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Sufis - eine Frage
#1
Hallo,

hätte da mal eine Frage an Euch: würdet ihr Sufis in die Kategorie "etnische Kultur" einordnen ?

LG
Julchen
Die Natur ist ein Brief Gottes an die Menschheit.
(Platon)
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#2
Wie kommst du auf ethnische Kultur??
Der Sufismus ist eine religiöse Gemeinschaft wie jeder andere auch.
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#3
hmmm, genau diese Frage schoss mir auch durch den Kopf, als ich die Frage gestellt bekam (sie wurde mir im Rahmen meines Studiums gestellt). Auch ich verneinte, was mich aber noch immer etwas unsicher macht ist folgende Aussage:

Der Sufismus, die asketisch-mystische Richtung des islam ist erstmals im Zweistromland (Euphrat/Tigris) Anfang des 8. Jahrhunderts nachweisbar.
Der Sufi versteht sein Leben als Weg, alles zu überwinden, was ihn von Gott trennt, um schließlich über Gebet, Meditation und asketische Übungen in mystischer (ekstatischer) Selbstentäußerung Gottes unmittelbare Nähe zu erleben.


Erst einmal sehe ich hier eine Verbindung zum Islam, aber wenn ich gerade den letzten Satz lese, dann kommen mir doch Zweifel ob es sich hier bei nicht nur auf ein manifest auf den Islam bezieht.
Die Frage entstand über den Vergleich zum Schamanismus.
Wenn ich mir aber andere Religionen betrachte in denen ebenfalls (solche) "Rituale" Bestandteil sind, dann erklärt man diese ja auch nicht zu ethnischen Kulturen. Das wären ja dann im Grunde alle....Eusa_think

LG
Julchen
Die Natur ist ein Brief Gottes an die Menschheit.
(Platon)
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#4
Zitat:Wenn ich mir aber andere Religionen betrachte in denen ebenfalls (solche) "Rituale" Bestandteil sind, dann erklärt man diese ja auch nicht zu ethnischen Kulturen. Das wären ja dann im Grunde alle

Genauso ist es.
Mystische Richtungen kommen in fast jeder Religion vor. Der Sufismus hat so seine eigene Interpretation was den Islam betrifft.
Deswegen darf man auch eine religiöse Richtung nicht gleich als ethnische Kultur ansehen.
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#5
Hallo, Julchen :)
Mich irritiert der Ausdruck "ethnische Kultur", denn die mystischen Erfahrungswege allein trifft man zwar weitverbreitet, mal sind die schon fast die gesamte Religion, mal ist ein Zweig der Hoch-Religionen mehr mystisch, ein anderer mehr juristisch, ein anderer rein auf das Praktische Leben damit ausgerichtet, dass man es so ungefaehr weiss und wenn man genauere Fragen hat, irgendwen weiss, den man fragen kann, usw.
Ich las mal vor einigen Jahrzehnten ein Buch "Ich ging den Weg des Sufi", da berichtet ein Brite, dass er einen tuerkischen Sufi-Meister kennenlernte und beschloss, eine Lehre bei dem mitzumachen. Dazu musste er erstmal alles verkaufen, was er hatte, um sich frei zu machen, und in die Tuerkei kommen sollte - ohne genau zu erfahren, wohin denn dann (er war Buchhaendler, meine ich), und es ist recht nett, wie er schildert, dass er das doch nicht wirklich gleich wagte, alles zu verkaufen. Folglich unterbrach dann auch eine Sorge, sich um etwas kuemmern zu muessen, weil er es noch besass, die Lehre im unpassendsten Moment. Dann verkaufte er wirklich alles. Der Meister hat ihn dann gewissermassen erstmal "gezaehmt" durch endloses Wartenlassen auf eine Kontaktnahme, und dann, als er mal einmal sich einen gemuetlichen Tag ausser Haus nahm, war genau da der Meister oder dessen Bote dagewesen, doch er war nicht im Hotel. Nun traute er sich ueberhaupt nicht mehr aus der Sichtweite des Portiers, und schliesslich begann dieses Warten (der erste Teil der "Lehre"), ruhiger zu werden.
Mir ist nicht in Erinnerung, ob es im Buch irgendetwas mit aussersinnlichen Wahrnehmungen gab (was sich manche unter Mystik vorstellen, sind ja Visionen) - aber dass dieser Sufi-Meister eine erstaunliche Autoritaet gewonnen hatte, Kranke zu heilen. Der war auch keineswegs ein totaler Asket (einer, der sich auch erlaubte Genuesse bis zur Grenze einschraenkt), doch er konnte ihm glaubhaft erklaeren, dass man es einmal macht, Fasten und Wachen etc. um nachher darueber zu stehen, ob man das hat oder nicht hat, was ein Lebewesen zum Leben braucht.
Er strahlte einfach so etwas wie eine Befehlsgewalt aus, ohne besondere Anstrengungen zu zeigen, etwa, erinnere ich mich, dass er nur ganz normal zu einem Mann mit heftigen Schmerzen sagte, diese wuerden in 20 Minuten aufhoeren und ging dann einfach zur naechsten Angelegenheit weiter - und die hoerten dann puenktlich auf, als ob sie es nicht wagten, nun noch zu bleiben, die Schmerzen.
Dieser Sufi-Lehrer hatte einige beachtliche Faehigkeiten ausser dem Krankenheilen, z.B.ein sehr ausgepraegtes Ahnungs-Vermoegen.
Also, der Brite machte seine Lehre bei dem und war damit zufrieden, als er wieder nach England heimzog.

Es gibt auch im Islam Orden verschiedener Zielsetzung, also dies Beispiel steht nicht fuer alle. Es gab eine Zeit, dass "alle 7 Orden", die im Gebiet der heutigen Tuerkei existierten, bei der Staatsgruendung verboten wurden. Es ist historisch wohl im Zusammenhang damit zu sehn, dass zu der Zeit am Nil der "Mahdi" auftrat, welcher direkt da starb, als der Mahdi der Ahmadiyya-Gemeinschaft in Indien als solchen definierte. Der letztere war ein sehr friedfertiger Mensch, und dessen Umgebung trug das hinaus als seine Botschaft, waehrend der am Nil sich von mehr fanatischen Verehrern umgeben sah, die einen moerderischen Aufstand losbrachen, vereint mit Derwischen, die das Tanzen in Trance beherrschten und andere lehrten.
Das in-Trance-Tanzen in sich ist ja kein Problem, aber es kommt darauf an, was man in dem Zustand dann tut.
Der Mahdi Mohammed Ahmed (*1848-1885^) am Nil war schon relativ frueh im 4.Aufstandsjahr gestorben, sein Kalif (=Nachfolger) fuehrte den Krieg gegen Aegypten, Tuerkei und die Briten weiter, gesamt 17 Jahre lang, also eine lange Schreckens-Zeit, in der seine Heere Gebiet um Gebiet eroberten, dort gefangene Menschen versklavten und Nordafrika in Panik versetzten.

An der Beschreibung der "grandiosen" letzten Schlacht dieser Mahdisten, in der 1 grosses Heer bis zum letzten Mann den Kanonen der Briten direkt entgegenlief und fiel - und sogleich war dann noch so ein Heer aufgestellt mit derselben Angstlosigkeit und machte weiter - kann man sehn, was das ausmacht: sie waren in Trance. - Wohl auch so in Trance brachten sie ohne zu achten, ob sie selbst es ueberleben, sehr viele Menschen um und waren als Sklavenfaenger so grausam, dass auch das legendaer wurde und den Ruf dessen, was ein Mahdi (das bedeutet etwa Messias) im Islam sei, nachhaltig sehr verschlechterte.

Den brit.General, Lord Kitchener, der sie schliesslich entmachtete, indem sie sich in der Mehrheit in die Schlacht gestuerzt hatten und fielen, grauste sich so sehr - denn ein britischer Soldat soll gewiss auch drauf achten, am Leben zu bleiben - dass er am Ende nach dem Sieg durch die Landschaft ging, die bedeckt war von weiss gekleideten Mahdisten, dass er alle die sich noch ruehrten ganz totschlagen liess, was in England ja als ein Kriegsverbrechen galt - ueber dies Ende des Aufstands verlor er die Achtung zuhause.
- Ich meine, in Khartum war das waehrend der Schlacht komplizierter, die Einpeitscherei jener Derwische war, weil man sich, um jemanden im Kampf zu besiegen, auf diesen ein Stueck weit einlassen muss, sich einzufuehlen, auf ihn uebergesprungen und hatte ihn an dem Tage mit "uebermannt".

Also der Staat Tuerkei verbannte erstmal saemtliche 7 Orden unter dem Eindruck dieser Mahdisten, die ja in so einer "Einstimmung" auch generell auf die Tuerken als Aussenposten des Osmanenreiches losgegangen waren. Die Verwaltungs-Behoerden des Osmanenreiches wurden zumeist von Tuerken betrieben, was fuer Aegypter und Sudanesen Auslaender waren, ohne sie gross von Briten zu unterscheiden, welche militaerisch die Kolonial-Herren geworden waren - die wurden alle buchstaeblich abgeschlachtet, samt ihrer Familien. Das ist ja das Problem mit Trancen, dass man ebenso blindwuetig wie todesverachtend den Tod anderer genauso gering achtet wie den eigenen. Diese Kaempfer vermeinten doch, etwas ganz Anderes zu tun. Nur der, wer sie lenkte, ist der eigentliche Moerder gewesen. Doch der auf der anderen Seite hat diese Entfesselung nicht und war dann kraeftemaessig und weil er am Leben bleiben wollte, so einem Angreifer unterlegen. Diese Derwische am Nil hatten dies Datum ja schon erwarten konnen und sich und das Volk entsprechend vorbereitet.
Das Datum 1885 war ein besonderes in islamischer Zeitrechnung, bestimmte astronomische Besonderheiten wie 1 Sonnenfinsternis plus 2 Neumonde im 1 Ramadan, meine ich, gehoerten auch dazu. Der "Mahdi" am Nil schien dazu zu passen, der Mahdi in Indien passte aber genauer dazu. Letzterer war hoch ausgebildet, klug, sanft und von edler Abstammung, und der am Nil nicht.

Zieht man vergleichend hinzu den juedischen "Messias" Schabtai Zwi, im 17.Jhd., so hatte dieser eine traditionelle kabbalistisch-mystische Ausbildung durchlaufen, befolgte sichtlich alle Gebote und sprach selbst schon nur noch wie ein Lehrbuch, und hat sich auf die - hm - ich kenn mich da nicht so aus - "Eigen-Diagnose" hin, der "Gesalbte" zu sein, als erstes den Bann der Gemeinschaft zugezogen. Er lebte in der heutigen Tuerkei, und der Sultan reagierte recht umsichtig: er liess ihn erstmal machen und kassierte nur erfreut die Zoelle derer, die dem Helfer aus grosser Not zuliefen, Ost-Europa hatte gerade haessliche Pogrome gegen Juden hinter sich. Nicht ueberall wurde er akzeptiert, z.B. in den Niederlanden eher nicht. Ich fasse es kurz: also er zog mit immer mehr juedischen Anhaengern einmal bis Alexandria und dabei auch nach Jerusalem und dann in die Tuerkei zurueck, residierte dann in einer richtigen Burg - auch das stoerte den Sultan nicht, zumal es sich nicht um einen Muslim handelte und ihm (Schabtai Zwi) auch nur Juden zustroemten, niemand einen Aufstand unternahm und dem Osmanenreich ja "Devisen ins Land stroemten". Das war so ungefaehr 1666 ndZ.
Doch nun aenderte sich inmitten der freudigen Erregung seiner Anhaenger sein Charakter ins Misstrauische, und das passiert auch oft in solchen Situationen. Als das Misstrauen dazu fuehrte, dass einige Meuchelmorde begangen wuden, wandten sich viele wieder von Schabtai Zwi wieder ab.
Der Sultan schickte ihm seinen Leibarzt - und ploetzlich liess sich dieser vermeintliche Messias mit etwa 100 Mann in den Islam aufnehmen, was nun wieder die Judenschaft total schockierte. Er wurde eine Art Tuersteher des Sultans in einer stattlichen Tracht nach eigenem Geschmack. Als jedoch dem Sultan gemeldet wurde, dass sie, die neue Konvertiten-Gruppe sich dennoch als Juden versammelte und wieder sehnsuechtige Messias-Lieder sang, versetzte er seinen "Tuersteher" in ein abgelegenes Kuestendorf bis zu dessen Lebensende, und die wieder traurige Judenschaft wartet auf einen richtigen Messias, der dann offenbar noch kommen muss.

- Vieles davon, was aber jener sehr friedliebende Sufi-Lehrer den Briten lehrte, was der erzaehlte, erinnerte mich an das, was von St.Teresa v.Avila bekannt ist. Sie reformierte von Spanien aus, den Karmel-Orden zu mehr Konsequenz, damit es auch das Niveau erreicht, welches dieser Orden sich zum Ziel gesetzt hatte, mehr von G0TT zu erforschen, durch ein ganz auf IHN konzentriertes Leben.

Weil es unuebersehbare Parallelen der mystischen Erfahungsweise gibt, gibt es eine gemeinsame Initiative von Benediktinern, Buddhisten und Juden, die gemeinsam meditieren - ob auch mit Sufis, weiss ich nicht, aber ich meine, es waere kein Hindernis.

Sufis wurden auch eine Zeitlang vom modernen Islam ausgegrenzt, es gibt aber immer ein Problem zwischen mehr rational arbeitenden Religioesen und den Mystikern, weil die einen auf die Religion auch in genauen Einzelheiten achten, dass diese sich selbst-identisch erhaelt, und die Mystiker darin mitunter sehr grosszuegig sind und nach Beurteilung der Rationalen die Gebots-Beachtung zu "magisch" betreiben, wenn auch buchstaben-genauer als die rationale "Partei" - das Erstreben innerer Erleuchtungen und vielleicht bildhafter Direkt-Einblicke in himmlische Verhaeltnisse verbraucht auch viel Zeit, die dem Studium der Lehre abgeht.

Es kann auch manche Menschentypen viel aengstlicher machen, wie alles, was an ein magisches Verhalten angrenzt. Beide Parteien wissen doch, dass G0TT zu nichts gezwungen werden kann und dass es unangemessen ist, das auch nur zu versuchen, indem man unseren Vertrag z.B.so eng auffasst, als muesse ein Befolgen direkt dem, der es befolgt, vielleicht doch einen Wunsch erfuellen.

Das stelle ich mir parallel genauso vor bei Buddhisten, Muslimen und Katholiken. Deren Mystiker sind doch nur Rand-Bewegungen in einer viel groesseren Gemeinschaft. Nur selten kommen die in die Situation, auch einmal Einfluss auf die ganze Gemeinschaft zu bekommen. Sie geben allem gewissermassen Fluegel, und dann geht es wieder "zu Fuss" weiter. Also entbehrlich sind sie auch nicht.

Also, ethnisch - das bedeutet eine voelkerkundliche Begrenzung - hat eine solche Bewegung gewiss keinen festen Ort. Praezise nach Sufis fragend, ist es spezieller, denn da kommen sicherlich lokale Besonderheiten mit hinein, und dann koennte man es bejahen.
Es ist eine Schule, man kann ihr beitreten, wie wir sahen.
Aber die Schultradion wirkt sich ganz anders an Original-Orten und in langer Kette der Tradenten aus als wenn das, was lehrbar ist, etwa ein Neuling spaeter an andere Neulinge und noch dazu fernab in anderen Laendern lehrt.
mfG WiT
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#6
Hallo WiTaimre ! :)

Erst einmal vielen dank für die Mühe die Du Dir hier gemacht hast. uff.....

Also jetzt bin ich ehrlich gesagt komplett verwirrt.... zumal mich selbst die Fragestellung schon sehr irritierte, worauf ich ja mit einem absoluten "nein" geantwortet hatte. (gedanklich)

Wie ethnische Kulturen beschrieben werden, könnte es auf der einen Seite hineinpassen, auf der anderen aber wieder nicht. Eusa_think

Wenn ich hier deinen Beitrag lese dann ist ein Sufi auch so eine Art Heiler, oder....?

Also um es auf den Punkt zu bringen (sei ehrlich :icon_wink:) Dich irritiert die Fragestellung auch !?

Ich werde mich jetzt mit einem jain begnügen und sage: das liegt im Auge des Betrachters. :icon_wink:

Danke noch mal für deinen sehr interessanten Beitrag !

LG
Julchen
Die Natur ist ein Brief Gottes an die Menschheit.
(Platon)
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#7
Hi Julchen :)
Nun ja, verstehst Du
- Ethnien sind Voelker, Rassen, Staemme oder sowas, waehrend Sufi-Mystik von den eignen religioesen Hintergruenden her, wenn es "Sufismus" heisst, etwas mit zwar mit dem Islam Verknuepftes ist - was eine per se multi-ethnische Konfession ist
- aber diese mystische "Erlebnis-Reise" ist von der Begabung dazu, die nicht jeder Mensch hat, und vom Trance-Trainig als solchem her etwas ur-menschlich Spontan-Moegliches ist
- daher haben "Schamanen" fast nur dies - das wurde aber in den verschiedensten Ur-Religionen unabhaengig voneinander entwickelt (Schaman ist an sich nur der Name in Sibirien, aber hier als Oberbegriff benutzt fuer visiionaere Traditionshueter aller Voelker
- Hochreligionen wie Juden, Buddhisten, Taoisten, Christen und Muslime und andere bieten die Moeglichkeit inhaltlicher Einfuehrung an, damit Leute das, was sie erleben, den zur Religion gehoerigen geistigen Hoheiten zuzuordnen lernen, dann hat jede der Hochreligionen zugleich auch mehr biologische Spielbreite und im Ganzen mehr Tiefe, als wenn sie nur per Wort, Gemeinsinn und Verstand betrieben wuerde
Darum koennen sich Sufis, Kabbalisten, Zen-Buddhisten und kath.Moenche zusammen hinsetzen, bei gemeinsamer Methodik ueben und trotzdem jeder etwas zur eignen Konfession Korrektes dabei gewinnen. Sie lernen von einander etwas zur Methode, wie - und wollen einander nicht ueber die dabei gewonnenen Inhalte belehren - verstehst Du?
Es ist ein Glaubens-Verankerungs-Werkzeug, das oft spontan ueberschaetzt wird, z.B.schaut jemand im Meditations-Vorgang eine liebliche schoene junge Frau mit einem Kind auf dem Arm.
Der Katholik denkt erfreut an Maria, mit dem Jesuskind
- der Jude an Miriam, die Schwester des Moses mit dem Moses als Baby, das sie am Nil rettete
- ein Muslim koennte meinen, er schaut im Paradies eine "glutaeugige" Huri, die ihn erfreuen moechte
- ein aengstlich verkrampfter Mensch meint, es sei eine Versuchung, die ihn verfuehren wolle, seiner Frau untreu zu werden
- und ein weiterer stellt sich nun so die Personifikation seiner Stadt vor,
- und noch einer will sowas Nettes wie diese zum Heiraten suchen gehn und sonst lieber gar keine Frau mehr.

Jeder von ihnen koennte nun hingehn und jemanden fragen wollen, was sah ich da?
- er bekommt Antwort je nach der Konfession oder saekularen Ansicht, was es sein koennte, und kriegt nun vielleicht Aufgaben, es naeher zu pruefen, dafuer bilden sich schnell ganze Schulen aus.

Wenn man es mehr trainiert, kommt es gelaeufiger, bekommt auch Stimme und spricht irgendwie. Nun wird wichtig, ob der Inhalt, was "es" spricht" in der Mitte des eignenen Glaubensfeldes liegt oder im Gegenteil oder "daneben".
Je mehr sich jemand nun aber schon ueberzeugt fuehlt, zu "wissen", wer ihm da "erscheint", und es als aussen ortet, was er als gewiss erlebt, oder fest seinem Ich zuordnet ("selbst-Erlebt steht ueber von-Gehoert"), desto eher kann es passieren, dass er /sie der Erscheinung mehr Autoritaet beimisst als der ganzen Hierarchie seiner Konfession
- manche erklaeren dann ihre bisherige Religion oder Staatsform fuer garantiert falsch, andere brechen psychisch zusammen, indem es in anders geartete Halluzinationen uebergeht, die komplett entgleisen koennen, so dass die Schrecken ueberhand nehmen
- und das kann dann tragisch ausgehn, bis hin zu einer inneren Erstarrung an einem Paradoxon, dass man etwas wahrnahm, "was nicht geht"

Also alle, vom schlicht-ehrlichen Schamanen im Ural bis zur visionaer sehr entschieden disziplinierten Kirchenlehrerin St.Teresa v.Avila, kommen bereits in eine Tradition dieser Art hinein oder beginnen, eine solche zu lehren, damit man die Gefahren vermeide und wirklich Hilfe zum Leben und gute Ratschlaege davon hat

- doch offensichtlich ist das weltweit und schon immer aller Art Menschen moeglich und also nicht "ethnisch" bedingt.
Wohl aber koennen Voelkerschaften mehr oder weniger daran interessiert sein, es auszuformen und zu pflegen.

Die islamischen Sufi-Orden sind wohl im Tuerkischen, Persischen und bis Aegypten und Nordafrika hinüber, wo es einheimisch einer sehr alte Tradition gab, stark geworden, aber bereits das sind total verschiedene Ethnien.

Alles jetzt richtig unklar? *ggg*
mfG WiT
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#8
..und damit`s richtig kompliziert wird: Hinzu müsste man auch noch einige der "Guru`s" aus dem Hinduismus zählen, die Meditation durch Gesang und Tanz erreichen - und von einigen indigenen Völkern Nord-Amerika`s die Medizinmänner und -frauen, die ebenfalls duch Musik (Trommeln) und Tanz in Trance fielen (Heiler/innen in den Stämmen der indigenen Völker Afrika`s und Süd-Amerika`s können das heute noch).

Durch Musik und Tanz in Trance fallen - und nebenbei durch Kräuterwissen auch noch heilen - konnten auch viele der im Mittelater verbrannten "Hexen" und "Hexer". Mönche und Nonnen haben da wenigstens das Heilkräuterwissen mit übernommen - statt Tanz haben diese die Meditation durch Gesänge erreicht (klappt heute auch noch, Stichwort: Gregorianische Gesänge).....
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#9
(30-09-2008, 11:02)Julchen schrieb: Erst einmal sehe ich hier eine Verbindung zum Islam, aber wenn ich gerade den letzten Satz lese, dann kommen mir doch Zweifel ob es sich hier bei nicht nur auf ein manifest auf den Islam bezieht.
Die Frage entstand über den Vergleich zum Schamanismus.

Ursprünglich fielen die Sufis nicht durch spirituelle Philosophie oder Praktiken auf, sondern weil sie sich in (besonders grobe) Wolle kleideten (sūf = Wolle), vergleichbar mit der Wollkutte (schon viel früher auftretender, vornehmlich nestorianischer) christlicher Asketen.

Die ersten Sufis waren also keine Mystiker, sondern Asketen, die ein gottgefälliges Leben führen wollten. Es waren fromme Muslime, die auf das Luxusleben der Umaiyaden reagierten, dem Besitz entsagten und durch Selbsterniedrigung die Aufgehobenheit in Gott suchten.

Mystisch, wenn man so will, wurde der Sufismus erst unter den Abbasiden. Und in entsprechender Zahl traten sie, die mystischen Sufis, dann ab dem 9. Jh auf, sodass das arabische Wort, das sich für den Begriff Mystik = tasauwuf gebildet hatte, wörtlich "sich in Wolle kleiden" bedeutet und auf die Bekleidungseigenart dieser Asketen zurückzuführen ist.

In der Entwicklung des Sufismus lassen sich auch nichtislamische (neuplatonische, christliche, indische und turkestanisch-schamanische) Einflüsse nachweisen.

Wie christliche Mystiker mit ihren Amtskirchen, hatten auch Sufi-Mystiker ihre Probleme mit dem etablierten Islam. In Extremfällen führte das auch zur Hinrichtung dieser, nach Ansicht der Inhaber der Staatsgewalt, fehlgeleiteten.

MfG E.
MfG B.
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#10
(06-10-2008, 13:26)WiTaimre schrieb: Alles jetzt richtig unklar? *ggg*
mfG WiT

...[Bild: ja.gif]....:tard:.....[Bild: hilfeeee.gif]


Hi Thomas [Bild: hello2.gif]
...die Indianischen Völker, zählt man die nicht auch zu den ethnischen Kulturen...?

Hallo Epicharm,

ja das mit diesem Wollgewand habe ich auch gelesen.... dass das Wort "Sufi" aus dem arabischen Wort suf = Schurwolle hinweist oder von sufa = rein im Zusammenhang mit frei von Unkenntnis bzw. Unwissenheit....

Aber schlimm dass man sie, nur weil sie anderen nicht in ihr Weltbild passen auch hingerichtet hat.....schlimm find ich sowas...

LG
Julchen
Die Natur ist ein Brief Gottes an die Menschheit.
(Platon)
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#11
Hallo Julchen,

Deinen letzten Beitrag zum Thema Sufis habe ich erst jetzt gelesen.

(10-10-2008, 10:34)Julchen schrieb: ja das mit diesem Wollgewand habe ich auch gelesen.... dass das Wort "Sufi" aus dem arabischen Wort suf = Schurwolle hinweist oder von sufa = rein im Zusammenhang mit frei von Unkenntnis bzw. Unwissenheit....

Natürlich gibt es auch andere Deutungsversuche für Sufi, z.B. dass das griechische Wort sophόs (=Weiser) etwas damit zu tun haben könnte. Am besten belegt ist jener, den ich angemerkt habe. Das grobe Wolltuch war der Stoff, mit dem sich die Armen kleideten. Und so werden sie auch genannt, die Sufis, fuqarā’ = die Armen (pl. v. faqīr; oder im Persischen darwēš (das sich zu darwīš entwickelt hat, wovon die deutschen Lehnworte Fakir und Derwisch stammen).

(10-10-2008, 10:34)Julchen schrieb: Aber schlimm dass man sie, nur weil sie anderen nicht in ihr Weltbild passen auch hingerichtet hat.....schlimm find ich sowas...

Der zwischen Sufis und Rechtsgelehrten schwelende Konflikt brach 922 (309) heftig aus. Anlass war die Hinrichtung des beim Volk sehr beliebten Asketen und Sufi-Mystikers al-Hallağ (al-Halladsch). Unter den Propheten hatte er Jesus zu seinem Vorbild gewählt. Er war offenbar auch mit den christlichen Schriften sehr vertraut. Als er dann bei Predigten behauptete: "Ich bin der Wahre" (anā al-haqq) und weiters verkündete, Gott verkörpere sich auf Erden in seinen Heiligen und bilde mit ihnen im Augenblick tiefer mystischer Erlebnisse eine Einheit (eine als Pantheismus interpretierbare Ansicht), wurde er der Blasphemie beschuldigt, eingekerkert, gegeißelt und gekreuzigt. Sein Leichnam wurde verbrannt, die Asche in den Tigris gestreut.

Anschließend setzte eine Hetze auf die Sufis von Bagdad ein.

MfG E.
MfG B.
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#12
Hi, Epicharm :)
ja, dem stimme ich auch zu, dass das Armen-Gewand fuer den Namen stand
- es gibt immer wieder, fast zyklisch, die Konflikte zwischen Mystikern und Rationalen Glaeubigen, ich vermute mal, je Generation gbt es vom Typ her immer beider Sorten am Theo-logischen Menschen,plus die Desinteressierten, die am Brauchtum genug finden - die Rationalen Zugaenge verschleifen sich dann durch Hoelzechen-auf-Stoeckchen-Gesetzlichkeiten "ohne Spasss", daher sucht man wieder den direkten mystischen Zugang zum Zentrum - sodann wuchern die auseinander, weil es wie Direkt-Offenbarungen wirkt und verlassen die Linie - dann schlaegt es wieder um zum Vernuenftig-Machbaren der Tradition
- dann hat man diese brutalen Strafmassnahmen losgelassen, schaemt sich wieder und es geht ne Weile in der Mitte wieder ruhig weiter
mfG WiT :)
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