16-12-2009, 02:20
(12-12-2009, 00:52)Ekkard schrieb: Sorry, dass ich mich auf die vorangehenden Seiten beziehe und nicht auf die laufende Diskussion eingehe.
Lieber Volker,
einen Vorteil hat die christianische Gottesvorstellung: Sie ist konkret. Jeder Mensch ist zur Hälfte Gott, die andere lebt von den „göttlichen Geschenken“. Es hat in historischer Zeit bereits eine Lehre gegeben, die etwas Ähnliches gedacht hat: die Gnosis. Nach dieser Lehre ist jeder Mensch ein göttlicher Funke, der auf die Erde gefallen ist und von dort wieder aufsteigt.
Auf der anderen Seite steht ein Bund mit Gott, ein Vertrag. Wenn Personen einen Vertrag schließen, dann können sie nicht wesensgleich sein. Eine Person (ein in sich gleiches Wesen) kann mit sich selbst keinen Vertrag schließen; das wäre widersinnig. Also stellt Gott eine Person außerhalb der Menschheit dar (möglicherweise im Sinne einer juristischen Person). Die andere ist das Gottesvolk zunächst das jüdische Volk, später unter Jesus und seinen Nachfolgern das Christentum.
Lieber Ekkard,
Wenn ich Dein Bekenntnis lese, dann reißt es mich hin und her, weil wir manchmal übereinstimmen und manchmal nicht. Aber fast immer sind unsere christlichen und christianischen Ausgangspunkte verschieden.
Der Christianer hat keinen Vertrag mit Gott und er macht auch keine Selbstkontrahierung. Der Christianer spürt in sich eine Kraft, die nicht von ihm stammt. Dann schaut er sich in der Natur um und sieht, daß andere Lebewesen auch eine unglaubliche Lebenskraft haben und muß zu dem Schluß kommen, daß hinter einer erklärbaren Kraft noch eine andere unerklärbare Kraft wirkt. Warum läßt unser menschenzentriertes Denken nur den Schluß zu, daß diese Kraft von außen kommen muß ? Warum kann sie nicht a priori vor 3,5 Milliarden Jahren von Gott in die tote Materie gepflanzt worden sein, um eine göttliche Ewigkeit lang, die tote Materie zum Leben zu erwecken ? Oder, wenn das nicht stimmt, die einmal belebte tote Materie eine kleine Ewigkeit lang zur Fortpflanzung zu bringen ? Warum ist der Fortpflanzungsgedanke der Natur die süßeste Orgie, die die Natur kennt ? Warum ist in jedes Lebewesen die Vorstellung der Natur von Verbesserung und Leistungssteigerung gepflanzt worden ? Warum schließt das menschenzentrierte Denken aus den Sackgassen der Evolution, zum Beispiel aus der heutigen Existenz der Einzeller, daß sich aus den Einzellern vor 3,5 Milliarden Jahren kein Mensch entwickelt hat ? Wie kann sich der Mensch aus Einzellern entwickeln ohne die ständige Anschubkraft zur Verbesserung und Leistungssteigerung ? Warum macht unser menschenzentriertes Denken, wenn wir den Begriff Kraft durch das Wort Gott ersetzen, daraus gleich eine selbständige Person ? Warum dichten wir dieser Kraft ein außenstehendes Wesen an ? Warum dichten wir dieser Kraft den Heimatort des Himmels an ? Warum bemerkt unser menschen zentriertes Denken jeden kleinsten Splitter in der Natur, aber nicht den Balken in unserem Auge ? Warum kann uns das Christentum so wenig helfen ?
Warum fragt uns die These 44 des Christianentums : " Glaubt ihr Menschen wirklich, eure Kraft stamme von euch ?"
Ich bin müde.
Volker