03-08-2009, 11:32
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03-08-2009, 11:33 von DureeTotale.)
(03-08-2009, 10:00)Ekkard schrieb: Hier erkenne ich eine Anschauung, die so nicht angemessen ist. Beide Kontrahenten, also Gottgläubige und Atheisten setzen voraus, dass „Gott“ in einer objektiven Weise „existiert“ bzw. existieren müsste, wenn bestimmte Glaubensaussagen stimmen sollen. Ich halte diese Auffassung für das Problem.
Schon der Begriff "Atheist", der nichts anderes als eine Negation ist, macht nur Sinn, wenn er sich auf etwas bezieht, das negiert, verneint, abgelehnt wird. So, wie der Begriff "Theismus" (lexikalisch) grundsätzlich verstanden wird, beinhaltet er ganz klar positive Aussagen über eine personale Existenz:
"Gott existiert, er ist eine körperlose Person (d.h. ein Geist), allgegenwärtig, der Schöpfer und Erhalter des Universums, ein frei handelndes Wesen, fähig, alles zu tun (d.h. allmächtig), allwissend, vollkommen gut, ein Grund für moralische Verpflichtung, unveränderlich, ewig, ein notwenig Seinedes, heilig und veehrungswürdig..." (R. Swinburne)
Diesem widerspricht, aus den verschiedensten Gründen, der Atheismus.
(03-08-2009, 10:00)Ekkard schrieb: M. E. lautet die Frage des Glaubens: Von welcher Grundvorstellung gehe ich aus, um eine möglichst lebensfrohe und „gute“ Gesellschaft zu haben. Damit im Zusammenhang stehen Fragen nach menschlicher Situation und Haltung, nach Freiheit und Recht, Menschenbild und Achtung, Konflikt und –Lösung.
Das sind ja doch aber mitnichten exklusive "Fragen des Glaubens"! Es sind allgemein menschliche Grundfragen, zu deren Beantwortung es keineswegs theistischer Phantasiegespinste bedarf!
(03-08-2009, 10:00)Ekkard schrieb: Es geht also um Grundauffassungen, die, so jedenfalls die etablierten Religionen, an „irgendetwas fixiert“ und gebündelt werden, gewissermaßen an einer „mystischen Person“, die uns dies alles beibringt.
[...]
Zur Frage nach Gottes Eigenschaften:
Gegenfrage: Was soll man (analytisch betrachtet) an einer gesetzten Denkvoraussetzung anderes entdecken können, als das, was "man" (die Tradition) hineinsteckt?
Dass die Suche nach Antworten auf die besagten Grundfragen des Daseins und des menschlichen Zusammenlebens, anstatt sie durch bewusstes Reflektieren und Hinterfragen auf der Basis der dem Menschen zugänglichen Realitäten zu suchen, irgendwelchen theistischen Phantasiegestalten als "vollommene" und unumstößliche, "heilige" usw. Wahrheiten, Weisheiten und Anordnungen in den Mund gelegt werden, genau das ist ja einer der Hauptkritikpunkte des Atheismus an den verschiedenen theistischen Glaubensbehauptungen - und weniger die nur allzu offensichtliche und geradezu banale Erkenntnis, dass dies natürlich alles Produkte des menschlichen Denkens, Hoffens und Wünschens sind.
(03-08-2009, 10:00)Ekkard schrieb: Alles ist eine Frage nach der Art von Gesellschaft, in der wir leben wollen. Hierhin gehört auch die Frage, ob wir „kalte philosophische Analyse“ den Menschen im Allgemeinen zumuten, und ob Menschen ohne die Wärme eines „sicheren Glaubens“ leben können. Für mich hat Glaube eine poetische, narrative Komponente, gewissermaßen ein gefühlter Strom „lebendigen Wassers“.
Dein seltsames Philosophieverständnis („kalte philosophische Analyse“) ähnelt eher einem altbekannten religiösen Kampfpopanz, welcher zu der Zeit entstand, als die Philosophie sich endlich von ihrem kläglichen Dasein als Magd der Theologie, als wo sie stets nur die kruden Dogmen der letzteren zu stützen hatte, zu emanzipieren begann.
Philosophie heißt nämlich "Liebe zur Weisheit" - und beinhaltet keineswegs nur "kalte Analysen". Z.B. ist die Ethik heutzutage eine der gewichtigsten Teile philosophischer Betrachtungen. Dass zu einer theoretisch fundierten und praktisch tauglichen Ethik religiöse Vorstellungen überhaupt nötig seien, behaupten heute eben nur noch die Vertreter und Verkünder jener religiösen Vorstellungen. Und sie tun dies sogar so vehement, dass am Ende fast alle ihre Argumente, weshalb man denn nun den von ihnen verkündeten Glaubensaussagen Glauben schenken soll, ethisch-emotionaler Natur sind - es sind nämlich die einzigen "Argumente", welche ihnen verblieben sind...