02-01-2010, 06:35
(01-01-2010, 20:24)humanist schrieb: Die Ursprungstexte wirst du trotzdem nicht umschreiben können.
Meinst du etwa solche Texte wie Römer 1, die etwas anderes aussagen, als christliche Fundis glauben? Hier aus meinem Artikel:
Deswegen hat Gott sie dahingegeben in schändliche Leidenschaften. Denn ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr in den unnatürlichen verwandelt, und ebenso haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen, sind in ihrer Wollust zueinander entbrannt, indem sie Männer mit Männern Schande trieben, und empfingen den gebührenden Lohn ihrer Verirrung an sich selbst. (Römer 1: 26-28)
Also, auf Grund dieser Schriftstelle wird gepredigt, dass Homosexualität schändlich und unnatürlich ist, und dass Gott Homosexuelle verworfen hat. Als „Lohn der Sünde“ wird dann gerne AIDS angeführt, wobei nur zu gerne vergessen wird, dass Homosexuelle nicht die einzigste Risikogruppe, ja, mittlerweile nicht einmal die größte Gruppe (das sind die Sextouristen) sind.Aber he, um was geht es hier überhaupt? Um WEN geht es hier überhaupt? Um Lesben und Schwule?
Schauen wir uns zunächst einmal den Kontext an, in der diese Schriftstelle steht:
Denn es wird geoffenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten, weil das von Gott Erkennbare unter ihnen offenbar ist, denn Gott hat es ihnen offenbart. Denn sein
unsichtbares Wesen, sowohl seine ewige Kraft als auch sein Göttlichkeit, wird seit Erschaffung der Welt an in dem Gemachten wahrgenommen und geschaut, damit sie ohne Entschuldigung seien, weil sie Gott kannten, ihn aber weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten, sondern in ihren Überlegungen in Torheit verfielen und ihr unverständiges Herz verfinstert wurde. Indem sie sich für Weise ausgaben, sind sie zu Narren geworden und haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes verwandelt in das Gleichnis eines Bildes vom vergänglichen Menschen und von Vögeln und von vierfüßigen und kriechenden Tieren. Darum hat Gott sie dahingegeben in die Begierden ihrer Herzen in die Unreinheit, ihre Leiber untereinander zu schänden, sie, welche die Wahrheit Gottes in die Lüge verwandelt und dem Geschöpf Verehrung und Dienst dargebracht haben statt dem Schöpfer, der gepriesen sei in
Ewigkeit. Amen. Deswegen hat Gott sie dahingegeben in schändliche Leidenschaften. Denn ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr in den unnatürlichen verwandelt, und ebenso haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen, sind in ihrer Wollust zueinander entbrannt, indem sie Männer mit Männern Schande
trieben, und sie empfingen den gebührenden Lohn ihrer Verirrung ans sich selbst. Und wie sie es nicht für gut fanden, Gott in der Erkenntnis festzuhalten, hat Gott sie dahingegeben in einen verworfenen Sinn, zu tun, was sich nicht ziemt: erfüllt von aller Ungerechtigkeit, Bosheit, Habsucht, Schlechtigkeit, voll von Neid, Mord, Streit, List, Tücke; Ohrenbläser, Verleumder, Gotteshasser, Gewalttäter, Hochmütige, Prahler, Erfinder böser Dinge, den Eltern Ungehorsame, Unverständige, Treulose, ohne natürliche Liebe, Unbarmherzige. Obwohl sie Gottes Rechtsforderungen erkennen, dass die, die so etwas tun, des Todes würdig sind, üben sie es nicht allein aus, sondern haben auch Wohlgefallen an denen, die es tun. (Römer 1: 18-32)
Hier wird nicht von Christen gesprochen, sondern von Menschen, die sich gegen Gott entscheiden, und das mitunter auch dann, wenn Gott sich ihnen offenbart hatte. Sie entscheiden sich für das Geschöpf und gegen den Schöpfer des Geschöpfs. Sie wollen von Gott nichts wissen, und verwerfen ihre Gotteserkenntnis. Sie erkennen nicht Gott an, und ehren ihn nicht, dafür beten sie lieber Götzen an. Lüge wird bei ihnen zur Wahrheit, und Wahrheit zur Lüge. Sie leben wie sie wollen, ähnlich wie in Sodom zur Zeit der Richter (siehe Richter 21:25b).
Für Paulus war ein Leben ohne Gott, wie es diese Menschen führten, schrecklich und nicht lebenswert. So führte er eine lange Liste von Sünden an, darunter auch solche, die die Sexualität betrafen. Paulus meinte, dass diese Menschen die natürliche gegen eine unnatürliche Sexualität ausgetauscht hätten. Ob er dabei an das dekadente Rom dachte? Oder an die Korinther, von wo aus er möglicherweise diesen Brief an die Römer schrieb?
In beiden Städten war Promiskuität, Vielgötterei und auch sonst eine eher lockere Moral vorherrschend. In ihren Tempeln boten sich weibliche und männliche Tempelprostituierte als Teil des Fruchtbarkeitskultes zahlenden Frauen und Männern für Geld dar. Auch das, was man homosexuell nennen könnte, wurde von heterosexuellen Männern und Frauen dort praktiziert.
Sprach Paulus von diesen Menschen, oder der Menschheit an sich? Ich denke, eher letzteres, denn das würde aus christlicher Sicht mehr erklären.
Die Menschheit, die, aus Sicht des Paulus, ohne Gott leben will, sich selbst und oberflächliche Dinge wie Geld oder Macht vergöttert, ist dem Untergang geweiht.
Jedoch ist Paulus nicht der Pessimist und Miesepeter, der er zu sein scheint, denn er hat in späteren Kapiteln des Römerbriefes auch noch eine gute Nachricht für die Empfänger des Briefes:
Alle sind Sünder, keiner kann sich selbst gerecht machen. Deshalb ist jeder Mensch zum Tode verurteilt. Aber in seiner Gnade und seiner Liebe nimmt Jesus, der Sohn Gottes, die Sünde jedes Menschen auf sich und stirbt an dessen Stelle. Jeder, der das glaubt, wird bedingungslos gerechtfertigt und hat ewiges Leben.
Das erste Kapitel des Römerbriefs handelt also nicht von Christen, egal ob homosexuell oder heterosexuell, sondern von Menschen, die nicht an Gott glauben wollen, und deshalb nicht erlöst werden können. Ihre sexuelle Orientierung spielt dabei keine Rolle.
Auch, wenn es manchen Christen nicht gefällt, aber auch in einer christlichen Kirche kann es Menschen geben, die das eigene Geschlecht lieben. Oft leben sie aus Angst vor Verurteilung ein Doppelleben. Weil Römer 1 immer noch so ausgelegt und verstanden wird, als ob er Homosexualität verurteilen würde. Aber tut diese Schriftstelle das wirklich?
Hier geht es doch darum, dass der Mensch von Gott nichts wissen will, sich quasi selbst zum Gott machte, die Sexualität vergötterte. Wäre dafür das Wort „sexsüchtig“ passend? Geht es hier überhaupt um eine normale Liebesbeziehung von zwei Menschen, egal ob heterosexuell oder homosexuell?
Nein, es geht hier primär auch nicht um Sexualität, sondern die Abkehr von Gott und seine Folgen, so, wie Paulus sie sah.
Ist hier überhaupt von Homosexualität die Rede? Warum schreibt Paulus, dass der „natürliche“ Verkehr in einen „unnatürlichen“ Verkehr geändert wurde? Was ist „natürlich“, was „unnatürlich“? Meinte Paulus mit „natürlich“ etwas, was auch in der Natur (Pflanzen- und Tierreich) vorkommt? Kannte man damals überhaupt Naturgesetze? Welche Wörter benutze er im Original, und was bedeuteten sie?
In der griechischen Urfassung wird das Wort „natürlich“ mit „Physin“ übersetzt, und sein Gegenstück, „Paraphysin“, was unnatürlich oder widernatürlich bedeutet. Damit werden Dinge beschrieben, die der eigenen Natur entsprechend sind, bzw. dem widersprechen.
So wird das Wort „Physin“ in dieser Schriftstelle benutzt:
Oder lehrt euch nicht selbst die Natur/ PHYSIN dass, wenn ein Mann langes Haar hat, es eine Schande für ihn ist? (1. Korinter 11:14)
Ist es ein „Naturgesetz“, dass ein Mann keine langen Haare haben darf? Oder nicht eher Brauchtum und die Angst, das Geschlechtsrollen nicht eingehalten werden?
Paulus benutzt auch an anderer Stelle des Römerbriefs das Wort Paraphysin:
Denn wenn du aus dem von Natur wilden Ölbaum ausgeschnitten und gegen die Natur/PARAPHYSIN den edlen Ölbaum eingepfropft worden bist, wie viel mehr werden diese, die natürlichen Zweige, in ihren eigenen Ölbaum eingepfropft werden? (Römer 11:14)
Selbst Gott handelt hier unnatürlich, aber, da er Gott ist, kann es keine Sünde sein, was er tut. Was aber bedeuten diese Worte? Was ist nun wirklich „natürlich“, was „unnatürlich“? Geht es nicht eher um die Natur des Betroffenen, was für diesen natürlich oder unnatürlich ist?
Wäre es für einen heterosexuellen Menschen natürlich, homosexuellen Sex haben zu wollen oder ausüben zu müssen, weil es eine Religion oder Gesellschaft verlangt? Oder für einen homosexuellen Menschen, heterosexuell zu leben, obwohl das entgegen seiner Natur ist?
Das vorliegende Beweismaterial macht es für mich ziemlich deutlich:
Gott empfindet nicht die Homosexualität an sich als Sünde, denn Sünde ist die Abkehr von Gott, und, sich selbst zum Gott machen wollen. Gottlosigkeit hat viele Facetten, und manche haben auch mit der menschlichen Sexualität zu tun. Besonders, wenn diese Sexualität für diese Menschen bestimmend ist, also „vergöttert“ wird. Und das kann auch geschehen, in dem z.B. ein ansonsten heterosexueller Mensch homosexuelle Sexualität praktiziert, oder, ein homosexueller Mensch Sex mit einer Person des anderen Geschlechts ausübt.
Es geht nicht um Homosexualität von Homosexuellen, die in einer liebevollen, auf Treue basierenden Beziehung leben, sondern um die, die meinen, das die eigene Lust (egal welcher sexueller Orientierung) wichtiger ist, als eine Beziehung zu Gott, wie es Paulus verstand.
Wie du siehst, sagt Römer 1 etwas anderes aus, als Christen meinen. Zudem sollten sich Christen mal Römer 2:1 ansehen, da steht, was sie nicht tun sollten: richten/verurteilen,denn das ist alleine gottes Job,nach Paulus.
