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Christentum und Rhetorik, eine gelungende Verbindung?
#9
@Bion: Der Hinweis auf Augustinus Buch "De doctrine Christiana" fand ich gut. Daran hatte ich auch gedacht, da ja Augustinus  Rhetoriklehrer gewesen war. Ein anderer bisher nicht genannter Autor- der Augustinus zeitlich voranging, war Laktanz, der ebenfalls wie Augustinus Rhetoriklehrer (in Nordafrika) war und zu den lateinischen Kirchenvätern ebenso gezählt wird. In seinem Buch "Divine institutes" (ich gebrauche hier den englischen Titel, weil es bisher keine deutsche Gesamtübersetzung dieses Werkes von ihm gibt, wohl aber eine englische Übersetzung) kommt Laktanz auf das Verhältnis von Rhetorik und Wahrheit im dritten Buch dieses Werkes zu sprechen und setzt sich hierbei (auch) mit Cicero auseinander. Manche sahen ja in Laktanz einen "christlichen Cicero" (Cicero christianus). Cicero ist ja für Augustinus und Laktanz ein wichtiger Bezugspunkt. Ob wiederum Augustinus Laktanz Werk (Divine institutes) gelesen hat usw, weiß ich momentan nicht. Mich würde aber interessieren, falls ja, wie er Laktanz Rhetorikverstänis beurteilt.

Was die Rhetorik und den Verlust ihrer Bedeutung in Rom anbetrifft, kann ich nur sagen, dass ich das auch soweit sehe. Dennoch ist die Rhetorik aber nie ganz verschwunden, sondern in kulturelle Nischen des römischen Reiches eher ausgewandert. Im römischen Kaiserreich hatte die Rhetorik dennoch eine gewisse kulturelle Funktion, z.B. was Lobreden auf den Kaiser usw. anbetrifft, aber sie hatte halt nicht mehr die politische Funktion diese sie früher zu Zeiten der Republik hatte, soweit ich sehe.

Was die Bewertung der Rhetorik anbetrifft seitens der christlichen Prediger kann ich auch hier diese Sichtweise gut nachvollziehen, da ja Gott/die Wahrheit keiner kunstfertigen Rede usw. bedarf. Allerdings gibt es aber christliche Autoren wie Gregor von Nazianz oder Johannes Chrysostomos deren Predigten sind durchaus rhetorisch, und ich vermute auch, dass dies für Augustinus Predigten zutrifft. Wie lässt sich das in Einklang bringen? Sollte man das als Widerspruch ansehen? Also in dem Sinne, dass bei aller kritischen Einschätzung der Rhetorik seitens der Prediger, dennoch auf eine gewisse (christliche) Rhetorik zurückgegriffen wird (und das heißt evtl. auf rhetorische Kunstgriffe bei Nazianz oder Chrysostoms?).

Was die (neu)platonischen Philosophen  anbetrifft, kann man auch den Eindruck haben, dass sie Platon in seiner Beurteilung folgen (man lese z.B. Plotin) . Allerdings gibt es ja Philosophen wie Cicero oder auch Apuleius, die sich als platonische Philosophen verstanden und dennoch ein positives Verhältnis zur Rhetorik hatten. Das waren aber heidnische platonische Philosophen. Vielleicht sollte man davon noch christlich-platonische Philosophen unterscheiden wie Augustinus z.B.

Ich muss allerdings anmerken, dass hier die Aristoteliker völlig aus der acht gelassen worden sind. Soweit ich sehe, haben die ja ein eher positives Verhältnis zur Rhetorik, da ja Aristoteles selbst eine "Rhetorik" verfasste.

Es ist jedenfalls ein interessanter Aspekt der christlichen Geschichte, wenn man sie im Hinblick auf das Thema Rhetorik reflektiert.
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RE: Christentum und Rhetorik, eine gelungende Verbindung? - von Philosophist - 12-03-2016, 02:36

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