05-03-2018, 12:38
(05-03-2018, 00:13)Kunigunde Kreuzerin schrieb: Ich verstehe nicht hundertprozentig, warum Du so auf dem Satzschluss „außer mir“ insistierst. Soweit ich mittlerweile weiß, ist das koptische Manuskript, welches Logion 71 enthält, an dieser Stelle beschädigt und der Satzschluss „außer mir“ ist nur eine ungesicherte Rekonstruktion. Irre ich mich da? (siehe letzte Zeile unterm Link)
*http://www.gnosis.org/naghamm/GTh-pages/th_scan/14.jpg
Tut Bion doch gar nicht? Er bezeichnete die Deutung als "ausser mir" als "recht willkürlich vorgenommen".
(05-03-2018, 00:13)Kunigunde Kreuzerin schrieb: Mir scheint, dass an dieser Stelle dann aber das weniger große, aber immer noch erhebliche Problem auftaucht, nämlich wie ich vom gesicherten Textbestand von Logion 71 wieder zum Markusspruch zurückkomme. Letztendlich, um mal sinnbildlich zu sprechen, borgt sich die herrschende Meinung doch beim Thomasevangelium nur die Struktur, um sie mit dem Inhalt von Markus wieder aufzufüllen, wodurch das Problem der falschen Zeugen aufgehoben ist, was auf den ersten Blick wie ein aalglatter Zirkelschluss aussieht.
Da es in diesem Gebiet schlicht an eindeutigem Material mangelt, bleiben die meisten texthistorischen Rekonstruktionen auf diesem Niveau. Es bleibt gar nichts anderes uebrig als die Puzzle-Stuecke so lange herumzuschieben, bis man sie in einem Bild hat, von dem man meint, dass es passt. Eine Sicherheit, dass die Interpretation nicht trotzdem falsch ist, auch wenn man zufaelligerweise alle Praemissen korrekt gewaehlt hat, ist nicht gegeben. Die Praemissen sind natuerlich hier auch nicht gesichert.
Der Zirkelschluss ist dann gegeben, wenn man die Annahme, das Thomas-Evangelium sei aelter als das Markus-Evangelium, durch die Interpretation der Textentwicklung als gesichert annehmen wuerde. Das tut aber zumindest hier im Moment gerade keiner.