08-11-2010, 03:10
@Ekkard:
Deine sachlichen Darlegungen sind allesamt formal richtig. Herr Logemanns Verständnis von Demokratie scheint zudem in einer Weise positiv verklärt zu sein, die er so in keinem Land der Welt - am ehesten aber vielleicht noch in der Schweiz - bestätigt sehen wird. Andererseits zeigt Dein Beitrag, Ekkard, m.E. auch wiederum deutliche Schwachstellen dieses Systems, aber auch der Demokratie insgesamt. Aber das ist ja nicht das Thema.
Woran ich mich stoße, ist folgende Äußerung, die m.E. eine verklärende Übertreibung ist:
Ein solches Diktat kann niemals durch Leute ausgeführt werden, die Teil einer nicht organisierten, nicht staatlich legitimierten, und (aus parteipolitischer Sicht) ohnmächtigen Gruppe sind. Selbst ein Terrorist kann kein Diktator sein,- er hat keinerlei staatliche Legitimation, keinen Apparat, der ihm die Möglichkeit zur Diktatur erlaubt. Protest - vollkommen unabhängig von gewaltsam oder friedlich - kann nicht diktatorisch sein. Dieser Vorwurf ist also effektheischernde Polemik, die im Grunde auch einen gewissen Zynismus nicht vermissen läßt - in den von mir aufgezählten Beispiele waren es wohl eher die legitimierten Herrscher, die auf ihre Weise ein "Meinungsdiktat" durchgezogen und ihre Ziele durchgesetzt haben; in allen Fällen war keiner der Protestanten in der Lage, irgendetwas irgendwohin zu beeinflussen.
Auch was Stuttgart 21 angeht, läßt sich dieser Zynismus erkennen. Denn auch hier ist das Gegenteil der Fall. Die herrschende Klasse versucht verzweifelt, ein Projekt durchzudrücken, das sich staatlicher Legitimation entzieht - denn das Projekt ist ein anderes, als das, welches 2006 zur Abstimmung stand. Die Kostenschätzungen für dieses Projekt haben sich inzwischen verdoppelt - trotzdem wurde es nicht noch einmal dem Landtag zur Entscheidung vorgetragen. Wie jetzt eine Gruppe an Demonstranten in der Lage sein soll, diktatorische Auswirkungen hervorzurufen und dieses Projekt mittels staatsgleicher Mächte umzustürzen, und jedweden Protest mit Waffengewalt zu ersticken - das ist eine Frage, die rätselhafter nicht sein kann. Denn ebenjener Prozess des Abschirmens von Protest findet nicht seitens der Demonstranten statt (was ja auch widersinnig wäre), sondern seitens der herrschenden Klasse - logischerweise, denn kein anderer hat ein Interesse an Monismus im Bezug auf Stuttgart 21.
Du kannst ja gerne den Vorwurf eröffnen, einige Demonstranten seien brutal, gewaltbereit, etc. Den kannst Du im Übrigen auch auf die oben genannten Beispiele anwenden. Selbstverständlich widerspricht dies staatlicher Legitimationen, alles richtig (wobei m.E. Protest nicht friedlich sein muss - und es gibt Gegebenheiten, in denen friedlicher Protest absolut nutzlos ist), aber solche Verdrehung von Tatsachen ist nicht gerade sehr förderlich für Deine argumentative Linie, die ansonsten in sich schlüssig und sachlich tatsächlich ist, (auch wenn ich mit ihr nicht konform gehe).
Deine sachlichen Darlegungen sind allesamt formal richtig. Herr Logemanns Verständnis von Demokratie scheint zudem in einer Weise positiv verklärt zu sein, die er so in keinem Land der Welt - am ehesten aber vielleicht noch in der Schweiz - bestätigt sehen wird. Andererseits zeigt Dein Beitrag, Ekkard, m.E. auch wiederum deutliche Schwachstellen dieses Systems, aber auch der Demokratie insgesamt. Aber das ist ja nicht das Thema.
Woran ich mich stoße, ist folgende Äußerung, die m.E. eine verklärende Übertreibung ist:
Zitat:Wie gesagt: Meinungsbildung ja, Meinungsdiktat nein!Wer redet hier von einem Diktat? Und wie sollte das wohl aussehen? Wir brauchen hier gar nicht mal in juristischen Kategorien zu reden - bezeichnest Du wirklich heftige Demonstrationen, die mit ein paar Rentnern und Schulkindern nichts gemein haben, wie bsplw. den Bloody Sunday von 1887, den Bloody Sunday von 1972, die Demonstrationen auf dem Platz des himmlischen Friedens von 1989 als "Meinungsdiktat"? Im Falle dass ja, dann hast Du hier gehörig etwas durcheinander geworfen. Ein Diktat ist grundsätzlich eine mit Machtausübung verknüpfte Herrschaft, die Macht und Wille hat, eine einseitige, nicht selten totalitaristische Ausprägung, Interpretation, Ideologie - von Dir Meinung genannt - durchzusetzen und dies ohne jedwede Rücksichtnahme auf gegensätzliche Forderungen tut.
Ein solches Diktat kann niemals durch Leute ausgeführt werden, die Teil einer nicht organisierten, nicht staatlich legitimierten, und (aus parteipolitischer Sicht) ohnmächtigen Gruppe sind. Selbst ein Terrorist kann kein Diktator sein,- er hat keinerlei staatliche Legitimation, keinen Apparat, der ihm die Möglichkeit zur Diktatur erlaubt. Protest - vollkommen unabhängig von gewaltsam oder friedlich - kann nicht diktatorisch sein. Dieser Vorwurf ist also effektheischernde Polemik, die im Grunde auch einen gewissen Zynismus nicht vermissen läßt - in den von mir aufgezählten Beispiele waren es wohl eher die legitimierten Herrscher, die auf ihre Weise ein "Meinungsdiktat" durchgezogen und ihre Ziele durchgesetzt haben; in allen Fällen war keiner der Protestanten in der Lage, irgendetwas irgendwohin zu beeinflussen.
Auch was Stuttgart 21 angeht, läßt sich dieser Zynismus erkennen. Denn auch hier ist das Gegenteil der Fall. Die herrschende Klasse versucht verzweifelt, ein Projekt durchzudrücken, das sich staatlicher Legitimation entzieht - denn das Projekt ist ein anderes, als das, welches 2006 zur Abstimmung stand. Die Kostenschätzungen für dieses Projekt haben sich inzwischen verdoppelt - trotzdem wurde es nicht noch einmal dem Landtag zur Entscheidung vorgetragen. Wie jetzt eine Gruppe an Demonstranten in der Lage sein soll, diktatorische Auswirkungen hervorzurufen und dieses Projekt mittels staatsgleicher Mächte umzustürzen, und jedweden Protest mit Waffengewalt zu ersticken - das ist eine Frage, die rätselhafter nicht sein kann. Denn ebenjener Prozess des Abschirmens von Protest findet nicht seitens der Demonstranten statt (was ja auch widersinnig wäre), sondern seitens der herrschenden Klasse - logischerweise, denn kein anderer hat ein Interesse an Monismus im Bezug auf Stuttgart 21.
Du kannst ja gerne den Vorwurf eröffnen, einige Demonstranten seien brutal, gewaltbereit, etc. Den kannst Du im Übrigen auch auf die oben genannten Beispiele anwenden. Selbstverständlich widerspricht dies staatlicher Legitimationen, alles richtig (wobei m.E. Protest nicht friedlich sein muss - und es gibt Gegebenheiten, in denen friedlicher Protest absolut nutzlos ist), aber solche Verdrehung von Tatsachen ist nicht gerade sehr förderlich für Deine argumentative Linie, die ansonsten in sich schlüssig und sachlich tatsächlich ist, (auch wenn ich mit ihr nicht konform gehe).
“I love to play with kids; they’re easy to cheat and fun to beat.” –Fran Lebowitz

