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Heilige Schrift
#31
Fritz,
wenn ich das so lese, dann haben wir ganz verschiedene Kirchen. Ich kann tatsächlich nur "meine lokale Kirche" und das, was ich hier erlebe, schildern. Vielleicht gilt vieles nicht im Allgemeinen. Gleichwohl bekomme ich die Diskussionen auf der höheren Ebene mit. Natürlich stelle ich dort - namentlich bei zurück gehenden Einnahmen - Diskussionen fest, die auf eine gewisse Machtkonzentration hinaus laufen. Das hat aber nichts mit dem Thema einer betonierten "Heiligen Schrift" zu tun.
Fritz7 schrieb:Und dann ist es doch da, das angeblich nur noch in Vorurteilen existente: Von Höllenpredigt über Zwangsversetzung aus Pfarrstellen nach gescheiterter Ehe und Pfarrherren-Getue bis Mobbing gegen allzu unbesorgt offene Vertreter und allzu betont selbstständige junge Köpfe in Kirchendiensten, alles noch zu haben ... Natürlich eben nicht an der Spritze und im Rampenlicht der Mesien, aber wirkmächtig und wohlorganisiert, anscheinend sogar zunehmend ...
Als Jurist würde ich sagen: Ich bestreite durch Nichtwissen! Ich wüsste kein Beispiel aus unserer Landeskirche (Rheinland).
Fritz7 schrieb:Es ist billig, solche Beobachtungen als Unkenntnis geschuldete Vorurteile von Nicht-Kirchen-Insider zu diffamieren.
Wie bitte? Hier werden Befürchtungen geäußert, die ein Bild von gegenwärtig immer noch vorhandenen Fürchte-mich-Gottesbildern unterstellen, die ich nicht erlebe. Folglich stelle ich die Frage: Wer wurde gemobbt, wann und von welcher Instution. Oder in welcher Kirche werden Angstbilder erzeugt? Und wann war das? (Ich kenne religiöse Traktate von überwältigender Einfalt und zugleich dilettantischen Versuchen, das "liebe Jesulein" wieder zu installieren. Aber wer nimmt denn diesen - mit Verlaub - Quatsch ernst?)
Fritz7 schrieb:Es ist mir ein Rätsel, wie z.B. alle moderne, selbstkritische Theologie ablehnende und alles gewiss erlernte Wissen darüber negierende pietistisch-evangelikale Pfarrer noch im 21. Jh. protestantisch ordiniert werden und Kirchen leer predigen mit Angstmache, ohne die schützende Hand aus der Kirchenhierarchie. Ich unterstelle so manchem leitendem Theologen da Zweizüngigkeit zum Schaden der kirchlichen Glaubwürdigkeit ...
Ich räume ein: Es gibt solche. Doch die "schützende Hand" kommt nicht von oben, sondern aus den Gemeinden bzw. ihrer Presbyterien selbst. Wenn eine Gemeinde wirklich will, kann sie einen Pfarrer - jedenfalls in der (evangelischen) Rheinischen Kirche - durchaus loswerden. Ich halte diese Verschwörungstheorien einfach für Humbug. Das ist zu einfach!
Fritz7 schrieb:Aber es scheint leichter, auf Vorurteile und Unkenntnis derer zu schimpfen, die ...
Falsch. Die Vorurteile sitzen mehr oder weniger in allen Köpfen. Und wir sind nicht frei, diese einfach ablegen zu können, selbst wenn wir es wollten.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#32
Karla,
Karla schrieb:Ich lese intensivst seit mehr als einem Jahr in zwei christlichen Foren - eins davon ist dies -, und was ich hier schreibe, ist das Fazit aus dem, was ich in diesen beiden Foren beobachtet habe.
Du hast aber auch ein ziemliches Problem mit Verallgemeinerungen, die bei mir an die Grenzen des Verstehens führen. Vieles, was hier geschrieben wurde, wurde von Laien als Reaktion auf Anfrage anderer Laien geschrieben. Ich selbst bin Physiker und zugleich Mitglied in einem evangelischen Presbyterium. Ich müsste mit dem, was Du unterstellst, stets und ständig konfrontiert sein – bin ich aber nicht. Wenn ich an meine Jugendzeit zurückdenke, so war meine liberale Großmutter wesentlich frommer (im Sinne Deiner Vorstellung zementierter Sittengesetze, hergeleitet aus der Heiligen Schrift) als unsere ganze Kirche heute.
Karla schrieb:… ich habe beobachtet, dass die "Heilige Schrift" von diesen "modernen Theologen" dann doch als maßgeblich betrachtet wird - in meiner Sprache als "heilig" -, und meine Überlegung war, und deshalb dieser Thread, ob ihr modernen Theologen das Dogma ja gar nicht loslassen WOLLT, die Basis des Übels ja gar nicht verlassen WOLLT. …
Wer? Welches Dogma?
Karla schrieb:Ihr beruft Euch aber darauf (auf die Bibel). Und darum setzt ihr diese unheilige Tradition fort. Und erlaubt damit, weniger erleuchteten Köpfen als euch das gleiche Buch für weniger erleuchtete Dinge zu benutzen. Ihr distanziert euch nicht. Und das ist für mich Feigheit.
Dir ist offenbar nicht bewusst, woher aller Humanismus kommt. Diese Dinge haben sich aus der israelitischen Religion entwickelt, wurden von Jesus aufgegriffen und vertieft und finden sich zusammengefasst in der so genannten Bergpredigt wieder. Die Gleichwertigkeit der Menschen (Gerechtigkeit), die Mitsprache in allen politischen Dingen (Demokratie), die Versöhnung, der Interessenausgleich und vieles mehr kommen aus dieser Tradition. Die Ideen des Humanismus hängen nicht im luftleeren Raum.
Es ist nicht die Heilige Schrift, die uns Probleme bereitet, sondern tatsächlich ihr Missbrauch.
Karla schrieb:Aber warum wird dieses Vehikel noch immer mitgeschleppt, liegt noch immer als Heiliges Einziges Buch auf dem Altar, wird nur aus ihm geprdigt?
Du müsstest Dich schon deutlicher ausdrücken, von welchem Verhalten ich mich "geistig distanzieren soll". So einfach und pauschal, wie Du die Dinge hier darstellst, sind sie nicht. So, wie die Humanisten sich ihre Ideale aus der Bibel besorgt haben, so besorgen sich heute Prediger Ideale aus der Bibel. Wer Widerstand leisten will, muss seine / ihre Standpunkte kennen! Mit undifferenzierten Feindbildern kommen wir an solch heiklen Stellen nicht weiter.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#33
Ekkard schrieb:wenn ich das so lese, dann haben wir ganz verschiedene Kirchen. Ich kann tatsächlich nur "meine lokale Kirche" und das, was ich hier erlebe, schildern. Vielleicht gilt vieles nicht im Allgemeinen. Gleichwohl bekomme ich die Diskussionen auf der höheren Ebene mit. Natürlich stelle ich dort - namentlich bei zurück gehenden Einnahmen - Diskussionen fest, die auf eine gewisse Machtkonzentration hinaus laufen. Das hat aber nichts mit dem Thema einer betonierten "Heiligen Schrift" zu tun.
Tscha ... ich denke, schon in der gleichen "allgemeinen" Kirche, nur mal mit, mal ohne Tunnelblick ... Vielleicht aufgrund biografisch unterschiedlicher Kirchensozialisation.
Ich geb für die viellen kleinen und großen Unvollkommenheiten keineswegs der "Heiligen Schrift" die schuld, im Gegenteil ... Sie enthält letztlich die notwendigen Korrektive, wenn man denn lesen will ... Schuld könnten wir uns als Kirchenmitglieder wohl durch Selbstzufriedenheit aufladen, solange wir uns im lokalen Nahbereich wohlaufgeboben fühlen können ... und durch Desinteresse am Leiden anderer Menschen durch Kircheninstitutionen/ -vertreter.

Es hat bei mir auch lange gedauert, dass ich auf die Barrikaden gehen kann für den allgegenwärtigen Murks ... wohl wissend, dass sich viele menschen in Kirche aufrichtig bemühen ... und es ohne sie noch viel schlimmer laufen könnte.
Ganz aufmerksam bin ich auch erst geworden, als sich meine Heimatgemeinde in ihrem Profil radikal ins Dumpf-Evangelikale wandelte, als ich mich nach abrupten Pfarrer-Austausch dort nicht mehr wohlaufgehoben fühlen konnte ... und auch meine Mitarbeit nicht aufrichtig fortsetzen. Suche nach neuer Gemeinde stand an, und damit einiges an Kennenlernen ... was ich vorher kaum für möglich gehalten hätte. Die Suche nach einer passenden Gemeinde ist immer noch nicht erfolgreich abgeschlossen.
Ekkard schrieb:
Fritz7 schrieb:Und dann ist es doch da, das angeblich nur noch in Vorurteilen existente: Von Höllenpredigt über Zwangsversetzung aus Pfarrstellen nach gescheiterter Ehe und Pfarrherren-Getue bis Mobbing gegen allzu unbesorgt offene Vertreter und allzu betont selbstständige junge Köpfe in Kirchendiensten, alles noch zu haben ... Natürlich eben nicht an der Spritze und im Rampenlicht der Medien, aber wirkmächtig und wohlorganisiert, anscheinend sogar zunehmend ...
Als Jurist würde ich sagen: Ich bestreite durch Nichtwissen! Ich wüsste kein Beispiel aus unserer Landeskirche (Rheinland).
EKiR ist für mich weit weg, kann ich kaum mit Kenntnis glänzen, meine Gegend ist ganz oben in NRW rund um Hannoversche, Schaumburg-lippische, Lippische und Westfälische Landekirchen ... und etwas hineinschnuppern in die Kirchen Ostdeutschlands (durch 3-jährige Laien-Ausbildung dort)
Zur reaktionären Clique in EKiR würde mir vielleicht noch Lutherischer Konvent und einiges aus den in die Kritik geratenen Worten zum Sonntag des Bonner Fernseh-Predigers Müller (ehem. Superintendent) einfallen ... Möglich wäre das sicher, solche blamablen Vertreter aus dem öffentlichen Bühnenlicht zu ziehen ... aber unterbleibt ...

Als Rechtsanwalt mit berufsbedingter Parteilichkeit/ Kurzzeitgedächtnis kann man sich vielleicht auf "Nichtwissen" herauswinden, als Kirchenmitglied oder gar Kirchenvorstand kaum, wenn die eigene Glaubwürdigkeit und die der Kirche nicht schaden leiden soll ...
Ekkard schrieb:Doch die "schützende Hand" kommt nicht von oben, sondern aus den Gemeinden bzw. ihrer Presbyterien selbst. Wenn eine Gemeinde wirklich will, kann sie einen Pfarrer - jedenfalls in der (evangelischen) Rheinischen Kirche - durchaus loswerden. Ich halte diese Verschwörungstheorien einfach für Humbug. Das ist zu einfach!
Notgedrungen vereinfachend ... aber so wie Du Dir das leicht machen willst, kommst Du mir auch nicht weg ... Klar könnten selbstbewusste Gemeinden missliebigen Pfarren das Verbleiben versauern ... Aber es gibt auch die andere Variante: Für Prüfung und Ordination von Theologie-Absolventen ist allein die Landeskirchenleistung verantwortlich ... und wenn sie dann einen ganz doll frommen, aber die wissenschaftliche Theologie für gotteslästerlich haltenden Menschen im Entsendungsdienst hat und in Gemeinde unterzubringen, dann wird die Kirchenleitung mit ihren Mitteln auch eine Landgemeinde finden, die nicht mehr die Wahl hat, andernfalls OHNE Pfarrer bleibt bis zur dann möglichen Auflösung ... Und ich verspreche Dir, es wird sich ein Presbyterium finden, dass sich keinen Widerstand gegen Schwarzkittel traut ...
Im Ergebnis ist dann die Kerngemeinde binnen kurzer Frist ausgetauscht, es kommen immer noch 2-4% zum Sonntagsgottesdienst, nur eben andere ... Und ein größerer Teil der gemeindemitglieder geht auf Distanz. Flurschaden perfekt ...

Vermutlich wäre es für eine junge selbstbewusste, vielleicht auch obrigkeitsaufmüpfige moderne feministisch-theologische Pfarrerin weit besserer Fachqualifikation um einiges schwieriger, in Amt und Lohn zu kommen ... Da funktionieren die Seilschaften weniger gut geölt ...
Erzähl mir nichts von Verschwörungstheorie ... Ich könnte ganz konkret Namen und Abläufe schildern - nicht nur Einzelfälle, wenn da nicht auch Persönlichkeitsschutz wäre ... und wenns wirklich was ändern könnte zum Guten ... und nicht noch die wenigen verbliebenen Einflusswege weiter stören würde. So muss ich unbenamst bleiben.

Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
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#34
gelöscht von mir. Anfrage geklärt.
Karla
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#35
@ Ekkard

Auf ein Neues. Ich vermute, dass Du mein letztes post irgendwie ganz anders verstanden hast als ich meinte, darum Sachen sagst, deren Sinn ich gar nicht erfasse, weil ich nicht weiß, worauf Du Dich nun gedanklich beziehst. Ich will nur das Wichtigste versuchen zu korrigieren:


Ekkard schrieb:Wenn ich an meine Jugendzeit zurückdenke, so war meine liberale Großmutter wesentlich frommer (im Sinne Deiner Vorstellung zementierter Sittengesetze, hergeleitet aus der Heiligen Schrift) als unsere ganze Kirche heute.
Ich habe gar nicht unserer heutigen Kirche etwas anderes untersellen wollen. Das muss ich dann wohl sehr verquer ausgedrückt haben. Ich meinte es so:
Die Kirchen haben einen Vorteil, dass sie über das AT und das NT wesentlich mehr Wissen, historisches Wissen, haben als die "normalen" Bibelleser, und zwar via Theologie. Andere mögen das als Nachteil ansehen, ich sehe das als Vorteil an. Unsere Pfarrer haben alle Theologie studiert. Und viele Laien haben sich intentiv damit befasst, sodass auch sie in etwa über die Entstehung der biblischen Schriften Bescheid wissen und dieses Wissen auch ständig vertiefen oder erweitern können.

Ich habe mit vielen Theologen oder Theologiestudenten gesprochen, denen das auch alles sonnenklar ist. Aber die PRAXIS der Kirchen sieht anders aus. Ich kann mich sicher auch täuschen, und ließe mich gerne des Irrtums überführen, wirklich gerne. Aber alles, was ich mitgekriegt habe, ist dies, dass nach wie vor die "Bibel" als Maßstab des Lebens angesehen wird. Man liest nicht mehr wörtlich, nein. Man nimmt auch nicht alles als Maßstab. Aber das, was man als Maßstab haben will, unterfüttert man so lange mit einem "theoretischen Unterbau", bis herauszukommen scheint, dass die eigene Lesart dann letztlich doch diejenige ist, die die wahre christliche Botschaft verkörpert. Und an dieser Stelle dann sehe ich, dass man letztlich nie darauf verzichtet hat, die Bibel als (einzige) Quelle der Wahrheit anzusehen, dass sie eben immer noch das eine wahre heilige Buch ist. Und in meinen Augen betrügt man sich auch, weil man im Grunde auf die gleiche Wahrheit auch ohne Bibel hätte kommen können. Denn man musste ja ohnehin so viel an dem Bibelverständnis verändern, bis sie das aussagte, was man glauben möchte.

Die Kirchen (oder ich sage mal: die evangelische Kirche, die katholische kenne ich nicht von innen), die evangelische Kirche also verzichtet nicht ausdrücklich derauf, die Heilige Schrift als einzige Quelle der Wahrheit anzusehen. In der Praxis mag das so sein, in der Theorie ist sie - als Ganzes - die Grundlage des Glaubens.

Selbst, wenn das in der Praxis andauernd unterlaufen wird:
Was bei Laien, die daraufhin geeicht sind, ankommt, ist dies: alles, was in der Bibel steht, ist Gottes Wort und muss befolgt werden. Die Kirchen, die dazu die Autorität hätten, verhalten sich in meinen Augen fahrlässig, weil sie etwas nur unterlaufen, aber nicht ausdrücklich klar stellen. Und das ist das, was ich als feige bezeichnet habe: Nach außen etwas aufrechterhalten, was innerlich kaum noch jemand mitträgt.

Ich würde mich da ja gar nicht gegen auflehnen, weil mich das ja letztlich auch gar nichts anginge, denn man muss selber sehen, dass man ein authentisches Leben hinkriegt. Aber ich sehe eben die verheerende Wirkung auf ANDERE. Das ist mein Punkt. Ich sehe, dass dafür anfällige Menschen gierig nach den Folgen dieser Unterlassung greifen: sie wollen ein Buch, das in aller Konsequenz jeden Schritt des Menschen lenkt, und ich kenne Anfragen, was in der Bibel über "Harry Potter" steht. Und ob man laut Bibel diese Romane lesen dürfe. Und 30 Bibelchristen feuchten ihre Finger an und blättern den ganzen Abend, und am nächsten Morgen findet man dann eine lange Liste von Bibelzitaten, die darüber Aufschluss geben könnten, ob Gott verboten hat, "Harry Potter" zu lesen. Denn da die Bibel allwissend sei, könne es nicht möglich sein, dass man darüber nichts findet.

Ich mache hier keine Schuldzuweisungen. Aber mein Threadthema ist der Gedanke, dass die großen Kirchen unterlassen haben, klar Position zu beziehen, dass sie NICHT davon ausgehen, dass die Bibel Gottes Wort ist.
Sondern... - und hier lasse ich erst mal frei :)

Alles andere, was Du geschrieben hast, lasse ich, auch aus Zeitgründen, unkommentiert - da fühle ich mich nicht verstanden. Ich pauschalisierte nicht, habe keine undifferenzierten Feindbilder und was noch alles.
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#36
Karla,
wie Du Deine Aussage erläuterst, habe ich Dich sehr wohl verstanden! Dein Beispiel macht aber überdeutlich, was ich mitteilen wollte: Die Steinbruch-Mentalität, nach der irgendwo in der Bibel stehen oder man es wenigstens heraus interpretieren können muss, was "man darf", ist nicht das Anliegen der evangelischen Landeskirchen im Allgemeinen, sondern gewisser evangelikaler Kreise. Mir geht für diese Leute jegliches Verständnis ab. Zumal sie nicht einmal ansatzweise bereit sind, historische Bedingtheiten der Schriften zur Kenntnis zu nehmen.
J. K. Rowlings Harry Potter deshalb nicht zu lesen, weil dort nicht Gott oder Jesus die Dinge richten, sondern Zauberstäbe oder -Sprüche, sehe ich persönlich als Entgleisung des Denkens an.
Es kann aber nicht die Alternative sein, sich deshalb allgemein von der Bibel zu distanzieren, nur weil einige Gläubige und ihre Autoritäten diese Schriften bedingungslos (ohne ihren historischen Kontext damals wie heute) anwenden!

Jeder Glaube, jede Weltanschauung beruhen auf Traditionen und ihren Implikationen (der so genannten Wahrheit). Die biblischen Texte gehören nun mal dazu. (Ich hatte darauf bereits ausführlicher hingewiesen).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#37
Ekkard schrieb:Die Steinbruch-Mentalität, nach der irgendwo in der Bibel stehen oder man es wenigstens heraus interpretieren können muss, was "man darf", ist nicht das Anliegen der evangelischen Landeskirchen im Allgemeinen, sondern gewisser evangelikaler Kreise. Mir geht für diese Leute jegliches Verständnis ab. Zumal sie nicht einmal ansatzweise bereit sind, historische Bedingtheiten der Schriften zur Kenntnis zu nehmen.

Hallo Eckhard,
das ist ja alles ganz löblich und voll zuzustimmen. NUR: Jetzt kommt das ABER: Man müsste als Landeskirche dieser Erkenntnis auch vernehmlich Stimme verleihen, sich von "bibeltreudofen" Brimborium ABGRENZEN, die institutionelle, Infrastruktur-Unterstützung für sektiererische evangelikale Winkelgemeinschaften innerhalb landeskirchlicher Gemeinden abstellen.
So wird liberale Religiösität in Landeskirchen als halbherzig und schwach wahrgenommen ... und der Einfluss der Evangelikalen von Gemeinde-Ebene aufwärts scheint zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung als die "richtigen Christen" zuzunehmen.

EIN Sargnagel für Kirchennähe jüngerer, wissensorientierter Menschen ... Kirche schadet sich durch ihre Zahnlosigkeit immens ... Bundesweit in anderen Landeskirchen als der EKiR weiter fortgeschritten.

Ich denke, dieses eindeutige Statement vermisst auch Karla und fordert es ein ... Ich fürchte allerdings vergeblich ...

Da hilft Schönreden von Einvernehmlichkeit und Geschwisterlichkeit nicht mehr viel weiter ... Kante-zeigen auch GEN aus dem Ruder laufende Vertreter und Gemeinden wäre bitter nötig, allerdings mangelts mir auch an Phantasie, wie das systemkonform ablaufen könnte.

Wie war das noch mit dem Eiertanz um das Faltblatt der EKiR zur Bibel in gerechter Sprache und ihrer Verwendung im Gottesdienst? Warum so mutlos zurückgewichen gegen den Protest der Traditionalisten? Man hätte doch Satz für Satz auch theologisch verteidigen können, wenn man sich denn traute ... Inzwischen anscheinend in 2 . entschärfter Auflage neuerstanden: http://www.ekir.de/ekir/dokumente/ekir20...ommen2.pdf

Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
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#38
Fritz7 schrieb:Hallo Eckhard,
das ist ja alles ganz löblich und voll zuzustimmen. NUR: Jetzt kommt das ABER: Man müsste als Landeskirche dieser Erkenntnis auch vernehmlich Stimme verleihen, sich von "bibeltreudofen" Brimborium ABGRENZEN, die institutionelle, Infrastruktur-Unterstützung für sektiererische evangelikale Winkelgemeinschaften innerhalb landeskirchlicher Gemeinden abstellen.
So wird liberale Religiösität in Landeskirchen als halbherzig und schwach wahrgenommen ... und der Einfluss der Evangelikalen von Gemeinde-Ebene aufwärts scheint zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung als die "richtigen Christen" zuzunehmen.

Ich denke Fritz, dass dies aber ein universales Problem ist, welches sich immer wieder stellen wird. Ich kann jetzt keine dezidierten Aussagen zur den evangelischen Landeskirchen machen, aber ich bin der Überzeugung, dass gerade ihre Vielfalt, ihre unterschiedlichen, zum Teil konträren reformatorischen Traditionen, ein entscheidender Punkt dieser Unklarheit ist.
Andererseit kennen wir Katholiken dieses Problem auch. Da muss man sich nur die sogenannten Sedisvakantisten oder die Piusbruderschaft eines Marcel Lefebvre anschauen, die mit geradezu fanatischen Eifer das II. Vaticanum als Abschied von der Tradition und der Wahrheit verteufelt.
Der einzige Unterschied bei uns ist, dass Rom klare Konsequenzen ziehen kann und gezogen hat (s. Exkommunikation der Bischöfe, kanonische Aufhebung der Bruderschaft und Suspension ihrer Priester). Auch wenn man derzeit versucht einen eher versönlichen Ton anzuschlagen.

Fritz7 schrieb:Wie war das noch mit dem Eiertanz um das Faltblatt der EKiR zur Bibel in gerechter Sprache und ihrer Verwendung im Gottesdienst? Warum so mutlos zurückgewichen gegen den Protest der Traditionalisten? Man hätte doch Satz für Satz auch theologisch verteidigen können, wenn man sich denn traute ...

Also bei aller Liebe Fritz, dieses Projekt war wohl eher lächerlich als theologisch wertvoll. Du kannst dir nicht vorstellen welche Wellen des Spotts durch die Exegese-Lehrstühle beider Konfessionen gegangen sind. In dieser Bibelsprache wurde die authentische Überlieferung der Gotteserfahrung des Volkes Israel und der Apostel dem Zeitgeist geopfert und entstellt. Diese Überzetzung ist nichts weiter als Ideologie!
Brauchbarer wäre es hingegen die Texte der Bibel in ihrem Urgehalt zu entfalten und für unsere Zeit zu interpretieren, als selbst am Text handanzulegen und ihn zu manipulieren.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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#39
Presbyter schrieb:Du kannst die nicht vorstellen welche Wellen des Spotts durch die Exegese-Lehrstühle beider Konfessionen gegangen sind. In dieser Bibelsprache wurde die authentische Überlieferung der Gotteserfahrung des Volkes Israel und der Apostel dem Zeitgeist geopfert und entstellt. Diese Überzetzung ist nichts weiter als Ideologie!
In allem Respekt, ich kanns mir vorstellen, habs in großen Teilen mitgelesen ... Und in allem Respekt, Spott ist noch kein Argument und die Meinungslinien gehen quer durch, auch unter den Exegeten und innerhalb ihrer Lehrstühle.

Schön, dass Bibel im 21. Jh. noch soo lebendig wirken kann ...

Und bei allem Respekt, in dem Faltblatt, der Handreichung der EKiR gings um Anderes: Auseinandersetzung um angemessene liturgische Sprache chr. Gottesdienste ... Und da hat die gender-sensible Sprache seit vielen Jahren ihren Platz, einen Nischenplatz zugegeben ... wie auf den Kirchentagen der letzten 20 Jahre ebenso ...

Es scheint hier ausschließlich um eine Revolte der erzkonservativen Kirchenfraktion zu gehen, den medienlauten Versuch, eine günstige Gelegenheit des Zurückdrehens zu nutzen.

Kennt die kath. Kirche ja durchaus auch bezüglich der Reformansätze des Vaticanums II. Auch da scheinen die reaktionären Maulwürfe besser organisiert ... trotz zahlenmäßiger Minderheit ...

Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

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#40
Diejenigen, die glauben "die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben", sind - leider, leider, - in allen Religionen besser organisiert....
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#41
Hallo Fritz,
Fritz7 schrieb:ABER: Man müsste als Landeskirche dieser Erkenntnis auch vernehmlich Stimme verleihen, sich von "bibeltreudofen" Brimborium ABGRENZEN, die institutionelle, Infrastruktur-Unterstützung für sektiererische evangelikale Winkelgemeinschaften innerhalb landeskirchlicher Gemeinden abstellen.
Es ist ein Teil presbyterial-synodaler Freiheit, wenn eine Gemeinde an ihre Frömmigkeit besondere Maßstäbe anlegen will. Es gibt im Gegensatz zur römisch-katholischen Kirche keine zentrale Lehrgewalt. Nur das Presbyterium kann sich gegen eine bestimmte Lehre richten. Dazu ist festzustellen in welchen Punkten ein Pfarrer irrt.
Fritz7 schrieb:EIN Sargnagel für Kirchennähe jüngerer, wissensorientierter Menschen ... Kirche schadet sich durch ihre Zahnlosigkeit immens ...
"Wissensorientierte Menschen" finden sich innerhalb der Kirchen zu Hauf! Es sind die "Halbwissenden", die aus Unkenntnis ihrer glaubensmäßigen Wurzeln einer gewissen Wissenschaftsreligion frönen. Sie vertrauen dabei auf Methoden und Regeln, die nicht für das soziale Miteinander geschaffen wurden. Im Übrigen halte ich Kirchenferne für eine besondere Art geistiger Trägheit. Die Entschuldigungen sind alle nicht stichhaltig. Dazu auch das Folgende:
Fritz7 schrieb:Ich denke, dieses eindeutige Statement vermisst auch Karla und fordert es ein ... Ich fürchte allerdings vergeblich ...
Um es noch klarer zu sagen als bisher: unseren Rechtsnormen widersprechend. Wir leben (hoffentlich) in einem Gemeinwesen, Kirchen eingeschlossen, wo Menschen meinungs- und koalitionsfrei sind, solange sie andere nicht mehr als den Umständen entsprechend belästigen oder ihnen schaden.
Fritz7 schrieb:Wie war das noch mit dem Eiertanz um das Faltblatt der EKiR zur Bibel in gerechter Sprache und ihrer Verwendung im Gottesdienst?
Genau so geht Demokratie. Ich registriere einen eigenartigen Widerspruch: Jene besonders frommen Leute leben autoritäre Strukturen, die hier kritisiert, aber gleich darauf bitteschön von den Landeskirchen bzw. der römischen Kirche verlangt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#42
Ekkard schrieb:Genau so geht Demokratie. Ich registriere einen eigenartigen Widerspruch: Jene besonders frommen Leute leben autoritäre Strukturen, die hier kritisiert, aber gleich darauf bitteschön von den Landeskirchen bzw. der römischen Kirche verlangt werden.
Nee, nee ... soo gehts nicht. Mir wäre konsistente innerkirchliche Demokratie schon wichtig und das prsbyteriale-synaodale System ebenso ...
Ich habe schon oben geschrieben, mir mangelts an Phantasie, wie man Missbrauch dennoch SYSTEMKONFORM hindern kann. Mir scheint trotzallem, dass Du gerade mit Deinem Hinweis auf Mehrheitsverhältnisse die vorher geleugneten und als Verfolgungsgeschichten diskreditierten weiter mächtigen rückwärtsgewandten innerkirchlichen Gruppierungen bestätigst.

Es braucht auch etwas Bekennermut und Widerstandswillen im Umgang mit ihnen. Dann kpappt das IMHO sogar demokratischer als sich Kirche je zu werden traute ...

Wenn die Konservativen die moderneren Frömmigkeitsformen be- oder verhindern können, warum sollte umgekehrt der Einfluss bei NULL liegen? KEINE Gemeinde ist mehrheitlich fundamentalistisch, wenn die Mehrheitsverhältnisse im Presbyterium die Zusammensetzung der Mitgliedschaft korrekt nachbilden würde ... Es ist die undemokratische Überrepräsentanz, die den Ärger macht ...

Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
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#43
Presbyter schrieb:Also bei aller Liebe Fritz, dieses Projekt war wohl eher lächerlich als theologisch wertvoll. Du kannst dir nicht vorstellen welche Wellen des Spotts durch die Exegese-Lehrstühle beider Konfessionen gegangen sind. In dieser Bibelsprache wurde die authentische Überlieferung der Gotteserfahrung des Volkes Israel und der Apostel dem Zeitgeist geopfert und entstellt. Diese Überzetzung ist nichts weiter als Ideologie!
Ich kann da Fritz in seinem Widerspruch gegenüber dem Presbyter-Text nur voll zustimmen.

Ideologisch kann doch wohl kaum eine Übersetzungsvielfalt, wie sie die "Bibel in gerechter Sprache" bietet, sein.
Die 66 verschiedenen biblischen Bücher sind von 42 Frauen und 10 Männern übersetzt worden, ohne dass eine einheitliche Glättung der Stile und Eigenheiten vorgenommen wurde.
So hat man die Chance, bekannte Texte in interessanten Varianten neu zu hören. Keine der vertrauten Übersetzungen ist eine Norm, Bibeltexte lassen sich nun vergleichen und neu reflektieren. Verfremdungen regen zur Suche nach dem Geist in den Buchstaben, zur eigenen Position an.

Der von Laien immer schnell vermuteten Willkür
sind dabei enge Grenzen gesetzt. Alle ÜbersetzerInnen sind wissenschaftlich qualifiziert, zu Begründungen und Nachweisen verpflichtet, die sie aus der Zeitgeschichte der Texte, der Kenntnis der Autoren und gesellschaftlichen Hintergründe entnehmen.

Mit dieser Gründlichkeit und unideologischen Ehrlichkeit
versuchen die neuen Übersetzungstexte den theologischen Einsichten der letzten Jahre gerecht zu werden, der sachgerechten Berücksichtigung von Frauen und Männern, der christlich-jüdischen Verwandtschaft statt Gegnerschaft einschließlich der Zurechtrückung des Gottesnamens im ursprünglichen Sinne und der historischen Gerechtigkeit bei der Darstellung sozialer Verhältnisse.

Dass man da über vieles anderer Meinung sein kann,
ergibt sich von selbst.
Aber das ist doch das Normalste, wenn es keine autorisierte Bibelübersetzung gibt. Eine autoritäre Verdammung bestimmter Positionen, wie sie vom Vatikan aus möglich ist, geht am sachgemäßen Umgang mit Büchern dieses Alters vorbei.
Ebenso der Spott von Theologen beider Kirchen, die sich keine Gedanken darüber machen, wie bestimmte alte sprachliche Einseitigkeiten Menschen irritieren oder wichtige Appelle verpuffen lassen.
Wenn Paulus "seine Brüder" zur Bescheidenheit im Behaupten ihrer Standpunkte aufruft, dann ist eine Erweiterung der Anrede auf "Brüder und Schwestern" nun einmal logisch und wichtig.

Auch wer die Bibel in gerechter Sprache nicht für die Lesung im Gottesdienst verwenden will, kann für die Auslegung wertvolle Hilfen erhalten.
"Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Anbetung der Asche!" (Gustav Mahler nach Thomas Morus)
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#44
Dem "Zeitgeist entsprechend" ist`s natürlich in Ordnung, den guten Paulus "Brüder und Schwestern" sagen zu lassen... Aber ist/war das da denn auch der reale Paulus, der seinen Brüdern empfahl: "...wenn Du zum Weibe gehst, vergesse die Peitsche nicht..."?

Bei allem Bemühen die christliche Botschaft in eine heute verständlichere Sprache zu transformieren, sollte man die Zeit- und Lebensumstände sowohl von Jesus, als auch von den Aposteln nicht vergessen. Der Apostel Paulus entstammte einer traditionellen jüdischen Kultur der Schriftgelehrten; er hatte niemals persönlichen Zugang zu Jesus. In der Folge seines Wirkens legte Paulus mit seinem jüdisch-theologischen Verständnis von Religionspraktik die Grundlagen für manche, gerade Frauen betreffende unchristliche Herabwürdigung. Und auch darauf baute sich eine Kirchenordnung auf, die letztlich mit der Botschaft der Nächstenliebe über lange Zeit hinweg nicht mehr viel gemein hatte... Da kann man natürlich annehmen, dass Paulus "das so nicht gemeint" hatte und ihm Worte in den Mund legen, die "versöhnlicher" klingen - ob das aber alles so "richtig" ist....
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#45
t.logemann schrieb:Aber ist/war das da denn auch der reale Paulus, der seinen Brüdern empfahl: "...wenn Du zum Weibe gehst, vergesse die Peitsche nicht..."?

Von Paulus ist das nicht!

Dieses Zitat ist von Nietzsche und kommt in seinem Werk "Also sprach Zarathustra" vor. Kaum jemand weiß aber, dass Nietzsche das ironisch gemeint hat, das repressive Geschlechterverhältnis seiner Zeit kritisierend.
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