14-05-2007, 17:26
Hallo an alle Interessierten,
ich hab einen Text gefunden und will mich damit einmal kritisch auseinandersetzen. Ich wollte einfach mal wissen was ihr darüber denk.
Weniger Erbsünde
Aber mehr Gottesgnade: Der Vatikan rettet die ungetauften Kinder vor der Hölle
VON CHRISTIAN SCHLÜTER
Dass es das Böse in der Welt gibt, möchte wohl kaum jemand bestreiten. Strittig ist allenfalls, wie dieses Böse zu verstehen ist: als dauerhafte Einrichtung, als bloße Täuschung, als menschliche Schwäche, als gott- gewollte Strafe, als gesellschaftliche Tatsache... Werweiß das schon. Geradezu erleichternd muss es da sein, wenigstens die Heim- statt des Bösen zu kennen, die Hölle nämlich, einen in großen Teilen und für die meisten seiner Bewohner eher ungemütlichen Ort, an dem der mächtige Abfall von Gott, der Teufel höchstselbst, herrscht. Ein Schreckbild, das genau verort- und abgrenzbar scheint. Und so mag in christlicher Sicht am Anfang das Wort gewesen sein, mit ihm aber wurde nicht etwa alles gut, sondern ging zugleich ein Riss durch alle Wirklichkeiten, eine ursprüngliche Spaltung, eine grammatikalische Notwendigkeit: Wer „gut“ sagt, muss auch „böse“ sagen, das eine ist nur in Bezug auf das andere sinnvoll.
Erstaunlicherweise ist diese Sicht heute nur noch schwer vermittelbar. Das jedenfalls befindet die Römisch-katholische Kirche angesichts der steigenden Zahl von Abtreibungen und ungetauft gestorbener Kinder. Denn bislang und gemäß der Lehren des Heiligen Augustinus kommen diese Kinder in eine Art Vorhölle, in den so genannten Limbus Infantium. Dort existieren ihre Seelen zwar in einem ewigen Zustand natürlicher Glückseligkeit fort, sind aber von Gott getrennt. Eine nur schwer erträgliche und mittlerweile kaum mehr zumutbare Vorstellung für trauernde Eltern, befand nun der Vatikan. In einem von Benedikt XVI. gebilligten Bericht der Internationalen Theologischen Kommission — sie wurde 2004 von Papst Johannes Paul II. beauftragt — ist nun geklärt, dass auch ungetaufte Babys nach einem frühen Tod „errettet“ werden: Auch sie dürfen sich, sofern sie ohne Sünde sind, „der seligen Schau Gottes erfreuen‘
Die Grotte der Unglückseligen
Das ist allerdings nicht etwa nur als ein oberflächliches Zugeständnis an den Zeitgeist misszuverstehen. Der 41 Seiten starke Bericht (Die Hoffnung auf Heil für ungetauft gestorbene Kinder) führt durchaus gewichtige theologische Gründe an. Die Taufe bleibe zwar der ordentliche Heilsweg, heißt es in dem Dokument. Es sei aber das Bewusstsein dafür gewachsen, dass Gott die Rettung aller Menschen wolle. Ein Limbus Infantium spiegele dagegen eine „unangemessen restriktive Sicht von Rettung“ wider. Doch nicht nur soll Gott, für den amtierenden Papst immerhin Inbegriff der umfassenden Liebe (Deus Caritas Est), kein unbarmherziger Bestrafer mehr sein, die Kirche hat auch gar keine gesicherten Kenntnisse über das Schicksal ungetauft verstorbener Kinder, unterstreicht der Bericht. Der Limbus sei nie alsDogma definiert worden und werde auch nicht im Katechismus der katholischen Kirche erwähnt, betonen die Theologen.
Man weiß also gar nicht so genau, ob es die Hölle, wenigstens aber die Vorhölle gibt? Das ist stark! Galileo Galileis Abhandlung Die Vermessung der Hölle Dantes (1588) wusste da noch genau Auskunft zu geben:
„Sie begannen dann einen Abhang hinabzusteigen, bis sie zur Grotte der Unglückseligen kamen, die sowohl Gott als auch seinen Feinden missfielen... Sie sahen die unschuldigen Kinder, die ungetauft gestorben sind, und diejenigen, die tugendhaft, aber ohne christlichen Glauben lebten. In diesem Kreis kamen sie zu der leuchtenden Flamme und der stolzen Festung, die von einer siebenfachen Mauer umgeben ist. Der Abstand dieses Kreises von der Erdoberfläche beträgt ein Achtel des Erdhalbmessers, nämlich 405 5/22 Meilen, und seine Breite 87 ½ Meilen. Nachdem sie...“ Und so weiter. Dass der Nabel des Teufels den Erdmittelpunkt markiert, versteht sich von selbst — so lauten die überaus klare Ortsangaben.
Damit ist jetzt Schluss. Joseph Ratzinger, seinerzeit Chef der Glaubenskongregation, betonte schon 1985: „Der Limbus ist niemals definierte Glaubenswahrheit gewesen. Ich persönlich — wobei ich mehr als bisher als Theologe und nicht als Präfekt der Kongregation spreche — würde ihn fallen lassen, da er immer nur eine theologische Hypothese gewesen ist.“ Theologisch aber gibt es ein Problem: Wenn ungetaufte Säuglinge nicht mehr in die Vorhölle kommen, dann wird jeder im Zustand der Gottesgnade geboren. Die Erbsünde verliert dann ganz gehörig von ihrem normativen Effet. Und die Taufe ist nicht vielmehr, als der Eintritt in die Kirche — beileibe keine Schicksaifrage.
Mfg
fh988
ich hab einen Text gefunden und will mich damit einmal kritisch auseinandersetzen. Ich wollte einfach mal wissen was ihr darüber denk.
Weniger Erbsünde
Aber mehr Gottesgnade: Der Vatikan rettet die ungetauften Kinder vor der Hölle
VON CHRISTIAN SCHLÜTER
Dass es das Böse in der Welt gibt, möchte wohl kaum jemand bestreiten. Strittig ist allenfalls, wie dieses Böse zu verstehen ist: als dauerhafte Einrichtung, als bloße Täuschung, als menschliche Schwäche, als gott- gewollte Strafe, als gesellschaftliche Tatsache... Werweiß das schon. Geradezu erleichternd muss es da sein, wenigstens die Heim- statt des Bösen zu kennen, die Hölle nämlich, einen in großen Teilen und für die meisten seiner Bewohner eher ungemütlichen Ort, an dem der mächtige Abfall von Gott, der Teufel höchstselbst, herrscht. Ein Schreckbild, das genau verort- und abgrenzbar scheint. Und so mag in christlicher Sicht am Anfang das Wort gewesen sein, mit ihm aber wurde nicht etwa alles gut, sondern ging zugleich ein Riss durch alle Wirklichkeiten, eine ursprüngliche Spaltung, eine grammatikalische Notwendigkeit: Wer „gut“ sagt, muss auch „böse“ sagen, das eine ist nur in Bezug auf das andere sinnvoll.
Erstaunlicherweise ist diese Sicht heute nur noch schwer vermittelbar. Das jedenfalls befindet die Römisch-katholische Kirche angesichts der steigenden Zahl von Abtreibungen und ungetauft gestorbener Kinder. Denn bislang und gemäß der Lehren des Heiligen Augustinus kommen diese Kinder in eine Art Vorhölle, in den so genannten Limbus Infantium. Dort existieren ihre Seelen zwar in einem ewigen Zustand natürlicher Glückseligkeit fort, sind aber von Gott getrennt. Eine nur schwer erträgliche und mittlerweile kaum mehr zumutbare Vorstellung für trauernde Eltern, befand nun der Vatikan. In einem von Benedikt XVI. gebilligten Bericht der Internationalen Theologischen Kommission — sie wurde 2004 von Papst Johannes Paul II. beauftragt — ist nun geklärt, dass auch ungetaufte Babys nach einem frühen Tod „errettet“ werden: Auch sie dürfen sich, sofern sie ohne Sünde sind, „der seligen Schau Gottes erfreuen‘
Die Grotte der Unglückseligen
Das ist allerdings nicht etwa nur als ein oberflächliches Zugeständnis an den Zeitgeist misszuverstehen. Der 41 Seiten starke Bericht (Die Hoffnung auf Heil für ungetauft gestorbene Kinder) führt durchaus gewichtige theologische Gründe an. Die Taufe bleibe zwar der ordentliche Heilsweg, heißt es in dem Dokument. Es sei aber das Bewusstsein dafür gewachsen, dass Gott die Rettung aller Menschen wolle. Ein Limbus Infantium spiegele dagegen eine „unangemessen restriktive Sicht von Rettung“ wider. Doch nicht nur soll Gott, für den amtierenden Papst immerhin Inbegriff der umfassenden Liebe (Deus Caritas Est), kein unbarmherziger Bestrafer mehr sein, die Kirche hat auch gar keine gesicherten Kenntnisse über das Schicksal ungetauft verstorbener Kinder, unterstreicht der Bericht. Der Limbus sei nie alsDogma definiert worden und werde auch nicht im Katechismus der katholischen Kirche erwähnt, betonen die Theologen.
Man weiß also gar nicht so genau, ob es die Hölle, wenigstens aber die Vorhölle gibt? Das ist stark! Galileo Galileis Abhandlung Die Vermessung der Hölle Dantes (1588) wusste da noch genau Auskunft zu geben:
„Sie begannen dann einen Abhang hinabzusteigen, bis sie zur Grotte der Unglückseligen kamen, die sowohl Gott als auch seinen Feinden missfielen... Sie sahen die unschuldigen Kinder, die ungetauft gestorben sind, und diejenigen, die tugendhaft, aber ohne christlichen Glauben lebten. In diesem Kreis kamen sie zu der leuchtenden Flamme und der stolzen Festung, die von einer siebenfachen Mauer umgeben ist. Der Abstand dieses Kreises von der Erdoberfläche beträgt ein Achtel des Erdhalbmessers, nämlich 405 5/22 Meilen, und seine Breite 87 ½ Meilen. Nachdem sie...“ Und so weiter. Dass der Nabel des Teufels den Erdmittelpunkt markiert, versteht sich von selbst — so lauten die überaus klare Ortsangaben.
Damit ist jetzt Schluss. Joseph Ratzinger, seinerzeit Chef der Glaubenskongregation, betonte schon 1985: „Der Limbus ist niemals definierte Glaubenswahrheit gewesen. Ich persönlich — wobei ich mehr als bisher als Theologe und nicht als Präfekt der Kongregation spreche — würde ihn fallen lassen, da er immer nur eine theologische Hypothese gewesen ist.“ Theologisch aber gibt es ein Problem: Wenn ungetaufte Säuglinge nicht mehr in die Vorhölle kommen, dann wird jeder im Zustand der Gottesgnade geboren. Die Erbsünde verliert dann ganz gehörig von ihrem normativen Effet. Und die Taufe ist nicht vielmehr, als der Eintritt in die Kirche — beileibe keine Schicksaifrage.
Mfg
fh988