(24-08-2009, 11:58)Arandir schrieb: Das Neopunische, das inschriftlich belegt ist, wurde noch mindestens bis in 5. oder 6. Jahrhundert n. Chr. gesprochen, sagen Charles Krahmalkov: A Poenician-Punic Grammar, Leiden 2001 und Stanislav Segert: A Grammar of Poenician and Punic, München 1976.
Niemand will das bestreiten!
Nochmals!
Das Thema war "Kirchenlatein" und Jam These, wonach das in der Kirche gebräuchliche Latein in Karthago seine Wurzeln gehabt habe.
Danach wurde hinterfragt, ob eine solch generelle Feststellung zulässig sei. Ein wenig abseits vom Thema brachtest Du das Punische (und punische Gebräuche) ins Spiel, was mich veranlasste, festzuhalten, dass dieses in römischer Zeit für Karthago keine Bedeutung gehabt habe.
Es gehört zwar auch nicht zum eigentlichen Thema. Vielleicht aber besteht wegen der aufgeworfenen Fragen Interesse an ein paar Anmerkungen zur Geschichte der afrikanischen Provinzen (ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben):
Nach der Zerstörung des punischen Karthago und wurde zunächst nur das von der Stadt abhängige Gebiet vom Flüsschen Tusca weg hin bis zum Städtchen Thenae im Norden der kleinen Syrte zur römischen Provinz gemacht. Die Provinz erhielt den Namen Africa und die mit den Römern kooperierende Stadt Utica wurde zur Provinzhauptstadt und zum Sitz der Verwaltung bestimmt.
Der übrige Teil des ehemaligen karthagischen Gebietes war mit stillschweigender Einwilligung der Römer vom numidischen König Masinissa besetzt worden und verblieb vorerst ein Teil des Königreichs Numidien.
Der Krieg gegen Jugurtha (111 – 105 vChr) hatte die Annexion des Küstengebietes an den beiden Syrten einschließlich der Stadt Leptis magna zur Folge. Der größere Rest Numidiens wurde teils dem mauretanischen König Bocchus, teils Masinissas Enkel Gauda überlassen.
Nachdem die Pompeianer bei Thapsus besiegt worden waren, wurde auch das Reich Jubas I., der mit diesen verbündet gewesen war, dem römischen Reich als Provinz Africa nova (die ältere Provinz erhielt den Namen Africa vetus) einverleibt. Durch Caligula wurde Numidien (39 nChr) als kaiserliche Provinz mit einem "legatus Augusti pro pretore" an der Spitze der Verwaltung eingerichtet. 42 nChr wurde dann auch noch der Rest Mauretaniens übernommen. Zur Verwaltung Mauretaniens wurden zwei Provinzen eingerichtet, Mauretania Caesariensis im Osten und Mauretania Tingitana im Westen.
Soweit ein kurzer Abriss über die Ausdehnung bis in die Zeit Caligulas.
Mit der Einrichtung der Provinzen ging die Ansiedlung römischer Bürger und Veteranen einher. Überall dort, wo römische Bürger angesiedelt wurden oder Veteranen Land zugeteilt worden war, hat man, der Schluss ist nicht abwegig, Latein gesprochen. Dass das Lateinische in den afrikanischen Provinzen einen eigenartigen Akzent annahm, der manchmal abfällig als "punisch" bespöttelt wurde, ist überliefert.
Ein repräsentatives Beispiel für die Wirkung solchen Spottes mag Septimus Severus sein, über den auch heute noch fallweise zu lesen ist, dass seine Muttersprache das Punische gewesen sei. Niebuhr und Bernhardy hat das auch noch angenommen bzw. für möglich gehalten. Da aber S. Severus einer in Leptis angesiedelten römischen Ritterfamilie entstammte, hat H. Schuchardt das schon für weniger wahrscheinlich angesehen. Für ihn war es ausgeschlossen, dass in Afrika angesiedelte Römer ihre Muttersprache "vergessen" hätten.
Damit liegt aber auch auf der Hand, dass man zu solchen Dingen durchaus verschiedener Meinung sein kann. Dass in weiten Gebieten der afrikanischen Provinzen natürlich auch noch Punisch gesprochen wurde ist bekannt, belegt und wird wohl von niemandem in Abrede gestellt werden wollen. Für das römische Karthago aber traf das nicht zu.
MfG B.

