02-01-2010, 06:21
(01-01-2010, 18:51)alwin schrieb: Im AT gibt es Stellen, die homosexuelles Zusammensein offensichtlich verurteilen. Je nach Auslegung und praktischem Vollzug ist dann beides gleichzeitig nicht möglich.
Gruß
Das stimmt nicht, denn die Juden sahen Homosexualität nie als Sünde an:
Und bei einem Mann sollst du nicht liegen, wie man bei einer Frau liegt: ein Greuel ist es.
(3 Mose 18:22)
Und wenn ein Mann bei einem Mann liegt, wie man bei einer Frau liegt, dann haben beide einen Greuel verübt Sie müssen getötet werden, ihr Blut ist auf ihnen. (3 Mose 20:13)
Weil hier angeblich Homosexualität ein „Greuel“ ist, werden Menschen aus den Familien und Kirchen vertrieben, nur, weil sie homosexuell sind. Aber was bedeutet das Wort Greuel überhaupt? Wo und wie wird es in der Bibel benutzt, und, welche Bedeutung hat dieses alte jüdische Gesetz für heutige christlich empfindende Menschen?
Schauen wir uns das Thema doch ein wenig genauer an.
Zunächst, zum besseren Verständnis, ein wenig Hintergrundinformationen über die damalige Zeit, und die Situation, in dem sich das Volk Israel damals befand.:
In vielen Gegenden des Orients (etwa Kanaan) wurden heidnische Gottheiten, wie etwa Baal und Astarte, verehrt, und Opfer dargebracht. Im Rahmen dieser kultischen Handlungen kam es auch zu sexuellen Orgien. In denen auch homosexueller Geschlechtsverkehr erlaubt war. Leider gibt es keine Quellen aus der damaligen Zeit, die uns Aufschluss darüber geben könnten, wie ein nichtreligiöser homosexueller Geschlechtsverkehr aussah, und/oder, ob es damals auch homosexuelle Beziehungen gab, die auf Dauer angelegt waren.
Diese Völker erkannten den monotheistischen Gott der Israeliten nicht an, ja, schrieben gar Spottverse und Lieder über ihn und die Israeliten.
Als Gott das Volk der Israeliten aus Ägypten in das Land Kanaan führen wollte, gab er ihnen Gesetze. Und ein Teil dieses Gesetzes beinhalten diese beiden oben genannten Verse.
Das Volk Israel war das Volk Gottes, „sein Volk“ („Eigentum“?), das sich von all den anderen Einflüssen einer sie umgebenen heidnischen Versuchung fern halten sollte, wie es 3. Mose 18:1-5) so gut beschreibt.
Dieses Reinheits-/Heiligungsgebot, waren nur für die Juden als auserwähltes Volk Gottes bestimmt, damit sie sich von anderen Völkern unterscheiden sollen. Für niemand sonst! Weder für Christen, noch für Moslems, oder irgendeine andere Religion, die an den Gott der Israeliten glaubt.
Das Gesetz der Juden kann man in die folgenden Gruppen unterteilen:
1. Moralische Gesetze wie z.B. die 10 Gebote
2. Zivile Gesetze, die das Zusammenleben regeln sollten
3. Gesundheitsgesetze (z.B. über Aussatz)
4. Zeremonialgesetze, wie z.B. alle Opfergesetze
Alles bei den Zeremoniealgesetzen drehte sich um den Messias, den die Juden erwarteten. Diese Gesetze besagten, welches Opfer bezahlt werden mußte, um von Sünden rein zu sein, wozu oft ein Lamm als Sinnbild des Messias als „Lamm Gottes“ genommen wurde, welches die Sünden der Welt aus dieser entfernen sollte. Mit dem Tod Jesu, so die christliche Auffassung, würde seine Bedeutung verschwinden, da Jesus dieses Gesetz erfüllen würde.
Diese beiden oben genannten Verse, was meinen Sie, worunter sie fallen würden? Moralgesetz? Zivilgesetz? Gesundheitsgesetz? Oder Zeremonialgesetz? Was meinen Sie?
Schauen wir uns doch einmal das Wort „Greuel“ an, ob es uns vielleicht einen Anhaltspunkt geben kann.
In der hebräischen Sprache wird „Greuel“ mit "Toevah“ übersetzt, was soviel bedeutet, das Gott etwas verabscheut, etwas, das unrein ist.
Somit ist damit eine rituelle Unreinheit und keine moralische Sünde gemeint, was man mit hebräisch "Zimah" übersetzen müsste. Die Septuaginta übersetzt das Wort Greuel richtigerweise mit dem Wort "bdelygma“ übersetzt, was eine rituelle Unreinheit beschreibt, und nicht mit "anomia", was für Übertretung und Sünde steht. So wird eine Frau, die ihre Tage bekam, auch als Greuel, als unrein bezeichnet, und sie durfte den Tempel in diesem Zustand nicht betreten, jedoch war sie deswegen nicht sündig. Toevah wird auch oft benutzt, um Abgötterei zu beschreiben
Für Juden, damals wie heute, hat Homosexualität etwas mit ritueller Reinheit zu tun, und keineswegs etwas mit Sexualität, bezogen auf diese beiden Schriftstellen. Diese Verse sind Teile des Zeremonialgesetzes, und nicht des Moralgesetzes, was auch im Kontext dieser beiden Kapitel deutlich wird. Sie war in erster Linie eine Richtlinie für Priester und Leviten, und anscheinend auch möglicherweise für deren Angehörige (zumindest teilweise).
Lesbische Sexualität wird hier nicht erwähnt, was vielleicht daran liegt, dass Priester und Leviten, die im Tempel oder anderswo ihren Dienst verrichteten, nur Männer waren, oder/und daran, dass Frauen keinen männlichen Samen vergießen, denn auch ein Mann, der seinen Samen vergoss, galt als unrein, und mußte sich rituell reinigen, bevor er den Tempel betreten durfte. Denn, dass vergießen eines Samens hieß vergießen von Leben (siehe 3. Mose 15.16-18).
Auch hier wird deutlich, dass es nicht um Homosexualität geht, die eine Sünde ist, sondern um Homosexualität als rituelle Unreinheit, im Zusammenhang oft mit Kultprostitution und Abgötterei. Eine liebende lesbische oder schwule Beziehung ist damit nicht gemeint.
Übrigens fordern einige dieser Gesetze den Tod des Betroffenen, und das für taten, wo wir heute oft mit einem Lächeln oder einer spitzen Bemerkung reagieren würden. Hier nur einige als Beispiel:
* 3. Mose 18:6ff; 20:11ff: Nicht die Geschlechtsmerkmale eines nahen Verwandten aufdecken
*3.Mose 18:9: Kein Sex während der Mens
* 3. Mose 18:21; 20:1: Kinder keinem heidnischen Gott opfern (Moloch)
*3. Mose 20:9: Eltern nicht verfluchen
*3. Mose 19:19: Kein Mischgewebe tragen (wie Polyester oder Baumwolle)
*3. Mose 19: 28: Keine Tatoos machen lassen
Manche dieser Gesetze machten und machen durchaus Sinn, und fanden ihren Weg in unsere Gesetzgebung. Andere wiederum haben sich überholt. Wir schmücken uns mit einem Tatoo, tragen Gewebe aus zweierlei Fäden, und lassen uns, wenn wir es mögen, eine Blutwurst schmecken.
Aber was ist mit den Gesetzen aus dem 3. Buch Mose, mit der wir nichts mehr anfangen können, wie gewisse Trank- oder Heilopfer, die im antiken Judentum im Tempel durchaus üblich waren?
Sehr viele Teile des jüdischen Gesetzes haben für Christen und auch für Juden keine Bedeutung mehr, die sie früher einmal hatten. Wer die Gesetze des Alten Testamentes jedoch als Maßstab einer Verurteilung Homosexueller machen möchte, bekommt Probleme.
Welches Gesetz gilt dann noch? Darf man ungestraft einen Homosexuellen töten, oder soll man es abmildern (vielleicht alle in eine Art KZ stecken?)?
Das Leviticus, ja, überhaupt das jüdische Gesetz für Christen oder Moslems kein Maßstab ist oder sein kann, liegt ganz einfach darin begründet, dass diese Gesetze für Christen gemacht wurden. Sie wurden FÜR JUDEN, und NUR FÜR JUDEN gemacht!
Bedeutet das aber, dass es auch heute noch gültig ist? Die Juden haben keinen Tempel mehr, wo sie Opfer bringen können.
Denk mal darüber nach.