18-11-2009, 00:23
(17-11-2009, 16:03)Maik schrieb: wenn man sich fast stündlich durchlesen muss das Religion was für Bescheuerte wäre, dann hinterlässt das Spuren.Maik, es ist doch besser, jemand schreibt, dass er bestimmte Glaubensinhalte „bescheuert“ findet (genauer: er/sie kritisiert Wertvorstellungen), als dass es zwar so ist aber verschwiegen wird. (Ich rede damit nicht das Wort denjenigen, die ihre abfällige Meinung über Personen meinen verbreiten zu müssen. Das ist miserabler Stil – weiter nichts.)
Reden wir mal anstatt vom Glauben und Unglauben von Weltanschauung. Weltanschauungen sind genau genommen Wertvorstellungen einschließlich jener, die mir die Welt und das Leben darin erträglich (also auf irgendeine Weise wertvoll) machen.
Glaube ist darin nur speziell jene Wertvorstellung, die sich an ganz bestimmten Lehren orientiert: die Lehre von Gott, von der Weisheit, von der Nächstenliebe und von der die Menschenwelt überschreitenden Himmelswelt einschließlich von der heiß geliebten Hölle, die für alle gut ist, die schlecht sind.
Unglaube ist als Weltanschauung nicht einfach kein Glaube, sondern ebenfalls eine mehr oder weniger spezielle Wertvorstellung. Die Werte werden nur nicht aus der transzendenten Vorstellung des Heiligen abgeleitet, sondern aus den „Bedürfnissen der Vielheit “(der Massen). Natürlicherweise gibt es darin keine transzendenten Größen. Gleichwohl sind die Schwierigkeiten keine anderen als beim transzendenten Glauben. Es gibt Konflikte, Flegeleien, Betrug, Lüge usw. alles Verhaltensweisen, die das Verhältnis des Einzelnen zur Vielheit genauso stören, wie die Sünde das Verhältnis zu Gott. (Insgeheim denke ich, dass die Verhältnisse vollkommen äquivalent sind).
(17-11-2009, 16:03)Maik schrieb: Es ist sehr wahrscheinlich, dass es viele Menschen in Deutschland gibt, die ungläubig wurden, weil sie die Nase voll hatten von verkrusteten Traditionen, die die Lehrer selber nicht erklären können, von Halbwahrheiten, weil die Wahrheit dem Zeitgeist geopfert werden musste, von geldgierigen Pfaffen, von Theologie als Ersatz zur Bibeltreue usw.Wie bei allen komplexen Vorgängen, ist die Zahl der Ursachen unabsehbar groß. Mit einigen Gründen, die du anführst, wirst du Recht haben, mit anderen nicht: Beispielsweise gibt es in dieser Allgemeinheit keine „geldgierigen Pfaffen“(a), und Theologie ist nirgends „Ersatz von Bibeltreue“(b).
Und ich halte es für legitim das auch zu benennen.
(a) Pfarrer und Priester sammeln Geld ein, richtig! Man nennt dies „Kollekte“, die ärmeren Menschen weltweit beim Überleben und bei der Organisation von Gemeinschaften hilft und bestimmte Entwicklungsprojekte finanziert.
(b) Bibeltreue ist ein Schlagwort, das überhaupt zu nichts taugt. Ich bin auch „bibeltreu“. Was du aber meinst, ist „wörtlich nehmen“. Was das wirklich bedeutet, weiß aber niemand genau. Denn zu einem Text gehört eine Auslegungstradition – und diese wandelt sich im Laufe der Jahrhunderte. Wir können unmöglich wissen, was bei einem Verständnis Wort für Wort, Satz für Satz anwendbar war, was Ausschmückung, was Verehrung, was Verachtung, was strafbar. Das gälte selbst dann, wenn Gott selbst die Bibel geschrieben hätte im Kontext der Antike. Hätte Gott die Bibel damals im heutigen Kontext geschrieben, hätte sie in der Antike buchstäblich niemand verstanden.
Zusammenfassend gilt: Der Mensch, der der Bibel folgt, lebt in keiner Weise anders, als jener, der humanistischen Idealen folgt ohne Bezug zur Transzendenz.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard