hallo!
ich habe gelesen, das es immer mehr atheisten gibt, das die menschen aus der kirche austreten und so weiter.
nun frage mich, ist es ein plausibler gedanke wenn ich glaube das die kirche bald "aussterben" könnte?
danke für eure antworten
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Hallo!
Ja sicher gibt es eine nicht zu unterschätzende Anzahl an Kirchenaustritten in beiden großen Religionsgemeinschaften in Deutschland. Hier in Aachen ist es auch schon zu mehreren Kirchenverkäufen gekommen. Ich denke jedoch, da es auch noch einen gewissen "harten Kern" an regelmäßigen Gottesdienstbesuchern gibt nicht sobald zu einem "Aussterben" der Kirchen in Deutschland kommen wird. Wer weiß, vielleicht kommt es doch iregendwann noch mal zu einer Bewegung in die andere Richtung.
Gruß
Gerhard
Guten Morgen,
meine Meinung zum Thema: Die Kirchen werden noch längere Zeit bestehen und nicht bald verschwinden. Dazu sind die inneren Bindungen zu den Kirchen zu stark und die Gesellschaft bzw. Kultur in und um sie unmittelbar verwoben. Kirchen, ob nun evangelische oder katholische Kirche, gestalten ein Stück Kultur mit, regen zu neuen Diskussionen an, antworten auf Fragen der Zeit und Vergangenheit; wenn wir so wollen, gesellschaftliches Gedächtnis (Erbe) und eines der tragenden Elemente von Kultur und Zusammenleben. Das hält zusammen, auch wenn die Anzahl von Atheisten anscheinend steigt. Dadurch sind aber die Mitglieder (der Kirchen) gefordert, sich aktiver am Gemeindeleben zu beteiligen, Eigenverantwortung zu übernehmen, damit die Gemeinschaft überlebt.
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Hmm -
ich habe eine Statistik gelesen, dass in den USA die am schnellsten wachsende religiöse
Gruppe die der bekennenden Atheisten ist - also nicht mal die religiös Uninteressierten -
und halte das eigentlich für eine natürliche Entwicklung - eine Gegenbewegung zu der
religiösen Indoktrinierung, die es auch bei uns mal gegeben hat (nur ist es da länger her).
Heute ist es hier IMHO eher so, dass die (relativ Wenigen), die sich wirklich mit Religion
beschäftigen, das in zunehmendem Maß selbständig und kritisch tun, und sich dann nach
Ihrem Erkenntnisstand entscheiden für einen bestimmten Zugang - oder eben nicht.
Dass eine bestimmte Gruppe 'aussterben' würde, ist eher unwahrscheinlich - Religionen
werden wohl je nach 'Angebot' und Glaubwürdigkeit ihre Klientel finden; dabei ist das
Angebot 'Dogmatismus und Sicherheit' zweifellos für Viele nicht unattraktiv...
() qilin
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Gerhard schrieb:Ja sicher gibt es eine nicht zu unterschätzende Anzahl an Kirchenaustritten in beiden großen Religionsgemeinschaften in Deutschland. Hier in Aachen ist es auch schon zu mehreren Kirchenverkäufen gekommen. hmm, ich denke, wenige die Kirchenaustritte sind ZAHLENMÄßIG das Kernproblem sondern die schwindende Kinderzahl und die Vergreisung, also die demografische Veränderung. Zudem eine zunehmende Verarmung der kirchlichen Kernklientel und damit zurückgehenden Steuereinnahmen und rasante Rückzug von Kommunen und Staat aus sonstigen Finanzspritzen für kirchliche Leistungen.
Wenn dann zusätzlich auch die Frequenz des Gottesdienstbesuch schwächelt, sind Kirchenschließungen die logische und einzig verantwortbare Reaktion von Kirchenleitungen. Die Fehler im inflationären Neubau von Gottesdienstraum sind in der Nachkriegszeit gewesen und zulange unbemerkt geblieben dank sprudelnder Finanzquellen ...
Inhaltlich hat wohl eine Entfremdung vieler Menschen von kirchlichen Angeboten stattgefunden. Man traut den großen Kirchen keine glaubwürdigen Antworten auf eigene religiöse Fragen zu und tritt bei konkretem Anlass auch leichter aus. Dabei sind die Menschen eigentlich religiöser geworden, nur mit einer anders organisierten oder unorganosierten Religiösität in eher kleineren Zirkeln.
Fritz
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Hallo Fritz!
Kurze Rückfrage:
Was ist für Dich kirchliche Kernklientel?
Infationärer Neubau von Gebäuden der Kirchen - ich bin gerade schon am überlegen, welche Kirchen im hiesigen Gebiet Nachkriegsbauten sind. Natürlich sei auch angemerkt, das viele heutige Wohngebiete hier zu Nachkriegszeiten noch keine Wohnbebauung hatten.
Woran machst Du fest, das Du sagst, daß Menschen religiöser geworden wären?
Gruß
Gerhard
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Ob "die Kirchen" (gemeint sind wohl die großen Volkskirchen) verschwinden, ist eine Frage der ethischen Gestaltung der Gegenwart. Solange die gesellschaftlichen Utopien aus Altertum, Mittelalter und beginnender Neuzeit stammen, sind sie keine "Zugpferde", sondern werden als Fußfessel oder Ballast empfunden.. Es reicht eben nicht, das "liebe Jesulein" anzubeten, wenn Fragen der ethischen oder kulturellen Bewältigung z.B. der Diskriminierung von Minderheiten, der Gentechnik, der Geriatrie, des Jugendkultes, der Verbrechensbekämpfung, der Demokratie-Bewahrung oder der Ausbeutung ganzer Völker anstehen. Die Sprengsätze sind längst in Form der kirchlichen Verlautbarungen da – nur im Gottesdienst feiern wir, als gäbe es das alles nicht. Das Meiste davon wird in gemeindlichen Seminaren diskutiert, mit Leuten, die als "Multiplikatoren" wirken sollen – nur im sonntäglichen Gottesdienst: Fehlanzeige.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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Gerhard schrieb:Was ist für Dich kirchliche Kernklientel? Zunehmend weibliche, zunehmend ältere kleine Bürgerlichkeit. Die Arbeiter waren anscheinend immer eine problematische Gruppe mit wenig Zugänglichkeit ... und die reichere Oberschicht hat ihre eigenen kirchlichen Organisationsformen gefunden, wenn sie denn überhaupt kirchlich geblieben sind.
Gerhard schrieb:ich bin gerade schon am überlegen, welche Kirchen im hiesigen Gebiet Nachkriegsbauten sind. Von mehreren Gegenden Deutschlands lese ich über eine VERDOPPELUNG kirchlicher Bauten in der Nachkriegszeit bis in die 70er Jahre hinein, genau die Menge, die man JETZT gern wieder los wäre. (z.B. Hamburg, Schlesw-Holst., Westfalen)
Gerhard schrieb:Woran machst Du fest, das Du sagst, daß Menschen religiöser geworden wären? Hmm, Frequentierung esoterischer und div. religiöser Kleingruppen, Interesse an spirtuell orientierten Erholungs- und Freizeiteinrichtungen (Häuser der Stille, Meditation, Klöster, Bildungszentren, rel. Erlebnisparks etc ...) Kaufinteresse an esoterischer und spiritueller Literatur, Musik u.a. Medien) Nur gerade die trad. Angebote der Volkskirchen scheinen kaum anzukommen beim aktuellen Publikumsgeschmack.
Fritz
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Ja Fritz,
danke für die Antworten.
Das zumindest meine Kirche Probleme in Arbeitervierteln haben kann kenne ich leider aus eigener Anschauung. Da kann es schon passieren, das einem schon Feindschaft entgegenschlägt, wenn diese Leute nur sehen, wo man herkommt. Da kann die Kirche nicht tagsüber offen bleiben, sonst werden die Beichtstüle in Brand gesetzt oder irgendwo hingeschissen oder irgend etwas zerstört. Wenn Du dann noch neun Jahre dort in eine Schule gegangen bist, dann weißt Du nachher wirklich, was Du erlebt hast, denn Kinder sind noch viel direkter als Erwachsene. Da kann man sich schon in seiner Religionsfreiheit eingeschränkt fühlen. Ja, ich weiß, ich bin hiermit etwas vom eigentlichen Thema abgeschweift.
Selbst dort sind nicht nur ältere Menschen bei den Gottesdiensten zu finden, sondern auch ganze Familien und KInder. In anderen Pfarren darf ich es erleben, daß sich Menschen aller Altersklassen angesprochen fühlen. Ich selbst habe gerade zusätzlich in einem zweiten Chor zu singen angefangen, der hauptsächlich aus jüngeren Menschen besteht. Eine dritte Gemeinde, die ich gut kenne spricht auch sehr viel junge Menschen an. Ich kann da keinen grundsätzlichen Trend zur Vergreisung der Kirchenbesucher sehen.
Natürlich stellt sich die Frage, was noch zur Kernklientel dazugehört, ob es nur die Menschen sind, die Regelmäßig zu den Gottesdiensten kommen, oder andere, die sich zugehörig fühlen, aber nicht mehr so regelmäßig die Gemeinschaft in den Räumlichkeiten der Kirchen suchen. Ich denke, Vermutungen in diesen Bereich anzustellen würde in hochspekulative Bereiche führen.
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Fritz7 schrieb:Gerhard schrieb:ich bin gerade schon am überlegen, welche Kirchen im hiesigen Gebiet Nachkriegsbauten sind. Von mehreren Gegenden Deutschlands lese ich über eine VERDOPPELUNG kirchlicher Bauten in der Nachkriegszeit bis in die 70er Jahre hinein, genau die Menge, die man JETZT gern wieder los wäre. (z.B. Hamburg, Schlesw-Holst., Westfalen)
Das Kirchen die Hälfte der Gebäude wieder loswerden wollen halte ich jetzt doch für ein Gerücht. Wo hast Du so etwas gelesen. Vielleicht gibt es ja einen dementsprechenden Link.
Fitz schrieb:Gerhard schrieb:Woran machst Du fest, das Du sagst, daß Menschen religiöser geworden wären? Hmm, Frequentierung esoterischer und div. religiöser Kleingruppen, Interesse an spir(i)tuell orientierten Erholungs- und Freizeiteinrichtungen (Häuser der Stille, Meditation, Klöster, Bildungszentren, rel. Erlebnisparks etc ...) [/quote]
Ich denke, daß das weder von Qualität noch von Quantität in keinster Weise das ausgleicht, was bei den großen Kirchen "abfließt".
Fritz schrieb:Kaufinteresse an esoterischer und spiritueller Literatur, Musik u.a. Medien)
Ich denke, daß wird weitaus überschätzt und ich sehe schon einen Unterschied zwischen esoterisch und spitituell.
Gruß
Gerhard
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11-04-2007, 00:45
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 11-04-2007, 00:46 von Fritz7.)
Gerhard schrieb:Ich denke, Vermutungen in diesen Bereich anzustellen würde in hochspekulative Bereiche führen. Ich bin mir der Gefahr immer bewusst.
Aber ich gehöre nicht zur Lohnliste von Kirchens und wage, scharf zu überzeichnen, um notwendige Veränderungen anzustoßen.
Ich denke, dass ich die Grundrichtung auch da treffe, wo es Anderen schon zu provozierend und zu spekulativ erscheinen mag.
Kirche erreicht nunmal nur noch einen Bruchteil der gesellschaftlichen Gruppen und nur einen kleinen Teil des Volkes. Volkskirche ist nur noch liebgewonnene kirchliche Lebenslüge.
Es ist an der Zeit, das teure Gewand dem sehr viel kleiner gewordenem Leib anzupassen. das muss nicht Schwund sein, sondern kann auch neuer Aufbruch und neue Wahrhaftigkeit für eine neue Glaubwürdigkeit für mehr Menschen bedeuten.
Fritz
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Ja, ich sehe durchaus die Schwierigkeiten und auch, daß die bisherigen Maßnahmen hier nur einen momentanen finanziellen Ausgleich erreichen(meine Deutung), konnte man durchaus in der örtlichen Presse nachlesen. Ich bin auch froh, nicht auf die Kirche als Brötchengeber angewiesen zu sein.
Hier wird gerade ein Gemeindezentrum an eine Freikirche verkauft. Wenn man erlebt hat, wie sich ein Bezirk entwickelt hat, gebildet wurde, wie dann dieses Gebäude gebaut wurde, sich dort auch selbst eingebracht hat usw. dann fällt es schon schwer, erleben zu müssen, wie das dann wieder weggegeben werden muß.
Seinerzeit wurde noch davon ausgegangen, daß hier in unmittelbarer Nähe ein größeres Neubaugebiet entstehen würde, doch dazu ist es bis heute nicht gekommen und es wird auch wohl so bleiben. Das ist wohl ein Teil der Gründe, warum es so gekommen ist.
Gute Nacht
Gerhard
Ich bin der Ansicht, dass man den Verlust von Kirchgängern nicht auf die demographische Entwicklung oder andere sozialpolitische Faktoren schieben kann. Allgemein betrachtet gewinnt die Kirche, wenn der Staat schwach ist.
Ich würde die Verantwortung direkt bei der Kirche suchen und kann mich Ekkards Beitrag nur anschließen. Es wird meines Erachtens in vielen Gemeinden versäumt, aktuelle Nöte und Probleme anzusprechen. Auch junge Menschen, die sich für Religion interessieren, werden von kirchlicher Dogmatik und Liturgien abgeschreckt. Allerdings kenne ich auch intakte Gemeinden, in denen es einen regen Austausch gibt und die Kirchbänke immer voll sind- Dies ist, sei es zum Vor- oder Nachteil der Gemeinde, meist vom Pastor und Diakon abhängig.
Der momentan herrschende "Run" auf Esotherikläden ist zudem eher als Trend aufzufassen und hat nichts mit Empfänglichkeit religiöser Dinge zu tun. Hier sei zum Einen der verwässerte Buddhismus-Trend angesprochen, der immer mehr Leute gewinnt und eigentlich nichts mit Buddha's Lehren zu tun hat.
Zugegeben, es ist für die Landeskirchen schwierig geworden, ein positives Image aufzubauen. Die Abkehr von altgedienten Inhalten ohne den Glauben zu verfälschen könnte ein Anfang sein.
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11-04-2007, 22:26
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 11-04-2007, 23:19 von Alanus ab Insulis.)
Wombat schrieb:Ich bin der Ansicht, dass man den Verlust von Kirchgängern nicht auf die demographische Entwicklung oder andere sozialpolitische Faktoren schieben kann. Allgemein betrachtet gewinnt die Kirche, wenn der Staat schwach ist.
Das ist mir viel zu pauschal und ungenau. Denn ersten kann man andere soziokulturelle und soziopolitische Faktoren niemals ausschließen, oder so gut wie nie, weil die soziale, dh. die gemeinschaftliche Entwicklung immer ausschlaggebend für das Handeln und Nicht-Handeln der Menschen ist.
Desweiteren ist die Aussage die Kirche gewinne immer, wenn der Staat schwach ist völlig unbrauchbar, denn erstens ist unklar was sie gewinnt und zweitens fragt sie nicht danach was sie gewinnen will.
Das Kirche und überhaupt religiöse Gemeinschaften in Kontakt und Verhältnissen zu Staaten und über- und innerstaatlichen Organisationen stehen, wird sich wohl kaum verhindern lassen, denn dann würde man von ihnen verlangen sich aus der Nationalgemeinschaft auszuschließen, sowohl als Institution, als auch als Konsequenz für die Mitgleider. Das ist wohl kaum möglich und kann auch in niemandes Interesse liegen.
Die Frage ist natürlich welche Rolle spielt Kirche in Verbindung mit dem Staat. Einem rein säkular geprägten Menschen muss zwangsläufig eine staatsreligöse Beziehung widerstreben, wie wir sie z.B. in Rußland kennen. Einem Gläubigen mag es zu gesellschaftlichen Vorteil und einfach nur Anerkennung gereichen. Letzlich geht es auf die Frage der Trennung von Kirche und Staat hinaus. Und da können wir uns in Europa ohne Gefahr sehen, denn die Trennung beider Gewalten, der geistlichen und der weltlichen ist sogar eine der Hauptforderungen der gregorianischen Kirchenreform im Mittelalter gewesen (wenn gleich man damals von der Superiorität der geistlichen ausging).
Eine andere Frage ist die der "Volksfrömmigkeit". Das Verhältnis von Kirche zur Volksgemeinschaft wird oft, und zwar fälschlich, mit dem Verhältnis Kirche Staat oder staatlicher Gemeinschaft gleichgesetzt. In der Tat haben wir einen abnehmenden christlichen Volksglauben, besonders durch das Zusammenbrechen katholischer und christlicher Millieus. Und gerade letzters ist der eigentliche Grund für den Schwund der sich wirklich kirchlich Engagierenden. Und nicht etwas das Verhältnis Kirche Staat, dass in Deutschland staatskirchenrechtlich durch verschiedene Konkordate reglementiert ist.
Wombat schrieb:Auch junge Menschen, die sich für Religion interessieren, werden von kirchlicher Dogmatik und Liturgien abgeschreckt.
Auch da stimme ich nur bedingt zu. Natürlich schrecken sie zurück! Aber die Frage ist doch warum? Liturgie ist doch wirklich keine Geisterbahn!
Ich glaube die Ursache dafür liegt in dem, was ich oben schon angedeutet habe. Nämlich dass es keine wirklich christliche Sozialisation der Menschen mehr gibt. Und damit werden Riten und Glaubensverständnisse, die sich natürlich unweigerlich auch in doktrinären Formen ausdrücken, unverständlich und grotesk.
Es wäre utopisch anzunehmen, dass jemand die Zeichenvielfalt, die keineswegs an unserer Zeit vorbeigeht, der Messe versteht, wenn er mit 14 Jahren zum erstenmal eine besucht. Das wäre als würde ich jemanden ohne mathematische Vorkenntnisse eine analytische Kurvendiskussion erklären wollen.
Daher ist das A und O für eine sinnvolle Verkündigung des Evangeliums und eine aktive Integrierung der Menschen in das Gemeindeleben die katechetische Bildung der Gläubigen und der Katechumenen.
Ekkard schrieb:Die Sprengsätze sind längst in Form der kirchlichen Verlautbarungen da – nur im Gottesdienst feiern wir, als gäbe es das alles nicht.
Was stellst du dir denn vor. Im Gottedienst eine Podiumsdiskussion zum Thema Gott und die ökologische Krise? Das ist doch absurd.
Nach meinem Verständnis ist Liturgie ein kultischer Akt der Gottesverehrung! In diesen kann und muss natürlich die einzelne Person und auch die kultische Gemeinde hineingenommen sein. Das II. Vaticanum nennt dies die participatio actuosa, die tätige, nicht aktivistische, Teilnahme des Gottesvolkes. Ein Ausdruck, von vielen, dafür sind die Fürbitten der Gemeinde.
Ekkard schrieb:Solange die gesellschaftlichen Utopien aus Altertum, Mittelalter und beginnender Neuzeit stammen, sind sie keine "Zugpferde", sondern werden als Fußfessel oder Ballast empfunden.
Was wäre denn eines dieser utopischen Gesellschaftsbilder?
Die christliche Moral im Bezug auf gesellschaftliche Probleme? Die Überzeugung das Glaube notwendig gesellschaftliche Konsequenzen und Tätigkeiten nach sich ziehen muss und nicht nur Privatvergnügen ist?
Die Ablehnung falscher Toleranz, die vom Geist des Relativismus genährt wird?
Es gibt zugegebener Maßen viele Punkte in denen die Kirchen wieder einen Fuß in die öffentliche Wirklichkeit finden müssen, und Bischof Mixa ist da kein gute Beispiel, aber nicht unter den Opfer moralischer und christlicher Glaubwürdigkeit.
Wirklich geschehen kann dies nur, wenn christliche Überzeugungen und ureigene Glaubensinhalte und -wahrheiten gewahrt und angemessen verkündet werden. Aber gerade bei letzterem mangelt es, weniger an der Angemessenheit vieleicht, als an der Verkündigung selbst.
Aber wie will das eine Gesellschaft verstehen, die Glauben für eine subjektive Empfindung hält?
Der "verwässerte Buddhismus-Trend" und "der Esoterik-Run" ist dafür, in der Tat, ein gutes Beispiel. Es zeigt auch die Unreflektiertheit dieses Relativismus. Der Zölibat buddhistischer Mönche, die Frauen nicht einmal anfassen dürfen oder sonst mit ihnen sonst in Kontakt treten dürfen, wird hochgejubelt, der Zölibat benediktinischer Mönche wird als weltfremd verworfen....etc. pp.
P.S. Die letzten Zeilen wollen keine Buddhismuskritik sein, sondern ein Kritik des religiösen Relativismus der westlichen Kultur, die sich eines verwässerten Buddhismus bedient bzw. den Vorstellung die sie von ihm hat.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
Ich habe fast damit gerechnet, dass ich für meine zugegeben pauschale Aussage eins auf den Deckel kriege!
Auch, wenn ich meiner These keineswegs absolute Geltung einräume, solltest du in diesem Kontext zumindest Folgendes bedenken: Die Trennung von Staat und Kirche bewirkt nicht die völlige Isolierung beider Instanzen. Schließlich ist niemand nur Kirchgänger oder Bürger. Tatsächlich kann die Kirche durchaus von staatlichem Versagen profitieren. So kam es in Zeiten großer Unzufriedenheit in vielen Ländern zumindest in einer sozialen Schicht zur Rückbesinnung auf "alte Werte" wie bspw. die Religion. Eine ähnliche Entwicklung, wenn auch keinesfalls vergleichbar, zeichnet sich im Zuwachs der politischen Extrema(womit ich eine wirklich gute Überleitung zur Kurvendiskussion gefunden habe:icon_mrgreen:) in deutschen Landtagen ab.
Wie gesagt: Meine These war zu allgemein, jedoch bin ich davon überzeugt, dass zwischen Staat und Kirche eine direkte Wechselwirkung besteht. Bleibt zu untersuchen, wie stark sich beide beeinflussen. Auf jeden Fall räume ich diesem Faktor mehr Einwirkung auf die Kirchen ein als der demographischen Entwicklung.
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