28-10-2010, 14:59
(28-10-2010, 02:36)t.logemann schrieb: Zitat Franziskus:
Die Verharmlosung der Geschichte des Christentums ist meines Erachtens eine große Form von Leugnung der Geschichte.
Das ist nur eine Seite der Medaillie - gerne wird dabei vergessen, ob und was das Christentum in der europäischen Geschichte an Positivem hervorgebracht hat. Es ist ja auch viel bequemer auf die tatsächlich gemachten Fehler "einzuprügeln"...
Es gibt nicht nur "positiv" und "negativ" - die Frage ist immer, für wen "positiv" und für wen "negativ", für welche Gruppierung "positiv", für welche "negativ"? Festzustellen ist, dass das Christentum die hoch entwickelte antike Gesellschaft in Grund und Boden zerstört hat, die vielschichtigen (insbesondere römischen) Gesellschaftsordnung simplifiziert, und damit für eine unheimlich hohe Analphabetisierungsquote gesorgt hat. Das Frauenbild hat sich genauso radikal verschlechtert wie die tendenzielle religiöse Toleranz, die insbesondere durch den griechischen Einfluß weitesgehend Einzug gehalten hat.
Völker, die nicht derselben Religion angehörten, wurden zwangsbekehrt und wenn sie nicht positiv darauf reagierten, wurden sie gnadenlos ausgerottet. Kriege wurden mit Blick auf die Durchsetzung des Christentums ideologisiert, jedwede Abweichung vom Klerus war selbst im Mittelalter, da ein großer Teil Europa katholisch war und Luther und Calvin noch keinen Einfluß hatten, ein Casus Belli für jeden Verbündeten des Vatikanstaats.
Viele Völker, die durch Christen ausgerottet wurden, sind vergessen. Paganistische Kulturen interessieren ja sowieso keinen. Also wird dieser Gewaltakt des Christentums gerne verniedlicht. Die Tatsache, dass ganz Europa sich bei jeder noch so kleinen Gelegenheit gegen einen Staat zusammengerottet hat, wenn der mal nicht spurte, wenn ein Edikt aus dem Vatikanstaat ankam, wird ebenfalls verniedlicht. Die Terrorherrschaft dieser Religion wird weggewischt mit: "Es war ja alles gar nicht so schlecht..." Nun, das sagt ja auch niemand; Im Dritten Reich war auch nicht alles schlecht, in der DDR genausowenig. Aber das Schlechte, das Fürchterliche überwiegt nun einmal. Völkermorde, ideologische Gleichschaltung, Terror gegen die europäische Bevölkerung (Inquisitionen, die 30-40% der mitteleuropäischen Gesamtbevölkerung ausgerottet haben), Analphabetisierung, mangelnde religiöse Toleranz, der enorme christliche Einfluß auf monarchische bzw. staatliche Entscheidungen, der bis heute zu beobachten ist, nicht zu vergessen, der pathologische Hass auf das Judentum und "die Juden", der mal mehr, mal weniger zum Tragen kam; mehr dort, wo Juden im Vatikanstaat ghettoisiert wurden, weniger dort, da Päpste darauf hinwiesen, auch Juden seien Geschöpfe Gottes und man solle für ihre verdorbene Seele beten;- all dies, und noch sehr viel mehr, das ich ausführlich ohne Literatur zur Hilfe zu nehmen gar nicht darlegen kann, läßt sämtliches, was auch immer Du als "positiv" betrachten willst, verblassen.
“I love to play with kids; they’re easy to cheat and fun to beat.” –Fran Lebowitz

