Ich setze mal voraus, dass der recht ausführliche Artikel "Spiritualität" aus Wikipedia *http://de.wikipedia.org/wiki/Spiritualit%C3%A4t gelesen wurde. Im Grunde ist Spiritualität das Ausleben der geistig-religiösen Haltung in allen Lebenslagen. Besonders natürlich in der Gemeinde.
Speziell "evangelische Spiritualität" gibt es wohl nicht als definierten Begriff. Man könnte, ähnlich wie in Wiki eine Umfrage ausschließlich unter Protestanten durchführen und käme so zu einem Meinungsbild. Ich schreibe mal, was ich (evangelischer Christ, aktives Gemeindeglied, vormals mit anderen im Kirchenvorstand = Presbyterium) darunter verstehe:
Mir erscheint wesentlich, Gemeinschaft zu erleben, damit Dienen nicht zur Fron wird, sondern etwas Erfüllendes, Sinnvolles, Motivierendes (Beispiel: fröhliche Feste, Gesprächskreise, Gottesdienste, Krankenbesuche, Betreuung von Randgruppen). Unsere Spiritualität orientiert sich demnach an dem Gebot der Nächstenliebe und den Ausführungen der Bergpredigt. Ich denke, darin unterscheiden wir uns auch von den römisch-katholischen Glaubensgeschwistern; denn dort wird die Kreuzestheologie und die Verehrung der Gottesmutter mehr in den Vordergrund gerückt.
Ferner halte ich für typisch evangelisch: Bibelkreise, Themenkreise z. B. "Verantwortung", "Konziliarer Prozess", "Ökumene", "Wirtschaften für das Leben" und ähnliche (s. u. Nr. 2).
Schaun wir mal in der Reihenfolge der durch Umfrage gefundenen Ausdrucksformen nach Wikipedia:
- Gebet, Gottvertrauen und Geborgenheit
Nun gut, das ist auf protestantischer Seite nicht anders.
- Erkenntnis, Weisheit und Einsicht
Hier spielt eine gewisse Verkopftheit (Vorwurf) einschließlich wissenschaftlicher Aufarbeitung eine Rolle, die in Workshops auch unters Volk gebracht wird. Diese wissensbasierte Vorgehensweise dürfe ziemlich evangelisch sein (mein subjektiver Eindruck, hängt womöglich mit meiner Funktion als Presbyter zusammen)
- Transzendenz-Überzeugung
Wir sind uns bewusst, dass alle Aussagen dazu bestenfalls symbolischen, bildhaften Charakter haben. Es ist der/m Einzelnen überlassen, wie viel sie/er davon an sich heran lässt.
- Mitgefühl, Großzügigkeit und Toleranz
Deren Einübung ist nicht spezifisch evangelisch, sondern gemeindliche Praxis in allen christlichen Gemeinden.
- Bewusster Umgang mit anderen, sich selbst und der Umwelt (entspricht im weitesten Sinne einem achtsamen Umgang auf horizontaler Ebene)
- Ehrfurcht und Dankbarkeit
Die beiden vorstehenden Punkte werden bei uns sehr betont, dürften aber allgmein christliche Praxis sein.
- Gleichmut und Meditation.
sind nicht typisch christlich, werden aber in Workshops und Vorträgen gelehrt und praktiziert für die, welche wollen.
Soviel erst mal! Vielleicht ergeben sich in der Diskussion noch spezifische Vorgehens- und Verhaltensweisen.