20-02-2010, 14:12
(18-02-2010, 19:54)Ekkard schrieb: Lieber Volker,
(15-02-2010, 15:37)VolkersList schrieb: Die Aussage, dass Gott sich irrt, wenn ein Verbrecher seine Untaten begeht, ist viel zu schwach und in ihrer Schwäche einfach unwahr.Ich glaube, du übernimmst aus der Religiosität deiner Kindheit und Jugend die Angewohnheit, über Gott Aussagen zu machen. Du weißt über Gott nichts, ich nicht, keine der Kirchen, niemand, auch nicht die Bibel. Bei gruppendynamischer Betrachtungsweise ist das Wort „Gott“ ein Symbol für eine Zielvorstellung, wie das Leben der Gemeinde gelingen könnte, ohne dass deren Individuen Hunderte von Regeln stur lernen und ausüben.
Wir Menschen sagen, irren ist menschlich, und meinen damit, dass nur ein höheres Wesen in der Lage sein kann, sich niemals zu irren.
Aber gerade das schließt das Christianentum aus mit der Aussage, dass auch Gott sich irren kann.
Der Trugschluss muss in der Aussage stecken, dass Gott im Menschen wohnt. Diese Aussage, die quasi eine Wohngemeinschaft beschreibt, ist in ihrer Schlichtheit einfach unwahr.
Die einzelnen Gottesbilder mögen dazu nützlich sein. Wahr, wirklich oder tatsächlich sind sie deshalb nicht. Und genau daran scheitert die Aussage „Gott kann sich irren“. Schon dem Christentum wird vorgeworfen, dass die Verantwortung für das eigene Handeln auf einen vorgestelltes höheres Wesen (Gott) abgewälzt werde. Wie viel mehr gilt das dann für eine Gottesvorstellung, die den Irrtum als schicksalhaft, göttlich-unvermeidlich hinstellt.
Nein, die Vorstellung eines Gottes, der sich irren kann, erzwingt geradezu eine areligiöse, vollkommen menschenorientierte Denkweise.
Lieber Ekkard,
herzlichen Dank für Deine profunden und ausführlichen Aussagen über meine religiösen Findungsprobleme im Zusammenhang mit dem Christianentum.
Du schreibst, daß ich aus der Religiosität meiner Kindheit und Jugend die Angewohnheit übernehme, über Gott Aussagen zu machen.
Angewohnheit nein, Denkweise ja.
Dann schreibst Du: Du weißt über Gott nichts, ich(Ekkard) nicht, keine der Kirchen, niemand, auch die Bibel nicht.
Das widerspricht fundamental meinem bisherigen Leben, stellt alle meine Lebenserfahrung auf den Kopf, behauptet, daß alle meine Fundamente meines bisherigen Lebens unwahr sind.
Das sind sie nicht. Dreimal nicht.
Das sind die Fundamente meines Lebens: Ich habe einen Körper, der hat Organe, Gliedmaßen, der kann sich bewegen, noch.
Frage: Woher ?
Hilfskonstruktion: Von Gott ?
Ich weiß von Gott nichts ?
Aber ich kann sehen, fühlen, erleben.
Hilfskonstruktion: Solange ich nicht weiß, woher das kommt oder warum, nehme ich mal an, es kommt von irgendwas, das vielleicht Gott heißen kann.
Wenn ja, wenn von Gott, dann kann ich Gott sehen, indem ich mich anschaue.
Oder den Nächsten anschauen.
Oder aus dem Fenster sehen.
Oder draußen die Natur sehen.
Oder die Erde und den Himmel sehen.
Und von all dem weiß ich nichts ?
So geht das nicht, lieber Ekkard.
Das Leben auf unserer Erde ist sichtbar. Und nicht nur das. Es ist sichtbar, daß es lebt. Daß es sich bewegt. Wohin ? Unbekannt.
Aber es bewegt sich.
Frage: Was brauchen wir, um mehr über diese Bewegung zu erfahren und über das Woher und das Wohin ?
Gott ? Aus purer Bequemlichkeit ?
Aus Sammelwut ? Isis, Osiris, Helios, Zeus, Jehova, Gott, Jesus, Allah, Shintu, x, y, z ?
Zuerst Laut geben und dann nachdenken, was das sein könnte ?
Ich sehe mich und ich sehe das Leben. Ich sehe , daß es sich bewegt, in etwa, wie ich mich bewege.
Diese Bewegung ist für mich voller Rätsel.
Woher kommt der Harndrang, dieses Rätsel unbedingt lösen zu wollen ?
Steckt schon wieder dieser Unaussprechliche dahinter ?
Welche Macht dreht an mir , an meinen Knöpfen ?
Besteht unser Leben nur aus Fragezeichen, weil wir aus dem Dunkel der Evolution kommen ?
Weil der Anfang unseres Lebens ein Geheimnis ist ?
Ist retrogrades Denken verboten ?
Sind Tatsachen keine Tatsachen, weil ihr Ursprung im Dunkeln liegt ?
So geht das nicht.
Wie geht es dann ?
Packt uns die Verzweiflung angesichts der Übermacht unserer gegnerischen Rätsel ? Gilt für uns die Devise, vorwärts Kameraden, wir müssen zurück ?
Wie kommen wir hinter das Geheimnis unserer Bewegung, die wir sehen, aber nicht deuten können ?
Steckt uns der Begriff Gott wie eine verschluckte Gräte quer im Gehirn und blockiert weiterführende Lösungen ?
Gibt es eine vorgeblich nur semantische Lösung mit der Vorstellung einer Macht, die uns wollte ?
Aber jetzt nicht mehr will ?
Warum denn gerade jetzt ?
3500 Millionen Jahre Evolution wurde heute durch Nachdenken gestoppt ?
Stellt sich an den Grenzen unseres Denkens Irrsinn ein ?
Und, was mich völlig fertig macht, ist, daß ich nichts tun kann, als diese blöde eigene Sprache wie ein angeschmiedetes Stahlnetz, das mich fesselt, benutzen zu müssen.
Ich fühle, ich leide, ich weiß, meine Sprache ist nicht meine Sprache, sie wurde mit umgehängt, wie ein ungeliebter Schlips, den ich freiwillig nie tragen würde.
Eine unbekannte, oft verleugnete, aber existente Macht zwingt mich, etwas Neues zu formulieren, aber bitte schön, mit dem alten verbrauchten und ausgeleierten Werkzeug meiner Vorgänger.
Wollen wir dieses abgenutzte und ausgeleierte 4-letter word unserer Vorgänger nicht endlich in die Asservatenkammer vergangener Kriminalfälle stecken und nur noch von einer WillMacht sprechen ?
Ich bin erschöpft und dankbar zugleich für das, was Du mir schreibst.
Volker

