler nach Thomas Morus)
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#10
Eigentlich `ne gute Idee: Freiburger Münster, Frankfurter Paulskirche, Dresdner Frauenkirche, Berliner und Kölner Dom - das hat natürlich mit dem geschichtlichen Wirken des Christentums in Deutschland zutun. Das hat aber auch eine ganze Menge mit der christlich geprägten Kultur zutun - und da wäre es sicherlich nicht verkehrt das so anzuerklennen, als das für den Unterhalt dieser Gebäude auch Landes- und Bundesmittel der Kulturministerien verwendet werden. Allerdings wissen wir ja alle, dass die Herren und Damen Politiker einen Haufen Geld für allen nur möglichen Sch... ausgeben - nur eben nicht für Kultur...
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#11
Nicht ganz, siehe am Ende des folgenden Aufsatzes: http://www.nrw2000.de/mittelalter/koeln.htm
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#12
Lea schrieb:keine feste, angegliederte evang. Gemeinde, aber eine weit grössere - jene, die sich Tag für Tag einfindet - Einzelne, Gruppen, Betende, Suchende, Menschen mit oder ohne religiöser Bindung...:)
Ich bestreite, dass diese bunte "zufällige Versammlung das ist, was neutestamentlich christlich oder lutherisch-kirchlich "Gemeinde" meint. Da gibts nun doch wohl unverzichtbare theologische Mindeststandards ... DEIN genanntes Zusammentreffen von "Einzelne, Gruppen, Betende, Suchende, Menschen mit oder ohne religiöser Bindung" mag alles Mögliche sein, "Gemeinde" ist es für mich NICHT!
Und wenn das alles ist, was Frauenkirche aufzubieten hat, dann mag sie städtisches/ nationales Prunkstück, Denkmal, Museum, repräsentativer Versammlungsraum, vielleicht bisweilen auch in sehr bemühten Sinne auch "Lehrhaus" sein, evangelische KIRCHE ist sie dann für mich NICHT!

Und um diese unangenehme Zuweisung zu vernebeln und zu meiden, wird rumgeschwafelt, was das Zeug hält.

Fritz
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#13
Aber mich für mich IST ES die Gemeinde, nach der ich mich sehne.

Ich gehe mit, dorthin, wo Heimat entstehen kann - und sei es nur für die Kürze eines Konzertes, ein stilles Besammensitzen in der Kirche (Moschee, Synagoge), beten, auch weinen, Einsamkeit ertragen, Nähe spüren.
Wir atmen die gleiche Luft. Ja, wir atmen und essen - kommunizieren, wie alles Leben.

Die Frauenkirche bietet mehr, als du ertragen kannst, Fritz (vorerst).

Lea

Und schliesslich, was ist eine lutherische Gemeinde? Jene, die ich erleben durfte, waren Gemeinschaften, belebte Orte, die Vieles zulassen. Ausstellungen, Konzerte, interreligiöse Feiern, ja, gemeinsamens Beten!.
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#14
Lea schrieb:Und schliesslich, was ist eine lutherische Gemeinde?
Sie können alles mögliche und unmögliche bieten über den Kern hinaus, der sie zur Gemeinde (J.C.) im Sinne von NT macht, einen Mindeststandard an nachhaltiger Gemeinsamkeit, auch gemeinschaftlicher Fürsorge im Namen Jesu Christi, also auch ein Mindeststandard an Glaubensgemeinsamkeit, an Bekenntnisgemeinschaft ... und das ist eben noch nicht durch zufälliges Zusammenkommen einander fremder Menschen aus was weiß ich für persönlichen Interessen (Musik, Bauhistorie, Neugier, Staunen an neuer Prachtentfaltung) mit unbestimmbarer individueller Weltanschauung gegeben.
Also bleib ich dabei bis zur Überzeugung vom Irrtum: Wenn Frauenkirche Dresden nicht mehr an Gemeinschaft und Kirchengemeinde zu bieten hat, dann ist sie z.Zt. für mich KEINE evangelische Kirche! :coffee:

Fritz
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#15
Letztlich ist es doch die Frage, was der Einzelne unter einer Gemeinde versteht.

Da haben wir doch zunächst mal die weltweite Gemeinde derjenigen, die sich zu Jesus Christus bekennen. Diese spaltet sich sodann in verschiedene Glaubensrichtungen, Konfessionen auf - ist aber streng genommen immer noch Teil der weltweiten Christenheit. Ganz an unteren Ende der Aufteilungen stehen dann die Gemeinden einer Konfession, die sich mit "Ihrem" Gotteshaus verbunden fühlen. Diese Verbundenheit aber beschränkt sich hier nicht auf das sakrale Gebäude, sondern ist auch eine Verbundenheit der Menschen, die sich in dieser Gemeinde aufgehoben fühlen. Auf dieser Ebene der Gemeinsamkeit, die eine Gemeinde auszeichnet oder kennzeichnet, unterscheiden sich übrigends Juden, Christen, Muslime und Baha`i nicht voneinander.

Letztlich kann man sich als Kosmopolit begreifen und jeden, der ein Haus Gottes besucht, als Teil einer Gemeinde ansehen, die - auf welche Art auch immer - dem Schöpfer Interesse und Verehrung zeigt. Hier findet man prinzipiell weltweit eine Gemeinde - man kann natürlich auch die persönliche, lange gewachsene Vertrautheit im Miteinander als Basis für eine Gemeinde ansehen und daher den Begriff Gemeinde nur für das eigenen Umfeld akzeptieren.

Legitim sind beide Möglichkeiten; sie stehen sich nicht im Wege und behindern sich gegenseitig nicht.
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