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Weniger Erbsünde
#1
Hallo an alle Interessierten,
ich hab einen Text gefunden und will mich damit einmal kritisch auseinandersetzen. Ich wollte einfach mal wissen was ihr darüber denk.

Weniger Erbsünde
Aber mehr Gottesgnade: Der Vatikan rettet die ungetauften Kinder vor der Hölle
VON CHRISTIAN SCHLÜTER
Dass es das Böse in der Welt gibt, möchte wohl kaum jemand bestreiten. Strittig ist allenfalls, wie dieses Böse zu verstehen ist: als dauerhafte Einrichtung, als bloße Täuschung, als menschliche Schwäche, als gott- gewollte Strafe, als gesellschaftliche Tatsache... Werweiß das schon. Geradezu erleichternd muss es da sein, wenigstens die Heim- statt des Bösen zu kennen, die Hölle nämlich, einen in großen Teilen und für die meisten seiner Bewohner eher ungemütlichen Ort, an dem der mächtige Abfall von Gott, der Teufel höchstselbst, herrscht. Ein Schreckbild, das genau verort- und abgrenzbar scheint. Und so mag in christlicher Sicht am Anfang das Wort gewesen sein, mit ihm aber wurde nicht etwa alles gut, sondern ging zugleich ein Riss durch alle Wirklichkeiten, eine ursprüngliche Spaltung, eine grammatikalische Notwendigkeit: Wer „gut“ sagt, muss auch „böse“ sagen, das eine ist nur in Bezug auf das andere sinnvoll.
Erstaunlicherweise ist diese Sicht heute nur noch schwer vermittelbar. Das jedenfalls befindet die Römisch-katholische Kirche angesichts der steigenden Zahl von Abtreibungen und ungetauft gestorbener Kinder. Denn bislang und gemäß der Lehren des Heiligen Augustinus kommen diese Kinder in eine Art Vorhölle, in den so genannten Limbus Infantium. Dort existieren ihre Seelen zwar in einem ewigen Zustand natürlicher Glückseligkeit fort, sind aber von Gott getrennt. Eine nur schwer erträgliche und mittlerweile kaum mehr zumutbare Vorstellung für trauernde Eltern, befand nun der Vatikan. In einem von Benedikt XVI. gebilligten Bericht der Internationalen Theologischen Kommission — sie wurde 2004 von Papst Johannes Paul II. beauftragt — ist nun geklärt, dass auch ungetaufte Babys nach einem frühen Tod „errettet“ werden: Auch sie dürfen sich, sofern sie ohne Sünde sind, „der seligen Schau Gottes erfreuen‘
Die Grotte der Unglückseligen
Das ist allerdings nicht etwa nur als ein oberflächliches Zugeständnis an den Zeitgeist misszuverstehen. Der 41 Seiten starke Bericht (Die Hoffnung auf Heil für ungetauft gestorbene Kinder) führt durchaus gewichtige theologische Gründe an. Die Taufe bleibe zwar der ordentliche Heilsweg, heißt es in dem Dokument. Es sei aber das Bewusstsein dafür gewachsen, dass Gott die Rettung aller Menschen wolle. Ein Limbus Infantium spiegele dagegen eine „unangemessen restriktive Sicht von Rettung“ wider. Doch nicht nur soll Gott, für den amtierenden Papst immerhin Inbegriff der umfassenden Liebe (Deus Caritas Est), kein unbarmherziger Bestrafer mehr sein, die Kirche hat auch gar keine gesicherten Kenntnisse über das Schicksal ungetauft verstorbener Kinder, unterstreicht der Bericht. Der Limbus sei nie alsDogma definiert worden und werde auch nicht im Katechismus der katholischen Kirche erwähnt, betonen die Theologen.
Man weiß also gar nicht so genau, ob es die Hölle, wenigstens aber die Vorhölle gibt? Das ist stark! Galileo Galileis Abhandlung Die Vermessung der Hölle Dantes (1588) wusste da noch genau Auskunft zu geben:
„Sie begannen dann einen Abhang hinabzusteigen, bis sie zur Grotte der Unglückseligen kamen, die sowohl Gott als auch seinen Feinden missfielen... Sie sahen die unschuldigen Kinder, die ungetauft gestorben sind, und diejenigen, die tugendhaft, aber ohne christlichen Glauben lebten. In diesem Kreis kamen sie zu der leuchtenden Flamme und der stolzen Festung, die von einer siebenfachen Mauer umgeben ist. Der Abstand dieses Kreises von der Erdoberfläche beträgt ein Achtel des Erdhalbmessers, nämlich 405 5/22 Meilen, und seine Breite 87 ½ Meilen. Nachdem sie...“ Und so weiter. Dass der Nabel des Teufels den Erdmittelpunkt markiert, versteht sich von selbst — so lauten die überaus klare Ortsangaben.
Damit ist jetzt Schluss. Joseph Ratzinger, seinerzeit Chef der Glaubenskongregation, betonte schon 1985: „Der Limbus ist niemals definierte Glaubenswahrheit gewesen. Ich persönlich — wobei ich mehr als bisher als Theologe und nicht als Präfekt der Kongregation spreche — würde ihn fallen lassen, da er immer nur eine theologische Hypothese gewesen ist.“ Theologisch aber gibt es ein Problem: Wenn ungetaufte Säuglinge nicht mehr in die Vorhölle kommen, dann wird jeder im Zustand der Gottesgnade geboren. Die Erbsünde verliert dann ganz gehörig von ihrem normativen Effet. Und die Taufe ist nicht vielmehr, als der Eintritt in die Kirche — beileibe keine Schicksaifrage.

Mfg
fh988
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#2
Leider ist dieser Text ein wenig ungenau und dies ist er in zweierlei Hinsicht.
1. Was seine Wiedergabe und Einschätzung des Dokuments der internationalen, päpstlichen Theologenkommision angeht. Und
2. was die Benützung der theologischen Termini angeht.

"Und so mag in christlicher Sicht am Anfang das Wort gewesen sein, mit ihm aber wurde nicht etwa alles gut, sondern ging zugleich ein Riss durch alle Wirklichkeiten, eine ursprüngliche Spaltung, eine grammatikalische Notwendigkeit: Wer „gut“ sagt, muss auch „böse“ sagen, das eine ist nur in Bezug auf das andere sinnvoll."

Dieses Zitat ist eine völlige Fehlinterpretation des biblischen Schöpfungsglaubens und erstrecht der katholischen Protologie (Schöpfunslehre).
Das Böse ist nicht geschaffen, sondern geworden! Denn der Schöpfungsbreicht schildert uns erst die Schaffung des Kosmos, des Himmels und der Erde, als "sehr gut" (Gen1, 25) und dann den Sündenfall. Und letzerer ist die allegorische Darstellung der Ursünde, als personale Entscheidung des Menschen gegen Gott und für das Böse. Den Verlust der unschuldhaften Beziehung des Menschen zu Gott bezeichnen wir als Erbschuld, die keine, wie oft fälschlich angenommen, persönliche Sünde eines jeden Menschen ist.

"Denn bislang und gemäß der Lehren des Heiligen Augustinus kommen diese Kinder in eine Art Vorhölle, in den so genannten Limbus Infantium. Dort existieren ihre Seelen zwar in einem ewigen Zustand natürlicher Glückseligkeit fort, sind aber von Gott getrennt. Eine nur schwer erträgliche und mittlerweile kaum mehr zumutbare Vorstellung für trauernde Eltern, befand nun der Vatikan. In einem von Benedikt XVI. gebilligten Bericht der Internationalen Theologischen Kommission — sie wurde 2004 von Papst Johannes Paul II. beauftragt — ist nun geklärt, dass auch ungetaufte Babys nach einem frühen Tod „errettet“ werden: Auch sie dürfen sich, sofern sie ohne Sünde sind, „der seligen Schau Gottes erfreuen‘."

Auch dieser Abschnitt ist ungenau. Zwar stimme ich der Einschätzung der Kommision zu, dass die Limbustheorie eine Einschränkung des universalen Heilswillen Gottes und der universalen Satisfaction durch Christus ist, aber von einer Abschaffung wird in dem Dokument kein einziges Mal geredet.

Sr. Sara Butler, Dozentin für Dogmatik am Priesterseminar der Erzdiözese von New York, selbst Mitglied der Kommision, sagte dazu in einer Stellungnahme:
"Das Dokument sagt nichts Neues. [...]Es versucht nur, die theologische Begründung für diese Hoffnung zu erklären. Das Kapitel 22 von Gaudium et Spes und die Kapitel 14 und 16 von Lumen Gentium beim 2. Vatikanischen Konzil haben den Weg für diese Entwicklung geöffnet. [...] Wir sind uns sehr klar darüber, dass der normale Heilsweg nur über die Taufe führt und dass Kinder getauft werden sollten. Katholische Eltern haben hier eine ernsthafte Verpflichtung. [...] Das Dokument macht keine Pauschalerklärung. Es versucht nur zu rechtfertigen, dass die Hoffnung vernünftig ist, dass diese Kinder ebenfalls der besonderen Vorsehung Gottes anvertraut sind. Wir hoffen, dass Gott sie in seinem rettenden Erbarmen annimmt. [...]
Jeder, der diese Theorie [vom Limbus infantium] verteidigen möchte, ist frei dies zu tun. Dieses Dokument versucht nur eine Antwort zu geben, warum es eine begründete Hoffnung gibt, dass auch ungetaufte Kinder gerettet werden können."
(Zitat von kath.net)
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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#3
Presbyter schrieb:...Dieses Dokument versucht nur eine Antwort zu geben, warum es eine begründete Hoffnung gibt, dass auch ungetaufte Kinder gerettet werden können."
Man fasst es nicht,
was uns Dogmatiker für Denk-Kapriolen zumuten und mit was für Themen sie sich beschäftigen!

Als ob Gott sich an ein Symbol wie die Taufe binden würde,
wenn er seine Liebe zu unseren Kindern in väterlicher Güte ausübt.
Für wie klein muss man unseren Gott halten, um ihm theoretisch derartige Fesseln anzulegen und eine derartige Kleinkariertheit zu unterstellen!
Die "begründete Hoffnung, dass auch ungetaufte Kinder gerettet werden können", gibt es, weil Gott die Liebe ist, weil es überhaupt nicht zu ihm passt, kleine Menschlein zu verstoßen, weil die Eltern die Taufe versäumt haben!
Die mythischen Spekulationen des Augustinus kann doch heute keiner mehr ernst nehmen. Wir müssen doch langsam begriffen haben, dass wir über ein "konkretes Jenseits" nicht die Bohne wissen.

Solche dogmatischen Kunststückchen aus alter Zeit,
vor deren Abschaffung die Kirche immer noch zurückschreckt, scheinen mit dafür verantwortlich zu sein, dass es Menschen, die mit ihren echten Problemen nicht fertig werden, aus der Kirche treibt.
So sieht es z.B. in Brasilien aus, wo der Oberdogmatiker gerade wieder seinen Spagat zwischen "Parteinahme für die Armen" und "Verbot von Parteinahme" vorgeführt hat. Ein typischer Ratze-Putz von einem Dogmatiker, der die ganze Theologie der Befreiung nicht begriffen hat, weil er sich in der antiquierten Dogmen-Welt besser auskennt als im wirklichen Leben.
"Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Anbetung der Asche!" (Gustav Mahler nach Thomas Morus)
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