Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Heilige Schrift
#16
Wofür ich eintrete, liebe Karla? Einzig der Freiheit verpflichtet.
Ich habe extra diese Frau mit in den Stream hineingefügt, damit eine völlig andere Position gesehen werden kann. Diese ist aber nicht die einzige Möglichkeit - dann wäre es ja schon wieder Unfreiheit. Zur Freiheit gehört die (freie) Wahl. Nihilist braucht Mensch nicht erst zu werden, davon war nicht die Rede, um frei-zu-werden.
Habe ich von Heiligung unheiliger Dinge gesprochen, geschrieben? Es gibt allerdings diese Neigung der Menschen, sich vor der Freiheit zu fürchten.
Aber was wähle ich jetzt hier im Moment? Was hast du gewählt, als du mir geschrieben hast. Warst du völlig frei? Wir können Dinge tun oder unterlassen, ja sogar total negieren - irgendetwas tun wir aber auf jeden Fall. Der Grad der Freiheit bedarf eines tiefen Verstehens des menschlichen Geistes und Seele. Nenne es auch Einheit. Freiheit kann an dem gemessen werden, wie Ich Ich bin. Gibt es ein Wort, was nicht gefühlsgeladen ist? Der Umgang damit und welche Distanz wir zu den Begriffen haben, vorallem ein Gespür von Missbrauch der Worte, hilft uns frei zu handeln, frei zu bleiben.
Das Unfreie kann ich aber erst dann erlösen, nehme ich es mit auf, löse es vom dem, was es zu dem macht. Dann allerdings wird es die Freiheit auch nicht mehr geben. Ein Paradoxon.
Die Freiheit gibt es, da es die Unfreiheit gibt.
Zitieren
#17
Du weißt, dass ich Dich schätze, Lea. Aber was Du mir hier bietest, ist ein reines Geschwafele. Ein Sichdrücken vor Stellungnahme, ein sich Rauswinden. Du machst Deine Augen zu vor Realitäten und flüchtest Dich in ein Ego, das mal dies, mal jenes wählen soll. Du redest von Dir und von mir. Ich rede aber von Menschen außerhalb uns beiden, ich rede von Tendenzen, von geschichtlichen Entwicklungen.

Darauf gehst Du nie ein, philosphierst so im Allgemeinen und Unverbindlichen herum - sehr bequem. Dann lebt man mit allem im Frieden und darf alles laufen lassen, was nicht das Wohl der eigenen Seele betrifft.
Zitieren
#18
Was "macht" den eine Überlieferung, ein Buch "heilig"?

Das Alte Testament ist eine lange zurückreichende Sammlung von Erzählungen - aufgrund der Ähnlichkeiten mancher überlieferten Geschichten aus anderen Kulturkreisen denke ich, das sich hier sogar Geschichten aus der alten hinduistischen Religion, aber auch aus dem sumerischen Kulturkreis, wiederfinden. Jakob kämpfte mit seinem Gott - der mythischen Held Ahnanya kämpfte ebenfalls mit seinem Gott. Noah baute eine Arche - und Utnatpatschim berichtet uns von einem mytischen Helden, der mit einem Boot sich und seine Tiere vor der Überschwemmung rettete...

Vielliecht ist "Heiligkeit" ein anderes Wort für "Unfassbarkeit". Wir können als geschaffenes Geschöpf das Wesen eines Schöpfers nicht begreifen und definieren dieses Unbegreifliche als "Heilig". Und dort, wo uns das Unbegreifliche begegnet, in Geschichten, in Gleichnissen, in Beschreibungen, dort setzen wir den Begriff "Heilig". So gesehen sind in allen bedeutenden, d.h. in den die Menschheit voranbringenden Texten Fragmente der Heiligkeit - in den Knotenschriften der Maya ebenso wie in den Schriftrollen der Thora, den Rollen von Qumran, den Rindenschriften des Buddhismus, in der Bhagavad-Ghita, im Quràn, im Neuen Testament, im Kitab-i-Iqan. Den in allen diesen Schriften werden uns nicht nur Geschichten aus längst vergangener Zeit erzählt, sondern auch Begebenheiten die wir mit unserem Wissen nicht erfassen können - und denen wir das Atrribut "Heilig" zumessen.
Zitieren
#19
t.logemann schrieb:Wir können als geschaffenes Geschöpf das Wesen eines Schöpfers nicht begreifen und definieren dieses Unbegreifliche als "Heilig".
Das glaube ich Dir nicht. Wenn ich einem Kind beibringe, dass das Buch der eigenen Religion heilig, das Buch der anderen Religion unheilig ist, dann hat das vor allem etwas mit dem Trieb zu tun, sich in einer überlegenen Wahrheit zu fühlen.

Was ist denn an den alten Sagen so unfassbar? Das wird nur nachträglich hineininterpretiert, weil der Mensch das Bedürfnis hat, sein Gehirn zu opfern. Die Edda-Sagen stammen auch aus alten Zeiten. Unsere Märchen sind auch alt. Altsein ist keine Tugend.


Zitat:Und dort, wo uns das Unbegreifliche begegnet, in Geschichten, in Gleichnissen, in Beschreibungen, dort setzen wir den Begriff "Heilig".
Das streite ich ab. Als "heilig" wird angesehen, was schon als "heilig" überliefert wurde. Dass da etwas Unbegreifliches drin zu suchen sei - auf die Idee würde niemand kommen, der nicht schon gelernt hätte, dass da Gott persönlich drin geredet hätte.
Es ist ähnlich wie früher mit dem Familienvater. Es wurde einem das "Gefühl" vermittelt, dass er in einem gewissen Sinn heilig sei, dass er in Notzeiten gut essen müsse, während die Kinder das nicht mussten und zusehen durften.
Seit der Aufklärung, wo das sapere aude (Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen) entdeckt wurde, gibt es immer wieder Rückschläge, immer wieder Versuche, das Gehirn zu vernebeln mit undurchsichtigen Geschichten. In den biblischen Sagen ist nicht mehr Geheimnis als in jedem neugeborenen Baby, dessen plötzliche Existenz einem den Atem rauben kann. Aber das Pochen auf Heiligkeit in selbsternannten Texten kann ich nicht anders als Ergebnis des Machttriebs sehen.


Zitat:So gesehen sind in allen bedeutenden, d.h. in den die Menschheit voranbringenden Texten Fragmente der Heiligkeit -
Und wer bestimmt, was die Menschheit "vorangebracht" hat? Haben nicht die Religionen die Menschen in Abgründe gestürzt wie sonst gar nichts? Und das will man dadurch, dass man den Begriff "heilig" nicht loslassen will, immer so weiterführen?


Zitat:sondern auch Begebenheiten die wir mit unserem Wissen nicht erfassen können - und denen wir das Atrribut "Heilig" zumessen.
Wer ist jetzt "wir"? Ich tu das bestimmt nicht, und dass die Kirchen zugeben, dass ihre eigenen Grundbücher auf der gleichen Stufe stehen wie die anderer Religionen, habe ich bisher noch nicht erlebt.
Dieses vereinnahmende "wir" will doch genau dies wieder in Nebel tauchen, was der entscheidende Punkt ist: das das, "was wir mit unserem Wissen nicht erfassen können", ans helle Tageslicht muss, damit es nicht finster-brüterisch Menschen in Angst und Schrecken jagen kann.

Ich kann mit meinem Wissen auch nicht erfassen, wie es möglich ist, dass ein Mensch einen anderen foltert. Ist darum die Folter heilig? Spricht man darum von der "Heiligen Inquisition"? Finster, finster, das alles.
Zitieren
#20
Liebe Karla,

ein Grundsatz meiner Religion ist die Übereinstimmung von Religion und Wissenschaft.

Aus unseren heutigen Erkenntnissen heraus können wir einige "Mysterien" wissenschaftlich erklären - Josua blies mit seinen Hörnern solange `rum, bis die Mauern von Jericho einfielen ... warum: Der gute Mann hat wahrscheinliche "nebenbei und unbemerkt" Infraschall mit produziert; die Eigenresonanz der Ziegelmauern "getroffen" und die Mauern sind eingestürzt... Heutzutage wissenschaftlich erklärbar - aber für die Menschen noch vor hundert Jahren war diese Überlieferung des Alten Testamentes absolut nicht fassbar. Muhammad verbot den Genuss des Schweinefleisches - weil zu seiner Zeit die Haus- und Wildschweine voll von Trichinen waren und er -entweder aus der Eingebung heraus, oder aber aus der Beobachtung heraus- die Schädlichkeit des Genusses von Schweinefleisch im Wüstenraum erkannte. Die Muslime aber erkannten es nicht - und um das richtige Verbot von Schweinefleisch durchzusetzen, war es eben ein "heiliges" Gebot.

Natürlich kann man mit dem Begriff "Heiligkeit" Schindluder treiben - die katholische Kirche hat das ebenso praktiziert, wie das dass Schariat heute macht. Wenn ich jedoch sehe, das einige Wenige mit dem Begriff der Heiligkeit Schindluder treiben, dann bedeutet das nicht zwangsläufig, das die überwiegende Mehrheit, die formal den Glauben oder die Ideologie dieser Wenigen teilen, auch Schindluder treiben. Ein guter Freund von mir ist als Dominikaner und damit Katholik auf Missionsreise in China - der ist von seinem Glauben beseelt. Der gegenwärtige Papst ist mit seiner Intoleranz nicht gerade mein Freund - aber ich kann dochzwischen einem aufrechten Gläubigen und einem Verwaltungsfunktionär unterscheiden, gerade weil beide dem gleichen Glauben angehören (wobei ich dem Papst natürlich nichts unterstellen will, das er keinen Glauben hätte - ich denke nur, er hat sich weit von seinem Vorbild Jesus entfernt).

Der Mensch kann mit allen Begriffen manipulieren - "Volk, Ehre, Nation, Pflicht, Rasse" - hatten wir ja schon mal..., mit den Begriffen "Heiligkeit, Demut, Unterwerfung (unter den Willen Gottes)" wird und wurde ebenfalls manipuliert. Einer solchen Manipulation kann der Mensch nur dann begegnen, wenn er sich selbstständig auf die Suche nach Wahrheiten aufmacht - und dabei Traditionen, Vorurteile hinter sich lässt.

Eines dieser Vorurteile ist es m.E. aber auch, wenn man sich die negativen Auswüchse von Philosphien, Ideologien und Religionen als Charakteristika für die eigene Suche nach Wahrheit "vor Augen hält".
Zitieren
#21
"Ich habe gemalt:
Das Schwarze Quadrat.
Das Rote Quadrat.
Das Weiße Quadrat.
Ich habe die Farbe von den Dingen befreit.
Ich habe die Farbe sich selbst zurückgegeben.
Ich bin jenseits des Verstandes angelangt.
Ich habe die unsichtbare Welt erreicht.
Die reine Welt reiner Erregung.
Ich habe mich in die Null-Form verwandelt.
Ich bin der Ursprung von allem.
ICH - ist der Mensch."

aus: Ronald Steckerl
Ich bin der Ursprung von allem
Ein suprematistisches Hörspiel
frei nach Kazimir Malevic

Hörspiel: Sonntag 9.2.08. 15.15 Uhr BR 2

Gruß
Lea

die Materie auf andere ART erhört ....


ach ja,

gutes Neues Jahr!
Zitieren
#22
"Das Heilige" ist für mich nichts weiter als eine angelernte Vereinbarung unter den Anhängern dieses Heiligen. Ich denke, dass dies der Intension von Karlas einführendem Kommentar dazu entspricht.
Diese Dinge ergeben sich aufgrund einer Werdensgeschichte, die eine Gruppe von Menschen gegen eine oder mehrere andere abgrenzt – Motto: Worin unterscheiden wir uns?
Auch im Zeitalter der Demokratie und der Globalisierung haben sich Menschen in dieser Hinsicht nicht geändert. Und darin sehe ich das Problem.
Es ist schlechterdings unmöglich, in einer Gemeinschaft ohne Grundwerte zu leben. Allein das, was "man macht oder lässt", würde Bände füllen.
Die Vorstellung von Heiligem (Gott, Christus, Buddha und ihre Lehren) liefert solche Grundwerte. Selbst wenn man neue und wieder neue Canonices formulieren würde; die Frage nach der Art, wie wir uns von anderen Gruppen unterscheiden, führt automatisch zum Chisma (wenn es denn überhaupt zu einer Einheit käme).

Man darf sich nicht vertun: "Wir", das sind immer die Guten, zumindest die Besseren. "Unsere Vorstellungen" (insbesondere "meine") erheben immer den Anspruch des Letztgültigen. Und selbstverständlich gehören "wir" zur Fraktion derer, die den Überblick haben – oder etwa nicht?
Und schon sind wir Bedürftige in Sachen des Heils, des Ganzwerdens, der Autorität …, was wir ja eigentlich nicht wollten und drehen uns munter im Kreis.
Das Heilige ist an sich eine Notwendigkeit und macht keineswegs unfrei, sondern es ist die eigene Trägheit, die zulässt, dass wir die Einflüsterungen der Medien, der Werbung, der Lehrmeinungen, der Autoritäten nicht als das erkennen wollen oder können, was sie sind: Interessenvertretungen (bis hinein in die Theologie!).
Das Gegenteil ist richtig: Mit einem gerüttelt Maß an Vertrauen auf die eigenen Stärken, Erfahrungen, Anschauungen lassen sich Interessen analysieren und in ihre Schranken verweisen.
Ich bin auch nicht der Ansicht, dass uns immer der Weg offensteht, "eigene Wahrheiten zu erkunden" zumal dann nicht, wenn eine ganze Wirkungsgeschichte abgewartet werden müsste. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Menschheitserfahrungen (Tradition) müssen wir nutzen, um rasch und ökonomisch zu entscheiden und zu handeln. Wir sollten akzeptieren lernen, dass wir nur über eingeschränkte Information verfügen und damit in der Gefahr stehen, falsche Entscheidungen zu treffen.
Zu den Begründungen unter Berufung auf Heilige Schriften: Ich halte dies für eine Unart, die eigene Meinung als "autorisiert" dastehen zu lassen. Auch hier gilt einfach: Nicht bange machen lassen. Hier versucht nur jemand, sich mit fremden Federn zu schmücken.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#23
t.logemann schrieb:Natürlich kann man mit dem Begriff "Heiligkeit" Schindluder treiben - die katholische Kirche hat das ebenso praktiziert, wie das dass Schariat heute macht. Wenn ich jedoch sehe, das einige Wenige mit dem Begriff der Heiligkeit Schindluder treiben, dann bedeutet das nicht zwangsläufig, das die überwiegende Mehrheit, die formal den Glauben oder die Ideologie dieser Wenigen teilen, auch Schindluder treiben.
Unterspielst Du bewusst? Sind Dir die Ausmaße dessen, was das Wort "heilig" angerichtet hat, nicht gegenwärtig?


Zitat:Der Mensch kann mit allen Begriffen manipulieren - "Volk, Ehre, Nation, Pflicht, Rasse" - hatten wir ja schon mal..., mit den Begriffen "Heiligkeit, Demut, Unterwerfung (unter den Willen Gottes)" wird und wurde ebenfalls manipuliert.
Deine bunte Aneinanderreihung von Begriffen vernebelt die Sachlage. Es gibt Worte, die überhaupt nur erfunden wurden, um den Menschen zu manipulieren. Und es gibt Worte, die vielleicht ursprünglich nicht manipulativ gemeint waren, es aber seit tausenden von Jahren sind.
Meine Argumentation bezog sich klar auf Wortverbindungen: "Heilige Schrift", "heilige Religion", "heiliger Krieg".
Und ich habe versucht zu erläutern, welcher primitive Urinstinkt dem zugrunde liegen könnte. Wenn ich einem Kind schon beibringe, dass bestimmte Dinge tabu sind, dann eine bestimmte Rasse besser ist als eine andere - dann würdest Du das verteidigen wollen, weil das Wort "Rasse" auch neutral genommen werden kann? Wenn einem Kind beigebracht wird, dass "Ehre" oder der Volksbegriff oder die Pflicht höher als anderes steht, ja überhaupt sehr wichtige Werte sind - dann willst Du das alles durchgehen lassen, weil diese Worte nun mal halt existieren und alles missbraucht werden kann? Welch fahrlässige Argumentatiion, oder?


Zitat:Einer solchen Manipulation kann der Mensch nur dann begegnen, wenn er sich selbstständig auf die Suche nach Wahrheiten aufmacht - und dabei Traditionen, Vorurteile hinter sich lässt.
Das ist eine Nullaussage. Denn Du willst ja gerade das Vorurteil mit Manipulation aufrecht erhalten. Du hast ja offenbar nichts dagegen, dass man Menschen mit diesen Begriffen indoktriniert.


Ekkard schrieb:"Das Heilige" ist für mich nichts weiter als eine angelernte Vereinbarung unter den Anhängern dieses Heiligen. Ich denke, dass dies der Intension von Karlas einführendem Kommentar dazu entspricht.
Diese Dinge ergeben sich aufgrund einer Werdensgeschichte, die eine Gruppe von Menschen gegen eine oder mehrere andere abgrenzt – Motto: Worin unterscheiden wir uns?
Auch im Zeitalter der Demokratie und der Globalisierung haben sich Menschen in dieser Hinsicht nicht geändert. Und darin sehe ich das Problem.
Nicht jedes tradierte Vorurteil ist in seiner Relevanz gleich. Es gibt die Veranlagung des Menschen, zu gehorchen. Das ist keine Vereinbarung in meinen Augen, auch keine angelernte, sondern Zeichen des noch unreifen Menschen. Dazu ist Erich Fromm recht hilfreich. Man kann Menschen durchaus so erziehen, dass sie in frühen Entwicklungsstadien stecken bleiben. Das funktioniert nicht bei allen, ich weiß. Zum Glück nicht, denn sonst würde jede Diktatur zum Ziel kommen. Der Mensch als Ganzes lässt sich nicht seelisch vereinnahmen.
Dennoch ist eine aufklärerische Pädagogik - im weiten Sinne - unerlässlich, wenn der Mensch aus seiner Dumpfheit herauskommen will.
Und wenn diese verweigert wird, wird oder soll die Aufklärung des Menschen verhindert werden. Wenn Indoktrination statt Bewusstmachung das Verhalten gegenüber überlieferten Autoritäten gerechtfertigt wird, ist in meinen Augen klar, welche Intention dahinter steht: die Verhinderung der Mündigkeit.


Zitat:Es ist schlechterdings unmöglich, in einer Gemeinschaft ohne Grundwerte zu leben.
Sicher. Aber es ist hier zu prüfen, ob diese Grundwerte mittels Suggestion eingetrimmt werden oder ob sie mit wachem Verstand überprüft werden. Und das ist mein Punkt.


Zitat:Die Vorstellung von Heiligem (Gott, Christus, Buddha und ihre Lehren) liefert solche Grundwerte.
Die auf dieser Basis gegeben ich eben ablehne. Dem Begriff "Heiligkeit" korresponidert der Begriff "Angst". Ich kann mit Angst viele gefügig machen, gewisse "Grundwerte" wie Gehorsam erzielen. Aber der Grundwert "Individuation des Menschen" wird dadurch enthebelt. Und darum sehe ich jegliche Rechtfertigung der Vermittlung von Grundwerten durch eine Religion als eine Maßnahme an, die das Niedrige im Menschen fördert oder fördern will. Und die Aufklärung blockiert.

Wir waren ja auch schon mal weiter. Das Bedürnis, blind sich irgendwelchen "heiligen Sachen" auszuliefern, ist das Bedürnis nach erneuertem Aberglauben. So jedenfalls meine Sicht. Die Rechtfertigkung dieser Dinge sehe ich als Ausdruck des ideologischen Interesses an.


Zitat:Das Heilige ist an sich eine Notwendigkeit und macht keineswegs unfrei, sondern es ist die eigene Trägheit, die zulässt, dass wir die Einflüsterungen der Medien, der Werbung, der Lehrmeinungen, der Autoritäten nicht als das erkennen wollen oder können, was sie sind: Interessenvertretungen (bis hinein in die Theologie!).
Das Heilige ist keineswegs eine Notwendigkeit. Es taucht nur dann wieder auf, wenn man damit andere beherrschen möchte. Die "Heilige Schrift" mit
Werbemaßnahmen zu vergleichen, verfehlt den Punkt. Keine Mutter wid schon dem Kleinkind klarmachen, dass Waschmittlel X.X. benutzt werden muss, ansonsnten der Heilige Waschgott strafen wird, und zwar bis in die Ewigkeit. Diese verharmlosenden Vergleiche scheinen mir immer nur eins zum Ziel zu haben: Die Heilgkeit aufrecht zu erhalten. Den Grund habe ich noch nicht wirklich erkannt. Aber er scheint mir in dem Bedürfnis zu liegen, die wirkilch radikale Frage, die dahinter steht, nicht zuzulassen. Und diese radikale Frage lautet: Warum etwas weiter tradieren, was nur Unheil gebracht hat?
Die Anwort: "Wir brauchen halt alle Grundwerte" rechtfertigt damit jeglichen Faschismus und jegliche Unterdrückung. Der Mensch soll halt sehen, wie er zurecht kommt. Wir können doch keine Unrechtssysteme dafür verantwortlich machen...
Zitieren
#24
Karla,
dem, was Du positiv ausdrückst, da stimme ich Dir zu. Ich möchte nur besser verstanden werden: Es geht darum, dass wir nicht die Wahl haben, unsere Heiligstes zur Disposition zu stellen. Du bist selbst ein gutes Beispiel, wenn Du an bestimmten Stellen "an die Decke gehst". Man kann Menschen ein ganzes Stück weiter zur Mündigkeit erziehen, es wird dennoch gesellschaftliche Zustände geben (Energie-Mangel, Hunger, Chancenlosigkeit, Beleidigungen), in denen unser Innerstes so aus dem Ruder läuft, dass wir blind werden für die Manipulation durch Regierung, Aufrührer, Kirchenfürsten oder sonstige Leitfiguren.
Ich gebe Dir Recht: Es sollte keine Erziehung mit Angst machenden "Gottheiten" geben! Nur müsstest Du das manipulierend benutzte Heilige von den erforderlichen Grundwerten in einer Gesellschaft trennen. Beispielsweise wirkt das erreichte Ziel, mündig zu sein, wiederum heilig (in dem Sinne, dass jemand einen "dicken Hals bekommt", wenn er/sie Manipulationen bemerkt).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#25
... aus Patschigkeit verdoppelt
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
Zitieren
#26
Meint ihr nicht, dass ihr den Begriff der Heiligkeit als dem "Göttlichen" zugeordnetem überfrachtet mit Erwartungen und Befürchtungen?

dass wir bisweilen an Grenzen stoßen, auch persönlichen Leistungsgrenzen, oder Grenzen nicht pausenlos abfragen oder austesten wollen/ können ... wegen Bequemlichkeit oder aus Kapazitäts- oder Vorzüglichkeitserwägungen

... das macht diese Grenzen noch nicht "heilig", nur transzendent erfahrbar ...
Es sind doch viel weniger Punkte, die kein Mensch erkennen KANN, die also unhinterfragbar transzendente Setzungen sein könnten ...

Die allzu bereite Ausweitung dieses kleinen Bereichs, dass ist doch der ärgerliche Missbrauch von Heiligkeit ... oft aus ganz fassbaren Eigeninteressen von irgendwem. Nicht alle geselschaftlichen Setzungen von Sitte, Moral, Grundwerte sind notgedrungen ewig und unhinterfragbar. Sie sind zeit- und organisationsformbegrenzt gesellschaftlichkollektiv nützlich ... aber nur temporär, teils schicht- und regionsspezifisch ... Heilig sind sie bestimmt NICHT, und das dient auch zu NICHTS Gutem, sie für Heilig über ihre Verfallsdauer hinweg zu konservieren.

Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
Zitieren
#27
Ekkard schrieb:Karla,
dem, was Du positiv ausdrückst, da stimme ich Dir zu. Ich möchte nur besser verstanden werden: Es geht darum, dass wir nicht die Wahl haben, unsere Heiligstes zur Disposition zu stellen.
In einem gewissen Sinn haben wir die Wahl, Ekkard. Es fängt immer im Kopf an. Man muss es überhaupt erst einmal als Problem erfassen. Es als Automatismus überhaupt erst einmal erkennen. Und sich auch selber weigern, etwas darum als "richtig" weiterzutradieren, nur weil es eine "Autorität" als richtig behauptet hat.


Zitat:Du bist selbst ein gutes Beispiel, wenn Du an bestimmten Stellen "an die Decke gehst".
Ja, ich gehe bei bestimmten Dingen an die Decke, und ich wünschte auch, ich hätte ein etwas gelasseneres Temperament. Aber wofür ist das ein Beispiel? Dass wir Menschen weiterhin mittels Religionen durch Automatismen in gewünschte Richtungen bekommen?


Zitat:Man kann Menschen ein ganzes Stück weiter zur Mündigkeit erziehen, es wird dennoch gesellschaftliche Zustände geben (Energie-Mangel, Hunger, Chancenlosigkeit, Beleidigungen), in denen unser Innerstes so aus dem Ruder läuft, dass wir blind werden für die Manipulation durch Regierung, Aufrührer, Kirchenfürsten oder sonstige Leitfiguren.
Das würde ich eventuell auch nicht abstreiten. Aber für mich ist das keine Rechtfertigung, alles beim Alten zu lassen und längst überlebt geglaubte Kamellen wieder zum Scheinleben zu erwecken.

Für mich ist - eine gewisse - Parallele so:
Der Behaviorismus hat darauf hingewiesen: Wenn man Säuglingen immer auf den Daumen schlägt, wenn sie den in den Mund stecken wollen, hören sie irgendwann auf, den Daumen in den Mund stecken zu wollen.
Schlussfolgerung: Weil das geht, soll man es auch tun.


Zitat:Ich gebe Dir Recht: Es sollte keine Erziehung mit Angst machenden "Gottheiten" geben! Nur müsstest Du das manipulierend benutzte Heilige von den erforderlichen Grundwerten in einer Gesellschaft trennen.
Ja. Denn das "Du sollst nicht töten" kann man besser und tiefer erfahren, wenn man selber erkennt, was es bedeutet, Leben auszulöschen. Das an das "Heilige" gebundene Gebot tötet nur darum nicht, weil es verboten wurde und man bei Ungehorsam ewige Qualen erdulden muss.


Zitat:Beispielsweise wirkt das erreichte Ziel, mündig zu sein, wiederum heilig (in dem Sinne, dass jemand einen "dicken Hals bekommt", wenn er/sie Manipulationen bemerkt).
Nein, der dicke Hals ist nicht zu vergleichen mit, dem was die Kirchen an den Seelen anrichten. So kann man das nicht rechtfertigen, und ich akzeptiere diese Rechtfertigung nicht. Das ist ja fast wie: Ich soll nicht gegen Gewalt einschreiten, weil die Welt ja eh voller Gewalt ist und man selber ja auch schon mal seinen Tobsuchtsanfall hatte.
Zitieren
#28
Karla,
ich rechtfertige das Verhalten nicht, ich stelle fest. Wir können nicht alles und jedes hinterfragen zumal dann, wenn uns nichts vor den Interessen derjenigen bekannt ist, die uns manipulieren wollen. (Danke, Fritz für Deine Anmerkung!)
Wenn ich: "die Kirchen", lese, dann frage ich mich, ob der/diejenige, der/die so schreibt, in den letzten Jahren eine Kirche von innen gesehen oder mit modernen Theologen diskutiert hat. "Der liebe Gott, der unter Bettdecken schaut", hat schon lange ausgedient (um mal nur ein Beispiel heraus zu greifen). Es sind meisten die Erziehenden selbst, die Buh- und Bähpopanze aufbauen - nicht "die Kirchen".
Genauso ist das Ideal des Gehorsams auf protestantischer Seite längst verworfen worden. (Bei den römischen Katholiken kenne ich mich nicht so genau aus, vermute aber ein Gleiches). Hier ist es der Staat, der gerne Gehorsam fordert.
Nochmal: das allgemeine Verhalten rechtfertigt nicht die Manipulation durch Berufung auf Unbedingtes, Heiliges, Absolutes. Gerade die evangelischen Kirchen bemühen sich redlich, die Berufung auf den "Steinbruch Bibel" zu unterbinden und z.B. Erziehungsfragen in die freiwillige Lebensberatung einzubeziehen.
Ich vermag Deine Zielvorstellung nachzuvollziehen und unterstütze sie. Aber zumindest die protestantische Seite zieht an genau dem gleichen Strang. (Ich behaupte nicht, dass dies immer so war).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#29
Ekkard schrieb:Wenn ich: "die Kirchen", lese, dann frage ich mich, ob der/diejenige, der/die so schreibt, in den letzten Jahren eine Kirche von innen gesehen oder mit modernen Theologen diskutiert hat. "Der liebe Gott, der unter Bettdecken schaut", hat schon lange ausgedient (um mal nur ein Beispiel heraus zu greifen). Es sind meisten die Erziehenden selbst, die Buh- und Bähpopanze aufbauen - nicht "die Kirchen".
Genauso ist das Ideal des Gehorsams auf protestantischer Seite längst verworfen worden.
Tsch, so hätten sie es gern, die sich modern gebende Vorzeige-Garde (mancher) protestantischer Kirchen ...

Und dann ist es doch da, das angeblich nur noch in Vorurteilen existente: Von Höllenpredigt über Zwangsversetzung aus Pfarrstellen nach gescheiterter Ehe und Pfarrherren-Getue bis Mobbing gegen allzu unbesorgt offene Vertreter und allzu betont selbstständige junge Köpfe in Kirchendiensten, alles noch zu haben ... Natürlich eben nicht an der Spritze und im Rampenlicht der Mesien, aber wirkmächtig und wohlorganisiert, anscheinend sogar zunehmend ...
Es ist billig, solche Beobachtungen als Unkenntnis geschuldete Vorurteile von Nicht-Kirchen-Insider zu diffamieren. DAS befördert nur die Untätigkeit dagegen ...
Es ist mir ein Rätsel, wie z.B. alle moderne, selbstkritische Theologie ablehnende und alles gewiss erlernte Wissen darüber negierende pietistisch-evangelikale Pfarrer noch im 21. Jh. protestantisch ordiniert werden und Kirchen leer predigen mit Angstmache, ohne die schützende Hand aus der Kirchenhierarchie. Ich unterstelle so manchem leitendem Theologen da Zweizüngigkeit zum Schaden der kirchlichen Glaubwürdigkeit ...

Aber es scheint leichter, auf Vorurteile und Unkenntnis derer zu schimpfen, die sich nichts mehr vorkaspern lassen wollen, die authentische Menschen sehen und hören wollen als Kirchenvertreter. Schade, dass diese so selten zu sein scheinen ... Vielleicht bei Kirchen noch seltener aus Tradition ...

Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
Zitieren
#30
Ekkard schrieb:Wenn ich: "die Kirchen", lese, dann frage ich mich, ob der/diejenige, der/die so schreibt, in den letzten Jahren eine Kirche von innen gesehen oder mit modernen Theologen diskutiert hat.
Ja, das habe ich. Ich lese intensivst seit mehr als einem Jahr in zwei christlichen Foren - eins davon ist dies -, und was ich hier schreibe, ist das Fazit aus dem, was ich in diesen beiden Foren beobachtet habe.


Zitat:Genauso ist das Ideal des Gehorsams auf protestantischer Seite längst verworfen worden.
In der Theorie. In der Praxis habe ich - vor allem in diesem Forum - beobachtet, dass das Dogma keineswegs verworfen wird. Es wird nur uminterpretiert. Und ich habe beobachtet, dass die "Heilige Schrift" von diesen "modernen Theologen" dann doch als maßgeblich betrachtet wird - in meiner Sprache als "heilig" -, und meine Überlegung war, und deshalb dieser Thread, ob ihr modernen Theologen das Dogma ja gar nicht loslassen WOLLT, die Basis des Übels ja gar nicht verlassen WOLLT.


Zitat:Gerade die evangelischen Kirchen bemühen sich redlich, die Berufung auf den "Steinbruch Bibel" zu unterbinden
Ihr beruft Euch aber darauf. Und darum setzt ihr diese unheilige Tradition fort. Und erlaubt damit, weniger erleuchteten Köpfen als euch das gleiche Buch für weniger erleuchtete Dinge zu benutzen. Ihr distanziert euch nicht. Und das ist für mich Feigheit.


Zitat:Ich vermag Deine Zielvorstellung nachzuvollziehen und unterstütze sie. Aber zumindest die protestantische Seite zieht an genau dem gleichen Strang. (Ich behaupte nicht, dass dies immer so war).
Von denen ist mir aber noch nicht einer begegnet. Dass man sich geistig mitunter davon distanziert hat, will ich schon glauben. Vor allem, wenn man ohnehin an all das nicht mehr glauben kann, was früher geglaubt wurde und heute wieder neu geglaubt wird.

Aber warum wird dieses Vehikel noch immer mitgeschleppt, liegt noch immer als Heiliges Einziges Buch auf dem Altar, wird nur aus ihm geprdigt? Es ist diese Inkonsequenz, die mir in den letzten Wochen klargeworden ist. Es ist wie bei einer Zahnvereiterung, wo man ein paar Wurzeln stehen gelassen hat, statt sie mit rauszuziehen. Es wird wieder eitern.
Zitieren


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Das Heilige Jahr Sinai 6 991 15-02-2025, 14:47
Letzter Beitrag: Sinai
  Heilige drei Königinnen Sinai 3 1311 06-01-2024, 20:47
Letzter Beitrag: petronius
  Heilige Drei Könige ; Mohrenkönig Sinai 6 5260 22-01-2020, 00:18
Letzter Beitrag: Ulan

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: