28-10-2010, 15:41
Zitat:Ekkard schreibt:
RE: Christianentum
So aus meinem Verständnis:
Das Christianentum geht von zwei zentralen Thesen aus:
1. Gott ist Teil des Menschen bzw. der Mensch ist Teil Gottes
2. Gott kann sich irren.
Die "Irrtümer Gottes" sind im Wesentlichen die Verbrechen aber auch letale Erbfaktoren oder Katastrophen.
Die meisten Thesen befassen sich nach der Suche bzw. Annäherung an Gott sowohl im Guten wie im Irrtum. Ein personifiziertes Böses, wie beispielsweise im Christentum, wird durch die 2. zentrale These ersetzt.
Die weiteren christianischen Thesen z. B. die 378 greifen Missstände, also Irrtümer Gottes auf. Sie machen auf diese aufmerksam und richten den Fokus auf die Verbesserung der Situation.
Sie sind also einerseits ein meditativer Anstoß (ein Gebet) an den göttlichen Teil im Menschen und zugleich ein gesellschaftlicher Impuls an den Einzelnen, sich auf Weg zu machen, das falsche Verhalten abzustellen.
Lieber Ekkard,
Deine prägnante Kurzanalyse des Christianentums findet meine vollste Zustimmung, ja, mehr noch, ich hätte es nicht besser sagen können. Deshalb mein Dank an Dich.
Lieder hat Deine wertneutrale Analyse auch einen bitteren Beigeschmack für mich, denn sie bestätigt, daß dem Christianentum die menschliche Wärme, die wunderbaren Emotionen, die herzzereissende Sehnsucht nach einer besseren Welt fehlt.
Ich beklage das, habe das wiederholt auch in der Vergangenheit beklagt und hoffe wahrscheinlich vergeblich auf die emotionale Wärme von Frauen. Leider haben sich Frauen auch im Christentum rar gemacht, warum sollte es beim Christianentum anders sein ?
Haben Männer ein Religions-Gen, das Frauen nicht haben oder umgekehrt ?
Die von Dir erwähnte zentrale These des Christianentums möchte ich erweitern: Gott ist Teil aller Lebewesen, bzw., alle Lebewesen sind Teil Gottes, das geht also weit über den Menschen hinaus.
Ich sehe den Menschen in diesem Zusammenhang als primus inter pares, denn den göttlichen Teil eines Bakteriums zum Beispiel ,sehe ich auf Augenhöhe mit dem göttlichen Teil des Menschen.
Der Mensch ist eben nicht das Maß aller Dinge, das bildet er sich nur ein.
Die von Dir erwähnte zweite zentrale These des Christianentums hast Du völlig durchschaut.
Die Fähigkeit Gottes, sich zu irren, ist nur eine allzu menschenbequeme Verschiebung der Frage, wie kommt das Böse in die Natur ?
Das Christianentum beantwortet diese Frage nicht.
Das Christianentum wird die Erklärung des Bösen stets umschleichen, jedoch nie erreichen.
Bis vor 4 Millionen Jahren war das Böse in der Natur unbekannt.
Jeder hat Jeden getötet, wenn er ihm als Nahrung dienen konnte und er kein Artgenosse war.
Ohne leichtsinnig zu sein, können wir Menschen annehmen, daß die Natur oder Gott diese Tatsache total normal findet.
Diese göttliche Milliarden Jahre alte Tradition, den Tod als Voraussetzung für Nahrung als total normal zu empfinden, setezn wir Menschen fort, wenn wir beim Schlachter ein Kotelett kaufen.
Und doch gibt es einen Riesenunterschied zum Tierreich: Im Menschen weiß die Natur, daß sie tötet und warum.
Dieses Wissen bringt das Böse in die Natur, wenn das Töten nicht mehr ausschließlich zum Nahrungserwerb dient.
Tiere fressen Tiere anderer Tierarten nur nach dem eingeborenen göttlichen Beuteschema.
Aus diesem von Gott vorgegebenen Tötungsschema bricht der werdende Mensch vor 4 Millionen Jahren aus.
Kain erschlug Abel, aber nicht zum Nahrungserwerb.
Plötzlich wurde der Natur bewußt, was sie tat, indem sie erkannte, daß die Gottesgeetze der ganzen Tierwelt nicht mehr für dieses seltdame Tier mit dem Bewußtsein galten.
Dieses Tier mit dem wachsenden Bewußtsein nannte sich zum Unterschied zu allen anderen Tieren Mensch.
Das bewußte Tier betrat damit ein immaterielles Reich, das vorher Gott vorbehalten war.
In diesem gedachten Reich konnte das bewußte Tier sich nicht mehr auf seine gottgegebenen Instinkte verlassen, sondern der Natur wurde bewußt, daß dieses neu erworbene Reich in Gut und Böse aufgeteilt war.
Die Natur mußte sich entscheiden, welchen Weg sie gehen wollte.
Bis heute hat sie sich aber nicht entschieden und geht beide Wege, den guten und den bösen.
Wird sie sich je entscheiden ?
Aber ja, sie entscheidet sich in jedem Menschen, an jedem Tag, in jeder Stunde, in jeder Minute, entweder für den bösen oder für den guten Weg.
Aber die Natur als Ganzes entscheidet sich nicht endgültig und eindeutig, sondern sie bastelt an einer Tendenz zum Guten, aber unterbrochen von bösen Rückschlägen.
Wie kommt das Böse in die Natur ?
Das Bewußtsein der Natur hat die Tür zum Bösen geöffnet.
Aber nur einen Spalt breit.
Danke für alles. Volker