01-04-2010, 15:43
Hallo Volker.
Zunächst mal finde ich es gut, dass ich mit meiner Ansicht, dass sich Religion und Wissenschaft
nicht ausschließen müssen, nicht alleine bin. Ich selbst als nicht gläubiger Mensch sehe dies
natürlich nicht als den optimalsten aller Zustände. Ich stelle mir eine Welt ohne den Glauben
an Übernatürliches als die Beste vor, allein schon aufgrund der Überlegung, dass mit dem Glauben
an einen Schöpfer und dessen Plan eine gewisse Zufriedenheit einhergeht. Wenn ich im
Hinterkopf habe, dass alle Phänomene, die ich auch in der Zukunft für unerklärbar halte, durch
eine höhere Instanz einen Sinn ergeben oder zumindest haben, dürfte das meinen Forscherdrang
drosseln. Der Atheist sieht dort, wo er die Welt nicht erklären kann, bildlich gesprochen einen
weißen Fleck auf der Landkarte der Forschung und des Verständnisses und hat den für
Menschen typischen Drang, diesen weißen Fleck zu füllen, egal wie schwer oder gar unmöglich
der Weg dorthin scheint.
Doch das nur am Rande, hat mit Deinem Post ja nicht viel zu tun und geht vielleicht auch zu sehr
vom eigentlichen Thema des Threads weg.
Zur Evolution: es ist durchaus verständlich, dass uns ein System, das an Komplexität kaum zu
übertreffen ist und das wir noch lange lange nicht umfassend verstehen, Gefühle der Verwirrung,
Überforderung und vielleicht sogar Angst einjagt.
Der Mensch hat schon immer versucht, seine Umwelt möglichst umfassend zu verstehen und
zu erklären. Nur hat sich die Umwelt und damit die Fragestellung geändert. Hat es früher ausgereicht,
etwas vom Ackerbau, ein wenig vom Wetter und die Sternbilder zu verstehen, nehmen wir heute
viel mehr von unserer Umgebung wahr. Unsere Wahrnehmung bleibt nicht auf unser Dorf oder Land
beschränkt und auch nicht auf das bloße Auge. Heute sehen wir mithilfe unserer "neuen Augen"
bis auf atomare Ebene in die Materie hinein, bis an die Grenzen des Sichtbares Universums hinaus,
bis an den Beginn der Zeit zurück. Auch, dass sich die Wissenschaft mit der Zeit von der Kirche
weitgehend gelöst hat, spielt eine Rolle.
So haben wir (die Wissenschaft) heute einen Blick auf das Universum, das uns eine unglaubliche
Fülle an Informationen bietet, die wir noch nicht vollständig bewältigen und erklären können. Zudem
ist der Anker, die Erklärung des Unerklärlichen mithilfe eines Gottes, in der Wissenschaft nicht mehr
vorhanden. Logisch, dass in dem Zusammenhang Begriffe wie "bizarr" und "unheimlich" fallen.
Zu Zwischenzuständen und Endzuständen. Am einfachsten lassen sich diese Begriffe wohl ordnen,
wenn wir den jetzigen Zeitpunkt nicht als den Wichtigsten betrachten sondern als einen zufällig
ausgewählten Augenblick zwischen der Entstehung des Universums vor über 13 Milliarden Jahren
und dessen wie auch immer geartetem Ende in wasweissichwievielen Billiarden Jahren (stellt man den
Big Crunch mal als unwahrscheinlich hin).
Mit dieser Betrachtungsweise kann man von "Endzuständen" im weitesten Sinne nur bei ausgestorbenen
Arten sprechen, da hier keine Weiterentwicklung mehr stattfinden kann. Aus dieser Sicht erscheint schon
der Anspruch einer Spezies, die, definiert man "Mensch" großzügig, gerade einmal ein zweitausendstel
der Geschichte miterlebt hat, absurd, die Zustände während eines Augenblicks des Universums als
Endzustände hinzustellen.
Solange es Evolution gibt, wird jede Lebensform nur ein Zwischenstadium auf dem Weg zur nächsten
sein. Auch Haie, die seit hunderten Millionen Jahren existieren, haben nicht als Hai begonnen sondern
als einzelne Zelle, die aus einer zufälligen Verknüpfung organischer Moleküle hervorgegangen ist. Und auch
wenn sich der Hai in den letzten Millionen Jahren im Vergleich zu den meisten anderen Lebensformen
kaum verändert hat, so hat er sich doch verändert.
Den Willen zur Leistungssteigerung, den Du erwähnst, würde ich übrigens nur bedingt Willen nennen.
Viel passender wäre Zwang. Die Umwelt von Lebewesen bestimmt deren Entwicklung. Machen sie diese
Entwicklung nicht oder zu langsam mit, bekommen sie besser angepasste Konkurrenz, sterben sie aus.
Die Lebewesen, die wir heute sehen, sind kein chaotisches Zufallsprodukt sondern die besten Ergebnisse
eines langen Anpassungsprozesses, der von vielen Lebewesen versucht und nur von wenigen überlebt
wurde. Das, was wir heute in diversen ökologischen Nischen entdecken können ist sozusagen das Best
Of Evolution, das die Vergangenheit hervorgebracht hat.
Die Haie, Krokodile und anderen Tiere, die seit mehreren hundert Millionen Jahren kaum verändert wurden,
sind schon lange recht optimal an ihre Umwelt angepasst, haben kaum oder keine Fressfeinde, die sie mit
raffinierten Tricks täuschen müssten und wenig Konkurrenz um ihre Beute. Andere, ewig unveränderte
Lebewesen wie etwa manche Einzelliger haben unglaublich hohe Reproduktionsraten, extreme Anpassungs-
fähigkeiten an akute Umweltbedingungen (z.B. Sporenzustände mit sehr hoher Hitze- und Strahlungsresistenz
bei Bazillen) und andere Mechanismen, die das Überleben in nahezu unveränderter Form über Jahrmillionen
oder -milliarden ermöglicht haben. Solche, schon sehr gut angepassten Organismen, sind aus ihren ökologischen
Nischen quasi nicht zu verdrängen, da sie zugewanderten oder mutierten Konkurrenten in den meisten Fällen
weit voraus sind. Daher bestand nie großartig Bedarf nach umwältzenden Veränderungen.
Ich sehe hier keine Paradoxa.
Und deine Anspielung auf die Nazis verstehe ich nicht. Auch würde ich Evolution nie als eine "Rückentwicklung"
oder "Höherentwicklung" bezeichnen sondern einfach als Anpassung und meinetwegen "Weiterentwicklung".
Ich sehe Menschen nicht als "höherentwickelt" gegenüber anderen Arten. Sie sind strukturell komplexer als alle
anderen Lebewesen, mehr aber auch nicht. Sollte es die Umwelt in Zukunft begünstigen, dass ein Lebewesen
kleiner wird, etwa um Fressfeinden zu entgehen, "dümmer" wird, weil es seine Gehirnkapazitäten in der aktuellen
Umwelt nicht zum Vorteil gebrauchen kann und diese Kapazitäten abbaut, um Energie zu sparen, aggressiver
wird, z.B. um sich gegen ein konkurrierendes Lebewesen durchzusetzen... dann wird es so kommen. Anpassung,
nicht Rückentwicklung.
Grüße
Zunächst mal finde ich es gut, dass ich mit meiner Ansicht, dass sich Religion und Wissenschaft
nicht ausschließen müssen, nicht alleine bin. Ich selbst als nicht gläubiger Mensch sehe dies
natürlich nicht als den optimalsten aller Zustände. Ich stelle mir eine Welt ohne den Glauben
an Übernatürliches als die Beste vor, allein schon aufgrund der Überlegung, dass mit dem Glauben
an einen Schöpfer und dessen Plan eine gewisse Zufriedenheit einhergeht. Wenn ich im
Hinterkopf habe, dass alle Phänomene, die ich auch in der Zukunft für unerklärbar halte, durch
eine höhere Instanz einen Sinn ergeben oder zumindest haben, dürfte das meinen Forscherdrang
drosseln. Der Atheist sieht dort, wo er die Welt nicht erklären kann, bildlich gesprochen einen
weißen Fleck auf der Landkarte der Forschung und des Verständnisses und hat den für
Menschen typischen Drang, diesen weißen Fleck zu füllen, egal wie schwer oder gar unmöglich
der Weg dorthin scheint.
Doch das nur am Rande, hat mit Deinem Post ja nicht viel zu tun und geht vielleicht auch zu sehr
vom eigentlichen Thema des Threads weg.
Zur Evolution: es ist durchaus verständlich, dass uns ein System, das an Komplexität kaum zu
übertreffen ist und das wir noch lange lange nicht umfassend verstehen, Gefühle der Verwirrung,
Überforderung und vielleicht sogar Angst einjagt.
Der Mensch hat schon immer versucht, seine Umwelt möglichst umfassend zu verstehen und
zu erklären. Nur hat sich die Umwelt und damit die Fragestellung geändert. Hat es früher ausgereicht,
etwas vom Ackerbau, ein wenig vom Wetter und die Sternbilder zu verstehen, nehmen wir heute
viel mehr von unserer Umgebung wahr. Unsere Wahrnehmung bleibt nicht auf unser Dorf oder Land
beschränkt und auch nicht auf das bloße Auge. Heute sehen wir mithilfe unserer "neuen Augen"
bis auf atomare Ebene in die Materie hinein, bis an die Grenzen des Sichtbares Universums hinaus,
bis an den Beginn der Zeit zurück. Auch, dass sich die Wissenschaft mit der Zeit von der Kirche
weitgehend gelöst hat, spielt eine Rolle.
So haben wir (die Wissenschaft) heute einen Blick auf das Universum, das uns eine unglaubliche
Fülle an Informationen bietet, die wir noch nicht vollständig bewältigen und erklären können. Zudem
ist der Anker, die Erklärung des Unerklärlichen mithilfe eines Gottes, in der Wissenschaft nicht mehr
vorhanden. Logisch, dass in dem Zusammenhang Begriffe wie "bizarr" und "unheimlich" fallen.
Zu Zwischenzuständen und Endzuständen. Am einfachsten lassen sich diese Begriffe wohl ordnen,
wenn wir den jetzigen Zeitpunkt nicht als den Wichtigsten betrachten sondern als einen zufällig
ausgewählten Augenblick zwischen der Entstehung des Universums vor über 13 Milliarden Jahren
und dessen wie auch immer geartetem Ende in wasweissichwievielen Billiarden Jahren (stellt man den
Big Crunch mal als unwahrscheinlich hin).
Mit dieser Betrachtungsweise kann man von "Endzuständen" im weitesten Sinne nur bei ausgestorbenen
Arten sprechen, da hier keine Weiterentwicklung mehr stattfinden kann. Aus dieser Sicht erscheint schon
der Anspruch einer Spezies, die, definiert man "Mensch" großzügig, gerade einmal ein zweitausendstel
der Geschichte miterlebt hat, absurd, die Zustände während eines Augenblicks des Universums als
Endzustände hinzustellen.
Solange es Evolution gibt, wird jede Lebensform nur ein Zwischenstadium auf dem Weg zur nächsten
sein. Auch Haie, die seit hunderten Millionen Jahren existieren, haben nicht als Hai begonnen sondern
als einzelne Zelle, die aus einer zufälligen Verknüpfung organischer Moleküle hervorgegangen ist. Und auch
wenn sich der Hai in den letzten Millionen Jahren im Vergleich zu den meisten anderen Lebensformen
kaum verändert hat, so hat er sich doch verändert.
Den Willen zur Leistungssteigerung, den Du erwähnst, würde ich übrigens nur bedingt Willen nennen.
Viel passender wäre Zwang. Die Umwelt von Lebewesen bestimmt deren Entwicklung. Machen sie diese
Entwicklung nicht oder zu langsam mit, bekommen sie besser angepasste Konkurrenz, sterben sie aus.
Die Lebewesen, die wir heute sehen, sind kein chaotisches Zufallsprodukt sondern die besten Ergebnisse
eines langen Anpassungsprozesses, der von vielen Lebewesen versucht und nur von wenigen überlebt
wurde. Das, was wir heute in diversen ökologischen Nischen entdecken können ist sozusagen das Best
Of Evolution, das die Vergangenheit hervorgebracht hat.
Die Haie, Krokodile und anderen Tiere, die seit mehreren hundert Millionen Jahren kaum verändert wurden,
sind schon lange recht optimal an ihre Umwelt angepasst, haben kaum oder keine Fressfeinde, die sie mit
raffinierten Tricks täuschen müssten und wenig Konkurrenz um ihre Beute. Andere, ewig unveränderte
Lebewesen wie etwa manche Einzelliger haben unglaublich hohe Reproduktionsraten, extreme Anpassungs-
fähigkeiten an akute Umweltbedingungen (z.B. Sporenzustände mit sehr hoher Hitze- und Strahlungsresistenz
bei Bazillen) und andere Mechanismen, die das Überleben in nahezu unveränderter Form über Jahrmillionen
oder -milliarden ermöglicht haben. Solche, schon sehr gut angepassten Organismen, sind aus ihren ökologischen
Nischen quasi nicht zu verdrängen, da sie zugewanderten oder mutierten Konkurrenten in den meisten Fällen
weit voraus sind. Daher bestand nie großartig Bedarf nach umwältzenden Veränderungen.
Ich sehe hier keine Paradoxa.
Und deine Anspielung auf die Nazis verstehe ich nicht. Auch würde ich Evolution nie als eine "Rückentwicklung"
oder "Höherentwicklung" bezeichnen sondern einfach als Anpassung und meinetwegen "Weiterentwicklung".
Ich sehe Menschen nicht als "höherentwickelt" gegenüber anderen Arten. Sie sind strukturell komplexer als alle
anderen Lebewesen, mehr aber auch nicht. Sollte es die Umwelt in Zukunft begünstigen, dass ein Lebewesen
kleiner wird, etwa um Fressfeinden zu entgehen, "dümmer" wird, weil es seine Gehirnkapazitäten in der aktuellen
Umwelt nicht zum Vorteil gebrauchen kann und diese Kapazitäten abbaut, um Energie zu sparen, aggressiver
wird, z.B. um sich gegen ein konkurrierendes Lebewesen durchzusetzen... dann wird es so kommen. Anpassung,
nicht Rückentwicklung.
Grüße
Der Wissenschaftler denkt über seine Umwelt nach, entwirft eine Theorie die sie erklären soll, überprüft seine Theorie anhand von Experimenten an der Realität, verwirft sie wenn sie sich als falsch erweist und sucht nach einer besseren Erklärung.

