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Kirchenlatein
#31
(23-08-2009, 14:07)jam schrieb: Epicharm wann lebte Augustinus?
Arandir schrieb:…Zeit des Kirchevaters Augustinus (354-430)…


jam schrieb:In dem Buch ,Latein ist tot ,es lebe Latein von Stroh
…steht noch das Karthago eine Literaisches Zentrum wurde ,und sie eine Kolonie war,Mutterstadt des Erzfeinds Hannibal ,Apuleius (asinus aureus)Der goldene Esel,
er studierte dort Rhetorik vorallem. Dann war er eine Zeitlang in Rom kehrte zurück nach Karthargo und ließ sich dort Denkmäler aufstellen.
Und der christl Schriftsteller Tertullian kam daher,…

Ja, Apuleius hat in Karthago studiert (und später in Athen). Warum bringst Du Apuleius ins Spiel? Mit dem Christentum hatte der nichts zu tun. Er war Heide, im Alter sogar heidnischer Priester.

Ja, Tertullian war der erste von den großen kirchlichen Schriftstellern, der seine Werke in lateinischer Sprache verfasst hatte. Er wurde in Karthago geboren und hat dort studiert.

Das punische Karthago, Mutterstadt des Erzfeinds Hannibal (anm. Zitat von jam), wurde vermutlich im 9. Jh von Tyros aus gegründet und (wie schon mehrmals angemerkt!) 146 vChr von den Römern dem Erdboden gleichgemacht. Das Karthago des Apuleius und des Tertullian war eine römische Stadtgründung an demselben Ort.

Wenn jemand von "afrikanischen Wurzeln des lateinischen Christentums" spricht und auf das Karthago Tertullians, Cyprians und des Augustinus verweist, halte ich entgegen, dass dieses Karthago eine römische Stadt war, in der seit ihrer Gründung Latein gesprochen wurde, in der römisches Recht galt und deren Bürger in der Regel mit dem römischen Bürgerrecht ausgestattet waren.

Dass Cyprian aus lateinischen Bibeltexten zitiert, die möglicherweise in Karthago aus dem Griechischen übersetzt wurden, ist bekannt. Die Kulturleistungen, die in Karthago erbracht wurden, will doch niemand in Abrede stellen.

Fritz hat's schon gesagt. Ich will es nicht mit eigenen Worten wiederholen:
Fritz schrieb:Ein Ausbreitungspfad mag ja über Nordafrika (Ex-Kartago) gewesen sein, ein anderer über Griechenland und ein weiterer über See nach Rom, nach Spanien etc ... Ab Mitte des 1. JH. CE wird man im Westen mit auch lateinisch sprechenden Christen zu rechnen haben, es waren zunächst sicher nicht so ganz viele und auch weit entfernt von Kirchlicher Amts- und Wissenschaftssprache.

MfG E.
MfG B.
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#32
(23-08-2009, 14:29)Arandir schrieb: Punisch wurde nicht nur in der Stadt Karthago gesprochen, sondern in einem größeren Gebiet.

Natürlich.

Es ging aber um das römische Karthago, und dass man dort und damals (zur Römerzeit also) Punisch gesprochen hätte, nehme ich ohne Beleg nicht entgegen.

Arandir schrieb:Ich habe hier keine Bibliothek zur Hand, ich müsste mal nachschauen, aber was ich aus der Semitistik weiß, geht man davon aus, dass die Sprache noch ein längeres Nachleben hatte.

Stimmt auch.

Aber was war das Thema?

Es ging um Jams These, wonach sich aus dem sprachlichen Umfeld der karthagischen Christengemeinden jenes Latein herausgebildet haben soll, das später im kirchlichen Gebrauch (als sogenanntes Kirchenlatein) Verwendung gefunden hat. Ein Beitrag, der in diesem Zusammenhang verweist, dass man bis in die Zeit Augustins auch noch Punisch gesprochen hätte, kann missverstanden werden.

MfG E.
MfG B.
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#33
(23-08-2009, 16:05)Fritz7 schrieb:
(23-08-2009, 09:15)Epicharm schrieb: Die lateinische Sprache wurde von Rom nach Karthago gebracht, nicht umgekehrt.
Na, ja, es scheint nicht so ganz leicht, den wirren Gedankensprüngen Jams zu folgen. Die Frage nach dem Erstkontakt der Christen mit lateinischer Sprache ist zunächst ja eine Frage nach der Ausbreitung des Christentums in den Westen des römischen Reichs und der Pfade dorthin samt zeitlicher Bestimmung. Dafür ist die Ausbreitung von Klassischen Latein als Gelehrten-und Literatensprache und lateinischer Publizistik wohl herzlich nebensächlich. Der Erstkontakt wird für die Christen mit lateinisch sprechender Unterschicht gewesen sein und erst viel später mit der Etablierung von römischem Staatchristentum auch mit gebildeter Oberschicht ...
Ein Ausbreitungspfad mag ja über Nordafrika (Ex-Kartago) gewesen sein, ein anderer über Griechenland und ein weiterer über See nach Rom, nach Spanien etc ... Ab Mitte des 1. JH. CE wird man im Westen mit auch lateinisch sprechenden Christen zu rechnen haben, es waren zunächst sicher nicht so ganz viele und auch weit entfernt von Kirchlicher Amts- und Wissenschaftssprache.

Dem kann ich ohne Einschränkung zustimmen!

MfG E.
MfG B.
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#34
Hallo Epicharm!

Wurde nach der Zerstörung Karthagos 146 vChr. dort nicht "neo-punisch" (also eine Sprache mit sowohl afrikanischen als auch lateinischen Einflüssen) gesprochen?

Nachtrag:

Hier ein Auszug des entsprechenden Textes aus der Wikipedia:

Neopunisch
Als Neopunisch bezeichnet man die Texte aus der Zeit nach den Punischen Kriegen und der Zerstörung Karthagos 146 v. Chr. Sie unterscheiden sich in Sprache und Schrift vom Punischen und stammen vorwiegend aus Afrika, vereinzelt aus Ägypten und dem Libanon. Es gibt Einflüsse des Lateinischen und des Berberischen auf das Neopunische.

(Neo-)Punisch war bis in die Spätantike von Bedeutung und erlosch wahrscheinlich erst mit dem Aufkommen des Arabischen. Eine Spätform des Punischen dürfte noch um 1000 gesprochen worden sein.
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#35
(23-08-2009, 22:36)Jonathan schrieb: Hallo Epicharm!

Wurde nach der Zerstörung Karthagos 146 vChr. dort nicht "neo-punisch" (also eine Sprache mit sowohl afrikanischen als auch lateinischen Einflüssen) gesprochen?

Nachtrag:

Hier ein Auszug des entsprechenden Textes aus der Wikipedia:

Neopunisch
Als Neopunisch bezeichnet man die Texte aus der Zeit nach den Punischen Kriegen und der Zerstörung Karthagos 146 v. Chr. Sie unterscheiden sich in Sprache und Schrift vom Punischen und stammen vorwiegend aus Afrika, vereinzelt aus Ägypten und dem Libanon. Es gibt Einflüsse des Lateinischen und des Berberischen auf das Neopunische.

(Neo-)Punisch war bis in die Spätantike von Bedeutung und erlosch wahrscheinlich erst mit dem Aufkommen des Arabischen. Eine Spätform des Punischen dürfte noch um 1000 gesprochen worden sein.

Ja, das ist sicher richtig.

Mit einer Einschränkung:

In der neu gegründeten Stadt Junoria sprach man Latein, da die römischen Siedler ihre Muttersprache mitbrachten. Dass es in der Zeit bis zur späteren Blüte der Stadt Karthago zur Sprachvermischung gekommen ist, kann man nicht ausschließen.

Mit dem Aufschwung, den die Stadt unter Cäsar und Augustus genommen hat (dann wieder als Karthago bezeichnet) und danach, war das Lateinische dort meinen Unterlagen nach die Umgangssprache.

MfG E.
MfG B.
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#36
Epicharm schrieb:Mit einer Einschränkung:
In der neu gegründeten Stadt Junoria sprach man Latein, da die römischen Siedler ihre Muttersprache mitbrachten.

Ja, das ist klar.

Epicharm schrieb:Mit dem Aufschwung, den die Stadt unter Cäsar und Augustus genommen hat (dann wieder als Karthago bezeichnet) und danach, war das Lateinische dort meinen Unterlagen nach die Umgangssprache.
(gefettet von mir)

Genau das würde ich im Falle von Junoria auch annehmen.
Karthago wurde von Rom aus neu besiedelt, wurde eine Provinz des römischen Reiches.
Es ist überdies vernünftig, anzunehmen, dass zwischen Römern und anderen Volksgruppen eine "Sprachvermischung" (grob formuliert) stattfand.
Ich habe augenblicklich leider nicht die Zeit, das genauer nachzuschlagen, aber zusammenfassend kann man in Bezug auf Jams These sicherlich sagen:

Die Römer brachten mit ihrer Besiedlung Karthagos die lateinische Sprache mit, die zumindest in der neu gegründeten Stadt Junoria Umgangssprache war.
Ob und wo sich die lateinische Sprache durch diese römische Besiedlung sonst noch in Nordafrika etabliert hat, ist wahrscheinlich nicht mehr vollständig zu klären.
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#37
Das Neopunische, das inschriftlich belegt ist, wurde noch mindestens bis in 5. oder 6. Jahrhundert n. Chr. gesprochen, sagen Charles Krahmalkov: A Poenician-Punic Grammar, Leiden 2001 und Stanislav Segert: A Grammar of Poenician and Punic, München 1976.
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#38
(24-08-2009, 11:58)Arandir schrieb: Das Neopunische, das inschriftlich belegt ist, wurde noch mindestens bis in 5. oder 6. Jahrhundert n. Chr. gesprochen, sagen Charles Krahmalkov: A Poenician-Punic Grammar, Leiden 2001 und Stanislav Segert: A Grammar of Poenician and Punic, München 1976.

Niemand will das bestreiten!

Nochmals!

Das Thema war "Kirchenlatein" und Jam These, wonach das in der Kirche gebräuchliche Latein in Karthago seine Wurzeln gehabt habe.

Danach wurde hinterfragt, ob eine solch generelle Feststellung zulässig sei. Ein wenig abseits vom Thema brachtest Du das Punische (und punische Gebräuche) ins Spiel, was mich veranlasste, festzuhalten, dass dieses in römischer Zeit für Karthago keine Bedeutung gehabt habe.

Es gehört zwar auch nicht zum eigentlichen Thema. Vielleicht aber besteht wegen der aufgeworfenen Fragen Interesse an ein paar Anmerkungen zur Geschichte der afrikanischen Provinzen (ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben):

Nach der Zerstörung des punischen Karthago und wurde zunächst nur das von der Stadt abhängige Gebiet vom Flüsschen Tusca weg hin bis zum Städtchen Thenae im Norden der kleinen Syrte zur römischen Provinz gemacht. Die Provinz erhielt den Namen Africa und die mit den Römern kooperierende Stadt Utica wurde zur Provinzhauptstadt und zum Sitz der Verwaltung bestimmt.

Der übrige Teil des ehemaligen karthagischen Gebietes war mit stillschweigender Einwilligung der Römer vom numidischen König Masinissa besetzt worden und verblieb vorerst ein Teil des Königreichs Numidien.

Der Krieg gegen Jugurtha (111 – 105 vChr) hatte die Annexion des Küstengebietes an den beiden Syrten einschließlich der Stadt Leptis magna zur Folge. Der größere Rest Numidiens wurde teils dem mauretanischen König Bocchus, teils Masinissas Enkel Gauda überlassen.

Nachdem die Pompeianer bei Thapsus besiegt worden waren, wurde auch das Reich Jubas I., der mit diesen verbündet gewesen war, dem römischen Reich als Provinz Africa nova (die ältere Provinz erhielt den Namen Africa vetus) einverleibt. Durch Caligula wurde Numidien (39 nChr) als kaiserliche Provinz mit einem "legatus Augusti pro pretore" an der Spitze der Verwaltung eingerichtet. 42 nChr wurde dann auch noch der Rest Mauretaniens übernommen. Zur Verwaltung Mauretaniens wurden zwei Provinzen eingerichtet, Mauretania Caesariensis im Osten und Mauretania Tingitana im Westen.

Soweit ein kurzer Abriss über die Ausdehnung bis in die Zeit Caligulas.

Mit der Einrichtung der Provinzen ging die Ansiedlung römischer Bürger und Veteranen einher. Überall dort, wo römische Bürger angesiedelt wurden oder Veteranen Land zugeteilt worden war, hat man, der Schluss ist nicht abwegig, Latein gesprochen. Dass das Lateinische in den afrikanischen Provinzen einen eigenartigen Akzent annahm, der manchmal abfällig als "punisch" bespöttelt wurde, ist überliefert.

Ein repräsentatives Beispiel für die Wirkung solchen Spottes mag Septimus Severus sein, über den auch heute noch fallweise zu lesen ist, dass seine Muttersprache das Punische gewesen sei. Niebuhr und Bernhardy hat das auch noch angenommen bzw. für möglich gehalten. Da aber S. Severus einer in Leptis angesiedelten römischen Ritterfamilie entstammte, hat H. Schuchardt das schon für weniger wahrscheinlich angesehen. Für ihn war es ausgeschlossen, dass in Afrika angesiedelte Römer ihre Muttersprache "vergessen" hätten.

Damit liegt aber auch auf der Hand, dass man zu solchen Dingen durchaus verschiedener Meinung sein kann. Dass in weiten Gebieten der afrikanischen Provinzen natürlich auch noch Punisch gesprochen wurde ist bekannt, belegt und wird wohl von niemandem in Abrede gestellt werden wollen. Für das römische Karthago aber traf das nicht zu.
MfG B.
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