04-02-2010, 22:45
Thomas,
du erläuterst dein Anliegen mit Hilfe einer Analogie. Diese sollte man nicht überstrapazieren. Es gibt hier gewisse User, die damit Erfolg haben, dass sie Diskussionen auf Nebengleise zerren, weil sie in der Hauptsache negativ befangen sind. Lass uns mal bei dem Kern der Sache bleiben, wo es um den Sinn des Glaubens geht (Beitrag #79)
Dagegen versuchst du dem Atheismus einen Sinn zu geben. Dazu muss ich aber sagen, dass Atheismus ein weites Feld ist. Wenn ich deine Ausführungen richtig verstanden habe, dann meinst du einen materialistischen Humanismus (im Gegensatz z. B. zum Utilitarismus oder Nihilismus).
Im Gegensatz dazu ist der Theist Universalist mit dem unbescheidenen Drang zu absoluten Aussagen (gut, ein Wenig überspitzt ausgedrückt).
So kommt es auch zu der Beschäftigung mit spekulativen Aussagen über Gott und die Welt. Um diese Diskussion etwas weider aufzudröseln:
Der Urknall ist eine Hypothese, welche die gegenwärtig zu beobachtende Galaxienflucht, die Schwärze des Nachthimmels, die Mikrowellen-Hintergrundstrahlung und die langsame Minderung der Gravitations"konstanten" zusammenfassen soll. Diese Hypothese ist alles andere als "gesichert". Man muss sie mindestens noch mit einer Aufblähungshypothese ergänzen, um Größe des Universums und die Zusammenhänge der Galaxienfilamente erklären zu können.
Natürlich stürzen sich Universalisten auf diese Überlegungen. Aber für den Glauben auf dieser unbedeutenden lokalen Welt bedeuten sie leider gar nichts.
Auch die Frage nach einer universalen Kette von Ursache und Wirkung geben diese Überlegungen (oder die Hawking-Theorien) nichts her.
Die Glaubensthese, Gott habe die Welt erschaffen, ist bestenfalls gut für das Verantwortungsbewusstsein, den Mitmenschen und ihrer Umwelt gegenüber.
Eine Schlussbemerkung zur Frage nach dem Anfang und Ende der Welt as physikalischer Spekulation, weil das ja im Themenverlauf angesprochen wurde:
Allem Anschein nach gehorchen physikalische Gesetze einigen wenigen grundsätzlichen Prinzipien, die in der Fachsprache Transformationssymmetrien heißen. Eine sehr einfache Transformation ist die Verschiebung eines Systems im Raum. Ein Naturgesetz wird dadurch nicht anders. Eine etwas kompliziertere Transformation betrachtet ein beschleunigtes System. Auch dadurch ändern sich Naturgesetze nicht, aber unsere theoretischen Formeln werden schon deutlich komplexer. Nicht zu vergessen die Lorentzinvarianz bei lichtschnellen Systemen. Deren Transformationsformeln sind nochmals eine Klasse verwickelter; man denke nur an das Stichwort 'Zeitdilation'.
Langer Vorrede kurzer Sinn: Es ist höchstwahrscheinlich so, dass an jeder beliebigen Stelle des Zeitablaufs das Universum im wesentlichen genauso aussieht, wie heute. D. h. es gibt keinen Zustand der Zukunft oder der Vergangenheit, in der die Welt wesentlich anders ausgesehen hat.
Das heißt, bewegen wir unser Instrumentarium (virtuell natürlich) in die Vergangenheit oder in die Zukunft, müssen wir eine Systemtransformation durchführen, so ähnlich wie die Lorentztransformation für lichtschnelle Systeme. Dergestalt transformiert "sehen" unser Instrumente eine genau gleichartige Welt mit einem (scheinbaren) Urknall und einem (scheinbar) offenen Ende.
Wer Spaß an ähnlichen Spekulationen hat, kann sich bei Lee Smolin ("Warum gibt es die Welt?") oder Lisa Randall ("Verborgene Universen") Anregungen holen.
du erläuterst dein Anliegen mit Hilfe einer Analogie. Diese sollte man nicht überstrapazieren. Es gibt hier gewisse User, die damit Erfolg haben, dass sie Diskussionen auf Nebengleise zerren, weil sie in der Hauptsache negativ befangen sind. Lass uns mal bei dem Kern der Sache bleiben, wo es um den Sinn des Glaubens geht (Beitrag #79)
(16-12-2009, 18:25)t.logemann schrieb: 1. Mit den Lehren des Glaubens eine kontinuierlich kulturell fortschreitende menschliche Zvilisation zu ermöglichen.Dies halte ich für eine gute, allerdings etwas karge Sinnforderung an eine Religionsgemeinschaft. Hinter dem Wort "kulturell" stecken einige Verborgene Widerwärtigkeiten, wenn man Kultur nicht auf ein wohlmeinendes, menschliches Miteinander beschränkt. Gegenbeispiel wäre eine Kultur des Herrschens durch wenige "Auserwählte". Hikikomori hat an anderer Stelle hierauf in eindrucksvoller Weise hingewiesen, als es um Barmherzigkeit, Nächstenliebe, Achtung, Würde usw. ging.
(16-12-2009, 18:25)t.logemann schrieb: 2. Mit der Anerkennung der Unbegrenztheit und Allmacht eines unbekannten Schöpfergottes den eigenen Masstab des menschlichen Seins zu finden.Ich widerspreche an dieser Stelle nicht, weil ich an diesen Eigenschaften Gottes zweifle (das auch), sondern, weil diese Anerkennung ein anderes Ziel hat, als Gott selbst. Das Ziel ist die Anerkennung des Mitmenschen, seine Bedürfnisse, sein Leben unter einem gemeinsamen Dach. Auch der Maßstab ist nicht Gott selbst, sondern jene Maßstäbe, die uns offenbart wurden, sprich, die sich an menschlichen Maßstäben im Laufe der Tradition in vielen kleinen Schrittchen ergeben haben.
Dagegen versuchst du dem Atheismus einen Sinn zu geben. Dazu muss ich aber sagen, dass Atheismus ein weites Feld ist. Wenn ich deine Ausführungen richtig verstanden habe, dann meinst du einen materialistischen Humanismus (im Gegensatz z. B. zum Utilitarismus oder Nihilismus).
(16-12-2009, 18:25)t.logemann schrieb: 1. Mit der Überzeugung dass die menschliche Urteilskraft von Verstand und Logik ausreichend ist für den ständigen kulturellen Fortschritt der Menschheit zu sorgen.Dies provoziert mit Sicherheit die Gegenfrage: Muss es diesen Fortschritt überhaupt geben? Warum sollte Fortschritt sinnvoll sein? Menschliches Leben ist ein Nebenprodukt der Evolution. Die Sinnsetzung ist beliebig. Wenn, dann hat sie sich der Mitmenschlichkeit unterzuordnen. Ja, es ist denkbar, einen Sinn in der Aufrichtung einer Diktatur z. B. in Umweltfragen zu sehen.
(16-12-2009, 18:25)t.logemann schrieb: 2. Mit der Verweigerung der Anerkennung des Unerforschlichen die Grenzen des Seins unbegrenzt weiter zu tragen.Ich bin nicht davon überzeugt, dass der materialistische Humanist die Augen vor den unübersehbar vielen Implikationen des Lebens verschließt. Äußerungen auch hier im Forum zeigen eher eine gewisse Bescheidenheit, das Zugänglich und Wesentliche zu erforschen und das Unwesentliche zunächst jedenfalls als irrelevant zu betrachten.
Im Gegensatz dazu ist der Theist Universalist mit dem unbescheidenen Drang zu absoluten Aussagen (gut, ein Wenig überspitzt ausgedrückt).
So kommt es auch zu der Beschäftigung mit spekulativen Aussagen über Gott und die Welt. Um diese Diskussion etwas weider aufzudröseln:
Der Urknall ist eine Hypothese, welche die gegenwärtig zu beobachtende Galaxienflucht, die Schwärze des Nachthimmels, die Mikrowellen-Hintergrundstrahlung und die langsame Minderung der Gravitations"konstanten" zusammenfassen soll. Diese Hypothese ist alles andere als "gesichert". Man muss sie mindestens noch mit einer Aufblähungshypothese ergänzen, um Größe des Universums und die Zusammenhänge der Galaxienfilamente erklären zu können.
Natürlich stürzen sich Universalisten auf diese Überlegungen. Aber für den Glauben auf dieser unbedeutenden lokalen Welt bedeuten sie leider gar nichts.
Auch die Frage nach einer universalen Kette von Ursache und Wirkung geben diese Überlegungen (oder die Hawking-Theorien) nichts her.
Die Glaubensthese, Gott habe die Welt erschaffen, ist bestenfalls gut für das Verantwortungsbewusstsein, den Mitmenschen und ihrer Umwelt gegenüber.
Eine Schlussbemerkung zur Frage nach dem Anfang und Ende der Welt as physikalischer Spekulation, weil das ja im Themenverlauf angesprochen wurde:
Allem Anschein nach gehorchen physikalische Gesetze einigen wenigen grundsätzlichen Prinzipien, die in der Fachsprache Transformationssymmetrien heißen. Eine sehr einfache Transformation ist die Verschiebung eines Systems im Raum. Ein Naturgesetz wird dadurch nicht anders. Eine etwas kompliziertere Transformation betrachtet ein beschleunigtes System. Auch dadurch ändern sich Naturgesetze nicht, aber unsere theoretischen Formeln werden schon deutlich komplexer. Nicht zu vergessen die Lorentzinvarianz bei lichtschnellen Systemen. Deren Transformationsformeln sind nochmals eine Klasse verwickelter; man denke nur an das Stichwort 'Zeitdilation'.
Langer Vorrede kurzer Sinn: Es ist höchstwahrscheinlich so, dass an jeder beliebigen Stelle des Zeitablaufs das Universum im wesentlichen genauso aussieht, wie heute. D. h. es gibt keinen Zustand der Zukunft oder der Vergangenheit, in der die Welt wesentlich anders ausgesehen hat.
Das heißt, bewegen wir unser Instrumentarium (virtuell natürlich) in die Vergangenheit oder in die Zukunft, müssen wir eine Systemtransformation durchführen, so ähnlich wie die Lorentztransformation für lichtschnelle Systeme. Dergestalt transformiert "sehen" unser Instrumente eine genau gleichartige Welt mit einem (scheinbaren) Urknall und einem (scheinbar) offenen Ende.
Wer Spaß an ähnlichen Spekulationen hat, kann sich bei Lee Smolin ("Warum gibt es die Welt?") oder Lisa Randall ("Verborgene Universen") Anregungen holen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard