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Sklaverei im Alten Testament
#1
(Text in Arbeit)

In den Gesellschaften des Altertums war Sklaverei allgegenwärtig. Sie war ein Teil der Gesellschafts- und Rechtsordnung. Überall im Orient und im Mittelmeerraum waren versklavte Kriegsgefangene, Kauf- und Schuldsklaven, Sklaven durch Selbstverkauf, etc. anzutreffen. Folglich sind Bemerkungen über Sklaven und Sklavenhaltung auch im Alten Testament reichlich vorzufinden.

Als erste Bemerkung des Dekalogs (Ex 20,2) wird den Israeliten in Erinnerung gebracht, dass Jahwe es war, der sie aus "dem Sklavenhaus Ägypten" befreit hatte. Quasi als Urmythos des Gottesvolkes steht die göttliche Befreiungstat den Gottesgeboten voran.

Die ältesten Gesetze zur Sklaverei im AT finden sich im Buch ↗Exodus (21,2-11).  Mit ihnen werden Rechtsverhältnisse beschrieben, die das Volk Israel im Zuge der Sesshaftwerdung bei den ↗Kanaanitern vorgefunden hatte1. Sklaven sollen ihrem Herrn sechs Jahre dienen und im siebenten Jahr freigelassen werden (Sabbatregelung). Es spiegelt sich hier der altorientalische Rechtsbrauch wider, von Zeit zu Zeit Schulderlässe zu verfügen und Schuldsklaverei zeitlich einzugrenzen. Im ↗Kodex Hammurapi beispielsweise (§ 117 nach gebräuchlicher Zählung) werden Schuldknechtschaften, die aus Verpfändungen von Frauen und Kindern resultierten, auf drei Jahre beschränkt. Auch in Erlässen späterer Fürsten ↗Mesopotamiens finden sich vergleichbare Anordnungen. Die Bestimmungen Ex 21,2-11 allerdings sind nicht auf die Schuldsklaverei beschränkt2. Mäßigende Regelungen galten nur für hebräische Sklaven.

Leben und körperliche Unversehrtheit von Sklaven standen unter Schutz. Tötete ein Herr seinen Sklaven, konnte er zur Rechenschaft gezogen (geächtet) werden (Ex 21,20). Erlitt ein Sklave durch seinen Herrn schwere körperliche Verletzungen, musste er freigelassen werden (Ex 21,26f.).

Spätere Regelungen (Dtn 15,1-18) haben altorientalische Schuldenerlasstradition zum Vorbild. Freilassungsautomatismen sind ausdrücklich auf die Schuldsklaverei beschränkt.

Für Mädchen, die von ihrem Vater verkauft wurden (Ex 21,7), galten Freilassungsautomatismen nicht. Ein solcher Ankauf diente in frühen Zeiten wohl dem Erwerb einer Ehefrau oder Nebenfrau. Darauf weist auch die Rückkaufregelung (Ex 21,8) hin, sollte das Mädchen dem Käufer nicht entsprechen.

Sklaven haben ihren Herren dienstbar zu sein. Das schließt die Preisgabe des Körpers mit ein. Kann eine Herrin keine Kinder bekommen, gibt sie ihrem Mann eine ihrer Sklavinnen zur Nebenfrau, ohne dass diese aufhört, Sklavin der Hauptfrau zu sein. Die Sklavin hat für die Herrin Kinder zu gebären. Nimmt die Hauptfrau ein Neugeborenes auf den Schoß, wird es zum eigenen Kind (Gen 30,3ff.). Versucht die Sklavin, sich über die Herrin zu erheben, wird sie bestraft (Gen 16,6).

Ein guter Sklave, der das Vertrauen des Patriarchen gewann, konnte auch Karriere machen. Er konnte die Geschäfte seines Herren führen und diesen in familiären Angelegenheiten vertreten (Gen 24, 1ff.). Bleibt der Herr kinderlos, konnte ihn der Sklave beerben (Gen 15, 2f.).

In der ↗Exilszeit und danach werden die Bestimmungen zur Sklaverei adaptiert. Sklaven und Sklavinnen, die dem eigenen Volk zugehören, müssen als Brüder und Schwestern gesehen werden (Dtn 15,12). Männer und Frauen, die sich selbst verkaufen, sollen sechs Jahre dienen und im siebenten Jahr reich beschenkt in die Freiheit entlassen werden (Dtn 15,12-15).

Schwer einzuordnen ist die Bestimmung, wonach entflohenen Sklaven Schutz zu gewähren ist (Dtn 23,16). Sie ist mit altorientalischer Tradition nicht in Einklang zu bringen. Möglicherweise klingen Ex 22,20 bzw. Lev 19,33 (Erinnerungen an das "Sklavenhaus Ägypten") an. Menschenraub zum Zweck der Beschaffung hebräischer Sklaven wird mit dem Tode bestraft (Dtn 24,7).

Kommentare, wie Sklaven zu behandeln sind, reichen teilweise in die hellenistische Zeit hinein. Mit dem Einfließen griechischer Rechtskultur in jüdische Regelungen hatten sich die Verhältnisse für versklavte Menschen verschlechtert.

Ein schlechter Sklave gehört in den Block und braucht Schläge (Sir 33,27). Er muss hart angefasst werden (Spr 29,19). Wenn ein Herr seine Sklaven zu gut behandelt, entgleiten sie ihm und werden aufsässig (Spr 29,21). Sklaven brauchen Brot, Strafe und Arbeit (Sir 33,25).

Die Bestimmungen zur Sklaverei im Heiligkeitsgesetz2 weichen von älteren biblischen Rechtstexten ab. Jahwe beansprucht die Israeliten als seine Sklaven (Lev 25,42.55), ein Eigentumsvorbehalt, der mit der Forderung einhergeht, Israeliten nicht in die Schuldknechtschaft zu zwingen (Lev 25,39.46), sondern sie wie freie Dienstnehmer zu behandeln (Lev 25,40)3. Der Besitz israelitischer Sklaven ist verboten (Lev 25,42f.). Sklaven aus Fremdvölkern hingegen durften erworben, "auf ewig" besessen und vererbt werden (Lev 25,44-46).

Insbesondere die Jobeljahrregelung für die Befreiung aus Schuldabhängigkeiten (Lev 25,40), die anstelle der Sabbatregelung zur Freilassung aus der Schuldsklaverei trat (vgl. Gerstenberger 145), brachte für Betroffene, trotz der Empfehlung, sie nicht mehr als Sklaven anzusehen, eine Verschlechterung der Situation. Wer kurz nach einem ↗Jobeljahr in Schuldabhängigkeit geriet, hatte wenig Aussicht, die Freiheit wiederzuerlangen.

Abschließend ist anzumerken, dass es nicht gesichert ist, ob mit mäßigenden Bestimmungen zur Sklaverei tatsächliche Rechtszustände oder Idealvorstellungen beschrieben sind.


1) Diese Frage wird kontrovers diskutiert (vgl. Cadellini 357f.).
2) Dazu besteht unter Fachgelehrten allerdings kein Konsens (vgl. Zenger 97).
3) Als Heiligkeitsgesetz werden die Bestimmungen Levitikus 17-26 bezeichnet.


Literatur:
Innocenzo Cadellini. Die biblischen "Sklaven"-Gesetze im Lichte des keilschriftlichen Sklavenrechts. 1981 Bonn. Peter Hanstein Verlag.
Erhard S. Gerstenberger. Israel in der Perserzeit. 2005 Stuttgart. Verlag W. Kohlhammer (Biblische Enzyklopädie Bd 8)
Erich Zenger u.a. Einleitung in das Alte Testament. 82012 Stuttgart. Verlag W. Kohlhammer



● Zum Inhaltsverzeichnis des Lexikons
MfG B.
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