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Hildegard von Bingen (heiteres Gedicht)
#33
(29-11-2017, 14:33)Georg C. Peter schrieb: Habe gerade gelesen, dass Hildegard von Bingen einige Nahrungsmittel als "Küchengifte" bezeichnet hat,
z.B.Pflaumen, Pfirsiche, Lauch, Erbeeren und Schweinefleisch.
Weiß da zufällig jemand etwas darüber? 

Ich habe mich auf die Suche nach den entsprechenden Textstellen gemacht. Zu finden sind diese in der Patrologia Latina von Migne.

Pflaumen

"Pflaumenbaum
Es ist schädlich und gefährlich, die Frucht dieses Baumes zu essen, sowohl für einen gesunden wie für einen kranken Menschen, weil sie den Melancholiestoff im Menschen hoch jagt und in ihm die sauren Säfte vermehrt und alle Seuchen aufwallen lässt, die in ihm vorhanden sind. Ein Pflaumenessen ist also so gefährlich wie (das Essen) von einem Giftkraut. Will daher jemand diese (Frucht) essen, so esse er davon nur mäßig. Wenn er nämlich gesund ist, wird er dieses Essen irgendwie überwältigen." (PL 197, 1224 C)

Pfirsiche

"Pfirsichbaum
Die Frucht dieses Baumes zu essen taugt weder für einen Gesunden noch für einen Kranken, weil sie die gute Säftemischung im Menschen zerstört und Schleim in seinem Magen erzeugt." (PL 197, 1221 A)

Beides ist Unsinn, wie die Erfahrung zeigt.

Lauch

"Lauch hat eine rasche und unnütze Wärme in sich, etwa wie bei einem Wassertrieb der Bäume, der rasch aufschießt und rasch vergeht. Dem Menschen macht er ruheloseste Sinnengier. Roh ist er dem Menschen so widerlich und schlecht zu essen wie eine nutzlose Giftpflanze, weil er das Blut und die menschlichen Safte in das Gegenteil verkehrt, das heißt einen Wirbel erregt, so dass durch ihn das menschliche Blut nicht mehr recht wächst und die Faulsäfte sich nicht mehr reinigen." (PL 197, 1162 C)

Die "ruhelose Sinnengier", die der Lauch angeblich verursacht, wird wohl der Grund für Hildegards Ablehnung dieses schmackhaften Gemüses gewesen sein.

Erdbeeren

"Die Erdbeer führt zur Schleimbildung im Menschen, der sie verspeist, und sie taugt zu keinem medizinischen Zweck. Auch ihre Früchte, die Erdbeeren, machen eine Art Schleim in dem Menschen, der sie isst, und zum Essen taugen sie weder für die gesunden noch für die kranken Menschen, weil sie dicht am Erdboden und sogar in faulender Luft wachsen." (PL 197, 1194)

Die Begründung, warum Erdbeeren schädlich sein sollen, ist doch recht eigenartig. Im Allgemeinen überstehen Konsumenten die jährliche Erdbeersaison doch unbeschadet. Dass beim Erdbeergenuss fallweise Allergien auftreten, wäre für nahezu jedes Lebensmittel gültig. 

Schweinefleisch

"Jene Tiere, die andere fressen und von verdorbener Nahrung sich nähren und auch in der Nachkommenschaft viele Junge bekommen, wie etwa der Wolf, der Hund, das Schwein, widersprechen der menschlichen Natur genau wie die Unkräuter, weil der Mensch so etwas nicht tut. Das Vieh aber, das reine Nahrung frisst, zum Beispiel Gras und ähnliche Weidekräuter, und auch in der Nachkommenschaft nicht viele Junge hat, ist für den Menschen gut zu essen wie gute und nützliche Heilkräuter." (PL 197, 1312 B)

"Das Schwein ist warm und hat ein hitziges Wesen und ist schleimig, da es durch keine Kälte gereinigt wird. Es ist auch etwas eitrig und immer fressgierig und achtet darum nicht auf das, was es frisst und frisst zuweilen auch Unsauberes. In seiner Gier ist es wie ein Wolf, der die übrigen Tiere zerreißt. Und außerdem hat es auch ein hündisches Wesen, weil es wie der Hund gerne um den Menschen weilt. Es ist ein unsauberes Tier, weshalb sein Fleisch nicht gesund, sondern quälend und weder Gesunden noch Kranken gut zu essen ist. Es mindert nämlich weder Schleim noch andere Schwächen im Menschen, sondern vermehrt sie, da seine Wärme sich der menschlichen Wärme vereinigt und im Menschen sittliche Stürme und stürmische Taten weckt, die durchaus nicht gut sind." (PL 197, PL 1325 C)

"Aber ein stark heruntergekommener Mensch, der an seinem Leib hinfällig und dürr ist, esse vom Fleisch eines jungen Schweines, solange er kraftlos ist, damit er von dessen Wärme sich eigene Wärme erwerbe. Ist er wieder genesen, esse er weiterhin nicht mehr davon, weil es schließlich doch nur das Siechtum in ihm nähren würde." (PL 197, PL 1326 A)

"Wer am Leib schon fast dahingeschwunden ist, der esse oft von gekochter Schweineleber; das belebt ihn, labt und stärkt." (PL 197, PL 1426 A)


Was Schweinefleisch betrifft, ist Hildegard nicht konsequent. Einerseits lehnt sie den Genuss von Schweinefleisch ab (wobei die von ihr angeführten Gründe wohl kaum überzeugen können), andererseits empfiehlt sie es als diätetisches Lebensmittel. Eigenartig ist die Anmerkung, wonach das Schwein "auch etwas eitrig" sei. Offenbar schwingt bei ihr auch ein bisschen die Achtung vor dem alttestamentlichen Schweinefleischverbot mit, hat sie doch in ihren Texten auch jene Makkabäer lobend erwähnt, die sich lieber umbringen haben lassen, als Schweinefleisch zu essen.
MfG B.
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RE: Hildegard von Bingen (heiteres Gedicht) - von Bion - 01-12-2017, 00:34

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