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Die Kinder des Uranos, oder "Was tat Ham dem Noah an?"
#9
(04-10-2016, 21:19)WiTaimre schrieb: - Spaetere Ausleger - auf die bezogen ich von "Zeitgeist" sprach - haben ja die schon dicht besiedelte Antike um sich, die eheren am Euphrat, die spaeteren am Nil, und im Rueckblick ihre Erfahrungen mit den Voelkern der Voelkertafel, wie sie ihnen erlebbar geworden waren. Denkbar, dass sie deshalb in diese Episode ihre Entruestung hinein-deuteten.

Ich weiss nicht. Die Geschichte, um die es hier im Thread geht, beschaeftigt sich mit sehr menschlichen Empfindungen. Neid ist universal. Gerade Leute, die sowieso schon reich sind (also in Deinem Beispiel die ganze Erde zum Zugreifen haben) scheinen gerne noch etwas mehr haben zu wollen. Es gibt nur wenige Menschen, die sagen, sie haetten genug, und die meisten davon haben fast nichts.

Wir sollten aber nicht vergessen, warum die Rabbiner in frueheren Zeiten zu Interpretationen wie homosexuellen Handlungen oder Kastration griffen: die Frage, warum denn gerade der vierte Sohn des "Uebeltaeters" bestraft wurde und sonst niemand. Ausserdem habe ich manchmal das Gefuehl, dass den Rabbis oft bewusst war, wo diese Geschichten eigentlich herkamen (z.B. auch, dass das Buch Esther eigentlich mit Ischtar und Marduk verbunden ist); daher mein Hinweis auf Uranos im Titel.

(04-10-2016, 21:19)WiTaimre schrieb: - mir scheint nur, dass der Zeit-Geist um die jeweiligen Ausdeuter wirklich eine Rolle spielt - um auf die heutige Zeit zu kommen, die ja schon gar keine Tabus im Reden und Spekulieren mehr kennt, zuerst etwas an der Stelle auf Hebraeisch nicht Gesagtes in der Uebersetzung zu verschieben, damit es etwas "skandaloeser" klingt, um dann aus einer simplen Respektlosigkeit (bei der noch-verbreitet hohen Respektierung der Aelteren im Orient ist das auch heut noch keine Nebensache) eine "grosse Schande" zu basteln, bis hin zur "Entmannung"

Hierzu zwei Anmerkungen: ich glaube nicht, dass die "Alten" wirklich so schamhaft waren; gerade das scheint mir doch ein eher spaeteres Phaenomen zu sein. Alle Voelker der damaligen Zeit hatten Sagen, die Kastration enthielten, und irgendwie ehrabschneidend scheint das nicht gewesen zu sein. Es ging dabei eher um Handfestes: Erbschaften halt, oder verschmaehte Liebe.

Zum anderen vergisst eine Beschwerde ueber "nicht im Hebraeischen Gesagtes", dass das teilweise Idiome sind, die ganz eindeutig in diesem Sinne gebraucht werden (ich habe nicht umsonst Leviticus zitiert), und natuerlich gibt es schon seit Jahrtausenden in der juedischen Tradition Pescherim und Midraschim, die genau das Vorgeworfene machen: Dinge zum Text hinzufuegen, die dort nicht stehen, um die eigentliche Bedeutung hinter dem Text zu finden.

(04-10-2016, 21:19)WiTaimre schrieb: - Mein "konservatives" Anliegen ist wirklich, den guten "alten Noah" gut sein zu lassen, aktiv und passiv (auch in der Hinsicht, was ihm sein eigner Sohn damals angetan haben soll - auch das waere seinem Gedenken als gedachtem 1 Vater aller heutigen Menschen, auch unser, dem der Bund versprochen wurde, niemals mehr alle Menschen auszuloeschen, abtraeglich) und nicht alle so paranoid herunterzuziehn - auch nicht den Völker-Vater Ham, oder das "arme, unschuldig bestrafte" Baby-Kanaan (also eben kein "Perversions-Skandal mit reflektiv unfairer Rache")

Waehrend ich das Gefuehl einerseits verstehen kann, so liegt es halt in der Natur des Menschen, Dinge zu erforschen und zu hinterfragen. Gerade hier hat die Kanaan-Sache aber schon Generationen von Menschen stutzen lassen, wie man an den rabbinischen Kommentaren erkennen kann.

(04-10-2016, 21:19)WiTaimre schrieb: - es war eine Erzaehlung "mit Moral" in Hinsicht aufs Besaufen, das bei Geretteten evtl "typisch" nachher passiert, eine Anregung, einander zu hueten - in Hinsicht auf daraus resultieren koennende Schaeden an der sozialen Eintracht

Dieses Element ist sicherlich auch zu finden. Allerdings sollte man nicht ignorieren, dass eine der Hauptanliegen der Geschichte war, zu erklaeren, warum es vollkommen okay war, die Kanaaniter zu versklaven; und gerade in diesem Punkt laesst die Begruendung zu wuenschen uebrig und fuehrt zu Nachfragen.
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RE: Die Kinder des Uranos, oder "Was tat Ham dem Noah an?" - von Ulan - 05-10-2016, 09:36

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