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Rassismus
#53
(30-10-2010, 16:05)agnostik schrieb: Oder nimm die Ballade von den Goten: Gebt Raum ihr Völker unserem Schritt:

...bis wir im fernen grauen Meer die Insel Thule finden.
Das soll der Treue Insel sein, dort gilt noch Eid und Ehre ...


Ich habe gestern eine Weile rumrecherchiert, dann hier einen etwas längeren Beitrag geschrieben, und der PC blieb hängen. Ich musste aus dem Programm raus, und der Beitrag war futsch. Leider schreibe ich nicht immer alles bei Word vor.

Ich werde jetzt aber versuchen, noch einmal zu schreiben, was ich rausgefunden hatte. Es ist leider nur fragmentarisch, da ich nie auf die Idee gekommen war, "Ein Kampf um Rom" von Felix Dahn zu lesen und mir so kein eigenes Bild machen kann. Aber jedenfalls in diesem Roman stehen diese "Gotenlieder", von denen das von Dir zitierte wohl am Ende des Romans steht.

Für mich ist in solchem Falle immer die wichtigste Frage: In welcher Situation wurde das geschrieben, welche Botschaft sollte es transportieren, wie wurde es von den Zeigenossen selbst aufgefasst.


Erst mal zu Felix Dahn:
er war unter anderem Historiker und hat viele Bücher über die Völkerwanderung und die Germanen geschrieben. Laut Wikipedia scheinen diese historischen Werke heute brauchbar geblieben zu sein.
Professor war er allerdings in Rechtswissenschaften.
http://de.wikipedia.org/wiki/Felix_Dahn

In seinem Roman "Ein Kampf um Rom" aber sei er in vielem bezüglich der Goten von der historischen Realität abgewichen, da es ihm um Zeitbezüge gegangen sei. Mit anderen Worten: er habe einen historischen Stoff genutzt, um die eigene Zeit zu schildern.
http://de.wikipedia.org/wiki/Ein_Kampf_um_Rom

Das ist nicht selten so, und ich kenne eigentlich überhaupt keinen Dichter, der einen historischen Stoff aufgreift und dabei nicht - ganz unhistorisch - Probleme der eigenen Zeit abhandelt. Schiller, Shakespeare sind die Hauptbeispiele. Man muss immer auch an die Zensur denken, der man durch Historisierung zu entgehen sucht. Die Zeitgenossen verstanden das dann schon.

Das ist die eine Linie, die ich verfolgt hatte. Auf der Wikipedia-Seite zu "Ein Kampf um Rom" steht:

Zitat:Dieser Tote (der Gotenkönig Teja) drückte dem ganzen voluminösen Roman den Stempel des tragischen Niedergangs eines Volkes aus verheißungsvollen Anfängen auf (vgl. Theoderich der Große). Er wurde bereits im Wilhelminismus - durchaus im Sinn des Verfassers - als Warnung vor Überschätzung augenblicklicher Erfolge und als Dekadenzkritik rezipiert und nach dem Ersten Weltkrieg als eine eingetroffene Vorhersage für das Deutsche Reich gelesen.


Falls hier also richtig wiedergegeben wird, dass die Zeitgenossen "die letzten Goten" als eine Warnung für die damaligen Deutschen aufgefasst haben - dass sie nicht zu hoch hinaus wollen sollen, denn das gerade gegründete Reich könne auch wieder zusammenstürzen - dann liegt hier gerade keine Germanenverehrung statt.
Der von mir gefettete Satzteil besagt, dass Dahn selber das auch so beabsichtigt habe.

Selber beurteilen kann ich das nicht, aber vielleicht lese ich ja mal den Schinken oder eine Biographie über Dahn.

Es gibt aber noch eine zweite Linie, die ich verfolgt habe. Ich recherchierte u.a. nach dem Begriff "Thule". Es gibt ja die "Thule-Gesellschaft", die aber erst nach Dahns Tod gegründet wurde, und die gilt als rassistisch. Dass die Goten in ihr sagenhaftes Ursprungsland, nach Thule zurückwollen, ist an sich nicht verfänglich. Nur, die realen Goten sind in anderen Völkern aufgegangen. "Thule" ist hier also mythisch benutzt, so wie auch heute noch die Begriffe "Paradies", "Arkadien" etc. Wofür damals, 1876, der Begriff stand, wäre wichtig herauszufinden, um die Intention des Gedichtes besser zu verstehen.

Hinzu kommt, dass laut Wikipedia Felix Dahn Mitglied des Alldeutschen Verbandes war, welchselbiger als geistiger Vorbereiter des Nationalsozialismus gilt.

Letzteres wird übrigens auch oft pauschal von den Vertretern der literarischen Romantik gesagt, und das klingt dann oft so: weil die Romantiker die Natur liebten, und die Nationalsozialisten auch, haben die Romantiker den Nationalsozialismus vorbereitet.

In einigen Fällen aber stimmt es. Es ist immer individuell zu überprüfen. Und dafür gibt es für mich auch Kriterien.

Über Felix Dahn weiß ich zur Zeit zu wenig.
Aber man kann auch mal das ganze Gedicht auf sich wirken lassen, um die Intetnion herauszuspüren:


Zitat:Die letzten Goten

Gebt Raum, ihr Völker, unserm Schritt:
wir sind die letzten Goten;
wir tragen keine Krone mit:
wir tragen einen Toten.

Mit Schild an Schild und Speer an Speer
wir ziehn nach Nordlands Winden,
bis wir im fernsten grauen Meer
die Insel Thule finden.

Das soll der Treue Insel sein,
dort gilt noch Eid und Ehre:
dort senken wir den König ein
im Sarg der Eichen-Speere.

Wir kommen her - gebt Raum dem Schritt -
aus Romas falschen Toren:
wir tragen nur den König mit -
die Krone ging verloren!


Hier ist doch eine Tendenz zu spüren:
Rom als falsch, die Goten als ehrenhafte Verlierer.

Und jetzt zitiere ich ein weiteres Gotenlied dieser Gotenlieder, in der diese Tendenz noch verstärkt ist:


Zitat:Tejas Todesgesang

Erloschen ist der helle Stern
Der hohen Amalungen:
O Dietrich, teurer Held von Bern,
Dein Heerschild ist zersprungen.
Das Feige siegt, das Edle fällt,
Und Treu' und Mut verderben,
Die Schurken sind die Herrn der Welt: -
Auf, Goten, laßt uns sterben! -

O schöner Süd, o schlimmes Rom,
O süße Himmelsbläue,
O blutgetränkter Tiberstrom,
O falsche welsche Treue!
Noch hegt der Nord manch kühnen Sohn,
Als unsres Hasses Erben,
Der Rache Donner grollen schon: -
Auf, Goten, laßt uns sterben!

Vom Kaukasus bis vor Byzanz,
Welch stolzes Siegeswallen!
Der Goten Glück stieg auf in Glanz,
In Glanz auch soll es fallen.
Die Schwerter hoch, um letzten Ruhm
Mit letzter Kraft zu werben:
Fahr wohl, du freudig Heldentum: -
Auf, Goten, laßt uns sterben! -


Es käme jetzt darauf an, die Anspielung auf das "falsche Rom" zeitgenössisch zu deuten. Da bin ich im Moment überfragt. Aber das könnte klären helfen, gegen wen hier gewettert wird.
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