(24-08-2010, 16:15)Rao schrieb: Hab mich auch schon gewundert, warum man das alte Ägypten bis jetzt so konsequent ignoriert hat, als ob die Juden oder Griechen alles erfunden hätten... gibt es eigentlich zur Seele noch ältere Vorstellungen, altes Sumer oder so? Weiß da jemand was?
Jede Religion hat irgendwelche Jenseitsvorstellungen.
Jenseitsvorstellungen kennen selbst Primitivreligionen, die mit einer Art Weiterbestehen des Seins in einer Geisterwelt (Ahnenkulte, etc.) das Auslangen finden. Solches "Geist-Sein", das viele Religionen kennen, hat mit den, im griechischen Denken verhafteten, von Augustin bis Thomas weitergeformten christlichen Vorstellungen von der Seele nichts gemein.
Die Seele, wie sie christlich gedacht wird, ist weder ägyptisch noch jüdisch oder sonst wo vorgezeichnet.
Diese Tatsache ist auch ins Lexikon für Theologie und Kirche eingegangen. Aus dem zitiere ich:
LThK, Bd 9, S. 370f.:
Seele, philosophisch-anthropologisch:
Platon verstand den der Ideenschau fähigen Menschen als Seele. Aristoteles definierte die Seele als die erste (grundlegende) Entelechie eines natürlichen Körpers, welcher der Möglichkeit nach Leben hat. Weitere Verwirklichungen sind die Vermögen der Seele und ihre Tätigkeiten. Umstritten ist die Frage, ob das höchste Seelen-Vermögen, der Geist (Nous), Teil der Seele oder abgesonderte, unzerstörbare Substanz ist. Plotin verstand sich als Interpret Platons, übernahm aber auch wesentliche aristotelische Themen, besonders das Sich-selbst-Denken des Geistes.
Augustinus, der bedeutendste lateinische Vermittler des (Neu-)Platonismus, verstand Seele als Lebensprinzip und als dem Geistigen zugewandtes aktives Erkenntnisprinzip, das auf die glückselige Schau auf die Wahrheit ausgerichtet ist. In seiner reifen Schrift "De Trinitate" ist das Höchste der Seele, der "Geist" (mens), in seinen Bewusstseinsvollzügen Analogie der Dreifaltigkeit.
Albertus Magnus versuchte, mit rein philosophischen Argumenten die neuplatonische Vernunftsapotheose und die aristotelische Begründung der Einheit des Menschen durch die Geist-Seele zusammenzubringen. Auf der aristotelischen Linie lag der Versuch, menschliche Körperlichkeit als völlig von der Geist-Seele durchdringbar zu beschreiben.
Thomas v. Aquin vertrat die Leiborientierung der menschlichen Geist-Seele mit einer Entschiedenheit, die philosophisch selbst vor dem Zustand der "anima separata", der durch den Tod vom Leib getrennten Seele, nicht haltmachte: "Da die Seele Teil der menschlichen Natur ist, hat sie die Vollendung ihrer Natur nur durch den menschlichen Körper".
MfG B.