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Johannes von Patmos
#1
Johannes von Patmos (Johannes von Ephesos)

Der Verfasser der ↗Johannesapokalypse nennt dreimal seinen Namen "Johannes" (Offb 1,4.9; 22,8) und wird ein weiters Mal (Offb 1,1) so genannt. Die meisten Fachgelehrten gehen davon aus, dass es sich dabei um seinen tatsächlichen Namen handelt und nicht, wie es bei ↗apokalyptischen Schriften vornehmlich der Fall ist, um ein Pseudonym. Darüber hinaus ist über diesen Johannes nicht mehr bekannt, als dass er auf ↗Patmos in Verbannung war und dort sein Schreiben an sieben Gemeinden in ↗Kleinasien (in der römischen ↗Provinz Asia) verfasst hatte. Der Text setzt voraus, dass er in den angesprochenen Gemeinden (↗Ephesos, ↗Smyrna, ↗Pergamon, ↗Thyatira, ↗Sardes, ↗Philadelphia und ↗Laodizea) bekannt war und Autorität besaß1. Damit hat es sich aber auch schon.  Altkirchliche Erzählungen zur Person sind widersprüchlich. Sie sind durch Erwartungen, denen Texte zu entsprechen hatten, um in den Kanon aufgenommen werden zu können, ↗dogmatisch vorgegeben. Sowohl der Anspruch es handle sich bei diesem Johannes um einen Jünger ↗Jesu und ↗Apostel2 (↗Johannes, Sohn des Zebedäus und Bruder des ↗Jakobus, Mk 1,19), was bis ins 18 Jh auch nicht in Zweifel gezogen wurde, als auch die gegenteilige Position, wonach die Johannesapokalypse von einem Häretiker3 verfasst worden sei, haben ihre Begründungen im Streit um die Aufnahme des Textes in den ↗Kanon des Neuen Testaments (Vgl. Beile 178).

Einigermaßen schlüssig darf behauptet werden, dass der Verfasser der Apokalypse weder der Apostel noch der von ↗Papias erwähnte Presbyter gewesen sein kann (Beile 179). Möglicherweise war er im Zuge der Fluchtbewegungen aus ↗Palästina nach Ephesos gekommen und hatte mit dem erlebten Untergang von ↗Jerusalem düstere Zukunftsahnungen mitgebracht (Giesen 40). Diese Zukunftsahnungen schlugen sich in der endzeitorientierten Ausgestaltung des später auf Patmos verfassten Sendschreibens nieder.



1) Offenbar gehörte er einem im Umkreis der angesprochenen Gemeinden wirkenden ↗Prophetenkreis als führendes Mitglied an (Vgl. Schnelle 547).

2) Erstmals fassbar bei ↗Justin (Dial. cum Tryphone 81,4),
dann bei ↗Irenäus von Lyon (Adv. Haer. IV 30,4; V 26,1), ↗Tertullian (Adv. Markion III 14; IV 5), ↗Klemens von Alexandrien (Paidagogos II 119,1;), ↗Hippolyt von Rom (De Christo et Antichristo 36; 50) und ↗Origenes (Johanneskommentar II 5, §45).

3) ↗Eusebius von Caesarea berichtet in seiner Kirchengeschichte (III 28,1-3), dass eine römische Autorität (der rechtgläubige ↗Presbyter Gaius) die Johannesoffenbarung dem Häretiker ↗Kerinth zuschreibt. Er selbst meint, ein in und in der Umgebung von Ephesos wirkender ↗Presbyter namens Johannes (KG III 39,3f.) sei der Verfasser derselben gewesen.


Literatur:


Heinz Giesen. Die Offenbarung des Johannes, 1997 Regensburg. Verlag F. Pustet.

Rüdiger Beile. Zwischenruf aus Patmos. Eine neue Gesamteinschätzung der Apokalypse des Johannes von Ephesus. 22005 Göttingen. V & R Unipress.

Udo Schnelle. Einleitung in das Neue Testament. 62007 Göttingen. Verl. Vandenhoeck & Ruprecht.



● Zum Inhaltsverzeichnis des Lexikons
MfG B.
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