30-10-2010, 19:30
(30-10-2010, 16:05)agnostik schrieb: Abgesehen davon nochmal die Frage: Welche der Ideale der germanischen Helden waren denn so inakzeptabel? Oder deren Rezeption bei den Deutschen?
Mein Ausgangspunkt vorhin war: dass germanisches Heldentum als Vorbild für andere Länder wieder diene oder dienen solle.
Weshalb dieses Ideal heute für einige wieder faszinierend wirkt, kann ich nicht beantworten, weil ich die Szene da nicht kenne - ich kann es nur beantworten, falls da ein rechtsradikaler Hintergrund vorliegt, und das muss ich hier nicht erläutern.
Inakzeptabel ist es für mich darum, weil mit "Held" immer das Schwert in Verbindung steht, und weil so gut wie immer die Legitimation des Krieges - und oft eines ganz bestimmten Krieges - gemeint ist. Rechtfertigung und Verklärung also von Mord.
(30-10-2010, 16:05)agnostik schrieb: Ich rede nicht von der Nazizeit, sondern den Zeiten, als sie sich z. B. in Balladen niedergeschlagen haben:
Wenn in dem Lied: "Jung Siegfried war ein stolzer Knab...." erzählt wird, dass er sich sein Schwert selbst geschmiedet hat, ist das doch wohl kaum schlimm, und das Ende : "jetzt schlag ich, wie ein anderer Held die Riesen und Drachen in Wald und Feld" sehe ich auch nicht negativ - immerhin waren diese Riesen und Drachen damals gefährliche Ungeheuer.
Als Ludwig Uhland 1812 diese Ballade schreib, gab es keine Riesen und Drachen oder gefährliche Ungeheuer mehr... Es gab die Besatzung der deutschen Länder durch die Franzosen.
Uhland war politisch, und die Epoche, in der er lebte und schrieb - die Epoche der Romantik - ging es auch und vor allem um die Bildung einer Nation. Was ich nicht tadele, denn auch wir sind ja im Moment im Gange, ein vereintes Europa zu bilden. Damals ging es um die Vorstufe, erst mal ein vereintes Deutschland.
Ich vermag auch nicht zu tadeln, dass man sich eine Befreiung von der Besatzung durch die Franzosen ersehnte.
Überhaupt ist diese Zeit schwer einzuschätzen. Es gab das normale - und in meinen Augen akzeptable - Bedürfnis nach nationaler Autnomie. Aber es gab damals auch schon ein übersteigertes Nationalgefühl, das den Judenhass einschloss. Was Uhland betrifft, so bin ich nicht im Bilde. Aber Achim von Arnim, sechs Jahre älter als Uhland und ebenfalls zur Romantischen Schule zählend, war in seinen älteren Jahren Antisemit.
Was also das Gedicht "Jung Siegfried" betrifft, so ist die mittelalterliche Staffage eben nur Staffage. Selbst im Mittelalter gab es keine Drachen, sondern da waren die Heiden (Heiden, nicht Helden! ;)) die Drachen, denen man mit dem Schwert beizukommen suchte.
Prekär ist nur, wenn man heute analoge Lösungen durch ein sich Berufen auf die damalige Heldenmythik wieder verklären und hoffähig machen will.
