18-02-2022, 03:47
(17-02-2022, 17:05)Marut schrieb:Als "Teil" Gottes wird Satan weder im Judentum noch im Christentum und Islam betrachtet, da der hier in Betracht kommende Gott keine Teile aufweist. Satan ist zweifellos ein Geschöpf. Im Christentum ist er ein mit freiem Willen ausgestattetes Wesen, das sich Gott widersetzt, und ein Feind der Menschheit.(16-02-2022, 16:40)petronius schrieb: es ist schon ein kreuz mit dieser selektiven bibelinterpretation - was von all dem widersprüchlichen will man gelten lassen, was verwerfen? und wie macht mans - nach lust und tageslaune, oder soll mans auswürfeln?
Für mich ist der Satan ein zentral wichtiger Charakter, der Antrieb für den Mensch/ Gott. Derjenige, der in Frage stellt und dadurch für Fortschritt und Kreativität sorgt. Das macht er auch in der Geschichte von Hiob. Es kommt darauf an, was man für ein Menschen- und Gottesbild hat bei der Frage wie man den Satan sieht. Sieht man ihn als jemand von außen oder einen Teil des allmächtigen Gottes.
Wie wir heute wissen, sind der biblische Gott und Satan fiktive Gestalten. Die Autoren der biblischen Texte haben die Persönlichkeit ihres Gottes mit markanten Zügen ausgestattet, während Satan eher eine schattenhafte Gestalt bleibt. Aus literarischer Perspektive kann man sagen, dass die Lichtgestalt, der Held Jesus, einen sehr mächtigen, starken, gefährlichen Gegner braucht, so wie jeder mythische Held sich erst durch die Überwindung des Herausforderers als wahrer Held erweist, also einen starken Widersacher unbedingt benötigt. Jesus ist nach christlichem Verständnis sowohl Gott als auch Mensch; als Mensch braucht er menschliche Widersacher, und von denen hat er sehr viele; aber als Gott braucht er ebenfalls einen Widersacher, und zwar natürlich einen übermenschlichen, denn ein Mensch wäre für diese Rolle viel zu unbedeutend. Daher Satan als der Widersacher auf der übermenschlichen Ebene.
Betrachtet man das NT als literarische Schöpfung, so erscheint es als Mangel, dass Satan so blass bleibt und nur sehr knapp zu Wort kommt. In bedeutender Literatur werden gerade die Bösewichte besonders sorgfältig gestaltet und kommen ausführlich zu Wort. Milton hat sich in Paradise Lost darum bemüht, allerdings aus einer strikt christlichen Perspektive. Deine Idee von Satan als Fortschrittsprinzip hat Carducci in seinem berühmten Hymnus A Satana gestaltet, worin er biblische Symbole und Bilder aufgreift und umdreht: In der entchristlichten Welt, in der dieser Hymnus entstand (1865/67), erscheint Satan als Verkörperung des weltlichen Vernunftprinzips und zugleich des irdischen Genusses, also eines antichristlichen Weltbildes und des entsprechenden Lebensentwurfs, der sich im 19. Jahrhundert gegen "Jehova und die Priester" durchsetzt, wie Carducci meint.
Das Thema ist allerdings hier off topic, weiteres dazu sollte, falls Bedarf besteht, in einem separaten thread erörtert werden.