(14-07-2010, 22:02)Bion schrieb: ...
Das, was dazu im Eingangsbeitrag dazu angeboten wurde, reicht jedenfalls auch dafür nicht aus!
du bringst mein unbehagen auf den punkt
um auf gundis einwand zurückzukommen,was nicht zum thema passe oder so:
das thema schien mir gandhis aussage (in der formulierung durch gundi):
Alle Religionen sind gleich. Jede Religion ist ein Weg, ein "Ast deselben Baumes"
bzw. unsere meinung dazu zu sein(was gandhi nun tatsächlich gesagt oder gar gemeint hat, ist imho nicht so recht klar)
nun, meine meinung dazu habe ich gesagt und auch begründet
aber vielleicht erwartet gundi ja, daß ich auf einzelne aspekte des eröffnungsbeitrags eingehe (wie gesagt, ist mir nicht wirklich klar, was die gesamtaussage eigentlich sein soll):
Ein Besucher, der neulich hier war, fragte Gandhi, was er meinte, als er davon sprach, daß alle Religionen nicht nur wahr, sondern auch gleich seien. Aus wissenschaftlicher Sicht erschien es ihm schwerlich korrekt zu behaupten, alle Religionen seien gleich. Würde dies nicht sofort Vergleiche zwischen Animisten und Theisten auf den Plan rufen?
„Ich würde sagen, es hat keinen Sinn, einzelne Religionen zu vergleichen. Es sind verschiedene Wege. Meinen Sie, wir könnten die Sache mit anderen Begriffen klären?“
Gandhi antwortete: „Sie haben recht, sie lassen sich nicht vergleichen. Aber sogar daraus läßt sich ableiten, daß sie gleich sind
diese angebliche folgerichtigkeit erschließt sich mir in keiner weise- wenn ich etwas noch nicht mal vergleichen kann, wie will ich dann eine aussage über gleichheit machen?
der satz ist nur dann nicht in sich widersprüchlich, wenn hier mit "gleich" etwas ganz anderes gemeint ist als es dem allgemeinen sprachgebrauch entspricht. nur was - keine ahnung
Zitat:Alle Menschen sind frei und gleich geboren, aber der eine ist viel stärker oder schwächer als der andere, körperlich und geistig. Daher herrscht, oberflächlich betrachtet, keine Gleichheit zwischen den beiden. Dennoch gibt es eine grundsätzliche Gleichheit
klar - alle sind menschen (und keine zwetschkenmarmelade)
nur ist das ein reichlich wertloses argument. irgendeinepartielle "gleichheit", also eine eigenschaft, die auf alle gegenstände der betrachtung zutrifft, läßt sich immer finden. bis dorthin, daß alles gleich ist (menschen, religionen, zwetschkenmarmelade, regeln für halma), weil es die existenz in unserem universum gemeinsam hat
Zitat:In unserer Nacktheit wird Gott mich nicht als Gandhi und Sie nicht als Keithahn erkennen. Und was sind wir in diesem mächtigen Universum? Wir sind weniger als Atome, und es hat keinen Sinn zu fragen, welches kleiner und welches größer ist
sachlich irrelevante metaphorik ohne konkreten erkenntnis- oder aussagewert zum thema
Zitat:Von Natur aus sind wir gleich. Die Unterschiede von Rasse und Hautfarbe, Geist und Körper, von Klima und Nation sind vergänglich
ja und?
klar ist der mensch vergänglich, und damit die unterschiede von mensch zu mensch
und was soll denn nicht vergänglich sein?
ein mann wird immer verschieden von einer frau sein - und da menschen entweder männer oder frauen sind, werden sie nie alle gleich sein
Zitat:Mithin sind im wesentlichen auch alle Religionen gleich
:huh:
non sequitur
und was soll denn das wesentliche sein, in dem sich alle religionen gleich sind?
Zitat:Weint man den Koran liest, muß man es mit den Augen eines Muslims tun; die Bibel muß man mit den Augen eines Christen lesen; und die Gita mit den Augen eines Hindus
warum muß man?
man muß es, um zu jeweils einem bestimmten ergebnis zu kommen
aber wieso muß man denn das ergebnis schon vorwegnehmen und darf nicht ergebnisoffen an die sache herangehen?
Zitat:Worin besteht der Sinn, Einzelheiten hervorzuheben, um eine Religion dann lächerlich zu machen? Nehmen Sie das erste Kapitel der Genesis oder Matthäus. Wir lesen einen langen Stammbaum, und am Ende wird uns gesagt, Jesus wurde von einer Jungfrau geboren
es hat nichts damit zu tun, etwas lächerlich zu machen, wenn man ganz wertfrei feststellt, daß es vor inneren widersprüchen strotzt bzw. keine logische konsistenz besitzt
Zitat:Man steht wie vor einer Mauer. Also muß ich das alles aus dem Blickwinkel eines Christen lesen
treiben wir den gedanken weiter: man soll bereit sein müssen, etwas in den text hinein zu denken, was dort nicht oder sogar ganz anders steht
Zitat:„Außerdem“, sagte der Gast, „stellt sich selbst für uns in der Bibel die Frage nach Moses und Jesus. Müssen wir sie auch als gleich ansehen?“
„Ja“, sagte Gandhi. „Alle Propheten sind gleich. Diese Ebene ist horizontal.“
es ist nicht möglich, als christ jesus und moses als gleich anzusehen - ja noch nicht mal als gleichwertig. das hieße, eine religion (die man doch als allen anderen gleich sehen soll) für falsch zu erklären - denn das christentum sagt nun mal als kernthese, daß jesus und moses nicht gleich sind
oder sollen alle religionen gleich sein insofern, als sie alle nur lügengeschichten sind? (wie ja offenbar das christentum für gandhi, der selbst - im widerspruch zur christlichen lehre - moses und jesus gleichsetzt)
Zitat:Deshalb sage ich, sie sind gleich wahr und gleich unvollkommen. Je feiner man die Linie zieht, desto näher kommt sie an Euklids breitenlose wahre Linie heran, aber dennoch ist sie nie eine wahre Linie. Das gleiche ist es mit dem Baum der Religionen, es gibt keine physische Gleichheit zwischen den Ästen. Sie wachsen alle, und die Person, die zu einem wachsenden Ast gehört, darf sich nicht daran weiden und sagen: ‚Meiner ist der überlegene.’ Keiner ist dem anderen überlegen, keiner unterlegen.“
das aber ist ein toleranzgedanke: "ich kann nicht beweisen, daß mein glaube näher an der "wahrheit ist" als deiner - also respektiere ich auch deinen glauben"
weder unter- noch überlegen zu sein aber bedeutet gleichwertigkeit, nicht gleichheit
gandhi redet hier also alles andere als klartext, widerspricht sich selbst und verwendet nach belieben verschiedene begriffe synonym, die aber keine synomyme sind
Zitat:Nicht die Toleranz anderen Religionen gegenüber ist es die gepredigt wird, sondern Ehrfurcht und Gleichheit
weder sind toleranz und ehrfurcht notwendigerweise gegensätze, noch
Zitat:Alle Religionen sind gleich. Jede Religion ist ein Weg, ein "Ast deselben Baumes"
wird definiert, worin denn nun diese "gleichheit" bestehen soll - äste eines baumes haben zwar denselben ursprung, sind aber beileibe nicht gleich
Zitat:Wie weit ist dieser Gedanke heutzutage in den Religionen vertreten?
welcher denn nun genau? bisher kam da ja nichts außer schiefen metaphern
Zitat:Warum wird zwar häufig Toleranz bescheinigt, der Gedanke der absoluten Gleichheit aber kaum bedacht?
weil er an der realität vorbei geht -und das ganz offensichtlich!
es kann doch nur darum gehen, religionen in ihrer verschiedenheit den gleichen anspruch zuzubilligen, sich mit ihrer hilfe dem "göttlichen" zu nähern. das wäre gelebte toleranz, hat aber nichts mit irgendeiner gleichheit zu tun
Zitat:Oder irre ich mich und er ist weiter vertreten als ich dachte?
Mich würde wirklich sehr interessieren wie Gläubige zu diesem Gedanken stehen bzw. wie ihr näheres gläubiges Umfeld (Kirche, Moschee, Prediger, Familie...) darüber denken und vor allem es ausleben
wie ich schon sagte... wären alle religionen gleich, gäbe es nicht eine unzahl verschiedener, zu denen sich jeweils gläubige ganz spezifisch bekennen
Zitat:Und werden herausragende historische Persönlichkeiten wie Gandhi (bzw. seine Lehren), welcher viele Ideale von Religionen verkörpert, als solche in den Religionen irgendwie behandelt?
warum sollten sie?
es ist nicht aufgabe der religionen, sich mit anderen ideen als ihren eigenen zu befassen. dafür haben wir die religionswissenschaft
Zitat:Und auch eine Frage an die Atheisten: Lässt sich der Gedanke der Religionsgleichheit auch übertragen auf atheistische Wertvorstellungen? Das auch dieses "Schaffen" eines humanen Wertebildes lediglich ein Weg ist, gleichzusetzen mit religiösen Wegen
warum sollen verschiedene wege (womöglich noch zu verschiedenen zielen) gleichgesetzt werden?
sind religionen (wege zum "göttlichen") denn das gleiche wie, sagen wir mal, ein diätplan (weg zu einer guten figur)?
Zitat:Ich erinnere noch mal: Nicht toleriert sondern gleich. Ich denke der Unterschied ist klar
nein, leider nicht
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)