Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
hiob
#1
zur geschichte um hiob scheint es ja doch einiges zu sagen zu geben - da sie aber imho damit, daß "gott aus liebe straft", nichts zu tun hat, sollte man diese diskussion um hiob vielleicht aus dem genannten thread herausziehen. ich tu das jetzt einfach mal willkürlich:

(14-08-2010, 08:43)d.n. schrieb: Also für mich ist hier eine "Interpretation" nichts anderes als der Versuch, die Verbrechen, die hier zwei "höhere Wesen" an einem (aus Gottes sicht) Schutzbefohlenen begehen, mit Gedankenkonstrukten "wie das wohl gemeint ist,..und Gottes Wege sind unergründlich,..usw..usw" schönzureden..

Meine ganz persönliche Meinung ist, daß das so klingt wie bei einem Verteidiger, der vor Gericht die Gräueltaten seines Mandanten mit seiner "unglücklichen Kindheit, seiner Einsamkeit,..usw..usw, entschuldigen will.

natürlich ist die geschichte um hiob mehr als nur eine abenteuerstory um die wette zweier zynischer menschenverächter (so die nackte inhaltsangabe in wertender sprache aus heutiger sicht). selbstverständlich hat sie noch eine andere bedeutungsdimension, wurde sie mit einer gewissen absicht geschrieben als lehrstück - will also interpretiert werden

ich lese sie als antike durchhalteparole:

was auch immer dir geschieht, halte durch im festen glauben und vertrauen an gott, schließlich wird dein vertrauen belohnt werden

(so gesehen hätte hitler mit seinen fantasien vom endsieg für das von der vorsehung als herrenrasse auserkorene deutsche volk sozusagen "hiob" paraphrasiert)

die sache mit der teufelswette dient imho nur als dramaturgischer einstieg, ist aber nicht der aufhänger, um den sich dann die ganze geschichte dreht. auch dem antiken publikum aber mußte schon irgendeine begründung dafür gegeben werden, daß und warum kommen wird, was eben kommt - denn unter einem allmächtigen gott geschieht schließlich nichts "einfach so" und an diesem vorbei

pech nur, daß nach heutigem verständnis dieser schuß nach hinten losgeht und gott als menschenverachtenden zyniker hinstellt. damals hat man das nicht so gesehen: wird hiob doch zum schluß belohnt mit besitz "mehr denn zuvor"

daß dafür verwandte und bedienstete über die klinge springen mußten, ist aus zeitgenössischer sicht nicht weiter schlimm. waren sie doch auch bloß "besitz" und wurden ja nicht als eigenständige menschen mit eigener und in sich begründeter würde wahrgenommen, geschweige denn mit menschen- und persönlichkeitsrechten

hiob ja auch nicht. er ist "besitz", also spielmasse, gottes, der mit ihm tun und machen kann, was auch immer er beliebt - ohne skrupel oder gar rechenschaftspflicht. der antike mensch ist nicht eigenverantwortliches subjekt, sondern immer nur objekt der gnade (wenn er glück hat) oder willkür der mächtigen - von denen gott der oberste ist und willkür wie gnade nach gutsherrenart verteilt

daß wir das heute anders sehen und uns die geschichte um hiob daher so abstößt, ist verständlich. wir sollten aber bei aller entrüstung um den mit menschenleben zockenden jahwe und schon gar nicht bei aller wohlwollenden interpretiererei in bezug auf diese geschichte eines nicht vergessen:

das bild vom menschen nicht als eigenverantwortliches, aus sich heraus mit würde und unveräußerlichen rechten ausgestattetes subjekt, sondern ausschließlich als objekt der gnade oder willkür gottes zieht sich als roter faden durch die gesamte bibel - inklusive nt. sie ist die grundlage des christentums, begründet die notwendigkeit der erlösung (beginnend beim sündenfall und noch lange nicht endend bei christi kreuzestod)

auch wenn immer wieder der plumpe versuch gemacht wird, unser heutiges verständnis von menschenrechten und -würde als ausfluß christlichen gedankenguts zu vermarkten, so sollten wir uns dieser roßtäuscherei nicht ergeben: christenglaube ist im kern mit dem konzept einer dem menschen immanenten unveräußerlichen würde samt rechtsanspruch, die nicht erst von irgendeiner höheren instanz auf dem gnadenwege gewährt werden müßte, unvereinbar
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
hiob - von petronius - 14-08-2010, 09:36
RE: hiob - von Karla - 14-08-2010, 11:31
RE: hiob - von Karla - 14-08-2010, 11:44
RE: hiob - von petronius - 14-08-2010, 14:49
RE: hiob - von Ekkard - 14-08-2010, 15:53
RE: hiob - von Der-Einsiedler - 14-08-2010, 15:57
RE: hiob - von Ekkard - 14-08-2010, 16:28
RE: hiob - von petronius - 14-08-2010, 17:22
RE: hiob - von Ekkard - 14-08-2010, 21:59
RE: hiob - von petronius - 15-08-2010, 15:18
RE: hiob - von Karla - 14-08-2010, 19:02
RE: hiob - von petronius - 15-08-2010, 15:14
RE: hiob - von Der-Einsiedler - 14-08-2010, 16:52
RE: hiob - von Der-Einsiedler - 14-08-2010, 19:08
RE: hiob - von Theodora - 15-08-2010, 17:12
RE: hiob - von petronius - 15-08-2010, 19:40
RE: hiob - von alwin - 15-08-2010, 18:25
RE: hiob - von Theodora - 15-08-2010, 20:34
RE: hiob - von petronius - 15-08-2010, 20:37
RE: hiob - von Theodora - 15-08-2010, 20:50
RE: hiob - von petronius - 15-08-2010, 22:01
RE: hiob - von d.n. - 15-08-2010, 21:12

Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Hiob (Job, Ijob) Bion 16 25141 11-11-2009, 13:23
Letzter Beitrag: petronius

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste