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Fanatismus
#15
Zitat:Eher braucht der Fanatismus eine gewisse Zielvorstellung und ein Gemüt, das hinreichend schmalspurig diese idealisiert. Die Feinde ergeben sich mehr dadurch, dass anderen solcherlei Ziel als "nicht so wichtig", gar schädlich empfinden.
für mich ist das eine Definition für 'Feindbild', lieber Ekkard :icon_biggrin:

ok
mal ein Beispiel eine Geschichte aus dem Alltag:

Ich hab beruflich schon paarmal mit Kosovo-albanern, Kosovaren zu tun gehabt, bei uns hier in der Stadt gibt´s sehr viele davon.
Und ich kenne inzwischen ein bisschen ihr muslimisches Selbstbild, Selbstverständnis, so auch als eine gemeinsame Haltung -> ein bisschen Schweinefleischverzicht, ein bisschen Fasten, mehr oder weniger, so wie einer möchte, und den Koran im Wohnzimmer an einem schönen Platz bei den anderen wichtigen Dingen im Regal.
Das meine ich nicht abwertend sondern einfach beschreibend als Einschätzung aus meiner Sicht.
Fanatismus und bereits Fundamentalismus hat hier keinen Raum.
Weil ich mit Kosovaren Kontakt hatte, hab ich auch selbst versucht erstmal mir ein Bild vom Koraninhalt zu machen. (Das war vor einem Jahr Icon_lol)

ok

Die Tage hab ich wieder beruflich mit einem Kosovaren zu tun, Familienvater, mittelalt.
Es ging um meine Einschätzung einer Situation, die er anders wertete, eine weitere Frau war aber genau meiner Ansicht.
Als Scherz sagte ich zu ihm, schau steht im Koran zwei Frauen gelten wie ein Mann, musst du gelten lassen was wir sagen.
Klar lacht er und fragt woher ich weiß was im Koran steht, er weiß nämlich nicht was im Koran steht.
Wir sprachen kurz über den Koran.
Sagt er dazu, mit einer Geste mit der Hand:
Er zeigt auf seinen Körper und fährt mit der nach oben offenen, flachen Hand entlang nach unten, wenn du Koran liest, wirst du kalt.

Das beeindruckt mich, oder besser hat einen klaren Eindruck bei mir hinterlassen.
Wenn du den Koran liest wirst du kalt.
Das ist nicht nur seine persönliche Einschätzung, es steht eine gemeinsame, vielleicht sogar gesellschaftliche Haltung dahinter.
Es ist eine vollkommen undogmatische Absage an die Dogmen einer Religion.

Eine gefühlte Absage.
Gefühle sind undogmatisch, weil nicht schwarz auf weiß beweisbar.
Find ich jedenfalls.
Nicht-Fanatismus und bereits Nicht-Fundamentalismus ist in sich auch schon anders strukturiert wie Fanatismus und auch wie Fundamentalismus, die Haltung ist bei Nicht-Fanatismus/Nicht-Fundamentalismus weich, flexibel und lebendig.
Wenn du kalt wirst verlierst du deine Lebendigkeit.
Das als Argument gegen Gesetzestreue und innere Härte, die durch Gesetzestreue entsteht.
Weich gegen hart.
Das Weiche, Gefühlte, muss sich grundsätzlich schützen mit einem umfassenden weichen Argument, dem Körpergefühl.

Find ich beeindruckend mit welcher Selbstverständlichkeit hier ein lebendiger Mensch spricht, der auch, so wie ich ihn im Beruflichen kenne, ziemlich integriert rüberkommt.
Z.B. hat er sich auch meiner Meinung und der der anderen Frau angeschlossen, weil ihn unsere Ansicht überzeugte. Icon_lol
Also Beweglichkeit und Selbstkritik fähig.

Kalt sein als Körpergefühl nochmal mit einem anderen Aspekt bewertet.
Ich bin kein Neurologe, hab auch nirgends promoviert oder so.
Nur mit den Jahren Gedanken angelesen und vernetzt.
Wenn du den Koran liest wirst du kalt, weil sich in dir etwas festsetzt?
Eine Form der Unmenschlichkeit?

Wenn du dein Körpergefühl verlierst, wenn du das Gefühl für dich selbst verlierst, kannst du auch nicht mehr spüren, was ein anderer spürt.
Wir können nur nachempfinden was wir auch an uns selbst spüren, fühlen können.
In unseren Gehirnzellen ist es abgespeichert, das eigene Empfinden und damit auch das Wiedererkennen was andere fühlen.
Wenn wir einen anderen Menschen wahrnehmen, kann unser Gehirn gar nicht anders als die Wiedererkennungsneuronen, die zu unserer Wahrnehmung des anderen Menschen passen, zu suchen und zu aktivieren.
Wie simulieren in uns den möglichen Gesamtzustand des anderen Menschen, seinen Gesichtsausdruck, seine emotionale Verfassung und in Zentelsekunden-Schnelle, stellt sich bei uns eine Deutung der Verfassung des anderen Menschen ein.
Wissenschaftler nennen das die -Theory of Mind-
Diese Einschätzung des anderen ist nur eine Konstrukt nur eine Interpretation und wir irren uns ständig.
Aber wir können auch unsere Einschätzung revidieren und immer dazu lernen und durch Nachfragen besser verstehen.
Eigentlich tun wir, na jedenfalls ich, das ständig.
Verstehen versuchen was ein anderer meint oder fühlt oder ein Urteil dazu fällen, dass wir nicht verstehen, was ein anderer meint oder fühlt, und mich mit anderen dazu austauschen, was ein anderer meint oder fühlt, usw usw. Na den ganzen Tag reden wir darüber, bereits im Smaltalk, ich habe heute soundso und du? Der oder die hat dieses oder jenes gesagt, ich finde aber...verstehst du das??
Verstehst du das?
Ja, oder Nein?
Die Einschätzung des anderen hilft uns im Kleinen wie im Großen, bei Kälte bei Regen bei Stau und bei Finanzproblemen der Welt.


Nochmal zur Gesetzlichkeit der Religionen, der Weltanschauungen.
Ob durch das Zulassen von Gesetzlichkeit, durch Zulassen von Dogmen als allgemeingültige Werte, ein inneres System der 'Härte/Kälte' in uns Wirkung gewinnt, das uns unfähig macht, mit anderen offen umzugehen, so dass wir bei Nicht-Nachfühlbarem, Nicht-Wiedererkennbarem am anderen, einfach ein unabänderliches Urteil über ihn fällen mit dem wir uns z.B. über sein tatsächliches Selbstgefühl, 'Körpergefühl', hinwegsetzen?

Na ja, Thema Spiegelneuronen - damit haben sich hier noch nicht so viele auseinander gesetzt, will ich aber allen empfehlen, weil es Erkenntnisgewinn bringt :icon_biggrin:
z.B.:

Zitat:Wiki: Die Fähigkeit Empathie zu zeigen, hängt von der Fähigkeit ab, die Gefühle Anderer in unserem neuronalen System abzubilden. Während frühere Empathiemodelle natürlich ohne Miteinbezug der Spiegelneuronen auskommen mussten, hatte man die mögliche Bedeutung der Spiegelneuronen in Verbindung mit emotionaler Empathie schnell erkannt (Tsoory-Shamay 2009).
oder
Zitat:Auf den ersten Blick scheint die Fähigkeit, die Perspektive anderer Leute einnehmen zu können und ihre Intentionen zu erraten, eng mit der Fähigkeit verbunden zu sein, anderer Leute Gefühle zu verstehen. Der Begriff der Empathie wird in der wissenschaftlichen Literatur und in der Umgangssprache meist mit dem Begriff der Perspektivenübernahme gleichgesetzt (Singer 2006). Während Perspektivenübernahme oder Mentalizing in der wissenschaftlichen Psychologie mit der Bezeichnung Theory of Mind (ToM) in Beziehung steht und es sich dabei um die Einschätzung der Intentionen und des mentalen Status (Ziele, Überzeugung, Wünsche, Bedürfnisse) des Gegenüber handelt (theory-theory), referiert der Begriff Empathie mehr auf ein Mitfühlen der Gefühle des Gegenübers (simulation-theory) (Blair 2005).
http://de.wikipedia.org/wiki/Spiegelneuronen



Noch ein anderer Gedanke:
Kommt doch im Moment so der Kommentar im Radio, ich mein der Bericht, dass diese Bankiersfrau entführt wurde.
Warum sagt der Sprecher - und wir denken sofort nur an seinem Kommentar entlang - dass es eine Bankiersfrau ist?
- na, damit haben wir nichts zu tun.
Was der passiert, kann uns nicht passieren, wir sind keine Bankiers und keine Bankiersfrauen.
Unser Mitgefühl wird sofort reduziert, finde ich jedenfalls.
Kann ich bei mir beobachten.
:icon_cheesygrin:
Der Mensch ist doch verrückt, oder? :icon_rolleyes:
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Nachrichten in diesem Thema
Fanatismus - von miriam - 14-05-2010, 23:19
RE: Fanatismus - von Romero - 14-05-2010, 23:59
RE: Fanatismus - von miriam - 15-05-2010, 00:46
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RE: Fanatismus - von petronius - 24-05-2010, 09:43
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RE: Fanatismus - von petronius - 24-05-2010, 19:49
RE: Fanatismus - von alwin - 24-05-2010, 21:51
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RE: Fanatismus - von petronius - 25-05-2010, 13:48

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