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Eine Meinung
#33
EinerVonVielen schrieb:Die zentrale Frage ist doch, wer definiert denn diese Gerechtigkeit? Gerechtigkeit folgt doch einer bestimmten Spezifikation von Anforderungen an ein soziales Zusammenleben. Welches Handeln ist richtig, welches ist falsch. Wann bin ich gerecht, wann ungerecht? Und ist diese Spezifikation denn konstant? Ist sie nicht stark von der Änderbarkeit der Anforderungen, also von zeitlichen, kulturellen, gesellschaftlichen oder auch umwelttechnischen Aspekten abhängig.

Ich betrachte Gerechtigkeit als Resultat von der Einhaltung ethischer Grundsätzen.
Und - paff - widersprichst du dir in zwei aufeinander folgenden Gedankengängen. Wenn du nach der Definition eines Teils der Ethik fragst, kannst du nicht die gesamte Ethik als gegeben hinnehmen. Selbstverständlich hast du recht: Alle Teilaspekte und damit die Ethik insgesamt sind letztendlich historisch entstanden. Es ist auch richtig, dass eine Reihe von Teilaspekten der überlieferten Ethik einfach durch die Entwicklung überrollt werden: Beispiel: Genetik.
Bei konservativer Betrachtungsweise sind eine Reihe von Möglichkeiten schlicht abwegig. Vielleicht wird man diese menschgemachten Entwicklungen eines Tages verfluchen. Aber im Moment steht die Gesundung (erb-) kranker Menschen, die Züchtung wunschgemäßer Nachkommen und Ähnliches auf dem Programm - und kaum ein Ethiker kann sich diesen Überlegungen entziehen.

EinerVonVielen schrieb:Wenn Gott diese Grundsätze definiert bescheinigt dieses doch deren „Unveränderbarkeit“. Wenn sich trotzdem die Anforderungen ändern also Wiedersprüche entstehen, ist es doch vollkommend legitim nach der Wahrhaftigkeit dieser Grundsätze zu fragen.
Die Vokabel “Wahrhaftigkeit” ist m. E. irreführend. Grundsätze sind weder wahr noch falsch, denn dann gäbe es noch grundsätzlichere Aussagen. (Diese Hierarchie gibt es in der Religion tatsächlich und stellt eines der Probleme in solchen Diskussionen dar.) Sondern Grundsätze sind bestenfalls konsensfähig.

In der Religion spielt der Mythos eine wichtige Rolle. Mythen erzählen eine Geschichte, welche grundlegende Vorstellungen z.B. die Verpflichtung , das Heilige zu bewahren, nicht zu lügen usw. transportieren. Einmal verinnerlicht, werden die Grundsätze nicht mehr hinterfragbar, weil sofort die Beleidigt-Sein-Maschine anspringt, macht man auch den kleinsten Versuch in dieser Richtung.

Selbstverständlich ist Ethik wandelbar, selbstverständlich sind es die Mythen auch - aber die Frage ist wie schnell und zu welchem Ziel. Bestehen die Ziele einzig darin, partikulare Interessen zu fördern, dann neige ich dazu, auf der traditionellen Ethik und den biblischen Mythen dahinter strikt zu beharren. Und gerade in der Gentechnik-Debatte geht es für alle sichtbar um den Moloch Medizintechnik und damit um viel Geld. Es geht um unser Geld, und das, was unsere Kinder vielleicht geerbt hätten.

EinerVonVielen schrieb:... Kritische Aspekt (kann) nicht Teil des Glaubens sind. Das meine ich mit absoluter Narrenfreiheit.
Ich sehe die Abschottung schon. Aber die Vokabel signalisiert ein Missverstehen der tieferen Zusammenhänge. Man kann auch so sagen: Immer wenn religiöse Aussagen die Welt falsch im Sinne der Naturwissenschaft beschreiben, dann handelt es sich um die Erzählform des Glaubensmythos. Dessen Aufgabe entspricht der Streicheleinheit “Du bist in Ordnung” oder dem Sündenfall “Du musst an dir arbeiten”.

EinerVonVielen schrieb:Mein Ansatz war und ist, dass die Religionen Produkt menschlicher Visionen sind, die verschiedene ganz irdische Auslöser hatten, wie z.B. Ängste. Ängste vor Verfolgung, Existenzängste, Angst davor alleine zu sein, usw.
Diese Sichtweise bringt uns aber nicht weiter. An diese atavistischen Gefühle hat sich eine schier ewige Tradition angeschlossen, die viele geistesgeschichtlich wichtige Schritte vollzogen hat (erkannt hat). Die heutigen (impliziten) Handlungsanweisungen sind dermaßen komplex, meistenteils bewährt, dass ihr Verzicht eigentlich immer mit immensen Nachteilen (Leid, Tod, Krieg, Verlust) verbunden ist (Beispiel s.o.). Wir Heutigen müssen schon von einer “Offenbarung” sprechen und die tradierten Denkformen tiefernst nehmen.

EinerVonVielen schrieb:Aber für einen Außenstehenden, der nicht diese expliziten Abmachungen getroffen hat, stellt sich immer die Frage deren Berechtigung und Wahrhaftigkeit.
Tja - und was ist Wahrhaftigkeit?

EinerVonVielen schrieb:Diese Sackgasse verkörpert sich für mich auf meine Unfähigkeit mich auf der Abmachungsebene zu bewegen ohne verschiedene Aspekte kritisch zu betrachten. Das heißt, ich kann an nichts glauben, was für mich nicht logisch ist.
Das Problem ist die Logik. Logik bzw. die ihr zugrunde liegenden Regeln sind Vereinbarung. Und etwas logisch finden (eher wohl plausibel) hat mit dem persönlichen Mythos zu tun.

Naturgesetze:
Ehe du hier den Aufstand probst: Natürlich gibt es formelmäßig beschreibbare Anordnungen und damit verbundene Vorgänge, die bisher immer in einer bestimmten Weise abgelaufen sind. Aber diese Regeln bleiben geschickt gewählte und vereinbarte Regeln der dinglichen Ebene. Sie sagen buchstäblich nichts aus, über die soziale oder sonst irgendeine Relevanz in der Beziehung des Menschen zu seiner belebten und unbelebten Welt. Die Aussagen, die es gibt, stehen außerhalb der naturwissenschaftlichen Methode. Beispiel Genetik: Ob es gut ist für Menschen durch Gentechnik “gesund” gemacht zu werden, kann die naturwissenschaftliche Methode nicht heraus finden. Das fängt schon beim Gesundheitsbegriff an, setzt sich fort in der Vokabel “gut” (sein für Menschen) und endet sicherlich nicht bei der Frage “welcher Menschen?“
Wenn ich mir schon um Gottes Willen Gedanken mache, dann stellt sich wirklich die Frage: “Ist es sinnvoll, den Geber allen menschlichen Seins vom Sockel zu stoßen? Zeugt es nicht von unverantwortbarem Leichtsinn auf uralte Traditionen des Werdens und Vergehens zu verzichten, um Leben zu erhalten und zu verlängern, das ansonsten abgestorben wäre. Zeugt es nicht von einer aberwitzigen Überschätzung eines bestimmten, zahlungskräftigen menschlichen Lebens, wenn man es erhält - aber gleichzeitig in Kauf nimmt, dass sich andere um einen Laib Brot tot schlagen?“
Auf all das haben Naturgesetze keinen Einfluss - außer, dass sie gerade so beschaffen sind, dass auf Erden Leben der Kohlenstoff-Chemie existiert und über die eigene Situation nachdenken kann.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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Eine Meinung - von Gast - 20-07-2004, 01:58
RE: Eine Meinung - von Ahriman - 02-09-2007, 09:48
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