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Der neue Palästinenserpräsident Mahmud Abbas
#1
Entspannter, hoffnungsvoller

Der neue Palästinenserpräsident Mahmud Abbas genießt im Westen großes Vertrauen - ein wesentlicher Grund für seine Popularität im Volk


Von Gisela Dachs für ZEIT.de

Am Tag nach der Wahl sähen die Menschen in Gaza irgendwie anders aus, behauptet Amin Dawwas. „Die Gesichter sind entspannter, hoffnungsvoller“, fügt er hinzu. Der 41-jährige Palästinenser aber weiß natürlich, dass es sein neuer Präsident nicht leicht haben wird. Dass dessen künftige Aufgabe eine „äußerst schwierige Mission“ sei, war schon vor dem Urnengang klar. Machmud Abbas alias Abu Masen muss eine korrupte Autonomiebehörde reformieren, die verschiedenen – zum Teil sogar miteinander rivalisierenden - Sicherheitskräfte unter ein Kommando stellen, dem Waffenchaos ein Ende bereiten, Verhandlungen mit Israel aufnehmen. Kurz: Den Menschen wieder eine Zukunft bieten.

Abbas hat nun zumindest das Mandat bekommen, die Dinge mit entschiedener Hand anzupacken. Sein relativ hoher Sieg von 66,4 Prozent (vorläufige Ergebnisse) und eine Wahlbeteiligung von 70 Prozent verleihen ihm eine Legitimität, wie sie kein Herrscher in der arabischen Welt genießt. Die Palästinenser sind stolz darauf, dass bei ihnen niemand verdächtige 99,9 Prozent der Stimmen bekam. „Wir wollen ein Beispiel abgeben, dass es in der Region auch anders geht“, sagt der unabhängige Wirtschaftsberater Salah Abdul Shafi. Bisher ist ihnen das gelungen.

Trotz mancher Ungereimtheiten – so wurden etwa die Öffnungszeiten der Wahllokale um zwei Stunden verlängert, als sich am Nachmittag herausstellte, dass viele Menschen noch nicht zur Wahl gegangen waren – lässt sich die Abstimmung im Großen und Ganzen als demokratisch bezeichnen. Die Parlamentsabgeordnete Hanan Ashrawi redet von einem „neuen Weg der Demokratie“, bei dem die Repräsentanten des Volkes zur Rechtfertigung für ihre Politik gezogen würden. Auch das ist neu in der arabischen Welt, wo sich die Machthaber für die Ewigkeit einrichten.

Die palästinensische Gesellschaft aber war immer schon ein wenig demokratischer gewesen als die anderen in der arabischen Welt. Dazu hat das Beispiel Israel beigetragen, aber auch die jahrzehntelange Erfahrung, sich unter Besatzungsbedingungen und ohne eigene Autorität zu organisieren. Es gibt viele Menschenrechtsorganisationen, deren Direktoren zwar öfter unter Druck gesetzt wurden, aber nie – wie in den arabischen Nachbarländern - umgebracht wurden. Auch die Rolle der Frau ist fortschrittlicher in Palästina als anderswo. Von hier zu einer echten Demokratie jdoch ist der Weg noch weit. Aber ein Anfang ist gemacht.

Abbas genießt in der westlichen Welt großes Vertrauen und genau das ist auch einer der Gründe für seine plötzliche Popularität. Vor allem in den ärmeren Wohnvierteln konnte er viele Stimmen sammeln. Dort hofft man auf Arbeit, ein regelmäßiges Einkommen, ein funktionierendes Gesundheitssystem. Die bewaffnete Intifada hat nur das Gegenteil gebracht. Deshalb hat Machmud Abbas, der sich klipp und klar gegen die Intifada ausgesprochen hat, eine Chance bekommen. Um sie zu nutzen, muss er sofort die Ärmel hochkrempeln.

© ZEIT.de, 10.01.2005
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Der neue Palästinenserpräsident Mahmud Abbas - von ExAdmin - 10-01-2005, 21:29
[Kein Betreff] - von Aysha - 11-01-2005, 00:27
[Kein Betreff] - von Gerhard - 18-01-2005, 21:46

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