08-12-2021, 21:43
(08-12-2021, 20:34)Sinai schrieb:(08-12-2021, 20:17)Apollonios schrieb: Hallo Sinai,
ja, die Forderung der Feindesliebe ist prinzipiell unerfüllbar. Hier wird der Mensch aufgefordert, sein Gefühlsleben zu vergewaltigen. Christus hätte raten können: Respektiert eure Feinde. Versucht zu verstehen, warum sie so sind wie sie sind. Distanziert euch innerlich von der Feindschaft und schaut es unbefangen an wie es ist. Das wäre ein guter Rat. Statt dessen hat er aber die Anweisung gegeben: Ihr sollt lieben! Die Christen versuchen dann, das Gebot zu erfüllen, indem sie sich suggerieren, dass sie ihre Feinde lieben. Sie tun dann etwa ihren Feinden Gutes . . .
Ich glaube zu erraten, was Du meinst: Die Inquisition greift einen Verbrecher auf, einen richtigen Höllenbraten. Auf ihn wartet nach seinem Tod
- vielleicht in zehn Jahren - das ewige Höllenfeuer!
Aus Barmherzigkeit und Liebe zu ihm verkürzen sie ihm seine Pein auf zehn Minuten und fackeln ihn am Scheiterhaufen ab
Das wäre ein Extrembeispiel. Aber ich bin kein Zyniker und meine, dass Zynismus in einer Diskussion nicht weiterhilft. Nur wenige Christen haben Inquisitorenmentalität. Ich meine folgendes: Jemand hat einen Feind und hasst den. Nun ist er aber Christ, und ihm wird gepredigt: Gott befiehlt, dass du deinen Feind lieben sollst! Oh je - was tun? Das geht ja überhaupt nicht. Aber Gott befiehlt es. Also muss ich irgendwie gehorchen. Ich muss irgendwie wenigstens so tun, als würde ich ihn lieben. Also tue ich ihm was Gutes, rede gut über ihn, verschaffe ihm einen Vorteil, wo ich kann, und verzichte darauf ihn zu bekämpfen, biete ihm Versöhnung an. Und dann kann ich mir einbilden, ich würde ihn "lieben". Was natürlich völliger Quatsch ist. Es hat mit Liebe nichts zu tun, überhaupt nichts. Feindesliebe ist ein weltfremdes Konstrukt. Und vor allem: Christus hat seine Feinde (die Verstockten, Pharisäer usw.) überhaupt nicht geliebt, ganz im Gegenteil - er sehnte sich danach, sie höchstpersönlich in die Hölle zu schmeißen!