(09-12-2009, 18:44)melek schrieb:(09-12-2009, 16:35)Sonne schrieb: Zurück zum Islam, ein grober Abriss:
Das Christentum ist eine Religion die auch in vollem Umfang ausübbar ist, wenn man sie lediglich im Privatbereich betreibt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass unsere Gesellschaft christliche Strukturen besonders schützt (Sonntage, Feiertage etc). Das ist möglich, weil christlicher Glaube individuenzentriert ist. Der Islam ist auf das Kollektiv ausgerichtet. Wenn also dieses Kollektiv nicht vorhanden ist (i.S.v. einer islamischen Gesellschaft) ist die Religionspraktikabilität sehr eingeschränkt.
Es ist eher das Gegenteil der Fall.
Während es bei Katholiken eine Hierarchie (bis hin zum Papst) gibt, stehen Muslime direkt vor Gott.
Das bedeutet, daß im Islam kein Priester o.ä. das letzte Wort in Sachen Glaubensauslegung und -Leben hat.
Der Islam kann grundsätzlich so gelebt werden, wie es der einzelne Gläubige für richtig hält.
Dem entgegen stehen lediglich verknöcherte Traditionen, die sich vielerorts leider erhalten haben, aber die haben nicht den Islam zur Ursache.
Mit Muslimen ist also Säkularisierung problemlos möglich, und das kann man etwa am Beispiel der bosnischen Muslime bestens sehen.
Da muss ich auch sagen, das entsprich nun wirklich nicht der Praxis. Theorie ist ja schön und gut, aber da müssen wir schon etwas differenziern, denn im Christentum an sich gibt es auch keinen Papst. In der Realität im Katholizismus schon. Im Islam gibt es keine Hierarchie. In der Realität gibt es im Schiitischen Islam trotzdem Hierarchiestufen innerhalb des Oberbegriffs "Mullah", vom schlichten Schüler über den Ayatollah bis hin zum Marja-e taqlid.
Wenn du dem Christentum also Hierarchiestufen "vorwirfst" darfst du auch über jene im Islam nicht hinwegsehen. Umgekehrt, wenn du über die im Islam hinwegsiehst, dann also auch über die im Christentum.