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Der mesopotamische Ursprung der biblischen Sintflut-Geschichte
#16
(26-02-2022, 20:32)petronius schrieb: aber wie kommst du dann auf "göttersöhne"?
Im hebräischen steht Söhne Gottes. Unsere Übersetzer machen daraus halt Göttersöhne, weil sie die Formulierung Sohn Gottes nach Möglichkeit exklusiv bei Jesus verwenden wollen. Entscheidend ist aber dabei mehr, dass meines Wissens nirgends im AT die Rede ist von Personen die als Töchter Gottes bezeichnet werden. 

Zitat:Da scheinst du mich falsch verstanden zu haben  Icon_cheesygrin

Offenbar

Zitat:ich rede nicht von der anerkennung historischer fakten bezüglich der entstehung mythologischer texte, sondern davon, daß diese mythen als real übernommen und fakten entgegengestellt werden, welche dann nicht gelten sollen, weils ja anders in den "heiligen büchern" steht

Genau solchem will meine Interpretation entgegenwirken, weil es in der Realität keine Weltweite Sintflut gegeben hat, und ich mich immer fremdschäme, wenn behauptet wird, dass es sie real gab, weil es so in der Bibel steht. 

Zitat:
Zitat:Es geht also nicht um eine unkritische Übernahme dieser Weltanschauung

doch, mir ging es genau darum

Mir auch.
Zitat:
Zitat:sondern im Gegenteil um das konsequent historisch-kritische Verständnis der Urgeschichte und des AT, was im Christentum bis heute nicht einmal an den Universitäten gelungen ist - falls meine Interpretation in diesem Sinne, also historisch-kritisch richtig wäre

gut, daß du im konjunktiv geblieben bist
Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Ich könnte mich irren - nur, woran sollte ich das erkennen?
#17
(26-02-2022, 22:07)Balsam schrieb: Das stimmt. Allerdings  beruhen die Aussagen in deinem Zitat von Clines natürlich auf (s)einer Interpretation der Sintflutgeschichte, und seine ethischen Schlussfolgerungen fallen dementsprechend aus.

Ja sicher beruhen die Aussagen von Clines auf dem Text der Sintflutgeschichte. Der stimmt halt an den besagten Stellen mit dem Ursprungstext ueberein. Die Aussagen verschiedener Textteile der Erzaehlung passen deshalb nicht so recht zusammen, sind aber aus ihrem Ursprung erklaerbar, was ja nicht nur die Interpretation von Clines ist.

(26-02-2022, 22:07)Balsam schrieb: Der biblische Gott lernt gar nichts und bereut auch nichts, weil es diese weltweite Sintflut aus Sicht der biblischen Autoren nie gegeben hat. Diese beschreiben im Gegensatz zu den mesopotamischen Autoren keine Naturkatastrophe, sondern historisches, "am eigenen Leib" Erlebtes, traumatische Kriegserfahrungen mit den Assyrern, Babyloniern und Persern.

Eh, nein. Hier vermischst Du verschiedene Ebenen unzulaessigerweise. Natuerlich glaubten die Autoren daran, dass die Geschichte so aehnlich wie sie erzaehlt wird, also mit der weltweiten Flut, tatsaechlich passiert ist. Ihre eigene Interpretationsleistung und das Einbinden aktueller Ereignisse passiert nur durch den spezifischen Spin, den sie der Erzaehlung geben, also die Lehre, die gezogen werden soll, wurde aktualisiert.

Und dass der biblische Gott dauernd irgendwelche Taten bereut, sieht man ja an einem Beispiel schon in diesem Text, wo genau das von ihm gesagt wird. Wie von mir schon zitiert, bereut er die Schoepfung - gleich zweimal in zwei Zeilen.

(26-02-2022, 22:07)Balsam schrieb: Clines geht von Wassermassen biblischen Ausmaßes aus, die über die höchsten Berge (Mount Everest?) "der Erde" reichten. Er nimmt das alles auf Basis falscher Übersetzungen und eines historisch unzutreffenden Weltbildes der biblischen Autoren von "der Erde" wörtlich. Im Grunde kämpft er, möglicherweise ohne etwas davon zu ahnen, gegen einen Strohmann.

Tut mir leid, aber da hast Du Dich komplett verrannt. Dass die Autoren des Bibeltextes soweit ueber der Ezaehlung standen, halte ich fuer beliebig unwahrscheinlich. Und von Mt. Everest wussten die eh nichts. 

(26-02-2022, 22:07)Balsam schrieb:
Zitat:... hier geht es nur um den Zusammenhang der biblischen Erzaehlung mit dem zugrundeliegenden mesopotamischen Mythos.

Abgesehen von den verwendeten Bildern, gibt es keinen inhaltlichen Zusammenhang von mesopotamischer, polytheistischer Naturkatastrophe und frühjüdischer, monotheistischer Kriegsberichterstattung aus der Perspektive des 2. Tempels.

Das ist keineswegs so. Die biblische Sintflutgeschichte hangelt sich Szene fuer Szene, was bis in die Details geht, an der mesopotamischen Vorlage entlang. Die theologische Aussage wird natuerlich an die Theologie des 2. Tempels angepasst, aber die Erzaehlung vermag es letztlich nicht, sich von der Vorlage zu befreien, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie Vorgaengertexte zu Wort kommen laesst.

(26-02-2022, 22:07)Balsam schrieb: Dass man aber Redaktionen nachweisen kann, lässt den logischen Schluss zu, dass es irgendwann zur Zeit des 2. Tempels eine letzte Endredaktion des Pentateuch gegeben haben muss. Ich ziehe nicht die Ergebnisse der Forschung in Zweifel, sondern baue auf ihnen auf. Dabei lege ich aus inhaltlichen Gründen, den Schwerpunkt auf den vorliegenden Endtext, den ausschließlich die Endredaktion nicht aber frühere Autoren zu verantwortet hat - und zwar in ihrem theologisch-dogmatischen Verständnis.

Ja, und dieses theologische Verstaendnis der Endredaktoren blieb in vielerlei Hinsicht hinter dem ihrer Vorgaenger zurueck. Ich bin mir sicher, dass die relativ fortschrittliche Priesterschrift den Vorgaengertext ersetzen sollte. Die Endredaktion hat dann dieses Frankensteinische Monstrum aus dem Text gemacht, der alle moeglichen unterschiedlichen theologischen Ansichten gleichzeitig vertritt. Das sieht irgendwie nach einem Komitee-Beschluss aus, wo dann alles reingestopft werden musste. Fuer uns heute sind all diese Brueche im Text natuerlich ein Gluecksfall.

(26-02-2022, 22:07)Balsam schrieb: Wie das? Aus Sicht des Frühjudentums gibt es kein ethisches Problem.

Das habe ich auch nicht gesagt, bzw., man sieht ja die Versuche der "Schadensbegrenzung" schon im Text.

(26-02-2022, 22:07)Balsam schrieb: Meine Rede. Genau das zeige ich doch auf, dass dieser Mythos erzählte Geschichtsdeutung ist.

Schon, aber er wird immer noch als "wahrer" Mythos gesehen. Biblische Texte galten immer als Steinbruch fuer Interpretationen der jeweiligen Jetztzeit der Editoren.

(26-02-2022, 22:07)Balsam schrieb: Wozu soll das zum Verständnis des Textes beitragen? Herkömmlicherweise werden Mythen als irrelevante Phantastereien abgetan, moderne Sichtweisen aufgrund relevanter Fakten als wahrhaftig verstanden.

Nein, das ist vielleicht eine eher laienhafte Interpretation des Begriffs "Mythos". Mythen moegen zwar keine Geschichte erzaehlen, bzw., die hinter den Mythen oft verborgenen tatsaechlichen Geschehnisse sind nicht mehr rekonstruierbar, aber Mythen sollen immer noch Wahrheiten befoerdern, die, wegen fehlender Unterscheidung zwischen Mythos und Geschichte, auch als wahre Geschichte (im Sinne von "historisch") verstanden wurden. Insofern haben Mythen in Wirkung und Interpretation - aus theologischer Sicht - dieselbe Bedeutung wie Geschichte selbst.

(26-02-2022, 22:07)Balsam schrieb: Erstens beruht die biblische Urerzählung - meiner Meinung nach - auf relevanten historischen Fakten, die nicht bestritten worden sind, und irrelavant sind die phantastischen Komponenten für den Lauf der Geschichte die Gutes und Böses hervorbrachte auch nicht geblieben. So oder so, man kann aus der Geschichte lernen.

Anders herum. Die biblische Urerzaehlung beruht auf einem Mythos - dem einer weltvernichtenden Flut - dessen historischer Hintergrund lange vergessen ist, der aber immer noch als Geschichte begriffen wurde und zur Sinnstiftung (nicht zuletzt wegen des verlorengegangenen oder inakzeptablen Sinnzusammenhanges der Geschichte) aber leicht angepasst wurde, wofuer der Editor auf ihm gelaeufige Geschehnisse zurueckgriff.

(26-02-2022, 22:07)Balsam schrieb: Ebenfalls Zustimmung, nur geht man bei Fortschreibungsliteraturen von Autoren und Redaktoren aus, wobei jedem klar ist, dass die Macht über die Inhalte in Richtung Zeitpfeil zunimmt.

Schon richtig, aber ich denke, der Text wurde nicht von einem Einzelredaktor geschrieben. Wenn wir von der ueblichen Entstehungshypothese zu Beginn der persischen Zeit oder unter Esra ausgehen, so gab es zu der Zeit Bemuehungen, eine allen moeglichen Parteien genehme Textversion zu produzieren. Der Text wurde zwar editiert, scheut aber im allgemeinen davor zurueck, alte Textteile zu ersetzen; es ist ein Trend erkennbar, moeglichst alle Vorgaengertexte zu Wort kommen zu lassen. Die Sintflutgeschichte war in der Hinsicht wohl ein schwierigerer Job, da die wohl nicht mehr als einmal auftauchen sollte, was die Zerstueckelung und inneren Widersprueche erklaert. Die Sintflutgeschichte enthaelt ja viele sich direkt widersprechende Aussagen in oft nur wenigen Versen Abstand voneinander.

Diese Scheu vor durchgreifenden redaktionellen Massnahmen zeigt, dass der Editor nicht so frei war, wie Deine Interpretation das eigentlich voraussetzen wuerde.
#18
(27-02-2022, 02:03)Ulan schrieb:
(26-02-2022, 22:07)Balsam schrieb: Das stimmt. Allerdings  beruhen die Aussagen in deinem Zitat von Clines natürlich auf (s)einer Interpretation der Sintflutgeschichte, und seine ethischen Schlussfolgerungen fallen dementsprechend aus.

Ja sicher beruhen die Aussagen von Clines auf dem Text der Sintflutgeschichte.
Warum machst du jetzt aus meinem "auf (s)einer Interpretation der Sintflutgeschichte" dein "auf dem Text der Sintflutgeschichte"? Alle möglichen Interpretationen der Sintflutgeschichte beruhen auf dem Text der Sintflutgeschichte. Das trifft auf seine, deine und meine zu.

(27-02-2022, 02:03)Ulan schrieb: Der stimmt halt an den besagten Stellen mit dem Ursprungstext ueberein.

Was verstehst du hier unter Ursprungstext, den vom biblischen Redaktor degigierten Text der früheren Autoren oder die mesopotamischen Texte?

(27-02-2022, 02:03)Ulan schrieb: Die Aussagen verschiedener Textteile der Erzaehlung passen deshalb nicht so recht zusammen, sind aber aus ihrem Ursprung erklaerbar, was ja nicht nur die Interpretation von Clines ist.
Meinst du hier mit Ursprung die mesopotamischen Sintfluterzählungen, die mit der biblischen auch nicht so recht zusammenpassen, oder die Texte der früheren Autoren, also Jahwist (J) und (P) der alttestamentlichen Textkritik? Mich irritiert, dass du zweimal von Ursprung redest, einmal passt etwas mit dem Ursprung überein und mal nicht.

Falls du im zweiten Zitat die Doppelungen und unterschiedliche Dauer der Sintflut bei P und J gemeint hast, widerspreche ich der Pentateuchforschung nicht, was die Entstehung betrifft. Nur, wie macht man dann mit dieser Erkenntnis weiter mit dem Textverständnis? Interpretiert man erst den Sinn der Erzählung der älteren von J für sich, dann die Jüngere von P jeweils für sich? Was bedeuten dann die Widersprüche dieser beiden Erzählungen für die Aussage des redigierten Endtextes? Ist der dann wegen dieser Erkenntnis unbrauchbar geworden, ist wegen dieser Widersprüche keine sinnvolle Interpretation des Gesamtinhalts mehr möglich? Wird das einfach als wissenschaftlich gut begründeter Fehler abgetan, statt nach einem inhaltlichen Zusammenhang dieser Widersprüche zu suchen?

Letzteres versucht mein Interpretationsansatz. Die Doppelungen und unterschiedliche Dauer der Sintflut lassen sich nicht nur textkritisch erkennen, sondern auch inhaltlich erklären. Denn hier werden vom Redaktor zwei Kriegsereignisse zusammengefasst und als eine Naturkatastrophe dargestellt, der Untergang des Nordreichs Israel 722 v. Chr. und der Untergang des Südreiches Juda 587 v. Chr. betreffen beide das eine Land Israel des Judentums und nicht "die Erde". Jede Allegorie muss entschlüsselbar bleiben.
Die Brockhaus Enzyklopädie Digital, Gütersloh/München 2013. schrieb:Im Unterschied zum »sinnenfälligen« Symbol enthält die Allegorie eine gedanklich-konstruktive Beziehung zwischen dem Dargestellten und dem Gemeinten. Ihr Sinn muss durch Deutung der oft versteckt gegebenen Hinweise erschlossen werden (im Unterschied zur Metapher).
Diese vom Redaktor stehengelassenen "widersprüchlichen" Doppelungen und Zeitangaben sind solch versteckte Hinweise im Dargestellten auf das eigentlich Gemeinte. Es gibt aber noch weitere, denn im biblischen Endtext werden im Unterschied zur mesopotamischen Vorlage zwei Ursachen für die Wassermassen der Sintflut angegeben, nämlich Wasser von oben, sprich Regen (für die assyrische Invasion) und Wasser von unten, aus der Tiefe (für die babylonische Invasion).

Soweit fürs Erste.
#19
Zitat:Gen 10,25
Dem Eber wurden zwei Söhne geboren; der Name des einen war Peleg, Teilung, denn zu seiner Zeit wurde die Erde aufgeteilt, und der Name seines Bruders war Joktan.
Fällt mir grad noch ein. Das ist ein weiterer versteckter Hinweis im Dargestellten auf das Gemeinte in der Urgeschichte, das im Zusammenhang mit den Doppelungen in der Sintfluterzählung verstanden werden kann. Wieder wird da eretz im Deutschen mit Erde statt mit Land übersetzt. Im AT wird nur ein Land als geteiltes Land dargestellt: das Land Israel welches zeitweise als Nordreich Israel und Südreich Juda existierte.
#20
(27-02-2022, 10:50)Balsam schrieb: Warum machst du jetzt aus meinem "auf (s)einer Interpretation der Sintflutgeschichte" dein "auf dem Text der Sintflutgeschichte"? Alle möglichen Interpretationen der Sintflutgeschichte beruhen auf dem Text der Sintflutgeschichte. Das trifft auf seine, deine und meine zu.

Ja sicher ist das Interpretation. Die Interpretation betrifft aber nicht den Kern dessen, was Du als Aussage des Texts ansiehst; wobei ich Dir sicherlich zustimme, dass die Nachricht fuer den Zuhoerer zur Zeit der Abfassung des Bibeltexts eher etwas mit den Themen zu tun hat, die Du angeschnitten hast. Aber um letztere Themen ging es in diesem Thread ja eigentlich auch gar nicht.

(27-02-2022, 10:50)Balsam schrieb:
(27-02-2022, 02:03)Ulan schrieb: Der stimmt halt an den besagten Stellen mit dem Ursprungstext ueberein.

Was verstehst du hier unter Ursprungstext, den vom biblischen Redaktor degigierten Text der früheren Autoren oder die mesopotamischen Texte?

(27-02-2022, 02:03)Ulan schrieb: Die Aussagen verschiedener Textteile der Erzaehlung passen deshalb nicht so recht zusammen, sind aber aus ihrem Ursprung erklaerbar, was ja nicht nur die Interpretation von Clines ist.
Meinst du hier mit Ursprung die mesopotamischen Sintfluterzählungen, die mit der biblischen auch nicht so recht zusammenpassen, oder die Texte der früheren Autoren, also Jahwist (J) und (P) der alttestamentlichen Textkritik? Mich irritiert, dass du zweimal von Ursprung redest, einmal passt etwas mit dem Ursprung überein und mal nicht.

Mit dem Ursprung ist die mesopotamische Geschichte gemeint, hier die Atrahasis-Version, an der sich der jahwistische Text entlanghangelt. Mit diesem Ursprung stimmt die Kernaussage ueberein, dass Gott hier die Schoepfung wieder rueckgaengig machen wollte; die Erde, die er aus dem Urmeer herausgezogen hatte, sollte wieder darin versinken und die Schoepfung (Menschen und Tiere) vernichtet werden.

(27-02-2022, 10:50)Balsam schrieb: Falls du im zweiten Zitat die Doppelungen und unterschiedliche Dauer der Sintflut bei P und J gemeint hast, widerspreche ich der Pentateuchforschung nicht, was die Entstehung betrifft. Nur, wie macht man dann mit dieser Erkenntnis weiter mit dem Textverständnis? Interpretiert man erst den Sinn der Erzählung der älteren von J für sich, dann die Jüngere von P jeweils für sich? Was bedeuten dann die Widersprüche dieser beiden Erzählungen für die Aussage des redigierten Endtextes? Ist der dann wegen dieser Erkenntnis unbrauchbar geworden, ist wegen dieser Widersprüche keine sinnvolle Interpretation des Gesamtinhalts mehr möglich? Wird das einfach als wissenschaftlich gut begründeter Fehler abgetan, statt nach einem inhaltlichen Zusammenhang dieser Widersprüche zu suchen?

Ja, die Einzelaussagen widersprechen sich. Dass diese Widersprueche nicht getilgt wurden, lag wohl an der Ehrfurcht vor dem Text. Wie gesagt, Deine Interpretation war jetzt gar nicht das Thema, das ich in diesem Thread aufgemacht hatte. Eine Interpretation des Gesamttextes fuer uns heute oder selbst fuer die juedischen Leser der Zeit des 2. Tempels war meinerseits nicht beabsichtigt.

Ich teile Deine Ansicht nicht, dass die Widersprueche beabsichtigt waren; die ergeben sich aus den jeweiligen Quellen, und dass sie immer noch da sind, lag daran, dass das Editieren nur bis zu einem gewissen Punkt getrieben wurde.

(27-02-2022, 10:50)Balsam schrieb: Diese vom Redaktor stehengelassenen "widersprüchlichen" Doppelungen und Zeitangaben sind solch versteckte Hinweise im Dargestellten auf das eigentlich Gemeinte. Es gibt aber noch weitere, denn im biblischen Endtext werden im Unterschied zur mesopotamischen Vorlage zwei Ursachen für die Wassermassen der Sintflut angegeben, nämlich Wasser von oben, sprich Regen (für die assyrische Invasion) und Wasser von unten, aus der Tiefe (für die babylonische Invasion).

Das mit den Wassern von oben und den Wassern von unten ist schlicht eine Wiederholung aus Genesis (die feste Erde wurde aus dem Wasser herausgezogen, die Himmelskuppel haelt das Wasser darueber zurueck). Um die Umkehrung der Schoepfung in Genesis 1 geht's ja schliesslich auch, zumindest in bestimmten Aussagen der Sintflutgeschichte. Dass die Geschichte dann einen anderen Verlauf bekommt, erklaert sich auch aus der mesopotamischen Vorlage.
#21
(27-02-2022, 11:14)Balsam schrieb:
Zitat:Gen 10,25
Dem Eber wurden zwei Söhne geboren; der Name des einen war Peleg, Teilung, denn zu seiner Zeit wurde die Erde aufgeteilt, und der Name seines Bruders war Joktan.
Fällt mir grad noch ein. Das ist ein weiterer versteckter Hinweis im Dargestellten auf das Gemeinte in der Urgeschichte, das im Zusammenhang mit den Doppelungen in der Sintfluterzählung verstanden werden kann. Wieder wird da eretz im Deutschen mit Erde statt mit Land übersetzt. Im AT wird nur ein Land als geteiltes Land dargestellt: das Land Israel welches zeitweise als Nordreich Israel und Südreich Juda existierte.

Das Kapitel 10 beschreibt die Aufteilung der ganzen Erde unter die 70 Nachkommen Noah's. Das ist der alte kanaanitische Mythos der Aufteilung der Welt unter die 70 Soehne Els (bzw. Asherahs), wobei die Bibel, wie so oft, die urspruenglichen Goetter in den Geschichten durch Menschen ersetzt. Der urspruengliche Mythos ueber El ist noch in Dt 32 (EU) zu finden:

"Dt 32 (EU): 8 Als der Höchste die Völker als Erbe verteilte, als er die Menschheit aufteilte, legte er die Gebiete der Völker nach der Zahl der Gottessöhne fest"
#22
(27-02-2022, 11:59)Ulan schrieb: Ja, die Einzelaussagen widersprechen sich. Dass diese Widersprueche nicht getilgt wurden, lag wohl an der Ehrfurcht vor dem Text.
Ehrfurcht vor dem Text ist ein reichlich spekulatives Argument, das an dieser Stelle immer wieder ins Spiel gebracht wird. Es verstößt im Grunde der historisch-kritischen Methode die sich allein auf die Datenlage (Texte) beziehen sollte. Gedankenlesen gehört nicht dazu, und passt auch nicht dazu dass in der Wissenschaft ständig von Redaktionen gesprochen wird. Denn wenn Ehrfurcht tatsächlich eine solch entscheidende Rolle spielen würde, gäbe es keine Redaktionen, kein Vermischen bzw. Ineinanderverschachteln der Texte von J und P wie in diesem Fall. Dann hätte man einfach den original J-Text und den original P-Text nacheinander in ihrer ursprünglichen Form nacheinander stehen gelassen - aus Ehrfurcht.

Wer jemals einen Text redigiert hat, weiß, dass man Textteile ergänzt, umformuliert, löscht bzw. verwirft, den Sinn korrigiert, anpasst usw. Ehrfurcht vor der mesopotamischen Vorlage ergibt auch keinen Sinn, denn dann hätte man sie eins zu eins übernommen. Sinngehalt und Absicht der neueren biblischen Texte mit den älteren mesopotamischen theologisch zu "erklären" macht wenig Sinn, da es sich um unterschiedliche Religionen aus unterschiedlichen Kulturkreisen handelt. Genau das scheint mir Clines zu machen indem er sich zu sehr auf die Aussagen der mesopotamischen Vorlage versteift.   

(27-02-2022, 11:59)Ulan schrieb: Wie gesagt, Deine Interpretation war jetzt gar nicht das Thema, das ich in diesem Thread aufgemacht hatte. Eine Interpretation des Gesamttextes fuer uns heute oder selbst fuer die juedischen Leser der Zeit des 2. Tempels war meinerseits nicht beabsichtigt.
Verstehe.
#23
(27-02-2022, 12:13)Ulan schrieb: Das Kapitel 10 beschreibt die Aufteilung der ganzen Erde unter die 70 Nachkommen Noah's. Das ist der alte kanaanitische Mythos der Aufteilung der Welt unter die 70 Soehne Els (bzw. Asherahs), wobei die Bibel, wie so oft, die urspruenglichen Goetter in den Geschichten durch Menschen ersetzt. Der urspruengliche Mythos ueber El ist noch in Dt 32 (EU) zu finden:

"Dt 32 (EU): 8 Als der Höchste die Völker als Erbe verteilte, als er die Menschheit aufteilte, legte er die Gebiete der Völker nach der Zahl der Gottessöhne fest"
Merkst du was? Diese Göttersöhne sind solche die JHWH anrufen. Siehe Urgeschichte, Mischehen. Wer erbt letztendlich das Land Israel? Juda.
 
Eine Allegorie ist ihrem Wesen nach Doppeldeutig. Versteckte Hinweise sind in dieser Doppeldeutigkeit versteckt. Wenn man, wie du, eindeutig in eine bestimmte Richtung argumentiert, wird man der Textsorte nicht gerecht, falls es sich um eine von den Autoren/Redaktoren beabsichtigte Allegorie handelt. Gehört die Urgeschichte zur Textsorte Allegorie? Das bekommt man nur in mehreren Durchgängen, dem hermeneutischen Zirkel heraus, indem man immer mehr Indizien in Form solch versteckter Hinweise sammelt und mit dem Gesamtkontext in Beziehung bringt. Wenn man hinreichend viele solcher versteckten Hinweise findet, kann man auf eine tatsächliche Doppeldeutigkeit und damit auf eine Allegorie als Textsorte schließen.

Leider ist die Allegorie in der alt- und neutestamentlichen Exegese historischer Theologie übermäßig in Verruf geraten, durch die vielen kirchlichen, an den Haaren herbeigezogenen Allegoresen früherer Jahrhunderte, mit denen kirchliche Dogmen häufig begründet wurden.

Will sagen, Auseinandersetzungen um die Deutung(shoheit) werden gerne auf die hermeneutische Ebene verschoben. Du lehnst die Deutung der Sintflutgeschichte als Allegorie anscheinend grundsätzlich und daher jedes meiner doppeldeutigen Einzelargumente mit eindeutigen Argumenten ab. Das ist völlig in Ordnung. 

Danke für deine Argumente, das Gespräch und deine Geduld mit mir, obwohl das nicht zu dem gehört, was du hier beabsichtigt hattest.
#24
(27-02-2022, 13:16)Balsam schrieb: Merkst du was? Diese Göttersöhne sind solche die JHWH anrufen.

Die Goettersoehne sind die anderen Goetter unter El (Jahwe ist einer von ihnen). Jahwe's Erbteil ist Israel.

(27-02-2022, 13:16)Balsam schrieb: Eine Allegorie ist ihrem Wesen nach Doppeldeutig. Versteckte Hinweise sind in dieser Doppeldeutigkeit versteckt. Wenn man, wie du, eindeutig in eine bestimmte Richtung argumentiert, wird man der Textsorte nicht gerecht, falls es sich um eine von den Autoren/Redaktoren beabsichtigte Allegorie handelt.

Dass der Bibeltext an manchen Stellen eindeutig mit Allegorien arbeitet, raeume ich ja durchaus ein. Nur denke ich, dass Du mit Deinen Allegorisierungen etwas zu weit gehst.

(27-02-2022, 13:16)Balsam schrieb: Leider ist die Allegorie in der alt- und neutestamentlichen Exegese historischer Theologie übermäßig in Verruf geraten, durch die vielen kirchlichen, an den Haaren herbeigezogenen Allegoresen früherer Jahrhunderte, mit denen kirchliche Dogmen häufig begründet wurden.

Bei der Textdeutung im Sinne von Glaubensauslegung halte ich solche Allegorien durchaus auch fuer angebracht. Das ist ja nichts Neues. Man schaue nur auf die Pescherim unter den Schriftrollen aus Qumran: da hast Du komplette Umdeutungen von Texten, wobei diese Umdeutungen garantiert nicht in den urspruenglichen Texten beabsichtigt waren.

Wie ich sagte, habe ich mit Deiner Deutung jetzt kein Problem. Ich sehe halt nur nicht, dass der Text jetzt soweit ins Detail gegangen waere, wie die Wasser von unten und von oben mit Assyrien und Babylon gleichzusetzen. Geht's um das Verschulden Israels und Gottes Gnade? Sicherlich. Aber solche Detaildeutungen sehe ich jetzt nicht.

(27-02-2022, 13:16)Balsam schrieb: Will sagen, Auseinandersetzungen um die Deutung(shoheit) werden gerne auf die hermeneutische Ebene verschoben. Du lehnst die Deutung der Sintflutgeschichte als Allegorie anscheinend grundsätzlich und daher jedes meiner doppeldeutigen Einzelargumente mit eindeutigen Argumenten ab. Das ist völlig in Ordnung.

Hast Du mal in den Talmud geschaut? Da gibt's ja genuegend von solch weitergehenden Interpretationen. Das war jetzt uebrigens keine rheotorische Frage. Ich habe da jetzt nicht nachgeforscht.
Und in einem Punkt gebe ich Dir natuerlich Recht: Der Text wurde sicherlich nicht geschrieben, um uns etwas ueber ein Flutereignis an sich zu erzaehlen.

(27-02-2022, 13:16)Balsam schrieb: Danke für deine Argumente, das Gespräch und deine Geduld mit mir, obwohl das nicht zu dem gehört, was du hier beabsichtigt hattest.

Fuer solche Gespraeche ist das Forum ja da. Heisst ja nicht, dass man einer Meinung sein muss, und es ist sicherlich interessant zu sehen, was andere Leute aus solchen Texten machen.

Im Endeffekt kann ich mir auch vorstellen, dass das erste Evangelium eine Allegorie war; das Markusevangelium kann man komplett als Allegorie lesen, wenn man will. Seinen Platz in der Exegese hat das durchaus. Das ist dann aber wieder ein vollkommen anderes Thema.
#25
(27-02-2022, 14:18)Ulan schrieb:
(27-02-2022, 13:16)Balsam schrieb: Merkst du was? Diese Göttersöhne sind solche die JHWH anrufen.

Die Goettersoehne sind die anderen Goetter unter El (Jahwe ist einer von ihnen). Jahwe's Erbteil ist Israel.

Entstehungsgeschichtlich ist El aljon ursprünglich eine kanaanäische Gottheit gewesen. Das stimmt soweit ja. Das heißt aber nicht, dass sich in der Entstehungsgeschichte theologisch weiter nichts getan, d.h. verändert hätte. Die Botschaft des AT an die Menschen des Frühjudentums war sicher nicht, dass El aljon der Gott der Kanaanäer der Höchste ist. Der Gott des Judentums hat viele Namen in der Bibel El, El aljon sind nur zwei dieser vielen Namen des einzigen Gottes JHWH im Judentum geworden. 


Zitat:Gen 6,1-2
Als sich die Menschen auf Erden zu vermehren begannen und ihnen Töchter geboren wurden, sahen die Gottessöhne, wie schön die Menschentöchter waren, und sie nahmen sich von ihnen allen Frauen, die sie auswählten.

Zitat:Gen 4,26
Auch dem Set wurde ein Sohn geboren und er gab ihm den Namen Enosch. Damals fing man an, den Namen des HERRN anzurufen.

Der Name enosch bedeutet Mensch genauso wie ha adam Mensch bedeutet. Zweimal Mensch in der Linie Adams als doppelter Wink mit dem Zaunpfahl aus der Doppeldeutigkeit, dass die Söhne Gottes (Gottessöhne) in Gen 6,1-4 Menschen aus der Linie Adam, Set, Enosch und keine himmlischen Wesen sind, die sich mit den Töchtern der anderen Menschen aus dem Stammbaum des Kain paaren - der in der Geschlechtsliste Adams nicht auftaucht. 

Der Name des HERRN ist blanker Unfug deutscher Übersetzer und muss "den Namen JHWH anzurufen" lauten. Oder willst du dem nächsten Juden der dir über den Weg läuft erzählen, dass "der Höchste" in seiner Heiligen Schrift nicht JHWH wäre und dieser das Land lediglich von El geerbt und nicht selbst als Schöpfer erschaffen hätte - mit Hinweis auf Mesopotamien?

Entstehungsgeschichte der Texte und die darin enthaltene und beabsichtigte Theologie sind zwei paar Stiefel. Insofern machst du den selben Fehler wie Clines, nur noch schlimmer, denn seine ethische Kritik, richtet sich in erster Linie gegen die ethischen Eigenschaften des Gottes des AT - mit Hinweis auf die Eigenschaften der Götter Mesopotamiens. Dein Argument war doch, dass JHWH es bereute die Erde - vielleicht doch das Land? - gemacht zu haben. Demnach kann JHWH das Land von niemandem erben höchstens an sein auserwähltes Volk vererben. Deine Argumentation erscheint mir in sich widersprüchlich. Hat jetzt der kanaanäische El aljon seine Schöpfung zurückgenommen oder war es JHWH der Gott der Juden? Was bleibt von einer Schöpfung eigentlich übrig, wenn sie von welchem Gott auch immer zurückgenommen wurde? Nichts bzw. Quantenfluktuationen im Vakkum?
#26
Ich betrachte Texte und Textteile unterschiedlichen Ursprungs unabhaengig voneinander. Verschiedene Texte, speziell verschieden alte Texte, transportieren verschiedene Ideen. Die Editoren des masoretischen Textes haben z.B. die von mir zitierte Stelle im Deuteronomium zu etwas anderem abgeaendert, als die Einheitsuebersetzung da schreibt, weil sie sich der Bedeutung des Originaltextes bewusst waren und ihnen das wohl peinlich war.

Dass fast ueberall in der Bibel Jahwe und El gleichgesetzt wurden, ist richtig und vollkommen unstrittig. Die aelteren Textstrata werden halt nur an wenigen Stellen noch erkennbar, wo El und Jahwe unterschiedliche Rollen haben.

Und nein, weder ich noch Clines begehen hier Fehler. Wir wollen keine juedische oder christliche Theologie in ihrem Endstadium rekonstruieren, sondern historische Entwicklungen, wie sie im Bibeltext noch aufscheinen, aufzeigen. Deshalb steht dieser Thread ja auch im Bereich "Religions- und Kulturgeschichte", nicht im Bereich "Bibeltexte" oder "Judentum".

Dass das deutsche "HERR" oft die Unterscheidungen der verschiedenen gebrauchten Namen im Original verdeckt, wird dabei beruecksichtigt.
#27
(27-02-2022, 15:39)Ulan schrieb: Und nein, weder ich noch Clines begehen hier Fehler. Wir wollen keine juedische oder christliche Theologie in ihrem Endstadium rekonstruieren, sondern historische Entwicklungen, wie sie im Bibeltext noch aufscheinen, aufzeigen. Deshalb steht dieser Thread ja auch im Bereich "Religions- und Kulturgeschichte", nicht im Bereich "Bibeltexte" oder "Judentum".
Eigenartige Abgrenzung von Religions- und Kulturgeschichte. Bedeutet das, wenn Clines und du einen Bibeltext ethisch deuten ist das Religionsgeschichte, wenn ich das als Replik darauf mache, weil ich diese Deutung nicht teile, ist das "Bibeltexte" oder "Judentum" und gehört nicht hierher? Deine Bibelzitate passen hierher, meine nicht?
#28
Habe ich Dir irgendwo abgesprochen, auf irgendetwas antworten zu duerfen?

Ich habe Dir lediglich versucht zu verdeutlichen, warum Clines oder ich so vorgehen, wie wir vorgehen, und um was es in diesem Unterforum eigentlich geht. Das sehr pointierte ethische Urteil durch Clines habe ich hier zwar erwaehnt, aber das interessiert mich jetzt weniger. An der Aussage Gottes zu seiner Absicht, was die Sintflut angeht, naemlich dass er die Schoepfung bereut und sie umkehren will, aendert dieses ethische Urteil aber rein gar nichts.

Wenn ich Gott mangelnde ethische Grundsaetze vorwerfen wollte, gaebe es da viel geeignetere Stellen.

Im Prinzip stuetzt Du Dich doch letztlich auf "special pleading". Warum sollte Gott, weil, Deiner Interpretation nach, die Linie Kains falsch geheiratet hatte, alle Voegel des Himmels umbringen wollen? Es sind diese Brueche im Text, die uns bei der geschichtlichen Rekonstruktion weiterhelfen.
#29
(27-02-2022, 15:39)Ulan schrieb: Ich betrachte Texte und Textteile unterschiedlichen Ursprungs unabhaengig voneinander.
Nein, und Clines anscheinend auch nicht. Siehe hier ...

(08-12-2021, 15:16)Ulan schrieb: Prof. David Clines (Sheffield) fasste das wie folgt zusammen (meine Uebersetzung): "Dies ist eine machtvolle theologische Aussage. Es... raeumt die Tatsache ein, [und zwar] in der Flut-Erzaehlung selbst, dass die Flut ueberhaupt nichts aenderte. Die Flut war also vollkommen sinnlos."

... und hier.
(26-02-2022, 02:42)Ulan schrieb: David Clines hat sich schon mit typischen theologischen Erklaerungsversuchen in den Kommentaren auseinandergesetzt (in dem spezifischen Fall zitiert er Skinner), und er haelt diese Unterscheidung in der Tat fuer bedeutungslos, da die Aussage immer noch ist, dass der Mensch ganz allgemein boese ist.

Das Thema ist, wie die Herkunft der Geschichte auch in der biblischen Version immer noch sichtbar ist. Die sumerisch-babylonische Version der Geschichte dreht sich nicht um menschliche Suende, sondern das ethische Versagen der Gottheit, und die biblische Geschichte bewahrt diese Grundaussage. Die Verkuendigung in Kapitel 6 betrifft die Annullierung der Schoepfung

(27-02-2022, 15:39)Ulan schrieb: Verschiedene Texte, speziell verschieden alte Texte, transportieren verschiedene Ideen.
Eben. Und diese verschiedenen Ideen kommen bei euch nicht zum tragen, sondern nur eine, nämlich die mesopotamische und die andere biblische nicht. Die biblische Sintflut ist nur dann sinnlos, wenn man die Unterschiede der Situation vor und nach der Sinflut außer acht lässt. Siehe Mischehen im Land davor - keine Mischehen im Land danach usw., und das hat mit Ethik erst mal nichts zu tun, sondern mit der jüdischen Kultordnung im Land. Das Dargestellte ist eine von Gott verursachte Naturkatastrophe das Gemeinte könnte der von Gott bewirkte militärische Untergang des Landes, Exil, Rückkehr und Bau des 2. Tempels sein.

In den mesopotamischen Fluterzählungen dagegen ist die Situation vor der Flut und nach der Flut unverändert. Die Menschen arbeiten davor und danach für die Götter, damit die was auf dem Tisch haben.

Aus heutiger ethischer Sicht heiligt weder das eine noch das andere Mittel Gottes diesen kultischen Zweck, aber für das Verständnis der Texte seien sie mesopotamisch oder biblisch sind das falsche, weil unzeitgemäße ethische Bewertungen, und nicht mehr als ein Zeichen dafür, dass es nicht gelungen ist diesen garstigen historischen Graben mental in die Abfassungszeit zu überspringen. Wenn das der Fall ist, geht es nicht mehr um Religions- und Kulturgeschichte sondern um Religionskritik, was ja auch ein schönes Thema ist.
#30
Wenn wir mal die Aussagen von mir weglassen, die spezifisch auf Deine Nachfragen waren und dann natuerlich theologische Interpretationen betrachteten, dann geht es immer noch um das Threadthema, den mesopotamischen Ursprung des Textes. Willst Du mir jetzt vorwerfen, dass ich auf Deine Nachfragen eingegangen bin?

Clines schliesst aus seinen ethischen Rueckschluessen auch nur, dass der Text mangelhaft von seinen Vorlagen her editiert ist und seinen mesopotamischen Ursprung deshalb auch immer noch offenbart, selbst in der letzten Version, die es in die Bibel geschafft hat.

Dass es in bestimmten Versen um die Umkehrung der Schoepfung geht, ist vollkommen klar. Warum Gott die Voegel des Himmels hasst, wird auch nur aus dem mesopotamischen Original klar. Das ist es, worum es hier geht.


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