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Agnostizismus und Religiosität
#1
Question 
Hallöle allerseits,

ich studiere Soziologie und suche Agnostiker, die bereit sind, ein paar Fragen zu ihrer agnostischen Denkweise zu beantworten. Zu diesem Zweck habe ich auf ein paar thematisch einschlägigen Boards jeweils einen Thread wie diesen erstellt und freue mich auf reges Feedback. Die Beantwortung der 7 Fragen benötigt – je nachdem wie ausführlich man sie beantwortet – schätzungsweise 20 bis 35 Minuten. Bei Interesse kannst du dich kurz per PN oder per E-Mail an folgende Adresse melden: domonrai{ätt}gmx.net

Die Antworten werden für eine religionssoziologische Hausarbeit von mir verwendet – Zitate werden prinzipiell anonym dargestellt, auf Wunsch aber auch gerne pseudonym oder unter direkter Nennung des Verfassers. Sofern Du Dich per E-Mail bei mir meldest, schicke ich Dir das fertige Elaborat auf Wunsch auch gerne zu, sobald es fertig gestellt ist (voraussichtlich in 2 bis 3 Monaten).

Damit dieser Thread nicht zu einer bloßen Annonce verkommt, werde ich die wohl diskussionsträchtigste meiner Fragen direkt hier an all jene richten, die eine Vorstellung davon haben, was Agnostizismus ist:

Inwiefern lässt sich Agnostizismus mit einer religiösen Lebensweise vereinbaren? Kann man ihn sogar selbst als Religionsform bezeichnen? Begründe deine Meinung!

Beste Grüße und viel Vergnügen beim Schreiben, Icon_wink

DoMonRai
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#2
DoMonRai schrieb:Inwiefern lässt sich Agnostizismus mit einer religiösen Lebensweise vereinbaren? Kann man ihn sogar selbst als Religionsform bezeichnen?
WAS genau ist eine "ReligionsFORM" ?
Wenn man zugesteht, dass rationale Gottesbeweise allesamt nicht so recht schlüssig oder überzeugend sind, und wenn sie denn überzeugend wären, GOTT der Transzendenz, Seiner Göttlichkeit beraubten - also kontraproduktiv wären -
DANN muss man wohl Agnostizismus für sich auch als religiöser Mensch als logische Konsequenz akzeptieren ... Im Widerspruch steht er nicht dazu ...
Alles hängt an dem Zugeständnis, dass Gott für Menschen niemals vollständig/ umfassend rational/ mit wissenschaftlichem Instrumentarium erkannt werden KANN.
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
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#3
Fritz7 schrieb:
DoMonRai schrieb:Inwiefern lässt sich Agnostizismus mit einer religiösen Lebensweise vereinbaren? Kann man ihn sogar selbst als Religionsform bezeichnen?
WAS genau ist eine "ReligionsFORM" ?
Ich will mich eigentlich nicht auf Meta-Diskussionen über einzelne Begriffe konzentrieren, aber eine ziemlich berechtigte Frage stellst Du da. "Religionsform" ist wohl ein unbewusst semantischer Versuch meinerseits gewesen, der umgangssprachlich oftmals engen Definition des Wortes "Religion" mehr Spielraum zu verschaffen. Letzten Endes interessiert es mich allerdings auch, wie ihr selbst einzelne Begriffe aus meinen Fragen interpretiert und in Eurer Antwort weiter verarbeitet. Icon_lol
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#4
Fritz7 schrieb:Alles hängt an dem Zugeständnis, dass Gott für Menschen niemals vollständig/ umfassend rational/ mit wissenschaftlichem Instrumentarium erkannt werden KANN.

Diese These ist aber keine, die notwendig im Konflikt zum christlichen Glauben steht. Viele führende Fundamentaltheologen haben immer wieder deutlich gemacht, dass eine substanzielle Erkenntnis Gottes, allein aus dem menschlichen Verstand heraus, unmöglich ist. Weitherhin, dass auch eine Erkenntnis des Seins und der Wesenheit Gottes niemals den Charakter der Vollständigkeit oder Vollkommenheit erlangen kann. Kurz gesagt, es gibt keine methodischen Beweis Gottes!

Ich zitiere wie schon oft, zum Wachrufen, den bedeutenden Satz des IV. Laterankonzils:
"Denn von Schöpfer und Geschöpf kann keine Ähnlichkeit ausgesagt werden, ohne daß sie eine größere Unähnlichkeit zwischen beiden einschlösse." IV. Laterankonzil (DS 806, NR 280)

Zu deiner Frage DoMonRai; ich bin überzeugt, dass weniger der Agnostizismus denn der Atheismus religöse Züge tragen kann. Denn Agnostizismus als Zweifel oder Entschlusslosigkeit des Glaubens an Gott ist niemals ein einheitsstiftendes Prinzip, sondern Akt des Einzelnen. Zwar gibt es viele die Zweifeln, aber in einem je eigenen Kontext und was noch viel wichtiger ist, es gibt keinen originären Ausdruck für - Überzeugung kann man es schlecht nennen - dieses Weltbild, dass kultischen, religionsdokrtinären oder einfach nur religonsstiftenden Charakter hat.

Insofern wurde ich behaupten, dass Agnostizismus im offenen Widerspruch zu Religion selbst steht, nicht weil einzlne religöse Fromen abgelehnt werden, sondern weil es im Widerspruch zur notwendigen inneren Überzeugung dum depositum fidei steht. Sprich: Ein Agnostizist wird niemals "aus ganzem Herzen und ganzer Seele und mit all seinem Verstand" (Dtn 6, 5) Glauben können oder wollen.

Mfg Presbyter
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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#5
Zitat:Inwiefern lässt sich Agnostizismus mit einer religiösen Lebensweise vereinbaren? Kann man ihn sogar selbst als Religionsform bezeichnen? Begründe deine Meinung!
Vor vielen Jahren habe ich mal in Gegenwart meines damals 10jährigen Sohnes die Ausdrücke 'Atheisten' und 'Agnostiker' gebraucht.
Er fragte mich, was denn das für Leute seien. Ich versuchte es ihm zu erklären, und er schüttelte den Kopf: "Das sind aber komische Religionen!" :cheesygrin:

Die Bezeichnung von Agnostizismus als Religionsform würde ich auch fragwürdig finden, dass Agnostizismus im offenen Widerspruch zu Religion steht,
allerdings ebenfalls. Der Agnostiker sagt dass er nicht wissen kann - das braucht ihn aber m.E. nicht unbedingt daran hindern zu glauben.
() qilin
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#6
Presbyter schrieb:dass Agnostizismus im offenen Widerspruch zu Religion selbst steht, nicht weil einzlne religöse Fromen abgelehnt werden, sondern weil es im Widerspruch zur notwendigen inneren Überzeugung dum depositum fidei steht. Sprich: Ein Agnostizist wird niemals "aus ganzem Herzen und ganzer Seele und mit all seinem Verstand" (Dtn 6, 5) Glauben können oder wollen.

Na, mal langsam ... und dafür genauer:
Wenn Agnostizismus die rationale Überzeugung ist, dass Gott für menschen nicht vollständig und unfassend WISSENSCHAFTLICH zu beweisen ist, bedeutet das für die GLAUBENSebene noch gar nichts: Es ist damit weder ein Zweifel an dem Glaubensfaktum "Gott" noch ein Nicht-Glauben-Können und ein Nicht-Glauben-WOLLEN schon gar nicht vorgegeben ...
Mal ganz abgesehen, von bisweiligem Verzweifeln an überkommener religiöser Sprachregelung: Was zum Kuckuck soll das "Herz" mit dem Glauben zu tun haben und wo wäre real "Seele" zu verorten? "Ganz" wäre wiel weniger verwirrend ... und treffender dazu.

Daraus resultiert aber ebenso, dass Agnostizismus KEINE Religion und auch keine Variante bestehender Religionen ist. Schlicht und ergreifend völlig unterschiedliche Erfahrungsebenen, die sich nirgends tangieren und deswegen auch nicht kollidieren.

... Es sei denn, man sucht nach "Kampfbegriffen", gegen die man Reigiösität profilieren möchte ... weils sonst in sich so schwer fällt und schon lange und bei großen Bevölkerungskreisen nicht mehr recht gelingt ... Agnostizismus scheint mir eher ein ungeeigneter Kampf- und Hauplatt-Begriff für religiöse Missions-Krieger.

Fritz
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Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
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#7
Fritz7 schrieb:Daraus resultiert aber ebenso, dass Agnostizismus KEINE Religion und auch keine Variante bestehender Religionen ist.

Naja, der Agnostizismus ist entweder Teil einer Religion oder hilosophischen
Auffassung. im Buddhismus existiert der Agnostizismus, zumindest in der apathischen Form sehr wohl, weil da es zum einem keine Götter gibt, aber deren Existenz im Grunde auch nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, aber davon ausgegangen wird, daß Götter, auch wenn es welche geben sollte, keine Rolle für die Menschen weder auf ihrer individuellen Suche nach "Erleuchtung", noch im täglichen Leben spielen.

Agnostiker stehen irgendwo zwischen Theisten und Atheisten. Sie haben Zweifel an der Religion oder der Existenz von Göttern und suchen nach Sinn und Zweck des Lebens, möchten aber auch glauben können. Sie sind im Gegensatz zu Theisten nicht bereit blind, ohne zu hinterfragen zu glauben
und ihr Schicksal in Händen eines erfundenen Wesens legen, möchten aber zugleich auch einen höheren Sinn im Leben und Sterben wissen. Während sie sich es im Gegensatz zu Atheisten sparen Götter, Religion und Mystik für vollkommen null und nichtig zu klären und auch sparen das Leben auch ohne höheren Sinn für lebenswert zu erachten.
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#8
DoMonRai schrieb:Inwiefern lässt sich Agnostizismus mit einer religiösen Lebensweise vereinbaren?
Ohne Weiteres! Ein zugrunde liegender Glaube ist sogar unabdingbar. Was wäre denn anders zu bezweifeln?
DoMonRai schrieb:Kann man ihn sogar selbst als Religionsform bezeichnen?
Nein. Der schlichte Zweifel an tradierten Vorstellungen begründet noch keine Religionslehre. Wir können allerdings darüber diskutieren, ob "Zweifeln" der erste Schritt zu einer anderen als der Religionsform führt, die der persönlichen Tradition entspricht.
DoMonRai schrieb:Begründe deine Meinung!
Der Agnostiker bezweifelt die Existenz einer Reihe von mythischen Vorstellungen, beginnend von Aussagen zum Heiligen bzw. zur Gottheit. Der Zweifel gründet sich auf die Erkenntnis, dass z. B. die Gottesvorstellung, die heiligen Texte, die Geschichten menschengemacht sind und einer Letztbegründung noch nie standgehalten haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#9
falls das threadthema noch jemand interessiert:

ich habe (als teilnehmer an der umfrage) vom autor den text der darauf aufbauenden hausarbeit bekommen

wer mag, dem schicke ich ihn gern per pn. fand ihn selber recht interessant
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#10
Hallo Petronius,

ja, würde mich interessieren. Ich habe damals auch teilgenommen,
aber seither nichts mehr gehört...
() qilin
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