11-04-2010, 16:29
(25-02-2010, 11:03)petronius schrieb: aber was mich da noch interessiert: hat das unterschiedliche verhalten von zollitsch und käßmann (ums mal auf die beiden protagonisten zuzuspitzen) auch tatsächlich etwas mit unterschiedlichem theologischen verständnis von sünde, schuld und vergebung zu tun, wie im presseartikel angedeutet wird? wenn ja, inwiefern genau?Da ich nicht katholisch bin, und zu den Defiziten der rkkk schon genug gesagt wurde, beschränke ich mich auf diese Frage.
Ich denke nicht, dass das unterschiedliche Verhalten etwas mit einem "unterschiedlichem theologischen Verständnis von Sünde, Schuld und Vergebung" zu tun hat. Soweit es da Unterschiede zwischen evangelisch und katholisch gibt, wäre eher das Gegenteil zu erwarten - dass Käßmann mit einem "Gott hat mit vergeben" fröhlich weiter macht und Zollitsch sich in ein Kloster zurückzieht, um seine Schuld durch Bußübungen abzutragen. Aber die Sichtweisen auf das Thema sind in beiden Lagern nicht einheitlich und einander ähnlicher, als mein zugespitzter Vergleich vermuten lässt. Und Käßmann hat so für sich entschieden, ihre Amtskollegen waren wohl (wie zu hören war) eher dafür, dass sie nicht zurücktritt.
Trotzdem könnte es da einen theologischen Unterschied geben, der das unterschiedliche Verhalten erklären kann, aber der liegt nicht beim Thema "Schuld und Vergebung", sondern bei "Kirchenführer und Verantwortung". Dazu ein Bibelzitat, nach der Übersetzung der Kirche Käßmanns (also rev.Luther):
1.Tm 3,1 Das ist gewisslich wahr: Wenn jemand ein Bischofsamt begehrt, der begehrt eine hohe Aufgabe. 2 Ein Bischof aber soll untadelig sein, Mann einer einzigen Frau, nüchtern, maßvoll, würdig, gastfrei, geschickt im Lehren, 3 kein Säufer, nicht gewalttätig, sondern gütig, nicht streitsüchtig, nicht geldgierig, 4 einer, der seinem eigenen Haus gut vorsteht und gehorsame Kinder hat in aller Ehrbarkeit. 5 Denn wenn jemand seinem eigenen Haus nicht vorzustehen weiß, wie soll er für die Gemeinde Gottes sorgen? 6 Er soll kein Neugetaufter sein, damit er sich nicht aufblase und dem Urteil des Teufels verfalle. 7 Er muss aber auch einen guten Ruf haben bei denen, die draußen sind, damit er nicht geschmäht werde und sich nicht fange in der Schlinge des Teufels.
Dass die katholische Kirche diesen Text nicht allzu wichtig nimmt, ist offensichtlich, denn die Zahl der katholischen Bischöfe, die eine funktionierende Ehe führen und an deren wohlerzogenen, gläubigen Kindern ihre Qualität als Hirte der Gläubigen zu erkennen ist, ist ja nicht allzu hoch :tard:
Käßmann hat aber offenbar diesen Text ernst genommen und gefolgert, dass sie nicht mehr den "guten Ruf" hat, der da für Kirchenleiter gefordert wird. Und entsprechend ihr Amt als Ratsvorsitzende und Bischöfin zur Verfügung gestellt.
Da ich einige Texte von Käßmann im erf (Sendung "Wir lesen vor") gehört habe, bin ich mir ziemlich sicher, dass sie das sola gratia ("nur durch die Gnade", bzw. im Lutherdeutsch "allein aus Gnaden") ernst nimmt, deshalb gehe ich davon aus, dass sie die Vergebung Gottes für ihren Leichtsinn in Anspruch genommen hat. Nur auch wenn das Thema "Sünde" erledigt ist, gibt es immer noch das Thema "Verantwortung".
Relativismus: "du hast deine Wahrheit, ich habe meine, beide sind richtig"
Toleranz: "was du sagst ist falsch, aber du hast das Recht, es zu sagen"
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