Gibt es noch Kleidervorschriften bei den Zeugen Jehovas - für Mitglieder und Gäste ?
Früher sah man die männlichen Zeugen Jehovas im Haus-zu-Haus Dienst (Frauen waren eher selten zu sehen) immer mit folgender typischer Kleidung:
Dunkelblauer oder grauer einfärbiger Anzug, weißes Hemd, elegante Krawatte, schwarze Socken, schwarze Lackschuhe
Festlich gekleidet wie Ballbesucher!
Aber allmählich wirkte diese strenge Bürokleidung schon leicht kontraproduktiv, denn die Verkündiger wirkten eigentlich wie Immobilienmakler . . .
Heute 2025 wirkt derartiges Auftreten nicht unbedingt vertrauenserweckend oder gar festlich religiös, sie sehen irgendwie aus wie Staubsaugervertreter einer amerikanischen Firma die den Hausfrauen überteuerte Produkte andrehen wollen oder wie Versicherungsvertreter oder wie Vertreter von Buchverlagen
Vor ein paar Jahren war ich ein paar Tage in Polen und da läutete es an der Tür: zwei Männer standen vor der Tür: sauberer und gepflegter dunkelblauer Anorak, kein Sakko, helles gemustertes Hemd, offener Kragen, keine Krawatte, dunkle Hose in anderer Farbe als der Anorak, dunkelbraune Schuhe. Gewaschenes und gekämmtes Haar. Glatt rasiert. Auffällig gepflegte - aber nicht aufgeputzte Erscheinung. Ich vermutete Zeugen Jehovas, und hatte Recht. Offenbar würde in Osteuropa die Bekleidung der westlichen Zeugen Jehovas zu amerikanisch wirken. A la Mormonen
Aber auch bei uns im Westen ist nun ein Wandel in der Bekleidung erkennbar. Die Zeugen Jehovas bei ihren Trolleys auf den Einkaufsstraßen und Marktplätzen und Bahnhöfen tragen immer seltener Krawatte. Dies fällt auf!
Die Bekleidung wurde ungezwungener
Ein Bekannter war mal aus Interesse in einer Versammlung der Zeugen Jehovas, da er eingeladen oder wie er sagt aufgefordert worden war, als er mit Zeugen Jehovas auf der Straße diskutiert hatte. Er erzählte, dass er da am Abend in normaler Straßenkleidung hinging, derbe Winterschuhe und Jeans und normales Hemd ohne Krawatte und Anorak - und dass er dort vom Türsteher missgünstig und demonstrativ mit strafendem Blick von unten bis oben gemustert wurde, der sagte zwar nichts, aber ließ durch seinen Blick deutlich erkennen dass er mit der Gewandung irgendwie nicht einverstanden gewesen war. Also gelten die informellen Kleidervorschriften auch für Gäste - obwohl sie eigentlich nirgends explizit schriftlich nachzulesen sind?
"Angemessene Kleidung" ist ja eigentlich nichtssagend. Das haben anscheinend Juristen geschrieben, um nicht angreifbar zu sein.*
Der Bekannte sagte mir, dass die ZJ zwar immer betonen, dass sie keine "Kollekte" durchführen, aber er würde lieber 50 Cent in den Korb werfen, als bei drohendem Schlechtwetter die Theaterkleidung auf der Straße zu tragen . . .
Gibt es irgendwo die Kleiderordnung nachzulesen?
Ein anderes Mal war er im Sommer bei einem Kongress unter freiem Himmel, kein Schatten, die Sonne stach herunter wie er sagte, da war er am Vormittag bis Mittag dort, und wollte in der Hitze nicht seinen Anzug verschwitzen!
Ist ja klar. Wäre ein teurer Spaß und ein unzumutbarer Aufwand wegen eines langen Vortrags in praller Sonne den Anzug zu verschwitzen und dann in die Putzerei zu tragen!
Er trug luftige Sommerkleidung, kurzärmeliges Hemd mit offenem Kragen, knielange Sommerhose und dunkle Socken mit Sandalen
Und wie er sagt, war er auch hier beim Eingang mit strafenden Blicken gemustert worden. Und er erzählte mir, dass die Vorträge biblisch interessant waren, aber das mit der Kleidung sei eigentlich eine Zumutung. Die Zeugen Jehovas waren alle in Anzug und Krawatte - trotz Sommerhitze - und er fühlte sich die ganze Zeit als Außenseiter. Er geht sicher nicht mehr hin
Und noch eine Frage:
Die Zeugen Jehovas legen Wert auf weltweit einheitliche Vorschriften. Weil beispielsweise in Afrika die Entfernungen zu den Versammlungen oft sehr weit sind (drei Stunden Fußmarsch durch den Dschungel) haben sie die Zahl der Versammlungen von drei auf zwei pro Woche verringert. Auch in Westeuropa, wo es keine gefährlichen Anmarschwege gibt. Weil überall alles gleich sein muss!
Ist das nun mit der Bekleidung auch weltweit einheitlich ??
Schwer vorstellbar - weil jede Kultur andere Vorstellungen von "angemessener" Kleidung hat.
Was in den USA als angemessen gilt, sähe langsam in Westeuropa geschäftsmäßig aus, oder mormonenhaft - und in arabischen Ländern geht eine Krawatte gar nicht, wirkt zu amerikanisch, dort geht man mit offenem Hemdkragen.
________
*) Anmerkung: Die Palmarianisch-Katholische Kirche ist nicht so vorsichtig
Auf deren Homepage findet man: Häufig gestellte Fragen > Kleiderordnung
Da werden beispielsweise sogar die von Männern zu tragenden Hemden genau schriftlich beschrieben:
"Die Ärmel müssen bis zum Handgelenk reichen. Das Hemd muss vollständig zugeknöpft sein, einschließlich der Kragen, damit so die Arme und die Brust ganz bedeckt sind, also wenigstens bis zum Halsansatz. Außerdem dürfen die Hemden nicht eng anliegend, transparent
oder durchscheinend sein."
Bei Katholiken ist der "Sonntagsanzug" schon lange nicht mehr üblich. Die vielen Männer, die nach der Sonntagsmesse auf die Straße strömen, sind zu 90 % freizeitmäßig gekleidet. Ist ja klar. Nach der Messe macht die Familie einen Ausflug ins Grüne - und da wäre ein Sonntagsanzug mit Theaterschuhen nicht brauchbar.
Und dass die ganze liebe Familie nach der Vormittagsmesse heimgeht und sich umzieht, ist auch undenkbar - weil dann ist es für einen Ausflug zu spät.
Und die vielen Pilger auf den Fußwallfahrten kommen ja auch in Wanderhose und Wanderschuhen in die Kirchen!
Früher sah man die männlichen Zeugen Jehovas im Haus-zu-Haus Dienst (Frauen waren eher selten zu sehen) immer mit folgender typischer Kleidung:
Dunkelblauer oder grauer einfärbiger Anzug, weißes Hemd, elegante Krawatte, schwarze Socken, schwarze Lackschuhe
Festlich gekleidet wie Ballbesucher!
Aber allmählich wirkte diese strenge Bürokleidung schon leicht kontraproduktiv, denn die Verkündiger wirkten eigentlich wie Immobilienmakler . . .
Heute 2025 wirkt derartiges Auftreten nicht unbedingt vertrauenserweckend oder gar festlich religiös, sie sehen irgendwie aus wie Staubsaugervertreter einer amerikanischen Firma die den Hausfrauen überteuerte Produkte andrehen wollen oder wie Versicherungsvertreter oder wie Vertreter von Buchverlagen
Vor ein paar Jahren war ich ein paar Tage in Polen und da läutete es an der Tür: zwei Männer standen vor der Tür: sauberer und gepflegter dunkelblauer Anorak, kein Sakko, helles gemustertes Hemd, offener Kragen, keine Krawatte, dunkle Hose in anderer Farbe als der Anorak, dunkelbraune Schuhe. Gewaschenes und gekämmtes Haar. Glatt rasiert. Auffällig gepflegte - aber nicht aufgeputzte Erscheinung. Ich vermutete Zeugen Jehovas, und hatte Recht. Offenbar würde in Osteuropa die Bekleidung der westlichen Zeugen Jehovas zu amerikanisch wirken. A la Mormonen
Aber auch bei uns im Westen ist nun ein Wandel in der Bekleidung erkennbar. Die Zeugen Jehovas bei ihren Trolleys auf den Einkaufsstraßen und Marktplätzen und Bahnhöfen tragen immer seltener Krawatte. Dies fällt auf!
Die Bekleidung wurde ungezwungener
Ein Bekannter war mal aus Interesse in einer Versammlung der Zeugen Jehovas, da er eingeladen oder wie er sagt aufgefordert worden war, als er mit Zeugen Jehovas auf der Straße diskutiert hatte. Er erzählte, dass er da am Abend in normaler Straßenkleidung hinging, derbe Winterschuhe und Jeans und normales Hemd ohne Krawatte und Anorak - und dass er dort vom Türsteher missgünstig und demonstrativ mit strafendem Blick von unten bis oben gemustert wurde, der sagte zwar nichts, aber ließ durch seinen Blick deutlich erkennen dass er mit der Gewandung irgendwie nicht einverstanden gewesen war. Also gelten die informellen Kleidervorschriften auch für Gäste - obwohl sie eigentlich nirgends explizit schriftlich nachzulesen sind?
"Angemessene Kleidung" ist ja eigentlich nichtssagend. Das haben anscheinend Juristen geschrieben, um nicht angreifbar zu sein.*
Der Bekannte sagte mir, dass die ZJ zwar immer betonen, dass sie keine "Kollekte" durchführen, aber er würde lieber 50 Cent in den Korb werfen, als bei drohendem Schlechtwetter die Theaterkleidung auf der Straße zu tragen . . .
Gibt es irgendwo die Kleiderordnung nachzulesen?
Ein anderes Mal war er im Sommer bei einem Kongress unter freiem Himmel, kein Schatten, die Sonne stach herunter wie er sagte, da war er am Vormittag bis Mittag dort, und wollte in der Hitze nicht seinen Anzug verschwitzen!
Ist ja klar. Wäre ein teurer Spaß und ein unzumutbarer Aufwand wegen eines langen Vortrags in praller Sonne den Anzug zu verschwitzen und dann in die Putzerei zu tragen!
Er trug luftige Sommerkleidung, kurzärmeliges Hemd mit offenem Kragen, knielange Sommerhose und dunkle Socken mit Sandalen
Und wie er sagt, war er auch hier beim Eingang mit strafenden Blicken gemustert worden. Und er erzählte mir, dass die Vorträge biblisch interessant waren, aber das mit der Kleidung sei eigentlich eine Zumutung. Die Zeugen Jehovas waren alle in Anzug und Krawatte - trotz Sommerhitze - und er fühlte sich die ganze Zeit als Außenseiter. Er geht sicher nicht mehr hin
Und noch eine Frage:
Die Zeugen Jehovas legen Wert auf weltweit einheitliche Vorschriften. Weil beispielsweise in Afrika die Entfernungen zu den Versammlungen oft sehr weit sind (drei Stunden Fußmarsch durch den Dschungel) haben sie die Zahl der Versammlungen von drei auf zwei pro Woche verringert. Auch in Westeuropa, wo es keine gefährlichen Anmarschwege gibt. Weil überall alles gleich sein muss!
Ist das nun mit der Bekleidung auch weltweit einheitlich ??
Schwer vorstellbar - weil jede Kultur andere Vorstellungen von "angemessener" Kleidung hat.
Was in den USA als angemessen gilt, sähe langsam in Westeuropa geschäftsmäßig aus, oder mormonenhaft - und in arabischen Ländern geht eine Krawatte gar nicht, wirkt zu amerikanisch, dort geht man mit offenem Hemdkragen.
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*) Anmerkung: Die Palmarianisch-Katholische Kirche ist nicht so vorsichtig
Auf deren Homepage findet man: Häufig gestellte Fragen > Kleiderordnung
Da werden beispielsweise sogar die von Männern zu tragenden Hemden genau schriftlich beschrieben:
"Die Ärmel müssen bis zum Handgelenk reichen. Das Hemd muss vollständig zugeknöpft sein, einschließlich der Kragen, damit so die Arme und die Brust ganz bedeckt sind, also wenigstens bis zum Halsansatz. Außerdem dürfen die Hemden nicht eng anliegend, transparent
oder durchscheinend sein."
Bei Katholiken ist der "Sonntagsanzug" schon lange nicht mehr üblich. Die vielen Männer, die nach der Sonntagsmesse auf die Straße strömen, sind zu 90 % freizeitmäßig gekleidet. Ist ja klar. Nach der Messe macht die Familie einen Ausflug ins Grüne - und da wäre ein Sonntagsanzug mit Theaterschuhen nicht brauchbar.
Und dass die ganze liebe Familie nach der Vormittagsmesse heimgeht und sich umzieht, ist auch undenkbar - weil dann ist es für einen Ausflug zu spät.
Und die vielen Pilger auf den Fußwallfahrten kommen ja auch in Wanderhose und Wanderschuhen in die Kirchen!