(02-05-2010, 10:38)Bion schrieb:helmut schrieb:helmut schrieb:Da Lukas vom ersten Mal schreibt, in der Quirinius Statthalter war, ist klar, dass er eine Zählung in der Zeit meint, in der Qurinius das Imperium über einen guten Teil der syrischen Legionen hatte (wenn er auch nicht Legal von Syrien war, wie Lukas anzunehmen scheint), sprich: zur Zeitpunkt des Feldzugs gegen die Homadenser.Um genau zu sein: er schrieb von der ersten Zählung zur Zeit des Quirinius. D.h. wer kennt zwei, und damit ist klar, dass ... (siehe oben).
Lukas 2,1-3:
Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war.
…, dass alle Welt geschätzt würde.
Von einer reichsweiten Steuerschätzung unter Augustus ist in außerchristlichen Quellen nichts bekannt. Offenbar war für Lukas die reichsweite Steuerschätzung aus den Jahren 74/75 nC Vorlage für seine Behauptung.
Das kann man auch anders sehen. Eine außerbiblische Quelle wäre z.B. Josephus Falvius.
Hierzu mal ein paar interessante Punkte:
Da Jesus zur Zeit der Herrschaft von Herodes dem Großen geboren wurde, letzterer aber im März oder April im Jahre 4 v. Chr. starb, liegt der Zeitpunkt der Geburt Jesu höchstwahrscheinlich zwischen 6 bis 4 v.Chr. Genau weiß es niemand.
Aber erst im Jahre 6 n.Chr. setzte Kaiser Augustus den Herodessohn Archelaos als Volksherrscher von Judäa ab, verbannte diesen und setzte P. Sulpicius Quirinius als Statthalter von Syrien ein. Josephus Falvius schreibt hierzu:
„Quirinius also, einer von den römischen Senatoren, der übrigens alle öffentlichen Ämter bereits bekleidet hatte und wegen seiner ehrenvollen Stellung großen Einfluss besaß, kam auf Geheiß des Caesars mit wenigen Begleitern nach Syrien, teils um Gerichtssitzungen abzuhalten, teils um die Vermögensschätzung vorzunehmen. Zugleich mit ihm wurde Coponius, ein Mann ritterlichen Standes, zurWahrnehmung der höchsten Gewalt in Judäa abgeschickt. Bald fand sich nun Quirinius auch in Judäa ein, das mit Syrien verbunden war, um hier ebenfalls das Vermögen zu schätzen und die Güter des Archelaus zu verkaufen.”
All das berichtet uns der jüdische Historiker Josephus (Ant. 18,1,1 u. Bell. 2,8,1). Auf einen Zensus in Syrien verweist auch eine in Apamea am Orontes gefundene Grabinschrift des Präfekten Q. Aemilius Secundus, die sowohl Quirinius als kaiserlichen
Legaten als auch einen Zensus unter ihm (!) erwähnt (Dessau 2683). Zu Qurinius siehe den Artikel Sulpicius von M. Horster in der PIR2, Bd. VII 2 (2006), S. 373-375.
Zitat und Quellennachweis entstammt dem Aufsatz „Überlegungen zum Zensus des Quirinius“ von H.-M. Zilling,
Nach Josephus besetzte Quirinius folglich Judäa im Jahre 6/7 n.Chr. und nahm eine Provinzschätzung im Auftrag des Augustus vor. Von einem weltweiten Zensus berichtet er nicht. Aber immerhin gab es eine Zählung. Das Problem ist nur: Sie fand 10 Jahre nach der Geburt Jesu statt.
Ein Apolloget namens Tertullian korrigierte bereits in der Antike die Angaben nach Lukas, indem er schreibt, dass die bei Lukas erwähnte Volkszählung bereits im Jahre 8-4 v.Chr. unter dem Statthalter Sentius Sartinius stattfand. Der Zeitraum würde passen, nur der Statthalter nicht. Die Statthalterschaft des Sartinius wird von Josephus bestätigt, allerdings weiß Josephus wiederum nichts von einer Volkszählung. Zumindest berichtet er nichts darüber.
Vielleicht kann das die Antwort sein:
„Dieses Problem ließe sich lösen, wenn - was eine umstrittene in
Tibur Tivoli gefundene Inschrift vielleicht belegt - Quirinius zweimal
Statthalter von Syrien gewesen wäre:20 Einmal in der Endphase der
Herodesherrschaft und ein zweites Mal 6/7 n.Chr. Nun ist es aber
ausgesprochen unwahrscheinlich, dass der Statthalter von Syrien im
Königreich des Herodes überhaupt einen Zensus abhalten und demzufolge
auch Steuern hätte einziehen können. Es scheint zumindest so,
also ob die Römer zunächst auf das Prinzip der indirekten Herrschaft
gesetzt haben. Entsprechend findet erst nach Absetzung des Archelaos
der erste Provinzzensus statt, weil Judäa jetzt richtig provinzialisiert
wird.21 Denkbar wäre allerdings, dass Rom, als das Ende der Regierungszeit
des Herodes abzusehen war, den syrischen Statthalter oder
einen Legaten mit kaiserlichem Sondermandat für einen Zensus (Quirinius?)
entsandte, um auf dem herodischen Gebiet eine Art Vorzensus
durchzuführen.22 Dieser sollte einen Überblick verschaffen und auf
eine eventuelle spätere Provinzialisierung vorbereiten. Das könnte
eine mögliche Tradition von Lk 1,5 und 2,2-3 sein. Nun würden die
chronologischen Angaben passen. Jesus ist dann wahrscheinlich „in
den Tagen“ des Königs Herodes geboren.23“
20CIL XIV 3613; siehe dazu die Zusammenfassung der Forschungskontroverse über
die Frage, auf wen sich die verstümmelte Inschrift bezieht (auf Quintilius Varus oder auf
Sulpicius Quirinius) bei Fox, Robin Lane, The unauthorized Version. Truth and Fiction
in the Bibel, London 1991, S. 28ff.
21Ant. 18,1; vgl. Apg. 5,37. LK 2,2.
22Brindle,Wayne A., The Census and Quirinius: Luke 2,2, Journal of the Evangelical
Theological Society 27 (1984), S. 43-52, hat einen etwas gezwungenen Übersetzungsvorschlag
gemacht, wonach der „erste Zensus“ bei Lukas eigentlich der „frühere Zensus“
vor dem Zensus des Quirinius bedeute.
23Was sich auch mit Mt 2,1 verträgt; vgl. Lk 3,23 gibt an, Jesus sei etwa 30 Jahre alt
gewesen, als Johannes ihn taufte und er öffentlich zu wirken begann. Letzterer ist
bekanntermaßen vor Jesus, im 15. Regierungsjahr des Tiberius und damit 28/29 n.Chr.
(Lk. 3,1), aufgetreten. Diese Angaben lassen sich mithin harmonisieren und sprechen
für einen frühen Geburtstermin noch unter Herodes
Zitat und Quellennachweise aus o.g. Aufsatz
Einen zweifelsfreien Beweis, den gibt es natürlich nicht. Es wäre aber möglich.
Der besagte Aufsatz ist zu finden : hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/forum/id=853&type=diskussionen
und kann dort auch als pdf-Datei heruntergeladen werden.
Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten. (Matt. 7, 12)