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(22-02-2010, 17:47)Ekkard schrieb: Die grundlegenden Maximen der Religionen sind offensichtlich auf "friedliche Koexistenz" ausgerichtet
nun, genau das ist doch die frage. für mich ist das keineswegs so "offensichtlich" - es erscheint mir wahrscheinlicher, daß diese sicht eher heutigem wunschdenken entspricht. imho geben religionen praktisch immer beides her - sowohl frieden und zusammenarbeit als auch konkurrenz bis hin zur gewaltsamen auseinandersetzung. was nun jeweils betont wird, dürfte eine frage des "zeitgeists" sein und damit verbunden der zweckmäßigkeit (im hinblick auf selbstdarstellung zur mitgliederwerbung
Zitat:Deshalb ist eine durchgängige Anwendung der so genannten Heiligen Schriften schlicht unmöglich. Denn ich kann nicht gleichzeitig einen Menschen, meinen Feind, lieben und ihn erschlagen
ach, unter der allseits beliebten prämisse, daß "glaubenswahrheiten" nicht an logik und ratio gemessen werden dürfen, ist das doch problemlos vereinbar...
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(22-02-2010, 17:47)Ekkard schrieb: Es kann mir doch keiner weismachen, dass die gegenwärtige, latent vorhandene und gelegentlich aufbrechende Gewaltbereitschaft irgend etwas mit Weltanschauung zu tun hat. Sie hat mit dem Gefälle Arm/Reich, Dumm/Gebildet und Chaos/Perspektive zu tun. Und ich bin überzeugt davon, dass dies schon immer so war.
Ich finde diesen Aspekt sehr interessant. Meinst du damit dass die Gefälle Arm/Reich, Dumm/Gebildet und Chaos/Perspektive die eigentlichen Ursachen der Gewaltbereitschaft sind, welche dann jedoch im Namen der Religion ausgetragen werden?
Dies würde ja dann bedeuten, dass bei konsquenter Abschaffung von Religion das eigentliche Problem bestehen bliebe und an die Stelle von Religion andere Weltanschauungen treten würden.
(22-02-2010, 17:47)Ekkard schrieb: Die grundlegenden Maximen der Religionen sind offensichtlich auf "friedliche Koexistenz" ausgerichtet. Aber es gibt eben auch jene Verse, die den Hass auf Abweichler, politische Feinde und Verbrecher zum Ausdruck bringen, sprich das kriegerische Verhalten anstoßen wollen.
Das ist ein Punkt, den ich so schwierig an den heiligen Schriften finde. Woher kann ich denn wissen, welche Aussage als bedeutsamer angesehen werden muss? Woher weiß ich dass eine bestimmte Stelle in der Bibel höhere Wertigkeit besitzt als eine andere?
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(22-02-2010, 19:06)Gundi schrieb: (22-02-2010, 17:47)Ekkard schrieb: Es kann mir doch keiner weismachen, dass die gegenwärtige, latent vorhandene und gelegentlich aufbrechende Gewaltbereitschaft irgend etwas mit Weltanschauung zu tun hat. Sie hat mit dem Gefälle Arm/Reich, Dumm/Gebildet und Chaos/Perspektive zu tun. Und ich bin überzeugt davon, dass dies schon immer so war.
Ich finde diesen Aspekt sehr interessant. Meinst du damit dass die Gefälle Arm/Reich, Dumm/Gebildet und Chaos/Perspektive die eigentlichen Ursachen der Gewaltbereitschaft sind, welche dann jedoch im Namen der Religion ausgetragen werden?
Dies würde ja dann bedeuten, dass bei konsquenter Abschaffung von Religion das eigentliche Problem bestehen bliebe und an die Stelle von Religion andere Weltanschauungen treten würden
das sehe ich absolut so. soziale ungerechtigkeit, ausbeutung und unterdrückung (wovon ja immer jemand profitiert) münden letztlich in gewalt. die sich auch wieder jemand zu nutze macht, um davon zu profitieren. und ein vehikel dafür ist die instrumentalisierung von religionen und weltanschauungen überhaupt. es sind nicht die ideologien als solche das problem, welches as auszumerzen gälte - dahinter stecken immer menschen
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(22-02-2010, 19:06)Gundi schrieb: Meinst du damit dass die Gefälle Arm/Reich, Dumm/Gebildet und Chaos/Perspektive die eigentlichen Ursachen der Gewaltbereitschaft sind, welche dann jedoch im Namen der Religion ausgetragen werden? Das, denke ich, ist so. Religionen sind "Sprachregelungen" im weitesten Sinne des Wortes. Mit ihrer Hilfe kann man, wie mit jeder Ideologie, diverse Freund-Feind-Beziehungen gleichschalten.
(22-02-2010, 19:06)Gundi schrieb: Dies würde ja dann bedeuten, dass bei konsquenter Abschaffung von Religion das eigentliche Problem bestehen bliebe und an die Stelle von Religion andere Weltanschauungen treten würden. In der Tat! Sagen wir vielleicht statt "Weltanschauungen" Ideologien. Denn pluralistische Weltanschauungen und Religionen führen Individuen nicht in dieser kriegerischen Weise zusammen.
(22-02-2010, 17:47)Ekkard schrieb: Die grundlegenden Maximen der Religionen sind offensichtlich auf "friedliche Koexistenz" ausgerichtet. Aber es gibt eben auch jene Verse, die den Hass auf Abweichler, politische Feinde und Verbrecher zum Ausdruck bringen, sprich das kriegerische Verhalten anstoßen wollen.
(22-02-2010, 19:06)Gundi schrieb: Das ist ein Punkt, den ich so schwierig an den heiligen Schriften finde. Woher kann ich denn wissen, welche Aussage als bedeutsamer angesehen werden muss? Woher weiß ich dass eine bestimmte Stelle in der Bibel höhere Wertigkeit besitzt als eine andere? Als Einzelne/r ohne Vorkenntnisse und ohne Haltung kannst du aus der Bibel gar nichts entnehmen: weder als Handlungsanleitung noch zur Verhinderung einer Handlung. Deshalb sagt ja die moderne Theologie: Die Bibel ist eine "Projektionsfläche" des Glaubens. Dies bedeutet: Es gibt bestimmte Haltungen gegenüber den Mitmenschen und unseren Beziehungen, die wir uns wünschen, von denen wir gelernt haben, dass andere sie sich auch wünschen und die sich reziprok verhalten, also so, wie das Sprichwort es sagt: "Was du nicht willst, das man dir tu', das füg' auch keinem anderen zu".
Und wenn wir mit dieser "Brille" die Bibel lesen, wissen wir ganz genau, wo die uns förderlichen Stellen stehen, und wo jene anderen, die wir besser in ihrer antiken Umgebung belassen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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(22-02-2010, 20:38)petronius schrieb: soziale ungerechtigkeit, ausbeutung und unterdrückung (wovon ja immer jemand profitiert) münden letztlich in gewalt. die sich auch wieder jemand zu nutze macht, um davon zu profitieren. und ein vehikel dafür ist die instrumentalisierung von religionen und weltanschauungen überhaupt. es sind nicht die ideologien als solche das problem, welches as auszumerzen gälte - dahinter stecken immer menschen Dem stimme ich im Grundsatz zu. Für mich ist die Gleichschaltung vieler Individuen immer mit "Ideologie" verbunden. Bei "Ideologie" drängt sich mir die Vorstellung auf: Ein Reich, eine Doktrin, ein Führer, eine Hymne, "jene anderen", "wo gehobelt wird, fallen Späne", ...
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
(19-02-2010, 15:58)Romero schrieb: Rischtiiiiiisch. Religion wird missbraucht um aus religiösen Menschen Terroristen zu machen, die im Namen ihrer Religion Verbrechen verüben. Ich hoffe Al-Haitam hat hier mitgelesen :icon_cheesygrin:
ja ja romero gerade jetzt
(22-02-2010, 22:19)Ekkard schrieb: (22-02-2010, 19:06)Gundi schrieb: Meinst du damit dass die Gefälle Arm/Reich, Dumm/Gebildet und Chaos/Perspektive die eigentlichen Ursachen der Gewaltbereitschaft sind, welche dann jedoch im Namen der Religion ausgetragen werden? Das, denke ich, ist so. Religionen sind "Sprachregelungen" im weitesten Sinne des Wortes. Mit ihrer Hilfe kann man, wie mit jeder Ideologie, diverse Freund-Feind-Beziehungen gleichschalten.
(22-02-2010, 19:06)Gundi schrieb: Dies würde ja dann bedeuten, dass bei konsquenter Abschaffung von Religion das eigentliche Problem bestehen bliebe und an die Stelle von Religion andere Weltanschauungen treten würden. In der Tat! Sagen wir vielleicht statt "Weltanschauungen" Ideologien. Denn pluralistische Weltanschauungen und Religionen führen Individuen nicht in dieser kriegerischen Weise zusammen.
(22-02-2010, 17:47)Ekkard schrieb: Die grundlegenden Maximen der Religionen sind offensichtlich auf "friedliche Koexistenz" ausgerichtet. Aber es gibt eben auch jene Verse, die den Hass auf Abweichler, politische Feinde und Verbrecher zum Ausdruck bringen, sprich das kriegerische Verhalten anstoßen wollen.
(22-02-2010, 19:06)Gundi schrieb: Das ist ein Punkt, den ich so schwierig an den heiligen Schriften finde. Woher kann ich denn wissen, welche Aussage als bedeutsamer angesehen werden muss? Woher weiß ich dass eine bestimmte Stelle in der Bibel höhere Wertigkeit besitzt als eine andere? Als Einzelne/r ohne Vorkenntnisse und ohne Haltung kannst du aus der Bibel gar nichts entnehmen: weder als Handlungsanleitung noch zur Verhinderung einer Handlung. Deshalb sagt ja die moderne Theologie: Die Bibel ist eine "Projektionsfläche" des Glaubens. Dies bedeutet: Es gibt bestimmte Haltungen gegenüber den Mitmenschen und unseren Beziehungen, die wir uns wünschen, von denen wir gelernt haben, dass andere sie sich auch wünschen und die sich reziprok verhalten, also so, wie das Sprichwort es sagt: "Was du nicht willst, das man dir tu', das füg' auch keinem anderen zu".
Und wenn wir mit dieser "Brille" die Bibel lesen, wissen wir ganz genau, wo die uns förderlichen Stellen stehen, und wo jene anderen, die wir besser in ihrer antiken Umgebung belassen.
Weil gerade in einem anderen Thread heftig über Dawkin dikutiert wird, würde ich gerne einmal beides miteinander verbinden und die Frage stellen, welchen Sinn es dann haben soll Versuche der Abschaffung von Religion bzw. Teile davon vorzunehmen, wenn die eigentlichen Ursachen von Gewalt nicht geändert werden? Dann würde ja an die Stelle des heutigen Fundamentalismus eine andere Ideologie treten, zu der sich die Menschen hingezogen fühlen und in ihrem Namen Verbrechen begehen, oder?
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(22-02-2010, 22:25)Ekkard schrieb: Bei "Ideologie" drängt sich mir die Vorstellung auf: Ein Reich, eine Doktrin, ein Führer, eine Hymne, "jene anderen", "wo gehobelt wird, fallen Späne", ...
nein, ich meine mit "ideologie" hier ganz einfach und wertneutral ein weltanschauliches gedankengebäude
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 23-02-2010, 11:55 von petronius.)
(23-02-2010, 00:31)Gundi schrieb: Weil gerade in einem anderen Thread heftig über Dawkin dikutiert wird, würde ich gerne einmal beides miteinander verbinden und die Frage stellen, welchen Sinn es dann haben soll Versuche der Abschaffung von Religion bzw. Teile davon vorzunehmen, wenn die eigentlichen Ursachen von Gewalt nicht geändert werden? Dann würde ja an die Stelle des heutigen Fundamentalismus eine andere Ideologie treten, zu der sich die Menschen hingezogen fühlen und in ihrem Namen Verbrechen begehen, oder?
nun, unterschiede bestehen natürlich schon darin, daß verschiedene ideologien unterschiedlich leicht für gewalt instrumentalisiert werden können
aber "abschaffung von religion" ist so illusionär wie "verbot von schlechtem wetter"
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23-02-2010, 18:18
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 23-02-2010, 18:18 von Rao.)
Zitat:aber "abschaffung von religion" ist so illusionär wie "verbot von schlechtem wetter"
Wenn´s schlechtes Wetter hat, zieht man sich entsprechend an. Religionen kann man vielleicht nicht abschaffen, aber man kann ihnen die Flügel stutzen. Z. B. indem man für Verbrechen und Übeltaten, begangen im Namen von Religion (egal welcher) keinen "Religionsbonus" mehr gewährt. Indem man Personen, die durch Religion unterdrückt werden, klar macht, daß sie Rechte haben und sich wehren können und sollen. Indem man Bildung verbreitet, wo Religionen keine Bildung möchten, Übeltaten ans Licht bringt, die Religionen gern unter den Teppich kehren möchten (Kindsmißbrauch/Zustände in Waisenhäusern...). Indem man über Inhalte von Religionen, die zu Übeltaten aufrufen (könnten) und anderes öffentlich diskutiert und keine Hemmungen hat, auch mal ein aufgeblähtes Ego platzen zu lassen (wie in diesem Forum). Indem man konkrete Mittel zur Selbsthilfe verteilt, wo Religionen nur sinnlose Phantasien und Wunschträume anbieten (Kondome gegen AIDS statt Phantasien von "Keuschheit", über die die meisten Männer in Afrika nur lachen).
Und so weiter....
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(23-02-2010, 18:18)Rao schrieb: Zitat:aber "abschaffung von religion" ist so illusionär wie "verbot von schlechtem wetter"
Wenn´s schlechtes Wetter hat, zieht man sich entsprechend an. Religionen kann man vielleicht nicht abschaffen, aber man kann ihnen die Flügel stutzen. Z. B. indem man für Verbrechen und Übeltaten, begangen im Namen von Religion (egal welcher) keinen "Religionsbonus" mehr gewährt. Indem man Personen, die durch Religion unterdrückt werden, klar macht, daß sie Rechte haben und sich wehren können und sollen. Indem man Bildung verbreitet, wo Religionen keine Bildung möchten, Übeltaten ans Licht bringt, die Religionen gern unter den Teppich kehren möchten (Kindsmißbrauch/Zustände in Waisenhäusern...). Indem man über Inhalte von Religionen, die zu Übeltaten aufrufen (könnten) und anderes öffentlich diskutiert und keine Hemmungen hat, auch mal ein aufgeblähtes Ego platzen zu lassen (wie in diesem Forum). Indem man konkrete Mittel zur Selbsthilfe verteilt, wo Religionen nur sinnlose Phantasien und Wunschträume anbieten (Kondome gegen AIDS statt Phantasien von "Keuschheit", über die die meisten Männer in Afrika nur lachen).
Und so weiter....
zweifellos. und das wird ja auch gemacht
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Leider nicht konsequent genug. Warum? Religions-Bonus...
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(23-02-2010, 18:18)Rao schrieb: Zitat:aber "abschaffung von religion" ist so illusionär wie "verbot von schlechtem wetter"
Wenn´s schlechtes Wetter hat, zieht man sich entsprechend an. Religionen kann man vielleicht nicht abschaffen, aber man kann ihnen die Flügel stutzen.
du kannst einem vogel nicht das fliegen verbieten indem du ihm gewaltätig seine flügel stützt nur weil du der meinung bist seine art zu fliegen sei schlecht, oder du aus ihm ein schlecht wetter flieger machst. dann machst du genau das was du ihm vorwirst.
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Ich werde diesem komischen Vogel absolut sicher die Flügel stutzen, wenn der sich einbildet, nur wegen seines Glaubens andere Leute (wie z. B. mich) dummhalten, unterdrücken, bestehlen, zu komischen Handlungen oder Heucheleien zwingen oder sonstwie ansch..... (das sollen Vögel so machen?) zu können.
(Nur so viel dazu: meine Mutter hat sich eingebildet, sie könne Religion als Zwangsmittel gegen mich benutzen, um mich in ihrem Sinne zu "dressieren"... das Ergebnis? Ich bin natürlich ausgetreten!)
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diese selbstdefinierten komischen vögel haben schon viele in der geschichte gesucht um die flügel zu stuzten. nicht selten gabs im namen der freiheit massaker. natürchlich wars ein problem - selbst in den spiegel zu schauen - denn man würde empfindlich reagieren, wenn andere kommen und diese personen selbst als komische vögel definieren und ihm die flügel stützen zu wollen.
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