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Eine Sufigeschichte
#1
Eine Geschichte die ich eben wieder gefunden habe und mit euch teilen möchte

Ein Atheist ging in den einsamen Wäldern Kanadas spazieren. „Was für majestätische Bäume, was für kraftvoll schäumende Flüsse“, dachte er, „was für schöne Tiere!“ Als er am Fluss entlang ging, hörte er ein Rascheln in den Büschen hinter sich. Er wandte sich um und sah einen zwei Meter hohen Grizzly-Bär, der auf ihn zu stürmte. Der Mann rannte so schnell er konnte. Er sah über die Schulter zurück und bemerkte, dass der Bär näher kam. Als er nochmal zurückblickte, war der Bär ganz nahe hinter ihm. Und dann strauchelte er und fiel zu Boden. Er rollte sich auf die andere Seite, um wieder aufzustehen, als er den Bären direkt über sich erblickte, wie dieser mit der linken Pranke nach ihm griff und die rechte zum Schlag erhob. In diesem Moment schrie der Atheist auf: „O mein Gott!“ - Die Zeit stand still. Der Bär erstarrte. Schweigen legte sich über den Wald. Ein helles Licht leuchtete auf den Mann, und eine Stimme ertönte vom Himmel herab: „Du verleugnest meine Existenz seit all diesen Jahren, du redest anderen ein, dass ich nicht existiere, und du führst sogar die ganze Schöpfung auf einen kosmischen Zufall zurück. Erwartest du etwa nun von mir, dass ich dir aus dieser misslichen Lage heraushelfe? Soll ich dich etwa für einen Gläubigen halten?“ Der Atheist blickte direkt in das Licht hinauf und sagte: „Es wäre wohl eine ziemliche Heuchelei, wenn ich dich bitten würde, mich jetzt als einen Christen zu behandeln, aber könntest du vielleicht den Bären in einen Christen verwandeln?“ „Meinetwegen“, sagte die Stimme. - Das Licht erlosch. Die Geräusche des Waldes kamen zurück. Und dann ließ der Bär seine rechte Pranke sinken, legte seine beiden Pranken zusammen, beugte sein Haupt und sprach: „Herr, segne diese Mahlzeit, die mir dank deiner Großzügigkeit beschert werden soll durch Christus unseren Herrn, Amen.“

Der Bär war ein Christ geworden, aber keineswegs ein Nachfolger von Christus. Christus war kein Christ und Buddha war kein Buddhist. Sie und die anderen Meister, Heiligen und Propheten hatten keineswegs die Absicht, Institutionen zu gründen, sondern sie gaben ein Beispiel für menschenwürdiges Leben. Sie zeigten, was es bedeutet, sich nicht mehr von seiner animalischen Natur und den darauf beruhenden sozialen Fassaden beherrschen zu lassen. Denn ein Grizzly, der als christlich geltende Sitten und Ansichten entwickelt hat, bleibt trotzdem nur ein Raubtier, das im Schutz dieser Fassade seinen Instinkten folgt.

Keiner der Propheten wollte eine neue Religion gründen. Ihnen ging es darum, die religio - d.h. die Rückverbindung zum schöpferischen Prinzip, zum Ursprung aller Kreativität - in der von ihnen vorgefundenen Tradition wiederzubeleben. Denn die religio lässt sich nicht dauerhaft in Weltanschauungen und sozialen Gebräuchen einsperren - sie stirbt in solchen Käfigen. Und deshalb finden wir sie selten in den Ansichten und Gebräuchen der verschiedenen Religionen, sondern in den Idealen, für welche die Meister, Heiligen und Propheten eingetreten waren, und in ihrem beispielhaften Leben, das uns auch nach Jahrhunderten noch begeistern kann.

Indem wir uns auf diese großen Wesen einstimmen, bauen wir mit Herz und Geist eine Brücke, über die ihre Inspiration und geistige Führung zu uns kommen kann. So geben wir uns selbst die Chance, mit unserem Leben mehr zu verkörpern als ein sozial angepasstes Raubtier zu sein.

Aber was sie uns geben können, das sind keine Glaubenssätze, sondern eine Seinsweise, eine Art zu leben, in welcher das schöpferische Prinzip aller Dinge sich selbst zum Ausdruck bringt. Wie Hazrat Inayat Khan sagte: „Das Werk eines mystischen Lehrers besteht nicht darin zu lehren, sondern zu stimmen, nämlich den Schüler so zu stimmen, dass er zum Instrument Gottes werden kann. Denn der mystische Lehrer ist nicht derjenige, welcher das Instrument spielt - er ist nur der Instrumentenstimmer. Und wenn er es gestimmt hat, dann gibt er es in die Hände des göttlichen Musikers, für dessen Spiel der Mensch das Instrument ist.“

Wenn wir uns derart auf den Grundton des Universums stimmen ließen, könnten wir wie Ibn 'Arabi ausrufen: „O Wunder! Mein Herz ist empfänglich geworden für jede Form: es ist eine Weide für Gazellen und ein Kloster für christliche Mönche, und ein Tempel für Idole und des Pilgers Kaa'ba, und die Tafeln der Thora und das Buch des Qur'an. Ich folge der Religion der Liebe: welchen Weg auch immer der Liebe Kamele nehmen, das ist meine Religion und mein Glaube.“

In diesem Sinne
Towards the one....
LG
Zahira
As Salamu Aleikhum
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Nachrichten in diesem Thema
Eine Sufigeschichte - von zahira - 13-02-2010, 23:32
RE: Eine Sufigeschichte - von Romero - 14-02-2010, 00:40
RE: Eine Sufigeschichte - von zahira - 14-02-2010, 13:43
RE: Eine Sufigeschichte - von Volere - 14-02-2010, 02:32
RE: Eine Sufigeschichte - von alwin - 14-02-2010, 16:10
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RE: Eine Sufigeschichte - von agnostik - 14-10-2010, 02:05
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