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Glück - Unglück
#1
Guten Abend,

Ich würde gerne einmal wissen wie ihr "Glück" definieren würdet. Wie erlebt ihr Glück und was macht euch eher unglücklich?

Ich sehe es so:

- Oft definiere ich Glück durch die Befriedigung meiner Begierden. Begierde harmoniert jedoch nicht mit der Realität. Realität nämlich bedeutet stetige Wandlung, daher ist es unmöglich irgend etwas festzuhalten. Ich habe aber jedoch diese Vorstellung von Glück und somit auch Erwartungen. Wenn eine Begierde befriedigt wird denke ich "Ich bin glücklich". Wenn ich dann jedoch in Kontakt mit der sich ständig ändernden Realität komme, werde ich sofort unglücklich, da diese nicht meiner Vorstellung entspricht.
Ich bin also immer auf der Suche nach Glück im aussen, und mache mich dadurch nur abhängig.

- Was ich auch so ziemlich täglich erlebe ist Unzufriedenheit welches durch Identifikationen zu stande kommt.
Ich identifiziere mich ständig mit meinem Körper, meinen Gefühlen, meiner Weltanschauung, Arbeit und vielen anderen Dingen.
Was ich gerade gestern erlebt habe war folgendes: Ich putzte unsere Buddhahalle im Kloster, da mein Meister weg war. Ich putzte jede Ecke und erwartete schon ein "dickes Lob" von meinem Meister.
Er kam heim, schaute sich um und sagte ich habe vergessen die Blumen zu giessen und ausserdem hätte ich vergessen einen Spiegel zu putzen.
Anstatt seine Kritik annehmen zu können und dann die Blumen zu giessen und den Spiegel zu putzen wurde ich sehr wütend und machte erstmal auf stur.
Später reflektierte ich über die Situation und erkannte dass ich mich so sehr mit meiner Arbeit identifizierte, dass als mein Meister kritik übte ich mich persönlich angegriffen fühlte, anstatt zu sehen dass es nicht um Mich ging sondern um die Arbeit.

- Glück hingegen empfinde ich wenn ich ganz achtsam im gegenwärtigen Moment verweilen kann, ohne das Bedürfnis anders zu sein als das was ich gerade bin. Was jedoch sehr schwierig ist in die Praxis umzusetzen.

- Ausserdem emfinde ich es als sehr angenehm wenn ich nichts in meine Wahrnehmung herein projektiere, wenn ich nicht durch meine eigene Brille sehe, sondern alles so wahrnehmen kann wie es wirklich ist.


Mich würde sehr interessieren was Glück und Unglück für euch bedeuten. Wie ihr es empfindet und was ihr tut auf der suche nach Glück.

In metta

Phra Kampie Ra Panyo
Ergebt euch nicht der Lässigkeit,
Vertrauet nicht der Sinneslust,
Wer wachsam ist und selbstvertieft,
Erlangt ein hohes, heil´ges Glück
(Buddha, Dhammapada 27)
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#2
(18-01-2009, 18:38)huephap schrieb: Mich würde sehr interessieren was Glück und Unglück für euch bedeuten. Wie ihr es empfindet und was ihr tut auf der suche nach Glück.
Lieber Phra,
ich kann von mir sagen, dass ich ein glücklicher Mensch bin. Dazu gibt es allerdings keine konkrete Rezeptur, sondern nur Hinweise.
  • Eine Welt ohne Sinn gebenden Hintergrund – bei mir ist dies das Geborgenheitsgefühl in Gott – ist mir wesensfremd; nenne es: Glauben.
  • Ich bin bzw. war leidlich erfolgreich und hatte allzeit ein gutes Einkommen, liebe Vorfahren usw.
  • eine eigene Familie mit "anständigen Kindern" und inzwischen Enkeln
  • Ich konnte mich immer aus Nachtaktivitäten und deren Problematik (Drogen, Alkohol) heraus halten
  • für mich steht stets die Vernunft, die Ratio, das Erklärbare im Vordergrund. Gleich wohl habe ich Spaß an Spekulationen; Mythen (im Wesentlichen biblischen wie "Himmel", "Hölle", "Verdammnis", "Ewigkeit", "himmlische Heerscharen", "Engel", allerlei Gottesbilder usw.) messe ich keine Bedeutung bei, außer dass sie vielleicht Lehrstücke für das menschliche Zusammenleben sind.
  • Mir ist in jedem Augenblick bewusst, wie menschliche Kommunikation abläuft, und was z. B. Aggressivität oder Kritik bedeuten. (Meister wollen immer gefragt sein: Als nicht: "Ich habe alles geputzt und bin fertig!", sondern: "Habe ich noch irgendetwas übersehen?")
  • ich strebe nicht nach "besser, weiter, höher"; ich brauch keinen "Kick" und überschätze mich nicht, was das Urteil durch andere angeht: Ich habe in meinen Hinweisen sicher vieles übersehen. Dafür sind nun meine Partner zuständig: Ihr Alle!
  • mit anderen Worten: ich bin zufrieden und meine Sorgen ums Morgen halten sich in Grenzen
  • und ich kann mir Geschichten ausdenken
Für mich bedeutet Glück also eine Haltung gegenüber dem Leben in der Welt und in der Gemeinschaft.
Natürlich gibt es auch für mich Unglück: der 2. Weltkrieg, die Bomben, das brennende Haus, der Verlust meines Vaters, eine vergebliche Prüfung, Verluste in der Familie. Ich sehe aber auch Unglücke nach einiger Zeit der Trauer mit der Brille der Vernunft.

Vielen Dank denen, die es bis hierhin geschafft haben!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#3
Hallo Phra,

zuerst einmal finde ich deine Definitionen von Glück wirklich sehr gelungen. Jedoch musst du eines bedenken (was du durchaus selbst immer wieder zum Ausruck bringst), 'Glück ist immer subjektiv'.
"Des einen Freud ist des anderen Leid."

Des Weiteren würde ich noch den Ausruck "Glück haben..." mit in die Definition einschließen. Dieser drückt ein verhältnissmäßig, für den Redner positiven Ereignishergang aus.

Abseits der Definition muss man Glück jedoch auch deutlich von Euphorie trennen. Euphorie hat in meinen Augen immer so einen Beigeschmack von Kontrollverlust. Euphorie macht blind.

Unglück ist meiner Meinung nach ein für den Betroffenen denkbar schlechter Ausgang von Ereignissen.
Oftmals werden mit Glück und Unglück also auch Ereignisse spezifiziert, auf die der Betroffene keine direkte oder alleinige Einwirkung hat.

Über mich kann ich weder sagen, dass ich ein glücklicher, noch ein unglücklicher Mensch bin. Ich denke, dass sich diese beiden Gefühle immer auf die aktuelle Situation ausrichten. Und die Frage nach Glück/Unglück schließt auch immer die Frage nach der Zufriedenheit mit ein.

Was mir im allgemeinen Glück oder eben auch ein Gefühl von Zufriedenheit und Wohlbehagen gibt ist unter anderem:
  • Ruhe und auch das "Alleinsein", abseits jeglicher Menschenmassen und -ansammlungen
  • eine Unterhaltung, eine Diskussion, eine Debatte, über Themen die mir und meinem Gegenüber wichtig sind
  • Kunst in all ihren Formen (manche Künste mag ich mehr, andere wiederum weniger)
  • Kreativität - Selbstverwirklichung
  • Lernen und Erweitern des eigenen Wissens in den verschiedensten Bereichen
  • Bücher - und alles was ich mit ihnen verbinde

Die oben angeführte Übersicht zeigt kurz einige Dinge auf, bei denen ich ein Gefühl von Glück habe. Es geht für mich nicht um das Überschwengliche, die Euphorie, sondern ein kleiner Moment des Glücks, den mir die Dinge bescheren, die mir am Herz liegen.

So weit meine Überlegungen zu diesem Thema, vielleicht werde ich ja noch ein bisschen ergänzen.

Lux
"Religion ist Ehrfurcht - die Ehrfurcht zuerst vor dem Geheimnis, das der Mensch ist." ~Thomas Mann
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#4
Hi huephap

wenn ich die Momente anschaue in den ich mich wirklich glücklich gefühlt habe, so waren die „äußeren“ Auslöser sehr unterschiedlich. Das was ich als gegenwärtig in all solchen Momenten sehe ist, das „totale“ Erleben des Augenblicks, das Gewahr sein des Augenblicks. Das totale im „hier und jetzt“ zu sein. Als ob die „innere Glühbirne“ aufleuchtet, und ein bestimmten Teil in mir erleuchtet....
Es ist verdammt schwer es zu erklären.....
Unglück ist für mich leichter zu erklären, hab ich wohl öfter. Unglücklich bin ich wenn ich mich geistig in der Vergangenheit aufhalte, dann tauchen oft unangenehme Erinnerungen auf. Oder ich bin geistig in der Zukunft, dann werde ich von Sorgen, Nöten, Wünschen und Hoffnungen gepeinigt – auch nicht besser. Unglück ist für mich sich nicht dem augenblicklichen Schicksal fügen zu wollen, und mit dem was man hat oder ist nicht zufrieden oder dankbar ist......

wünsche viel Glück und Segen.....

zanzibar
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#5
Lieber Phra, liebe Forumsteilnehmer,

ich bin neu hier und immer auf der Suche nach dem großen "Glück",
weil es einfach so ein schönes Gefühl ist, glücklich zu sein.

Daher hab ich mich echt gefreut, gleich zu Beginn so viele schöne Beiträge zum Thema Glück zu finden. Was gibt es schöneres, als glücklich zu sein? ....

Lieber Phra, Du bist echt buddhistischer Mönch? So voll hauptberuflich?
Gibt es das wo in Deutschland oder Österreich?
Mönche haben mich immer schon spannend interessiert, oder besser gesagt das Leben als Mönch. Gibt es sowas auch für Frauen?

Ich selbst befinde mich schon viele viele Jahre auf der Suche nach dem inneren Glück und mangels eines Klosters hab ich mich darum bemüht, in mir selbst und in meiner kleinen bescheidenen Hütte so eine Art Kloster zu errichten. Dieses Bild von einem erleuchteten, der in seiner Hütte sitzt und nichts mehr braucht, das hat mich schon immer fasziniert.

Ja, die Realität ist im ständigen Wandel, von einer Sekunde auf die andere ist alles anders, und dieses ständige im Fluss bleiben, fließen lassen, nichts festhalten, das erfordert ganz schon viel Kraft, Aufmerksamkeit und Energien. Zumindest, wenn man noch nicht ganz dort ist.
Man möchte sich die Welt zusammenmeistern, zusammentischlern, und dann meint man, man hat es und in der nächsten Sekunde ist alles ganz anders. Und dann wieder der Unfrieden und die neue Suche....

Ich hab mal vor langem gehört, man könnte aufhören, sich mit seinem Geist oder mit seinen Gefühlen oder mit seinem Körper zu identifizieren und die wahre Freiheit wäre die Loslösung davon. Und wie funktioniert das? Angeblich, indem man sich seinen Geist und seine Gefühle so lange anschaut, bis sie sich von selbst auflösen.
Nun, das versuche ich schon viele, viele Jahre, und ich mache auch meine bescheidenen Fortschritte darin, ich hab den Eindruck, mein Geist und meine Gefühle werden ruhiger und gelassener, was wohl auch mit meinem zunehmenden Alter zu tun hat....smile...
Einfach anschauen, wahrnehmen, ohne bewerten....

Achtsam im gegenwärtigen Moment verweilen, das sind wohl wunderschöne Worte, ein erstrebenswertes Ziel.
Eine schöne Lebensaufgabe, die mir sehr wichtig ist. Ist aber gar nicht so leicht, in diesen Zustand überhaupt zu kommen. Zu sehr hängen wir in Wünschen, in der Vergangenheit, in der Zukunft...

Zanzibar schreibt so schön:
Das totale im hier und jetzt sein...
ja, wenn einem das gelingt...

Allerdings gehört dazu für mich auch noch die totale Präsenz.
Ich kann mich leicht in Dinge verlieren und dann bemerk ich plötzlich, dass ich mich selbst dabei verloren habe. Schade um die Zeit, die dann für immer verloren ist, weil kein Bewußtsein dabei war und irgendwie so der Beigeschmack, ich hab doch was versäumt.
Sich verlieren und dennoch bewußt bleiben, das mache ich mir zur Zeit zur täglichen Übung.

Sich dem augenblicklichen Schicksal fügen und es bewußt erleben,
das glaub ich, ist glücklich sein. (So genau kann ich es noch nicht sagen, weil ich soweit noch nicht bin.)

Zum Thema: Glücklich sein zum Abschluss noch eine Buchempfehlung von einem Buch, das mich in diesem Zusammenhang zur Zeit sehr beschäftigt: Artemis-Power, Die Lizenz zum Glück, B.H.Fritsch,
ISBN: 9-783837-014471 und vom selben Autor: Der große Prinz und das Glück.

Mit sonnigen Morgengrüßen
Birgit
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#6
Liebe Birgit,

Zitat:Lieber Phra, Du bist echt buddhistischer Mönch? So voll hauptberuflich?
Gibt es das wo in Deutschland oder Österreich?
Mönche haben mich immer schon spannend interessiert, oder besser gesagt das Leben als Mönch. Gibt es sowas auch für Frauen?

Ich weiß nicht, ob huephap hier noch mitliest, also antworte ich mal...
Ja, es gibt eine ganze Menge christlicher, und auch einige buddhistische
Klöster - auch in Deutschland. Davon sind einige auch für Frauen offen -
ob es ein reines Nonnenkloster gibt, weiß ich nicht. Soviel ich weiß, gibt's
Klöster der tibetischen, der Theravada- und der Zen-Tradition - aber so
wie Du Dich und Dein Leben beschreibst - bist Du sicher, dass Du in einem
Kloster etwas 'profitieren' könntest :icon_question:
Schau' Dir Meister Ryokan an - ein Freund von mir hat Einiges von ihm übersetzt,
oder, wie mein älterer Bruder :icon_wink:, der Laie P'ang, gesagt hat:

Zitat:Wie wunderbar! Wie geheimnisvoll!
Ich hacke Holz, ich trage Wasser!

:icon_biggrin:
() qilin
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#7
Lieber Qilin,

Danke für Deine lieben Zeilen.
Ich hab mir Texte von Ryokan angesehen. Wunderschön.
Diese stille, schwermütige Bescheidenheit, diese Schlichtheit des Seins.

http://www.klostermeistereckhart.de/gedanken.html

Mit lieben Grüßen
Birgit
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#8
Ich bin eher der Skeptiker.
Kann man wirklich völlig begierdelos leben? Essen und einen Schlafplatz braucht der Mensch und selbst Fasten entspringt einer Begierde. Der Asket wird ebenso von Begierden gesteuert wie der Abusustreibende. Die einzige Loslösung von der Welt wäre der Selbstmord, evtl. auch durch übertriebene Askese. Aber auch Selbstmord ist Begierde und von Leben und Tod kann man sich nicht frei machen.

Was ist Glück?
Etwas, dass in manchen Momenten stark aufleuchtet.

Ein beständigeres Gefühl ist Zufriedenheit:
"So soll es sein, so kann es bleiben. So hab ich es mir gewünscht"
Dieses Gefühl bestimmt im Augenblick mein Leben. Ich freu mich über das was ich erreichen konnte.

Das wichtigste Gefühl aber ist "Getragensein".Dieses Gefühl habe ich noch in der höchsten Not. Es ist ein Summen im kranken oder erschöpften Körper.
Vom HÖchsten getragen sein ist auch in schwierigsten Zeiten ein beruhigender Sockel.

[Bild: Erde%20und%20Mond.jpg]

Coffee2
Ich wünsche euch einen schönen, regenarmen, frühlingshaften Sonntag! Raus raus aus dem Haus!

Lhiannon
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#9
Hallo,

ich denke schon das huephap hier zumindest noch mitliest. Darum mag ich auch einige Zeilen antworten.

Glück kann oft Unglück sein und umgekehrt. Ich bin dafür das lebende Beispiel.
Für jeden Menschen ist die Diagnose Krebs ein schlimmes Unglück. Für mich
war es das größte Glück denn ich habe so mein Leben ändern können und bin
nun über jeden Tag glücklich den ich mal ohne Schmerzen habe. Meine Sichtweise
der Dinge hat sich 100 % ig geändert und ich bin schon zufrieden, wenn ich
keine weiteren schlechten Blutergebnisse bei den Kontrollen habe. Man wird mit
der Zeit bescheiden.

Liebe Lhiannon,

man muss sich nicht umbringen um begierdelos zu sein. Man muss sich nur mal
vor Augen halten was Begierden mit uns machen. Der Nachbar hat ein neues
Auto, also müssen wir auch ein neues Auto haben. Brauchen wir eigentlich ein
Auto? Ich brauche keines und komm gut mit Bus und Bahn zurrecht.

Kann der Nachbar sein neues Auto mit ins Grab nehmen? Vielleicht hat er für
dieses neue Auto einen Kredit aufnehmen müssen? Dann bekommt er evtl. einen
Herzinfarkt und kann die Raten nicht mehr zahlen. Was nutzt ihm dann
dieses neue Auto?
Oder er stirbt und da stelle ich mir die Fragen ob er den das neue Auto mit
ins Grab nehmen kann - oder den Prestige, den ihm dieses neue Auto angeblich
verliehen hat?

Sicher nicht. Alles ist vergänglich und ständig im Wandel. Darum sollte man sich
nie an etwas hängen. Auch nicht an die Begierden.

() Tao-Ho
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#10
(03-03-2009, 11:11)Tao-Ho schrieb: Sicher nicht. Alles ist vergänglich und ständig im Wandel. Darum sollte man sich
nie an etwas hängen. Auch nicht an die Begierden.

Hm, woran hänge ich mein Herz?

Zunächst mal an meine Kinder, Eltern und Freunde. Dann an ein Dach über dem Kopf.
An das Geld natürlich. Denn es ermöglicht es mir, mich und die Meinen satt zu kriegen, das Haus warm und trocken zu halten und mobil zu bleiben, um Geld zu verdienen (in unserer Gegend ist das Auto fast überlebenswichtig).
Überdies nehme ich gern an kulturellen Veranstaltungen teil (ja, auch Internet) und möchte meinen Kindern auch mal eine Pizza, oder ein Geschenk gönnen.
Nicht zu vergessen, die Altersvorsorge.

Es würde mich sehr schmerzen, wenn eine dieser Personen stürbe oder wenn das Geld ausgeht.

Wobei ich gerade die provozierende Wahrheit erkenne, dass das Geld wichtiger ist als meine Verwandten und Freunde.

Warum? Wenn ein Mensch stirbt, ist man traurig und man muss ihn loslassen. Doch kein Mensch ist unersetzbar. Das Leben nach diesem Menschen ordnet sich neu.
Andere kommen und nehmen den Platz ein.
Meine Eltern sind alt und werden in den nächsten Jahren sterben. So ist es eben. Ob es mir gefällt oder nicht.
Doch das Leben geht weiter.

Wenn ich und evtl. meine Kinder in der Gosse landen würden ohne Aussicht auf Besserung, dann bedeutet das ein Leben in Kälte, Hunger und Krankheit am Rande des Todes.
Ein Leben im Schatten.
Nicht tot aber auch nicht mehr wirklich lebendig.

Den Tod von Menschen kann man und muss man verkraften. Den Ruin verkraftet, glaube ich, kaum einer.
Nur wenige fangen an zu saufen, wenn ein geliebter Mensch stirbt, aber fast alle werden auffällig, die in oder am Rand der Gosse leben.
Die Trauer über den Tod eines Menschen klinkt meistens irgendwann ab.
Aber die Geldsorgen eines Armen bestimmen sein ganzes Leben. Fortwährende Trauer über das Schattendasein, über die Unfähigkeit, seinen Kindern kleine Freuden zu machen, Nachhilfestunden bezahlen zu können u.s.w.

Eusa_think

Im übrigen kann ich jetzt viel darüber lamentieren, dass ich mein Herz nicht an Dinge wie Möbel, Bilder, Bücher hängen würde. Ihren Wert könnte ich erst dann richtig bestimmen, wenn ich sie verloren hätte.
Viele scheinbar banale Gegenstände entfalten alten Menschen einen besonderen Zauber. Sie sind die Schlüssel zum gelebten Leben.

Es gilt wohl auch: Nicht das Ding an sich, sondern dass ich es fürs Weiterleben, ja fürs Überleben brauche, bestimmt den Verlust.

Da kann der Totalschaden einer Rostlaube, die ich brauche um einzukaufen und zu arbeiten, zur Katastrophe werden, wenn kein Geld für einen "neuen" Gebrauchten da ist.

Wenn ich an der Rostlaube hänge, hat das ja auch gute Gründe.

Ich hänge nicht an Luxusgütern. Was auch kein Kunststück ist wenn man keine hat.

Eusa_think
Lhiannon
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#11
Gut. Du hängst also Dein Herz an Deine Kinder. Dir ist aber schon bewusst
das diese auch sterben können? Mein Sohn ist seit fast 12 Jahren tot. Der
ist nicht mehr da und kommt auch nicht wieder.

Ich liebe meinen Mann sehr. Aber auch er ist nicht unsterblich. Und wenn ich
ihn nicht überlebe, so muss ich trotzdem gehen und ihn alleine zurück lassen.
Hast Du ja auch schon gut erkannt.

Dir ist Geld lieber als Deine Verwandten oder Freunde. Ist auch eine Einstellung.
Aber ist Dir bewusst das Du jeden Tag einen Unfall haben kannst oder eine
Krankheit bekommen kannst die Dich ausknocken? Dann ist nicht mehr
viel Geld verdienen - trotzdem wirst Du leben müssen. Und wenn es nur
für solange ist wie Deine Kinder Dich brauchen.

Ich kenne das Leben von allen Seiten und ich habe immer gerne gelebt. Oft
war ich mit wenig glücklicher als mit viel.

Das Leben ist nicht kontrollierbar. Auch für Dich nicht. Und viele sind auch
mit einem Ruin glücklich geworden.

Wenn alle Menschen so gedacht hätten wie Du wäre Deutschland immer noch
eine Ruine. Denke mal bitte darüber nach. Die Menschen hatten auch nichts.
Erst Recht die Menschen die zusätzlich noch ihre Heimat verloren hatten,
wie z. B. meine Mutter die man erst zu Zwangsarbeit nach Deutschland
verschleppt und die dann nicht mehr zurück in die Heimat kann weil man
sie dort verhaften und einsperren würde. Sie hat sich auch für´s Leben
entschieden und von vorne angefangen.

Man kann mit vielen Dingen klarkommen, wenn man nur an nichts anhängt.

Du sagst das für viele alte Menschen alte Dinge einen gewissen Zauber haben.
Richtig. Aber was haben sie davon? Müssen sie nicht sterben? Wenn sie aber
an diesen alten Dingen hängen wird das gehen schwer. Nur wenn man losgelassen
hat kann man friedlich sterben.

Ich habe schon viele Menschen sterben sehen und wenn ein Mensch so anhängt
kann es grausam sein. Er kann nicht loslassen und gehen. Da sind ja noch
die vielen liebgewordenen Dinge die er zurücklassen muss...

Kannst Du mich verstehen?

() Tao-Ho
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#12
Glück hat so viele Gesichter, Momente und Formen, daß es mir schwer fällt, sie einzeln aufzuzählen. Es sind immer Glücksmomente, ähnlich einem Fenster, daß sich dabei auftut. Liebe ist Glück, sich verlieben, Freundschaft, die Fähigkeit Schönheit zu erkennen, eigentlich auch Dankbarkeit.
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#13
(27-02-2009, 10:36)birgit2 schrieb: Lieber Phra, Du bist echt buddhistischer Mönch? So voll hauptberuflich?
Gibt es das wo in Deutschland oder Österreich?
Mönche haben mich immer schon spannend interessiert, oder besser gesagt das Leben als Mönch. Gibt es sowas auch für Frauen?

Liebe Birgit, Liebe alle anderen Icon_smile

Sorry, dass ich erst jetzt nach so langer Zeit antworte, aber ich habe die letzten 3 1/2 monate in Sri Lanka verbracht, für ein Meditationsretreat.
Aber jetzt bin ich wieder da.
Ja ich bin "hauptberuflich" Buddhistischer Mönch in der Theravada Tradition. Meine "Höhere Ordination" erhielt ich in Deutschland. Im Tempel "Wat Thai Buddha Apa" in Ludwigshafen.

Es gibt in Deutschland mittlerweile sehr viele buddhistische Tempel, einige sind offen für "Westler", andere sind eher für asiatische Gemeinden (da oftmals dort die Mönche weder Deutsch noch Englisch sprechen).

In Ländern wie Sri Lanka, Thailand, Burma ... ist die "Bhikkhuni" Tradition (Nonnen Tradition) leider ausgestorben, es gibt heute jedoch bemühungen diese wieder einzuführen, was wahrscheinlich jedoch noch einige Zeit dauern kann.

In Ländern wi Deutschland, England, USA etc. gibt es jedoch auch die Möglichkeit als Frau ordiniert zu werden.

An alle anderen: Eure antworten sind einfach klasse. Ich finde es einfach toll zu lesen wie sich hier alle friedlich austauschen können, über die eigenen Ansichten.

Mit Metta

Kampierapanyo
Ergebt euch nicht der Lässigkeit,
Vertrauet nicht der Sinneslust,
Wer wachsam ist und selbstvertieft,
Erlangt ein hohes, heil´ges Glück
(Buddha, Dhammapada 27)
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