12-03-2010, 12:57
Zitat:Sexueller Missbrauch habe nichts mit dem Zölibat und nichts mit der Sexuallehre zu tun, es sei eine Frage, wie ein Mensch veranlagt ist
tja... hier wird in altbewährter manier wieder mal sachlich richtiges falsch interpretiert, um konsequenzen auszuweichen
richtig ist, daß pädophilie ein frage der veranlagung ist. sie wird natürlich nicht durch den zölibat hervorgerufen, auch wenn am stammtisch gerne mal kurzgeschlossen wird: weil die keine frauen pimpern dürfen, nehmen sie sich halt den ministranten vor. das ist natürlich gemeingefährlicher unsinn (auch wenn erwachsene, die sich an kindern vergehen, nicht unbedingt pädophil sein müssen. sie können auch einfach spaß an der gewalt haben). den zölibat aufzuheben, würde aus keinem pädophilen einen "normal veranlagten" machen, und natürlich gibt es auch pädophile evangelische pfarrer und jede menge pädophile, die mit kirchlichen sexualgeboten sowieso nichts am hut haben
den zölibat als ursächlich anzusehen, hieße in der tat den sack prügeln und den esel meinen
es ist aber nicht zu leugnen, daß der zölibat natürlich eine bequeme zuflucht und tarnung ist für menschen, die eben keine reife sexualität (sex nur einvernehmlich und "auf augenhöhe") entwickelt haben. und dazu kommt noch, was gestern bei maybrit illner von prof. klaus beier - bitte nicht mit dem gleichnamigen nazi verwechseln! - von der charite erklärt wurde (er leitet das präventionsprojekt, in dem pädophil sich ihrer neigung stellen und daran arbeiten, diese nicht zum aktiven ausleben kommen zu lassen):
pädophile können nichts für ihre veranlagung (welche sich beim jungen menschen bildet. pädophile sind sozusagen in der pubertät hängengeblieben, was ihren sexuell atraktiven gegenpart betrifft). pädophile wissen um deren bedenklichkeit, wollen in der regel nicht diesem inneren zwang nachgeben, von dem sie wissen, wie schädlich sich sein ausleben auswirken würde (immer zu beachten: pädophilie ist nicht gleich pädokriminalität! für die veranlagung kann keiner was - ob er sie auch auslebt, dafür ist er verantwortlich). kurz: sie sind motiviert, sich von diesem zwang zu befreien
und da scheint es nun ein bequemer weg zu sein, sich in einen lebensweg zu flüchten, auf dem sex sowieso verboten ist. also: ich habe erkannt, daß meine sexuelle veranlagung bedenklich und ihr ausleben schädlich ist, ich will mich davon lösen, und meinen guten vorsatz unterstütze ich, indem ich mich freiwillig in verhältnisse begebe, in denen (mein schädlicher, krimineller) sex unmöglich ist
nur funktioniert das nicht. da der betroffene sich seinem problem nicht stellt (sondern davor davonläuft), es nicht auf- und verarbeitet, wird es ihn irgendwann einholen. verbote allein, ob fremd- oder selbstgesetzt, helfen nicht. lösen nicht das problem, decken es höchstens zu
sich diese problematik der "flucht in den zölibat" einzugestehen - das wäre die vordringlichste aufgabe der rkk. denn erst dann können lösungswege beschritten, kann den betroffenen pädophilen geholfen werden, nicht pädokriminell zu werden. was durch entsprechende therapie wohl auch gelingt
es scheint mir wichtig, angesichts der teils hysterischen "kinderschänder"-debatte noch einmal ausdrücklich festzuhalten:
pädophilie ist eine psychosexuelle störung ("Abweichung in der sexuellen Präferenzstruktur") und als solche so wenig schuldhaft wie z.b. kleinwüchsigkeit. leider auch so wenig heilbar - der pädophile wird sein leben lang pädophil bleiben, kann aber lernen, sein verhalten unter kontrolle zu bringen. seine pädophilie also nicht pädokriminell auszuleben. dazu gehört erst mal einsicht in diese eigenen abweichung und dann die entwicklung von verhaltensstrategien, sich keinem gefährlichen reiz auszusetzen (ein einsichtiger pädophiler wird eben keinen beruf ergreifen, in dem er kinder betreut) und die neigung unter kontrolle zu halten. das scheint nach den ergebnissen des berliner pilotprojekts möglich zu sein
aber zurück zur rkk: ob "sexuelle Übergriffe in der katholischen Kirche nicht häufiger sind als anderswo", wird erstens niemand statistisch nachweisen können, und ist auch nicht der knackpunkt. der knackpunkt ist, daß zölibat sowie sexuelle tabuisierung in der rkk überhaupt pädophilen (und damit potentiellen pädokriminellen) sowie sonstigen personen, die keine reife sexualität entwickelt haben, einen bequemen fluchtpunkt bieten. die maxime, sich auf gottes beistand im zölibat zu verlassen, damit die eigene pädophile neigung nicht kriminell ausartet, ist in der praxis leider zum scheitern verurteilt. hilfe für betroffene (pädophile wie deren potentielle opfer) sieht anders aus die schlichte forderung, sich halt sex zu verkneifen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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